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Thomas
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Insgesamt 15 Bewertungen
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Bewertung vom 29.02.2024
Hoffmann, E.T.A

Der Ghoul / Gruselkabinett Bd.186 (1 Audio-CD)


ausgezeichnet

Heiraten ist ja per se schon risikobehaftet, wenn man eine Frau mit dämonischer Vorgeschichte erwischt, muss man sich noch wärmer anziehen. Bei Graf Hyppolit und Aurelie ist es Liebe auf den ersten Blick, und die Love-Story könnte so schön und unbeschwert sein, wenn die Schwiegermutter keine schaurigen Geheimnisse im Gepäck hätte. Und wenn diese keine Kettenreaktion zur Folge hätten, die für den frischgebackenen Ehemann ein immenses Risiko für Leib und Leben bedeuten. Diese Vertonung einer Geschichte vom Meister der Schauerromantik, E. T. A. Hoffmann, wandelt in den Spuren der alten Gruselkabinett-Klassiker wie Carmilla, Alraune oder Rappaccinis Tochter.

Hierbei präsentiert die ausgezeichnete Sprecherwahl atmosphärisch dichtes Ohrenkino, von der süßen Liebesgeschichte bis hin zur ungeschönten Wahrheit. Ich fühlte mich wirklich ins Zeitalter Hoffmanns versetzt, konnte förmlich vor mir sehen, wie das Paar sich findet.

Arianne Borbach, die mir als deutsche Stimme Catherine Zeta-Jones ein Begriff ist, spricht die dämonische Schwiegermutter mit einem rauchigen, verlebten Timbre, scheinbar sympathisch und freundlich, doch in Wahrheit durchtrieben und selbstsüchtig. Dem gegenüber stehen die beiden jungen, scheinbar unverdorbenen Liebenden, Jesse Grimm und Uschi Hugo, und vor allem letztere klingt so rein und unschuldig, dass ihr Coming Out umso schockierender ist. Jürgen Thormann, die deutsche Stimme von Michael Caine, transportiert in seiner Stimme die Weisheit des Alters, Gutmütigkeit und die Last eines erfahrungsreichen Lebens, dessen Jahre auf dem Buckel doch nicht genügen, um das Böse in seiner vollen Entfaltung einschätzen zu können.

Zusammen mit den wie immer beeindruckenden und passenden Geräuschen und der atmosphärischen Musik ist diese Hoffmann-Vertonung ein Meisterwerk, das ich uneingeschränkt weiter empfehle.

Bewertung vom 22.12.2023
Doyle, Arthur Conan;McNeile, Herman Cyril

Sherlock Holmes - Folge 57


ausgezeichnet

Man kann Sherlock Holmes nachsagen, was man will – Er ist definitiv kein Frauentyp, und daher auch alles andere als begeistert, als er Dr. Watson es ihm einbrockt, mit Mrs. Hudson und ihrer Cousine abends in ein neues, angesagtes Tanzlokal auszugehen. Zum Glück für ihn passiert dort zeitnah ein Mord, sodass er sich seinen eigentlichen Neigungen zuwenden kann.

Dieser neue Sherlock Holmes-Fall ist meiner Meinung nach besonders kurzweilig geworden. Skriptautor Marc Gruppe hat ja dem bekannten Doyle-Figuren-Ensemble noch Mrs. Hudsons Cousine hinzu erfunden, die hier zu Hochform aufläuft. Es ist wirklich amüsant, wie die beiden Damen sich gegenseitig anzicken, sodass für den Detektiv der rettende Mord nicht schnell genug geschehen kann. Auch fand ich es interessant, dass Holmes durchaus höflich und galant sein kann, wenn er schon Tischherr sein muss. Man merkt, dass der Detektiv einfach gerne in Rollen schlüpft, und dann notfalls sogar auf der Tanzfläche landet.

Der Fall selbst ist gewohnt überraschend und erst im Nachhinein einleuchtend, wenn Holmes erstmal alles erklärt hat. Insgesamt vergeht die Zeit wie im Fluge, da es viele Momente gibt, die Aufmerksamkeit erfordern oder angenehm auflockern. Dass die Vorlage von Herman Cyril McNeile eingebunden wurde, ist clever gelöst durch die vielen Neuerungen aufgrund der hinzugefügten Personen, sodass daraus eine ganz neue Geschichte wurde, die auch dann unterhält, wenn man die Vorlage gekannt haben sollte.

Ich habe mich bestens unterhalten und wurde zusätzlich von der Spielfreude der vier Hauptdarsteller nebst Lestrade angesteckt, die einfach gute Laune macht. Ein Hörspieltipp auch für Tage, an denen man einfach mal wieder lachen möchte.

Bewertung vom 22.12.2023
Werder, Bertha

Das Haar der Sklavin / Gruselkabinett Bd.184 (CD)


ausgezeichnet

Titania Medien machen in Sachen Grusel ja gerne mal Ausflüge ins Märchengenre, und auch dieser Inhalt könnte auch aus einem Schauermärchenbuch stammen. Da gibt es eine wunderschöne Sklavin, die nicht leben und nicht sterben kann, und einen finanzschwachen Weber, der ihre Erlösung sabotiert. Das Ganze wunderschön atmosphärisch mit Geräuschen und Musik unterlegt, sodass man den Basar oder die Webstube und auch alle anderen Schauplätze erleben kann, als sei man dabei.

Wer auf Splattereffekte und viel Blut steht, wird hier wohl nicht auf seine Kosten kommen. Was geboten wird, ist ein berührendes Untoten-Schicksal im Orient, der Frage nach Schuld und Unschuld, Tod und Erlösung, Macht und Reichtum, Moral und Anstand – und die betörendste, verführerischste Geisterstimme, der ich jemals lauschen durfte. Eva Michaelis ist die bestmögliche Besetzung für Essica. Ihrer Stimme glaube ich sofort, dass sie wunderschön, innerlich zerrissen und in höchster Not ist. Schon allein für ihren Stimmklang läuft das Hörspiel bei mir in der Dauerschleife.

Patrick Bach als Hassan ist ebenfalls herausragend. Sein Charakter weist Merkmale wie Gier, Sehnsucht, Besessenheit ebenso auf wie die Reaktion auf finanzielle Notlage, Faszination für die schöne Frau, patriarchale Familienstruktur und gutes Herz gepaart mit Naivität.

Eine Anekdote am Rande: Bei TKKG gibt es eine Folge, in der Gabi entführt wird und die Täter drohen, ihr die Haare abzuschneiden. Gabi fürchtet sich vor diesem Moment fast noch mehr, als wenn man ihr gedroht hätte, ihren Hund Oskar zu vergiften. Soweit ich weiß, gelten lange Haare als Symbol für Sinnlichkeit, Natürlichkeit, Weiblichkeit und Verführungskraft, bei Männern glich das Abschneiden der Haare zumindest bei Samson und Dalilah sogar als Form der Kastration. Haare abzuschneiden war auch mit dem Bubikopf der erste Schritt in Richtung Emanzipation und Selbstbestimmung. Aktuell sieht man diesen Akt im Iran, wo das Abschneiden der Haare zum Symbol für die die dortige Frauenbewegung wurde. Ich finde dieses Hörspiel auch in diesem Kontext sehr spannend, da sich die Frage nach der Wichtigkeit des Haares durch die Handlung zieht, das Haar der Sklavin mehrfach den Besitzer wechselt, sodass der Geist nicht frei, die Erlösung unmöglich scheint. Fremdbestimmung und Selbstbestimmung sind hier durchaus Themen, die mich zusätzlich dazu animieren, die Geschichte mehrfach zu hören.

Die Autorin Bertha Werder kannte ich bislang nicht. Möglicherweise war sie inspiriert von E.T.A. Hoffmann, jedenfalls erinnert mich die Atmosphäre ein bisschen an Hoffmanns „Der goldene Topf“. Das kann aber auch rein assoziativ sein. Außerdem war sie mal als Erzieherin tätig, was vielleicht ihre Neigung zum Märchen und die Haar-Symbolik erklärt. In einem Post auf Instagram habe ich gelesen, dass der Tipp zum Hörspiel von Peter Weis gekommen sei. Insofern sehe ich das Hörspiel auch als Denkmal für diesen tollen Schauspieler, auch wenn zum Zeitpunkt der Planung ja noch niemand wissen konnte, dass er das Erscheinungsdatum leider nicht mehr erleben wird. Als Erzähler ist er jedenfalls auch hier wieder brillant.

Fazit: Rundum ein wunderschönes, rundes und auch symbolisch interessantes Gruselstück mit phantastischen Sprechern, das auch jüngeren Hörern Spaß macht.

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