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Benutzername: 
guybrush
Wohnort: 
Bühlertal

Bewertungen

Insgesamt 21 Bewertungen
Bewertung vom 16.06.2014
Bluteis
Ritter, Marc

Bluteis


ausgezeichnet

„Lernt gärtnern und schießen“

Thien Hung Baumgartner und Freundin Sandra wollen im St. Moritz die Winter-Events der Reichen und Schönen fotografieren. Was als Kombination aus Arbeit und Vergnügen geplant war, entwickelt sich schnell zum Alptraum des Terrors.

Schon nach dem Prolog ist klar, das wird ein Thriller, der einen – trotz der eisigen Temperaturen – nicht kalt lässt. Was erwartet uns in naher Zukunft? Die Bevölkerung wächst explosionsartig, die Ressourcen werden immer knapper, wir steuern auf eine Katastrophe zu und keiner der Mächtigen in Politik und Wirtschaft nimmt sich dieses Problems an. Ganz im Gegenteil. Raubkapitalismus und politische Ignoranz verschärfen die Lage. Dieses Szenario ist nicht futuristisch, es ist real und jeder kann die Zahlen und Fakten nachlesen. Was liegt also näher, als dass die Ausgebeuteten endlich anfangen sich zu wehren. Und das tun sie in „Bluteis“, auf brutale und dennoch absolut nachvollziehbare Weise.

Marc Ritter hat den Kontrast zwischen der Arroganz und Skrupellosigkeit der Mächtigen und der Hilflosigkeit und Wut der Rechtlosen so plastisch herausgearbeitet. „Bluteis“ ist für mich ein politischer Thriller, einer der aufrüttelt und zum Nachdenken anregt – intelligente Spannungsliteratur – und die ist mir allemal lieber, als der tausendste psychopathische Serienkiller.

Einziger Kritikpunkt aus meiner Sicht ist die Tatsache, dass einige Zahlen und Fakten zu nüchtern präsentiert sind. Wären diese besser in die Geschichte integriert worden, es wäre der perfekte Thriller gewesen.

Marc Ritter reiht sich nahtlos ein, in die Riege der Autoren, die sich 2013 des Themas Überbevölkerung und drohendem globalem Kollaps angenommen haben und „Bluteis“ kann mit Dan Browns „Inferno“ und Sebastian Fitzeks „Noah“ locker mithalten. Gut recherchierte Fakten gemischt mit rasanter Action und ein paar futuristischen Elementen, ergeben einen spannenden Thriller. Eine düster Vision der Zukunft, beängstigend nah an der Realität und doch nicht hoffnungslos.

Bewertung vom 17.03.2014
Einer gibt den Löffel ab
Minck, Lotte

Einer gibt den Löffel ab


ausgezeichnet

Ungebremste Ruhrpott-Charme-Offensive

Haben sie sich schon mal überlegt bei einer Kochshow mitzumachen? Lieben sie schräge Typen? Mögen sie das Ruhrgebiet und seine Menschen? Oder haben sie Humor? Dann sind die Bücher von Lotte Minck genau das richtige für sie!

Loretta Luchs hat sich als Kanidatin für eine Kochshow beworben. Natürlich läuft nicht alles so glatt wie gewünscht. Nicht nur die Mitkanidaten sind gewöhnungsbedürftig, auch im Fernsehteam brodelt es gewaltig. Diesmal gönnt Lotte Minck uns einen Blick hinter die Kulissen der Sendung „Gib mir den Löffel“ und das gelingt ihr mal wieder mit Bravour. So urkomisch und spannend verarbeitet die Autorin ihre Eindrücke als Kandidatin bei „Das perfekte Dinner“, dass es den Mord gar nicht gebraucht hätte. Man fiebert beim Lesen jedem neuen Aufzeichnungstag mit seinen Katastrophen entgegen und wird nicht enttäuscht. Lotte Minck ist die Meisterin der Situationskomik.

Wer "Radieschen von unten" gelesen hat (und das ist keine Voraussetzung), kennt Loretta und ihre Freunde schon. Sie hat einen ungewöhnliche Beruf und herrlich schräge Freunde. So bunt wie das Leben, so bodenständig wie der Ruhrpottler nun mal ist und alle reden, wie ihnen de Schnabel gewachsen ist. Ich habe in einer Kritik einmal gelesen, die Figuren seien stark überzeichnet. Der Meinung bin ich nicht. Auf mich wirken sie lebendig und absolut glaubwürdig. „Huschdegutzel“ scheibt, es sei wie ein Heimkommen zu alten Freunden. Schöner kann man es nicht formulieren und genau so ging es mir auch.

Ein wunderschönes Cover, das hundertprozentig zum Inhalt passt, rundet dieses herrliche Buch ab. Ich habe geschmunzelt, ich habe laut gelacht und ich habe mich an jeder Stelle gut unterhalten gefühlt. Wie schön ist es da zu wissen, dass der 3. Teil der Serie schon in Arbeit ist. Ich freu mich drauf!

Bewertung vom 15.02.2014
Der Sandmann / Kommissar Linna Bd.4
Kepler, Lars

Der Sandmann / Kommissar Linna Bd.4


sehr gut

Spannung pur

Stockholm. Ein junger Mann taumelt schwer verletzt über die Gleise. Er wurde vor 13 Jahren entführt. Sein Entführer sitzt seit vielen Jahren in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie und er hat noch mehr Menschen entführt, von denen keiner jemals wieder aufgetaucht ist. Wie konnte der Junge so lange verschwinden, wie konnte er entkommen und kann seine ebenfalls spurlos verschwundene Schwester noch gerettet werden? Ein verzweifelter Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Selten habe ich ein Buch gelesen, dass von Anfang an eine so dichte Spannung und unheimliche Atmosphäre aufbauen und diese auch bis zum Schluss halte konnte. Lars Kepler, alias das schwedische Ehepaar Alexandra und Alexander Ahndoril, beherrschen das Spannungs-Genre sehr professionell. „Der Sandmann“ ist bereits der 4. Teil der Serie um den finnisch stämmigen Ermittler Joona Linna und lässt sich problemlos lesen, ohne die Vorgänger zu kennen.

Joona Linna und seine taffe Kollegin Saga Bauer sind starke Persönlichkeiten, sympathisch und kompetent und mit genug eigener Problematik um sie glaubhaft erscheinen zu lassen. Auch die Nebenfiguren sind toll charakterisiert. Allen voran der unheimliche Serienmörder Jurek Walter – skrupellos, intelligent und absolut böse. Aber auch das Klinikpersonal hat einen echten Gruselfaktor.

Die Geschichte ist gut konstruiert, hat aber auch ein paar schwächen, über die ich gerne hinwegsehe. Am plastischsten standen mir die Szenen in der Psychiatrie vor Augen. So intensiv ist die bedrohliche Atmosphäre beschrieben, dass mir der Kalte Schweiß ausgebrochen ist. Dass gegen Ende nicht alle Fäden entwirrt wurden und ein paar wichtige Fragen offen blieben ist dem action- und temporeichen Finale geschuldet, in dem Jonna zu bester „Dirty Harry“ Form aufläuft. Der fiese Cliffhanger zum Schluss ist natürlich ein Anreiz für mich, dem 5. Teil entgegenzufiebern. Und auch die Vorgänger sind bereits auf meine Wunschliste gelandet.

Fazit: Auch wenn‘s mit der Logik an machen Stellen hapert ist „Der Sandmann“ ein Krimi, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.11.2013
Radieschen von unten
Minck, Lotte

Radieschen von unten


ausgezeichnet

Humorvoller Ruhrpott-Krimi

Loretta Luchs braucht eine kleine Auszeit. Ihr Job an der Sex-Hotline ist anstrengend, ihr Freund ätzend. Da kommt das Angebot ihrer Freundin Diana gerade recht. Ein paar ruhige Tage in der Schrebergartenkolonie "Saftiges Radieschen". Mit der Ruhe ist es aber schnell vorbei, als Parzellennachbar Uwe eines schönen Sommermorgens kopfüber in seiner Regentonne steckt - mausetot. Und das ist erst der Anfang …

Wer bereits einen Krimi von Brenda Stumpf (alias Lotte Minck, alias Auerbach & Keller, alias Minck & Minck, …) gelesen hat, der weiß was ihn erwartet. Den anderen sei gesagt, hier geht es humorvoll zu. Und es ist ein wunderbarer Humor. Angefangen mit subtiler Situationskomik bis hin zum Slapstick wird alles geboten. Und auch die Spannung steigt, je weiter man in der Geschichte vorankommt.

Besonders liebevoll sind die Figuren angelegt. Sie sind zwar stark überzeichnet und typisiert, aber lebendig und von einer Herzenswärme, dass man sie glatt adoptieren möchte. Besonders ist mir Muskelprotz Frank, der schneller redet als denkt, und dessen Outfits einem die Tränen in die Augen treiben, ans Herz gewachsen. Aber auch der dauergewellte Ex-Polizist Erwin und seine Gattin Paula haben viel Schönes. Mir gefällt vor allem die Ruhrpott-Atmosphäre. Die Menschen sind bodenständig, reden wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, haben das Herz am rechten Fleck und sind immer kräftig am Futtern. So muss dat!

Schön, dass dies der Beginn eine Serie von Ruhrpott Krimis ist. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.09.2013
Tetaphrate
Biber, Peter

Tetaphrate


ausgezeichnet

Gelb und Gut!

Was hat der Weihnachtsmann mit Untoten zu schaffen? Welche tiefgreifenden Erkenntnisse kann man beim Wallerfischen gewinnen? Was man mit Bauschaum alles machen kann und was das alles miteinander zu tun hat? Diese und viele weitere Fragen beantwortet TETAPHRATE auf spannende, humorvolle und wirklich unterhaltsame Weise.

Aus dem Ägyptischen Museum der süddeutschen Landeshauptstadt M wird eine Vase gestohlen. Das ruft nicht nur die Kriminalpolizei, sondern auch Alfons Dirnberger, den Agenten im Dienst des „kleineren Übels“, sprich des unwichtigsten Geheimdienstes der Welt, nämlich des bayrischen, auf den Plan. Was als vermeintlicher Routinefall beginnt, entwickelt sich zu einer gefährlichen und turbulenten Jagd um Leben und Tod, bei der die Grenzen des Übernatürlichen ausgelotet und die Lachmuskeln strapaziert werden.

Wenn man sich gelegentlich an James Bond erinnert fühlt, so ist das kein Zufall. Es würde dem Buch aber nicht gerecht werden, es als reine Agenten Parodie zu bezeichnen. Vielmehr gelingt es Peter Biber virtuos, unterschiedliche Genres zu beleihen und daraus etwas ganz Neues entstehen zu lassen. Er bedient sich dabei einer erfrischend unverbrauchten Sprache. Da ist nichts geschraubt oder gestelzt, da wird aus dem prallen Leben geschöpft. Ruhige poetische Passagen wechseln sich mit turbulenten, skurrilen und komischen Szenen ab. So lebendig ist die Geschichte geschildert, man hat das Gefühl, dabei gewesen zu sein.

Die Hauptfigur Alfons Dirnberger, ist ein Bayer von echtem Schrot und Korn. Dabei eine sehr vielschichtige Persönlichkeit, mit einer tief verwurzelten Liebe zur Musik. Er ist nicht der smarte Topagent, sondern eher der melancholische Typ, schüchtern und unsicher im Umgang mit der Damenwelt und seinen Job hat er schon lange über. Kraft und Inspiration schöpft er aus seinen Kindheitserfahrungen beim Wallerfischen mit dem Großvater. Auch die Nebenfiguren verkommen nicht zu Karikaturen, sondern sind alle äußerst liebevoll und detailreich angelegt. Und die Gastauftritte aus den Kreisen bayrischer Politiker sind so authentisch, das ist Satire vom Feinsten.

Dass der Peter Biber Spaß beim Schreiben des Buches hatte, merkt man in jeder Zeile und das überträgt sich auf den Leser. Ich habe mich schon lange nicht mehr so gut unterhalten gefühlt.

Mein Fazit: Brilliant! Ein sprudelndes Feuerwerk der skurrilen Ideen. Wer an diesem Buch nicht seine helle Freude hat, der ist selber schuld ;-)

Meine Empfehlung: Unbedingt lesen!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.