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Ceodaz

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2025
Johannsen, Anna

Die Toten auf Föhr


ausgezeichnet

Spannend, atmosphärisch und emotional – ein Krimi mit Tiefgang

Auf der idyllischen Nordseeinsel Föhr wird die scheinbare Ruhe jäh zerstört: Eine Mutter und ihre beiden Kinder werden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei geht zunächst von einem Familiendrama aus – ein erweiterter Suizid. Doch als der einflussreiche Vater der Toten eine Obduktion verlangt, kommen Zweifel auf. Schnell zeigt sich, dass dieser Fall alles andere als eindeutig ist. Inselkommissarin Lena Lorenzen übernimmt die Ermittlungen und stößt gemeinsam mit ihren Kollegen Johann und Naya auf ein Netz aus Geheimnissen, Geld und Verrat. Der Ehemann der Toten rückt in den Fokus – doch trotz seiner fragwürdigen Geschäfte hat er ein scheinbar perfektes Alibi. Erst ein unerwarteter Hinweis bringt Bewegung in die Ermittlungen und führt zu einer überraschenden Wendung.

Anna Johannsen gelingt es erneut, Spannung und Atmosphäre meisterhaft zu verbinden. Ihr Schreibstil ist präzise, flüssig und zugleich eindringlich, sodass man von der ersten Seite an in die Geschichte eintaucht. Besonders beeindruckend ist, wie authentisch sie das Inselsetting einfängt – das raue Wetter, die enge Gemeinschaft, das Gefühl von Isolation und Weite zugleich. Föhr wird nicht nur Schauplatz, sondern fast zu einem eigenen Charakter in der Geschichte.

Auch die Figuren überzeugen auf ganzer Linie. Lena Lorenzen ist sympathisch, klug und menschlich – eine Ermittlerin mit Ecken und Kanten, die man sofort ins Herz schließt. Ihre Zusammenarbeit mit Johann und Naya wirkt eingespielt und glaubwürdig, und die kleinen Einblicke in ihr Privatleben sorgen für eine angenehme Balance zwischen Spannung und Menschlichkeit.

Die Handlung ist clever konstruiert, mit genau der richtigen Mischung aus psychologischem Feingefühl und kriminalistischem Tempo. Immer wieder gibt es falsche Fährten, neue Erkenntnisse und Wendungen, die man so nicht erwartet. Dabei verliert die Autorin nie den roten Faden – alles fügt sich am Ende logisch und zufriedenstellend zusammen.

Fazit:
„Die Toten auf Föhr“ ist ein atmosphärisch dichter, hervorragend erzählter Inselkrimi mit starken Charakteren und einer spannenden, emotional berührenden Handlung. Ein echtes Highlight für alle, die kluge Krimis mit Tiefe und nordischem Flair lieben.

Bewertung vom 26.10.2025
Schweigkofler, Mirjam

Himbeerduft im Limettenkleid


sehr gut

Gefühlvoll, ehrlich und mit einer Prise Sommermelancholie

Helia reist an den Gardasee, um im Haus ihrer verstorbenen Großmutter zur Ruhe zu kommen – und um ihre Depressionen zu überwinden. Doch statt Frieden findet sie dort ihre Vergangenheit wieder: Frederik, ihre erste große Liebe, steht plötzlich wieder vor ihr. Zehn Jahre sind seit ihrer schmerzhaften Trennung vergangen, und doch brechen alle Gefühle und Erinnerungen erneut auf. Als Frederik ihr seine Liebe gesteht und verspricht, sie nie wieder zu verletzen, ist Helia hin- und hergerissen zwischen Herz und Verstand – besonders, als eine unbekannte Frau mit einem Kind auftaucht und neue Fragen aufwirft.

Mirjam Schweigkofler erzählt diese Geschichte mit viel Feingefühl und einer beeindruckenden emotionalen Tiefe. Ihr Schreibstil ist flüssig, bildhaft und atmosphärisch – man spürt die Wärme des Gardasees, den Duft von Sommer, Früchten und Erinnerungen. Besonders gelungen ist, wie die Autorin ernste Themen wie Verlust, Depression und Selbstfindung mit Leichtigkeit, aber nie oberflächlich behandelt.

Helia ist eine authentische, greifbare Protagonistin: verletzlich, reflektiert und gleichzeitig stark. Man leidet, hofft und zweifelt mit ihr. Auch Frederik ist vielschichtiger, als man anfangs denkt – seine Entwicklung und die Enthüllungen im Verlauf der Geschichte geben der Liebesgeschichte Tiefe und Glaubwürdigkeit.

Der Roman überzeugt durch Emotion und Atmosphäre, auch wenn sich manche Szenen etwas in die Länge ziehen und das Tempo stellenweise abflacht. Dennoch bleibt die Geschichte berührend und hinterlässt ein Gefühl von Wärme, Hoffnung und zweiter Chancen.

Fazit:
„Himbeerduft im Limettenkleid“ ist eine gefühlvolle Liebesgeschichte über Verlust, Heilung und den Mut, der eigenen Vergangenheit zu begegnen. Ein ruhiger, aber emotionaler Roman, der mit seiner Sommerstimmung, glaubwürdigen Figuren und leisen Zwischentönen überzeugt.

Bewertung vom 26.10.2025
Lüftner, Kai

Ronny, das Pony, und Gerd, das Pferd


ausgezeichnet

Ronny zeigt, dass wahre Größe von innen kommt

Schon auf den ersten Blick hat mich „Ronny, das Pony, und Gerd, das Pferd“ sofort angesprochen. Die Illustrationen sind einfach so ansprechend – farbenfroh, detailreich und mit so viel Ausdruck gestaltet, dass Ronny und Gerd direkt lebendig werden. Man erkennt auf Anhieb ihre Unterschiede: Ronny ist klein, dick, zottelig, tollpatschig und ein bisschen faul, während Gerd anmutig, sportlich, groß, trainiert und elegant wirkt.

Nachdem die beiden mit all ihren Eigenheiten vorgestellt werden, erzählt das Buch von einem gemeinsamen Erlebnis, das sie für immer verbindet. Und genau da zeigt sich, was die Geschichte so besonders macht: Ronny beweist auf heldenhafte Weise, dass man nicht groß, stark oder perfekt sein muss, um wahre Größe zu zeigen. Egal, wie klein oder träge man ist – in jedem steckt Mut, Freundschaft und ein kleines Stück weit Heldentum.

Kai Lüftner erzählt die Geschichte in Reimform: Sie ist leicht, rhythmisch und witzig. Die Verse fließen wunderbar, machen das Vorlesen zu einem Vergnügen und sorgen bei Kindern wie Erwachsenen für viele Lacher. Besonders schön ist, wie charmant und klug die Reime gestaltet sind. Sie klingen nie gezwungen, sondern lebendig und humorvoll.

Auf warmherzige Weise vermittelt das Buch eine wichtige Botschaft: Jeder hat seine eigenen Stärken und manchmal steckt der größte Mut in denjenigen, von denen man es am wenigsten erwartet.

Fazit:
Ein rundum gelungenes Bilderbuch voller Herz, Humor und Mut. Ronny und Gerd zeigen, dass Freundschaft keine Größe kennt und in jedem von uns ein kleiner Held steckt. Ein echtes Highlight zum Vorlesen, Lachen und Staunen – für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.

Bewertung vom 26.10.2025
Marshall, Lisette

Der Herr der Schlangen / Fae Isles Bd.2


sehr gut

Ruhiger Start, starke Gefühle – Emelin wächst über sich hinaus

Nachdem Emelin nur knapp dem Hof der grausamen Fae-Königin entkommen konnte, kämpft sie gemeinsam mit Creon und einer Gruppe Rebellen um ihre Freiheit. Doch Creon, der einst als Henker der Herrscherin diente, kann von den neuen Verbündeten nicht akzeptiert werden. Um die Gemeinschaft und sich selbst zu schützen, bleibt ihm nur ein Weg, er muss die Rebellen verlassen. Für Emelin, die mehr für ihn empfindet, als sie zeigen darf, ist das ein schmerzlicher Abschied, während sich die Schatten des Krieges weiter verdichten.

Lisette Marshalls Schreibstil ist angenehm flüssig, atmosphärisch und emotional. Schon nach wenigen Seiten ist man wieder in der Welt der Fae angekommen. Die Bilder, Emotionen und Stimmungen wirken sofort vertraut. Nur die Handlung selbst braucht etwas Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Der Einstieg ist eher ruhig, und gerade Creon wirkt anfangs erstaunlich passiv, fast wie ein Schatten seiner selbst. Dafür glänzt Emelin umso mehr: Sie ist mutiger, entschlossener und wächst über sich hinaus, ohne ihre einfühlsame Seite zu verlieren. Ihre Entwicklung wirkt dabei glaubwürdig und berührend.

Das Worldbuilding überzeugt erneut mit seiner dunklen, faszinierenden Tiefe. Man spürt, wie durchdacht und detailreich die Welt der Fae gestaltet ist: voller Magie, Geheimnisse und unterschwelliger Bedrohungen. Auch wenn der zweite Band inhaltlich nicht allzu viele neue Impulse setzt, entfaltet er mit zunehmender Spannung und Gefühl genau die Atmosphäre, die man aus dem ersten Teil geliebt hat.

Fazit: Ein emotionaler, atmosphärischer zweiter Band, der zwar etwas Anlauf braucht, dann aber mit viel Gefühl, Magie und Spannung begeistert.

Bewertung vom 26.10.2025
Laroux, Harley

House of Rayne


gut

Düstere Atmosphäre trifft auf überladene Erotik

Nach einer schmerzhaften Trennung zieht sich Salem auf die abgelegene Insel Blackridge zurück, um in einem kleinen Bed & Breakfast zur Ruhe zu kommen. Dort begegnet sie der geheimnisvollen Rayne, die sie mit ihrer düsteren Anziehungskraft sofort in ihren Bann zieht. Inmitten einer konservativen Inselgemeinschaft beginnt zwischen den beiden eine leidenschaftliche Beziehung, die von verbotenen Fantasien und einer dominanten Dynamik geprägt ist, der sich Salem immer mehr hingibt. Doch bald mehren sich unheimliche Vorkommnisse: Stimmen im Haus, verschwundene Gäste und das Gefühl, dass etwas Böses die Insel durchdringt.

Der Auftakt dieser Dark-Romance-Geschichte verspricht mit seiner düsteren, atmosphärisch dichten Kulisse viel Potenzial. Die abgelegene Insel, das unheimliche Herrenhaus und die mysteriöse Stimmung bilden eine gelungene Grundlage für eine spannende Story. Auch das Grundkonzept mit einer okkulten Bedrohung und der ungewissen Wahrheit über Rayne und die Inselbewohner ist spannend und hält die LeserInnen bis zum Schluss in Atem.

Allerdings gerät diese vielversprechende Handlung leider häufig in den Hintergrund. Die Erotikszenen nehmen einen derart großen Raum ein, dass die eigentliche Geschichte darunter leidet. Fast jedes zweite Kapitel dreht sich vorrangig um das Sexleben der beiden Protagonistinnen, was auf Dauer zu viel des Guten ist. Hier hätte weniger eindeutig mehr sein können – zugunsten einer vertieften Handlung und emotionalen Entwicklung.

Auch mit den Figuren konnte ich mich nicht richtig anfreunden. Rayne bleibt aufgrund ihrer distanzierten Art eindimensional und Salem wirkt in vielen Momenten extrem naiv und wenig reflektiert. Ihre übertriebene Unterwürfigkeit und ihr Leichtsinn ließen sie wenig glaubhaft erscheinen. Auch die Dialoge zwischen den beiden waren nicht tiefgründig genug, um mich von ihrer Beziehung zu überzeugen.

Trotz dieser Kritikpunkte hat mich die düstere Grundstimmung gepackt. Die unheilvolle Atmosphäre der Insel, das Gefühl der Isolation, die düsteren Geheimnisse der Bewohner und das unheimliche Flüstern im Wald waren gut beschrieben und haben ein unterschwelliges Unbehagen erzeugt. Auch wenn die Auflösung für mich wenig überraschend war, wurde die Spannung bis zum Schluss gut gehalten und die Geschichte war insgesamt solide konstruiert.

Fazit:
„House of Rayne“ verfügt über eine starke Atmosphäre und einen interessanten Story-Ansatz, doch der Fokus auf die erotische Ebene bremst das Potenzial der Geschichte deutlich aus. Wer gerne Erotik mit einer Prise Mystery liest, wird hier fündig. Für alle, die sich jedoch mehr Tiefgang und überzeugendere Charaktere wünschen, bleibt das Buch eher ein durchwachsenes Leseerlebnis.

Bewertung vom 05.10.2025
Parker, Martina

Miss Vergnügen


sehr gut

Zwischen Beauty, Chaos und Krimi: Ein schräger Fall für Miss Brooks

Als ihr Ehemann sie während eines Aufenthalts in Wien kurzerhand aussetzt, steht Miss Brooks plötzlich allein da – mitten in der Stadt, in der auch ihre Schwester lebt, mit der sie allerdings seit Jahren ein schwieriges Verhältnis hat. Doch statt sich unterkriegen zu lassen, beginnt Miss Brooks, ihr Leben neu zu sortieren. Mit einer ordentlichen Portion britischer Gelassenheit und schwarzem Humor nimmt sie ihre neue Realität an – und stolpert dabei unverhofft in eine Welt aus Glitzer, Geheimnissen und Verbrechen.

Martina Parker ist mit diesem Krimi ein unterhaltsamer und herrlich eigenwilliger Serienauftakt gelungen. Miss Brooks ist eine Protagonistin, die man so schnell nicht vergisst: charmant, ein bisschen eigensinnig und mit einem Herz voller guter Absichten. Ihre handgemachten Sorgenpüppchen mit positiven Botschaften sind eine liebevolle Idee, die der Figur noch mehr Tiefe und Charme verleihen. Überhaupt lebt dieser Krimi sehr von seiner Hauptfigur, die mit viel britischem Witz, Eigenart und einem scharfen Blick durch die Geschichte führt.

Besonders gut gefallen hat mir der Einblick in die Beautybranche. Man merkt, dass die Autorin hier sehr genau weiß, wovon sie schreibt. Die kleinen Details, die Mechanismen im Hintergrund, die Oberflächlichkeiten und Machtspiele, all das ist glaubwürdig eingeflochten und gibt dem Krimi eine moderne, originelle Note.

Allgemein ist die Handlung abwechslungsreich, unterhaltsam und mit kleinen Überraschungen gespickt. Der Kriminalfall entwickelt sich spannend, auch wenn die Auflösung für meinen Geschmack nicht ganz an das unterhaltsame Tempo und die dichte Atmosphäre der Geschichte heranreicht. Trotzdem bleibt die Story an sich rund und schlüssig.

Die österreichischen Rezepte am Ende des Buches waren eine charmante Überraschung, wenn auch im ersten Moment etwas unerwartet in einem Krimi, der in der schillernden Beautywelt spielt. Vielleicht hätte eine augenzwinkernde Ergänzung zum Thema, wie eine DIY-Beauty-Anleitung oder ein humorvoller Beautytipp von Miss Brooks, noch besser gepasst.


Fazit:
Ein unterhaltsamer Wohlfühlkrimi mit einer starken Portion Humor, einer erfrischend eigenwilligen Protagonistin und einem herrlich bissigen Blick auf die Beautybranche. Miss Brooks verspricht Krimiunterhaltung der etwas anderen Art – schräg, smart und sehr charmant.

Bewertung vom 05.10.2025
Beyer, Anja Saskia

Sommersehnsucht und Meeresglitzern


gut

Eine sommerliche Auszeit mit vorhersehbarem Verlauf

Die Architektin Lina steht vor einem Scherbenhaufen: Ihre Ehe kriselt und ihre Tochter Marie will plötzlich die Schule schmeißen. Um Abstand zu gewinnen und um einen klaren Kopf zu bekommen reist sie kurzerhand nach Capri zu ihren Schwestern. Dort stößt sie nicht nur auf eine alte Familiengeschichte, die eng mit der Vergangenheit ihres Vaters verwoben ist, sondern auch auf den charmanten Schreiner Luca. Gemeinsam mit ihm restauriert sie ein verwunschenes Häuschen und findet dabei nicht nur neue Kraft, sondern vielleicht auch eine neue Liebe.

Für mich war der Verlauf der Geschichte leider in vielen Teilen vorhersehbar. Besonders Linas persönliche Entwicklung und das Verarbeiten ihrer Ehekrise gingen sehr schnell voran. Für mich persönlich viel zu schnell. Innerhalb weniger Tage scheint sie nicht nur zur Ruhe zu kommen, sondern auch offen für eine neue Beziehung zu sein. Diese schnelle Wandlung wirkte auf mich unrealistisch und nahm der Geschichte etwas von ihrer emotionalen Tiefe.

Auch das große Familiengeheimnis, das im Vorfeld stark angedeutet wurde, konnte mich in der Auflösung nicht überzeugen. Das drastische Handeln des Großvaters war für mich nicht ausreichend nachvollziehbar und ließ mich eher ratlos zurück.

Was die Geschichte jedoch wunderbar lebendig macht, sind die stimmungsvollen Beschreibungen der Insel Capri. Das warme Licht, das Glitzern des Meeres und die mediterrane Atmosphäre entfalten sich beim Lesen fast wie ein Kurzurlaub. In mir wurde definitiv die Reiselust geweckt! Auch die Idee, am Ende des Romans die Rezepte zu den im Buch erwähnten Speisen aufzuführen, fand ich richtig schön. Das hat für mich die Geschichte ein bisschen aufgewertet.

Fazit:
„Sommersehnsucht und Meeresglitzern“ ist eine sommerlich-leichte Lektüre mit einem traumhaften Setting. Zwar bleiben einige emotionale Entwicklungen und die Auflösung der Familiengeschichte eher oberflächlich, doch die Atmosphäre, das Capri-Flair und die liebevollen Details, wie die Rezepte, machen das Buch dennoch zu einer schönen Urlaubslektüre für zwischendurch.

Bewertung vom 05.10.2025
Lorentz, Iny

Ein verhängnisvolles Testament


sehr gut

Zwischen Pflicht und Herz – Annas mutiger Weg

Im Südwesten Deutschlands, 1590: Kaum ist Elisabeth von Thannberg Witwe, droht ihr bereits der nächste Schicksalsschlag. Laut eines alten Vertrags soll der Besitz der Familie an den Kurfürsten von Trier fallen – sofern kein männlicher Erbe vorhanden ist. Elisabeths Schwangerschaft verschafft ihr etwas Zeit, doch Gewissheit bringt sie nicht. Um dem drohenden Verlust von Thannberg nicht tatenlos entgegenzusehen, schickt sie ihre kluge und mutige Kusine Anna ins Kloster Laach. Dort sollen Aufzeichnungen über die Familie Hinweise auf mögliche weitere männliche Nachkommen liefern – und tatsächlich: Es scheint noch einen entfernten Erben der Thannbergs zu geben. Doch die Lage bleibt brenzlig, denn wenn Elisabeth keinen Sohn zur Welt bringt, steht ihr gesamtes Leben auf dem Spiel.

Was der Klappentext nur am Rande andeutet: Die wahre Hauptfigur der Geschichte ist Anna – eine starke, kluge Frau in einer männerdominierten Welt, die unbeirrt für das Wohl und die Rechte ihrer Familie kämpft. Ihre Rolle entwickelt sich dabei zu einem der spannendsten und emotional berührendsten Elemente des Romans.

Die historischen Intrigen und politischen Verflechtungen, die sich um das Thannberger Erbe spinnen, fand ich sehr gelungen. Besonders die heimlichen Absprachen, taktischen Spielchen und unterschwelligen Bedrohungen sorgen für eine konstante Spannung. Gleichzeitig wird auch Elisabeths innere Verzweiflung greifbar geschildert – ihr Kampf gegen Angst, Kontrollverlust und gesellschaftliche Zwänge berührt.

Ein echtes Highlight war für mich die Recherche um den letzten Thannberg-Nachkommen: Der erste Besuch auf seinem Gut war voller skurriler Momente, die mit einem feinen Humor geschildert wurden und für eine willkommene Auflockerung sorgten.

Besonders schön fand ich, wie sich im Laufe der Handlung auch Annas persönliches Glück abzeichnet. Ihre Entwicklung – von einer klugen, aber unterschätzten jungen Frau zu einer starken Persönlichkeit – ist überzeugend erzählt. Die Versöhnung mit ihrem Bruder und dessen Frau hat mich sehr bewegt, vor allem, weil diese schließlich anerkennen, welches Potenzial und Herz in Anna stecken.

Fazit:
„Ein verhängnisvolles Testament“ ist ein spannender historischer Roman, der weit mehr bietet als Machtkämpfe und Erbstreitigkeiten. Im Zentrum steht eine außergewöhnliche Frau, deren Mut, Klugheit und Gerechtigkeitssinn berühren. Zwar steht Elisabeths Schicksal im Mittelpunkt der Ausgangslage, doch es ist Annas Geschichte, die diesen Roman prägt – und hörenswert macht.

Bewertung vom 15.09.2025
Moyes, Jojo

Ein ganz besonderer Ort (MP3-Download)


gut

Ein Ort mit Potenzial – aber ohne Herz

Suzanna Peacock kehrt mit ihrem Mann Neil zurück in ihr Heimatstädtchen – nicht ganz freiwillig, sondern aus finanziellen Gründen. Obwohl sie nach außen hin ein geregeltes Leben führt, fühlt sie sich innerlich leer. Ihre Ehe wirkt brüchig, die Beziehung zu ihrer Familie ist belastet, und über allem schwebt die ungeklärte Frage nach ihrer leiblichen Mutter, die sie nie kennengelernt hat.

Auf der Suche nach Orientierung wagt Suzanna einen Neuanfang und eröffnet das „Peacock Emporium“ – einen kleinen, charmanten Laden mit integriertem Café. Was zunächst als Versuch beginnt, sich abzulenken, wird schnell zu etwas Größerem: einem Ort der Begegnung, an dem sich Menschen verbinden – und Suzanna langsam beginnt, ihren Platz im Leben zu finden.

Leider hat mich das Hörbuch nicht so sehr mitgenommen, wie ich es von Jojo Moyes gewohnt bin. Besonders irritierend fand ich den häufigen Wechsel zwischen Zeiten und Perspektiven ohne akustische Trennung oder erkennbare Übergänge. Plötzlich befand man sich in der Vergangenheit oder bei einer anderen Figur, ohne dass dies auf Anhieb ersichtlich war. Das hat den Hörfluss deutlich erschwert und mich immer wieder aus der Geschichte gerissen.

Auch mit Suzanna als Hauptfigur bin ich nicht richtig warm geworden. Obwohl ihre Vergangenheit im Verlauf des Romans Stück für Stück enthüllt wird, bleibt ihre Entwicklung als Figur eher blass. Ihre ständig negative Haltung, ihre Unzufriedenheit und ihr Pessimismus ziehen sich wie ein grauer Schleier durch die Geschichte. Besonders schwer nachzuvollziehen war für mich, wie wenig sie die liebevollen Gesten und das Wohlwollen ihrer Familie anerkennt. Trotz aller Unterstützung – sei es emotional oder finanziell – stößt sie Menschen von sich, die ihr helfen wollen. Ihre privilegierte Ausgangssituation scheint ihr dabei kaum bewusst zu sein.

Was mir hingegen gut gefallen hat, waren die atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen. Diese waren sehr bildhaft und haben für mich das englische Kleinstadt-Flair greifbar gemacht. Auch das Konzept des „Peacock Emporiums“ als Ort der Begegnung hat Potenzial. Es hätte jedoch noch stärker in den Fokus rücken dürfen.

Fazit:
„Ein ganz besonderer Ort“ ist ein ruhiger Roman über Selbstsuche, Zugehörigkeit und alte Wunden. Das Hörbuch bietet schöne Szenerien und gute Grundideen, verliert aber durch unsaubere Übergänge und eine schwer zugängliche Hauptfigur an Wirkung. An sich ist es kein schlechtes Buch, aber für mich auch kein besonders bewegendes.

Bewertung vom 15.09.2025
Swidler, Nicole;Swidler, Uli T.

Herzlauschen


gut

Viel versprochen, wenig gespürt: Eine Liebe, die nicht ganz berührt

Tessa Boden ist eine gefeierte Sopranistin, die auf den großen Bühnen der Welt zu Hause ist. Bei einem Benefizkonzert in Berlin fällt ihr ein Mann in der ersten Reihe auf, der sich ganz anders verhält als der Rest des Publikums: kein Applaus, kein Lächeln, nur ein intensiver Blick und ein Skizzenblock, in den er unaufhörlich zeichnet. Als Tessa später zwei Zeichnungen von ihm findet, ist sie tief bewegt. Von Neugier und innerer Unruhe getrieben, folgt sie seiner Spur. Was sie dabei entdeckt, stellt ihr bisheriges Leben auf den Kopf.

Der Schreibstil des Autorenduos ist angenehm und flüssig zu lesen. Besonders gut hat mir die Struktur des Romans gefallen: Die wechselnden Perspektiven zwischen Tessa und Paul verleihen der Geschichte Tiefe und ermöglichen einen guten Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelten.

Trotzdem hat mich die Geschichte emotional nicht so mitgerissen, wie ich es mir erhofft hatte. Sowohl Tessa als auch Paul blieben mir bis zum Ende fremd, sodass ich ihre aufkeimende Verliebtheit und die große Anziehung zueinander leider nicht nachempfinden konnte. Es fehlte mir an innerer Intensität, an dem Funken, der eine Liebesgeschichte lebendig und spürbar macht.

Die Handlung an sich verläuft ohne Längen und nimmt immer wieder Fahrt auf. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass einige Konflikte zunächst stark aufgebaut werden, nur um dann recht plötzlich und unkompliziert abgehandelt zu werden. Dadurch haben manche Szenen ein wenig an Tiefe verloren.

Am meisten gestört hat mich allerdings die Nebenhandlung rund um Pauls Freundschaft zu Sanna. Ihre jahrelange Schwärmerei, der spontane, frustrierte One-Night-Stand und die anschließende Entscheidung, so zu tun, als sei nichts gewesen, waren für mich nicht nachvollziehbar. Gerade, weil Paul parallel eine starke Verbindung zu Tessa aufbaut und ihr sogar nach New York folgt, kam mir diese Nebenhandlung wie ein konstruiertes Drama vor, das der Geschichte mehr geschadet als genutzt hat. Diese Wendung hat mir den Lesegenuss ein Stück weit genommen.

Fazit:
„Herzlauschen“ ist stilistisch gelungen und angenehm zu lesen. Die emotionale Tiefe bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die Liebesgeschichte hat Potenzial, doch in ihrer Umsetzung hat mir das gewisse Etwas gefehlt, das mich berührt hätte. Wer eine ruhige Liebesgeschichte mit kunstvollem Flair und internationalem Setting sucht, wird hier vielleicht fündig. Für mich war es insgesamt jedoch eher eine nette Lektüre für zwischendurch als ein emotionales Highlight.