Es ist schwierig, einen Hinweis auf die Story zu geben, da sich viele Erzählstränge umeinander winden. In dem ersten Erzählstrang geht es um einen Altmafioso und seine Tochter, die unter Umständen die Nachfolge ihres Vaters antreten will oder soll. Ein Blutbad im Haus des Altmafiosos ist sozusagen die Einleitung. Dabei bekommt der alte Herr nicht mal etwas davon mit, was in seinem Haus passiert.
Eine wichtige Person ist Carl. An ihn kann man sich in allen Lebenslagen (außer für eine Telefonseelsorge) wenden und beliebige Lösungen von Problemen buchen. Seine wichtigsten Mitarbeiter sind Ridley und Betty. Ridley soll den Mafioso und seine Tochter beschützen und Betty sich um die Aufklärung des Mordes an einer Amerikanerin kümmern.
Die Kapitel sind jeweils mit dem Namen eines Akteurs überschrieben. Man könnte also annehmen, dass es sich im Kapitel nur um die Sichtweise dieser Person gehen würde. Aber nein. Immer wieder werden andere Erzählstränge und Rückblicke oft sehr unvermittelt eingeschoben. Das trägt nicht dazu bei, den ganzen Roman zu durchschauen. Immer wieder fragt man sich, wer ist das nun wieder? Ist der schon mal aufgetaucht? Dabei sind diese Einschübe immer nur kurz und hektisch und verursachen nur Durcheinander.
Ich habe schon bei vielen Büchern gesagt, dass sie zu lang waren und dadurch langweilig und anstrengend waren. Bei diesem Buch von Dirk Schmidt muss ich mal umgekehrt sagen: Dieses Buch wäre sicher besser geworden, wenn es an vielen Stellen etwas ausführlicher und eingehender geschrieben worden wäre. So bleibt es eben meist nur an der Oberfläche ohne Tiefgang.
An und für sich handelt es sich um einen guten und sehr aktuellen Plot. Im Mittelpunkt stehen zwei Kinder, die 15 jährige Hailey, ihr kleiner Bruder Ben und ihre geschiedenen Eltern. Der Vater entführt seine Kinder, weil er herausgefunden hat, dass sich eine neue Pandemie entwickelt, deren Folgen katastrophal sein werden. Er bringt seine Kinder in ein Safe House, wo sich bereits ein paar Personen aufhalten, mit denen zusammen sie in den Bergen Schottlands die Pandemie überleben wollen. Dazu ist das Safe House von einer Mauer und einem Stacheldrahtzaun umgeben. In einem Bunker sind Lebensmittel gelagert und in einem Folienzelt wird Gemüse angebaut.
Es ergeben sich Probleme, als auch die Mutter von ihrem geschiedenen Mann ins Safe House geholt wird. Vor allem Hailey hat eine undankbare Rolle, da sie zwischen den Eltern steht und nicht weiß für wen sie sich entscheiden soll. Denn die Mutter behauptet, dass ihr Mann die Pandemie nur erfunden hat und in Wirklichkeit alles in der Außenwelt alles normal sei.
Es entwickeln sich einige spannende und grausame Situationen. Der Roman behandelt also ein sehr aktuelles Thema und er könnte wirklich spannend sein, wenn er nicht so furchtbar langatmig wäre. Hailey, aus deren Sicht wir die Situation geschildert bekommen, berichtet seitenweise von ihrem Seelenzustand. Das ist sicher wichtig aber oft überzogen unrealistisch und wiederholt sich immer wieder. Außerdem lesen wir immer wieder über Listen, die die Verhaltensweisen in diversen Situationen vorgeben. Das ist sicher auch wichtig aber auf die Dauer ermüdend.
Dem Roman hätte eine Kürzung um etliche Seiten gut getan. Mich hat er nur deshalb bis zum Ende bei der Stange gehalten, weil ich wissen wollte, wer nun Recht hatte. Der Vater mit seiner Pandemie oder die Mutter, die die Pandemie leugnete.
In verschiedenen Milieus und Gegenden in Berlin kennt Johannes Groschupf sich aus. Da lernen wir Wohngegenden kennen, wo nur Roma wohnen, und solche Gegenden, wo vor allem teure Villen zu finden sind. Wir werden bekannt gemacht mit besonderen Partys, auf denen exquisite Getränke und Speisen gereicht, Smalltalk gemacht und Geschäftsbeziehungen angebahnt werden. Wir lernen kennen, wie es in Haftanstalten zugeht, und lesen vom Gegenteil, wie es bei der Polizei zugeht.
Drei Protagonisten sind es vor allem, die uns besonders vorgestellt werden. Da ist Romina Winter eine Roma, die Polizistin geworden ist. Dann ist da Koba aus Tiflis, der mit einer Einbrecherbande quasi berufsmäßig reihenweise in schicke Villen einbricht. Der dritte ist Jaques Lippold, der vor kurzem aus der Justizvollzugsanstalt Tegel entlassen wurde und jetzt versucht, sich als Kunstexperte zu etablieren, und mit den Reichen Kontakt aufzunehmen, die sich als Kunstliebhaber ansehen.
Die einzelnen Szenen werden jeweils aus der Sicht einer der handelnden Personen beschrieben. Dabei haben die Kapitel keine Überschriften. Groschupf macht das ganz raffiniert, denn der Name dessen, um den es geht, kommt jeweils ganz am Anfang im Text vor.
Die Sprache ist leicht zu lesen. Was mir jedoch fehlte, ist etwas die Spannung. Ein Thriller ist das nicht sondern einfach ein Kriminalroman. Außerdem wird der Roman an vielen Stellen etwas unwirklich. Vor allem Romina ist meines Erachtens sehr unrealistisch dargestellt.
Es soll der Auftakt einer neuen Romanreihe sein. Und daher werden die beiden Hauptpersonen Benjamin und Tong neu eingeführt. Die Wochen vor Wahlen in Norwegen. Ein Unfall, bei dem ein Rucksack entdeckt wird, dessen Inhalt einen Hinweis auf das äußerst giftige Rizin gibt, das offensichtlich von Terroristen hergestellt wurde. Dann ein Unternehmen, das als Berater für eine Partei engagiert wird. Da werden dann fragwürdige Methoden der Beeinflussung von Wählern angewandt. Eine Situation, wie man sie schon öfter gelesen und gehört hat, Wahlbeeinflussung von außen durch die sozialen Medien. Ein Blick hinter die Kulissen des politischen Geschäfts und die Arbeit der Antiterroreinheit.
Das neue Team Liselott Benjamin und Martin Tong bekommt einiges zu tun und gerät in brenzlige Situationen. Ingar Jonsrud versteht sein Metier. Der Roman ist spannend geschrieben und man möchte eigentlich immer weiter lesen, um die Auflösung zu erfahren.
Im Epilog dann ein Cliffhanger. Aber das ist hier erlaubt als Hinweis auf den nächsten Band
Ein modernes Märchen erzählt uns Takis Würger in seinem Roman „Für Polina“. Polina ist die Prinzessin und Hannes der Prinz. Aber Hannes entspricht eigentlich gar nicht der Figur eines Prinzen, wie wir ihn uns normalerweise vorstellen. Er ist sehr schüchtern und nur ganz in seiner Musik versunken, die er auf einem alten Klavier in der Villa im Moor spielt. Dort wächst er bei seiner Mutter und Heinrich, der wie ein Vaterersatz ist, auf.
Mit seiner Freundin Polina erkundet er das Moor. Seine Gefühle zu Polina vermag er aber nicht in Worten auszudrücken, sondern nur in einem Musikstück, das er selbst komponiert allerdings nicht auf Notenpapier. Es existiert nur in seinem Kopf.
Hannes und Polina werden immer wieder getrennt. Vor allem erfahren wir alles über das Leben von Hannes, das sich recht abenteuerlich entwickelt. Würger gibt auf Seite 169 selbst einen Hinweis auf das Märchenhafte, wenn er schreibt, dass es Hannes schwer fällt über sein Leben als Kind zu berichten, ohne dass es wie ein Märchen klingt. Aber Näheres will ich hier nicht spoilern.
Würger hat eine wunderbare Sprache. Der Roman ist leicht zu lesen. Ich habe nur drei Tage gebraucht. Und wenn sich am Ende des Romans das Gefühl breit macht, schade, schon zu Ende, ist das ein gutes Zeichen für den Roman.
Es ist ein modernes Märchen, aber es könnte tatsächlich so passiert sein. Und wie in einem Märchen führt der Prinz Hannes seine Prinzessin Polina in sein Schloss und … (aber das will ich nicht verraten.)
Ein Roman, den man nicht gern aus der Hand legt. Die Schreibweise von Christina Henriquez ist so angenehm zu lesen, dass man von Anfang an gefangen ist. Es geht um den Bau des Panamakanals. Dabei spielt der eigentliche Bau nur eine untergeordnete Rolle. Die Menschen sind es, die bei diesem Roman im Vordergrund stehen und sehr liebevoll vorgestellt werden. Es gibt keine echten Hauptpersonen. Alle sind hier gleich wichtig. Selbst Personen, von denen man annehmen sollte, dass sie eigentlich eine Nebenrolle spielen, werden sehr ausführlich vorgestellt. Dazu macht Henriquez immer wieder Rückgriffe, um uns die entsprechenden Personen näher zu bringen.
Zwei Schauplätze werden in diesem Buch bespielt. Einmal natürlich die Baustelle des Kanals. Ein weiterer Schauplatz ist Barbados, von wo Ada sich aufmacht, um in Panama Geld zu verdienen für eine Operation, die lebenswichtig für ihre Schwester ist. In Panama trifft sie auf Omar, ein Panamaer, der nicht wie sein Vater Fischer werden will sondern sich auch beim Bau verdingt hat.
Wenn ich oben geschrieben habe, dass der Roman angenehm zu lesen ist, bedeutet das nicht, dass hier nur Angenehmes beschrieben wird. Die Situation der Arbeiter besonders der Frauen, die von den reichen Amerikanern ausgebeutet werden, ist alles andere als angenehm. Henriquez schönt die Situation nicht. Aber für sie stehen die Menschen im Vordergrund, die sich in dieser Situation ihre Würde bewahrt haben.
Eigentlich eine Kleinstadtidylle dieses Ginsterburg. Es ist die Zeit nach der Machtergreifung. Ganz langsam schleicht sich die neue Zeit ein. Wir lernen verschiedene Personen aus Ginsterburg kennen. Zum Beispiel Lothar mit seiner Mutter, der Buchhändlerin Merle. Irgendwie merken die Menschen, dass man sich vorsehen muss mit seinen Äußerungen, jedenfalls bei manchen Leuten. Wir erleben mit, wie einige Leute ihre Chance beim Schopf ergreifen und zum Beispiel vom Blumenhändler zum Kreisleiter aufsteigen.
Sehr gut ist beschrieben, wie die Kinder und Jugendlichen gern Mitglieder der HJ oder des BDM werden, weil es da interessante Unternehmungen gibt. So wird bei Lothar der Traum vom Fliegen geweckt. Später wird er dann ein toller Pilot bei der Luftwaffe.
Der Ort Ginsterburg und die handelnden Personen sind fiktiv. Aber es gelingt Arno Frank, so zu schreiben, dass man nach der Lektüre den Eindruck eines Tatsachenberichts hat. Das liegt natürlich an der Sprache, mit der Frank das Buch verfasst hat, wie ein ausführliches Protokoll der Geschehnisse. Spannend und erschreckend.
Das passiert mir sehr sehr selten, dass ich ein Buch nicht bis zum Ende lese. Bei diesem Buch wollte ich es schon nach 30 Seiten zur Seite legen. Aber alle Bücher bekommen bei mir zumindest eine Chance auf 100 gelesene Seiten. So auch hier. Aber mein Urteil hatte sich auch nach der 100. Seite nicht geändert. Ich fand den Roman einfach unerträglich.
Dabei ist der Plot eigentlich gar nicht so uninteressant. Frauenknast. Zwei Insassinnen Dios und Florida werden vorzeitig wegen Corona entlassen. Dios hängt sich an Florida dran gegen deren Willen. Angeblich will sie Floridas dunkle Seite zum Vorschein bringen.
Aber die Ausführung war mir zu wirr, die Sprache zu brutal und konfus, der Fortgang nicht stringent. Es war einfach nicht mein Fall. Es gibt sicher Leserinnen und Leser, die das gut finden. Aber ich gehöre nicht dazu. Also von mir keine Empfehlung.
In einem Zug auf dem Wege nach München spielt sich der aller größte Teil des Romans ab. Eduard Brünhofer, ein bekannter Autor von Liebesromanen ist von Wien aus unterwegs zu einem wichtigen Termin in München. Ihm gegenüber sitzt Catrin Meyr, von Beruf Psychotherapeutin. Die beiden kommen ins Gespräch, obwohl Brünhofer sich eigentlich lieber auf das Treffen in München vorbereiten würde. Das Gespräch bleibt nicht oberflächlich, wie man das bei einer Zufallsbekanntschaft im Zug eigentlich erwarten würde, sondern wird sehr intim und zwingt Brünhofer sich selbst in Frage zu stellen, vor allem hinsichtlich der Tatsache, dass er seit vielen Jahren keinen neuen Roman mehr geschrieben hat, was er vor sich selbst damit begründet, dass er keine Lust mehr habe.
Das Doppelsinnige des Titels könnte die Bedeutung von "in einem Zug" sein, wenn man damit meint, dass etwas ohne Unterbrechung geschieht. Was das in diesem Roman ist, will ich aber hier nicht spoilern. Nur soviel: Es kommt zu einem überraschenden Schluss.
Etwas mühsam fand ich bis zur Mitte des Romans manchmal die Darstellung der Dialoge. Da stellt Meyr eine Frage. Daraufhin folgen ausführliche Gedankengänge Brünhofers über den Sinn der Frage und über mögliche Antworten. Das mag manchmal interessant sein, wird hier jedoch zu oft angewandt und nimmt manchmal mindestens eine Seite in Anspruch, bevor der Dialog weiter geht.
Ja, ungewöhnlich ist dieser Roman. Ungewöhnlich spannend aber auch ungewöhnlich, was die Story und die handelnden Personen angeht. Besonders eine Person ist da sehr ungewöhnlich. Das ist Simon Dorn. Er war ehemals Kriminalpsychologe. Nach mehreren persönlichen Schicksalsschlägen quittiert er seinen Dienst und bewohnt seitdem das leerstehende und im Verfall begriffene Hotel Dornwald in Bad Gastein. Es ist das Hotel seiner Familie, das er geerbt hat. Dort igelt er sich ein und mit Hilfe von Karla Hofbauer vom Bundeskriminalamt Wien beschäftigt er sich mit Cold Cases. Nur Karla ist seine Verbindung zur Außenwelt. Als Karla ermordet wird, ist Dorn praktisch hilflos, weil er sich nicht mehr in der Lage fühlt, das Hotel zu verlassen. Kriminalpolizistin Lea Wagner spielt die zweite wichtige Rolle in diesem Roman, da sie sich mit dem Mord an Karla beschäftigt und dadurch notwendigerweise mit Dorn zusammentrifft.
Der Roman spielt an vielen verschiedenen Orten und Jan Beck schafft es, die Spannung mit immer neuen Wendungen auf einem hohen Niveau zu halten bis zum Showdown und einer unerwarteten Lösung.
Es wird spannend sein, weitere Folgen mit dem ungewöhnlichen Duo Dorn und Wagner zu lesen.
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