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lenchen_196
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Bayern

Bewertungen

Insgesamt 18 Bewertungen
12
Bewertung vom 28.10.2010
Gotteszahl / Yngvar Stubø Bd.4
Holt, Anne

Gotteszahl / Yngvar Stubø Bd.4


sehr gut

Morde aus Hass

Es passiert eine Serie von Morden, scheinbar ohne Verbindung. Im Osloer Hafenbecken wurde eine Leiche gefunden. In Bergen stirbt Eva Karin Lysgaard, die Bischöfin, die sich für „unbequeme“ Fragen heutigen Lebens engagierte. Sie wurde ausgerechnet an Heiligabend erstochen, kein Motiv kann diese Tat rechtfertigen. Dazu kommen ein toter Junkie und ein bekannter Künstler, der einen Herzinfarkt erlitt. Meistens sind diese Morde als ein „natürlicher“ Tod vorgetäuscht. Und das ist nicht alles. Jemand beobachtet das friedliche Familienleben der Bürger und bereitet höchstwahrscheinlich den nächsten Schlag vor...

Kommissar Yngvar Stubo mit seinem Team ermittelt im Fall der toten Bischöfin, sucht die Antworten in anderen Fällen, bis sich ihm plötzlich der Zusammenhang aller Opfer entfaltet. Seine Frau Inger Johanne, Psychologin und Kriminologin, steht ihm mit ihrem Wissen und hilfreichen Vermutungen zur Seite.

Eine weltweite christlich-fundamentalistische Bewegung scheint wohl in die Sache verwickelt zu sein. Ihr Programm ist Hass und Mord. Ein mystisches Ergebnis der Zahlenforschungen begründet angeblich das Recht, jeden zu töten, der den religiösen Vorstellungen dieser Bewegung nicht entspricht. Ich werde hier den Grund dieser Tode nicht verraten, damit dem künftigen Leser auch der Spaß bleibt, selber einige Mutmaßungen aufzustellen. Allerdings kommt Kommissar Stubo auch nicht gleich auf die richtige Lösung.

Es klingt jetzt eher trocken und zu wissenschaftlich, der Roman ist aber sehr fesselnd und lebendig. Nicht viel Action, dagegen aber detaillierte Beschreibungen, ausführliche Gespräche und innere Monologe machen das Buch so interessant, dass man es kaum aus der Hand lässt, bis man mit dem Lesen fertig ist. Viele Familienszenen sind sehr ansprechend beschrieben, mal humorvoll, mal rührend. Auch die vielleicht etwas ungewöhnlichen Arten der Ehe finden hier Platz und sind von der Autorin mit viel Wärme präsentiert, was einen nicht wundern muss, wenn man die Biografie von Anne Holt kennt. Die Sprache ist flüssig, die Länge der Abschnitte genau richtig, um den Leser mit den hier manchmal unbedingt nötigen trockenen Erklärungen nicht zu langweilen und die Spannung zu erhalten.

Was mich beim Lesen des Romans allerdings etwas störte, war, dass die Autorin alle englischen Begriffe und Wörter (die nicht gerade selten vorkommen) nicht übersetzt. Als ob es ganz selbstverständlich wäre, dass wohl jeder (in Norwegen und auch in Deutschland) der englischen Sprache mächtig ist. Sogar ein Brief, der wichtige Informationen für die weitere Handlung enthält und vollständig in Englisch verfasst ist, wurde nicht übersetzt. Es wird aus dem weiteren Kontext zwar ein bisschen klar, worum es im Brief ging, aber es wäre besser, dem Leser einen adäquaten Text auch in Deutsch zur Verfügung zu stellen.

Noch ein Manko, aus meiner Sicht, und ich weiß nicht, ob es sich hier um die Arbeit der Übersetzerin handelt oder um einige Unvollständigkeiten von der Autorin selber. Ich tippe eher auf die Übersetzung. Und zwar: jeder letzte Satz von einem jeweiligen Abschnitt enthält ein bestimmtes Wort, das im ersten Satz des nächsten Abschnitts wiederholt wird. Man merkt es schnell, gewöhnt sich daran und es macht Spaß zu beobachten, wie die Autorin damit spielt. Dann plötzlich fällt es in einem oder anderem Satz aus, was ich als ärgerlich empfand, weil es aus dem Konzept reißt.

Allerdings sind diese Kleinigkeiten nicht entscheidend bei dem Lesen dieses Werks, welches ich mit großem Vergnügen bewältigt habe.

Das war mein erster Roman von der internationalen Bestsellerautorin Anne Holt und auf jeden Fall nicht der letzte. Ich würde ihre weiteren Bücher gern kennenlernen, vor allem die Fälle des Osloer Kommissaren Yngvar Stubo. Das Buch „Gotteszahl“ kann ich nur weiterempfehlen für alle nachdenklichen Leser von Krimiromanen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.10.2010
Der Kuss des Engels
Lukas, Sarah

Der Kuss des Engels


gut

Der Engel küsst, der Dämon beißt

In Sophies Leben ist ein großes Unglück geschehen. Ihr Verlobter Raphael ist tot, wurde in Kolumbien von Guerillas erschossen, als er da als werdender Arzt bei einer Hilfemission im Einsatz war. Seitdem findet Sophie keine Ruhe und weiß nicht mehr, wie sie weiterleben soll. Sie zieht nach Paris und versucht neu anzufangen. Die Gedanken an Raphael und die Trauer um ihn lassen sie nicht los. Eines Tages ist sie fast dabei, sich das Leben zu nehmen. In diesem Augenblick sieht sie einen Mann, der ihrem verstorbenen Geliebten so ähnlich ist, dass Sophie glaubt, es sei Raphael selbst. Sie versucht ihn in der Millionenstadt zu finden und das gelingt ihr tatsächlich. Doch dieser Raphael ist nicht der Raphael, den sie kannte und liebte und von dem sie geliebt wurde.

Wer ist er aber? Er erkennt Sophie nicht, kann sich an nichts gemeinsames erinnern, er benimmt sich sehr seltsam und scheint sogar mit den dunklen kriminellen Gestalten der nächtlichen französischen Hauptstadt verbunden zu sein.

Bis dahin entwickelt sich die Geschichte eher wie ein Krimi, lässt sich spannend lesen und ist interessant. Man hofft auf einen gelungenen Roman von der jungen Autorin Sarah Lukas. Das ist ihr erstes Werk und alles deutet darauf, dass sie ihre Schriftstellerei handwerklich ganz gut beherrscht. Der Stil ist präzise, die Sätze gut durchdacht und schön aufgebaut. Das gilt allerdings nur für die erste Hälfte des Buches.

Dann kommen aber unterirdische Kräfte ins Spiel. Dieser Raphael ist in Wirklichkeit nicht ihr Raphael. Er ist ein Engel. Und zwar ein gefallener Engel namens Gadreel, von der dunklen Macht auf die Erde geschickt. Mit welcher Aufgabe er sich ausgerechnet in Paris in Gestalt von Raphael aufhielt, bleibt dem Leser auch nach dem Ende der Handlung unklar. Die Idee des Romans neigt damit ins Irreale und der Plot verliert gänzlich an Spannung. Nach langem hin und her, vielen Zitaten aus dem Buch Henoch, langweiligen Gesprächen über die Rolle Gottes und seiner Diener, die in nichts führen, vielen Nebenfiguren ohne ausgearbeiteten Charakter…

Und wie sieht ein gefallener Engel aus, wenn er sein wahres Gesicht zeigt? Klar, mit einem Schwanz, roten Augen, Hufen, pelzig und feuerspeiend. Die Autorin hat sich nichts Besseres einfallen lassen. Kindisch und lächerlich.
Ab der Stelle, wo dem Leser dieses fürchterliche Bild des Dämons gezeigt wird, habe ich das Buch nur mit Mühe weiter gelesen. Solche Erscheinungen interessieren mich gar nicht. Es ist einfach nicht mein Lesestoff.

Den Gedanke selber, dass Engel (auch die gefallenen) unter uns leben, würde ich akzeptieren, wenn die Autorin ihre Idee besser umgesetzt hätte. Warum wird der richtige Raphael, der von allen nur als vorbildlicher und sehr netter Mensch beschrieben wurde, plötzlich nach seinem Tod zu einem GEFALLENEN Engel? Womit hat er es verdient? Wozu wurde er ausgerechnet nach Paris geschickt, wo jetzt auch seine frühere Verlobte lebt, wenn er sich gar nicht an sie erinnert? Muss er sich dann genau als Raphael ausgeben? Fragen über Fragen. Und keine Antworten. Nur eine irreale Liebesgeschichte. Ausgedacht aber nicht durchdacht. Mit Happy End natürlich, das gehört zum Genre. Aber das Ende der Geschichte bringt keinerlei Licht in das Dunkel der Verwirrung. Zu welchem Zweck wurde die Geschichte überhaupt geschrieben?

Wem solche Sujets gefallen, dem wird vielleicht das Buch auch gefallen. Mir allerdings hat der Roman nicht zugesagt und ich würde ihn nicht weiterempfehlen.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2010
Der Todesflüsterer
Carrisi, Donato

Der Todesflüsterer


sehr gut

Die Evolution des Monsters

Alle Lebewesen unterziehen sich der Evolution. Auch Monster. Hannibal Lecter ist nur die Vorstufe einer solchen Evolution. Als sein Nachfolger kommt etwas neues, absolut schreckliches und unbegreifliches.
Wenn man die von der modernen Kriminologie beschriebenen Serienmördertypen nicht kennt, so kann man nach dem Lektüre des Thrillers "Der Todesflüsterer" von Donato Carrisi diese Lücke schließen. Und gleichzeitig einen absolut neuen Typ kennenlernen, welcher noch auf seine wissenschaftliche Beschreibung wartet.

Von Beruf ist Donato Carrisi ein Profi im Bereich der kriminologischen Psychologie. Dabei auch ein talentierter Autor, der seine Sujets nach einer ungewöhnlichen Methode zusammenspinnt. Je reeller die Handlung ist, desto mehr Surreales versteckt sich darin. Sehr beeindruckend sind die Beschreibungen der modernen Mittel, die es möglich machen, den ungreifbaren Täter doch effektiv aufzuspüren und zu fassen. Obwohl die Technik schon vollkommen ist, haben es die Hauptfiguren nicht leicht, dem Mörder auf den Spur zu kommen, der sechs Mädchen entführt hat und seine Taten zu einem kolossalen düsteren Spektakel machte. Die Polizisten tappen praktisch bis zum Ende im Dunkeln, handeln blind. Jeder Schritt basiert auf intuitiven Vermutungen. Man sucht den Mörder in allen möglichen Richtungen und alle sind falsch. Nur eine ist richtig, trotz der Paradoxie – in sich selbst zu schauen, seine innere Welt zu durchsuchen…

Dem Leser, der schon hunderte moderne Krimis hinter sich hat, kommt auch der Schluss dieses Romans nicht besonders erstaunlich vor. Der Plot der meisten Thriller ist leider fast immer vorhersehbar. Aber "Der Todesflüsterer" hält die Spannung bis zur letzten Seite, bis zur letzten Zeile.
Wer ist es also, das Monster des 21. Jahrhunderts?

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.08.2010
Rattentanz
Tietz, Michael

Rattentanz


gut

Ein postapokalyptischer Katastrophenthriller

Zwei Schüler planen einen Computergag, um ein persönliches Desaster bei einer anstehenden Prüfung zu vermeiden. Das Ergebnis fällt aber weitaus katastrophaler aus, als geplant.
Im Katastrophenthriller „Rattentanz“ wird die gesamte Welt in den Urzustand versetzt. Internet- und Handynetze brechen zusammen, was heutzutage für beinahe jeden Menschen eine kleine Katastrophe bedeuten würde. Es kommt aber viel schlimmer, denn auch Strom und Wasserversorgung werden infolge des Computervirus lahmgelegt. Nicht nur die heimischen PC-Systeme lassen sich nicht mehr starten, die ganze moderne digitalisierte Welt funktioniert nicht mehr – inklusive verheerender Folgen wie beispielsweise Flugzeugabstürze.
Vor dem Hintergrund der globalen Katastrophe wird die Geschichte einer Familie explizit beleuchtet, die während dieser Katastrophe getrennt wird und deren Mitglieder sich wiederfinden und vereinen wollen.

Mir schien das Buch insgesamt gesehen zu irreal, alleine die Idee, dass ein einziger Computervirus das komplette Leben in allen Ebenen zerstören kann. Allein schon vor dem Gedanken, dass es schließlich unterschiedliche Betriebssysteme gibt, erscheint der Auslöser beinahe lächerlich.
Andererseits ist für einen SciFi-Roman dieser Gedanke vielleicht akzeptabel, handelt es sich doch um einen postapokalyptischen Katastrophenthriller, der genre-getreu sowieso mit Sciencefiction-Elementen geschmückt wird.
Umso weniger hat mir aber gefallen, dass der Autor alles zu schwarz sieht, selbst angesichts der verheerenden Katastrophe zu pessimistisch.
Alle Ärzte lassen ihre aufgeschnittenen schwerverletzten Patienten im OP liegen, auch die Polizisten gehen einfach nach Hause zu ihren Familien. Die Regierung funktioniert nicht mehr, nicht mal auf kommunaler Ebene, weil alle nach Hause gehen. Es gibt von keiner Seite Bestrebungen alles wieder einigermaßen in Ordnung zu bringen, weder die Polizei noch die Bundeswehr bemühen sich, die Lage einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. Im Hinblick auf den Handlungsort in Deutschland (Schwarzwald) wäre so eine Situation selbst nach einer Katastrophe eher unvorstellbar, da man immer versuchen würde irgendwie alles in den Griff zu bekommen, zumindest irgendwo einen Ansatz zu machen. Dafür werden alle Menschen auf einmal böse und egoistisch, rauben Geschäfte und Banken aus, klauen gar Pilzkonserven aus herrenlosen Haushalten.
Dabei ist alles zu ausführlich beschrieben, manche Charaktere, die nur einmal in der kompletten Handlung auftauchen, werden von allen Seiten beleuchtet, quasi von der Geburt an. Deswegen ist der Roman teilweise schwer zu lesen, da er mir an manchen Stellen zu detaillastig scheint.
Die Geschichte der Familie Seger selber habe ich dagegen ziemlich interessant gefunden. Insgesamt ist der Roman in meinen Augen durchaus empfehlenswert, sofern man vom Umfang nicht abschreckt wird. Die Sprache ist flüssig, der Roman liest sich trotz der Länge leicht.
Gerade für die Freunde von SciFi-Romanen insgesamt also eine durchaus empfehlenswerte Lektüre.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.03.2010
Hochsaison / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.2
Maurer, Jörg

Hochsaison / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Hochsaison und Hochspannung

Es gibt eine Menge Bekennerbriefe von einem (angeblichen) Täter. Es wird eine Straftat vorbereitet, nur ist bis jetzt unklar, welche und von wem. Oder ist es nur ein Witz? Ob es mit weiteren Geschehnissen zu tun hat?

An einem Wintersportkurort stürzte ein Skispringer. War es ein Attentat? Es scheint Schwierigkeiten zu geben, weil der Ort sich gerade für die Olympischen Spiele bewirbt. In der VIP-Loge geht auch etwas vor. Verdächtige Leute zwischen Prominenten, verdächtige Schüsse, die keiner bemerkt...

Ein Pärchen „fernöstlicher Herkunft“ hält sich in dem Ort auf und bereitet auch etwas Schreckliches vor.
Alle parallelen Fäden sehen wie selbständig aus, müssen aber von dem Kommissar Jennerwein und seinem Team zusammengezogen werden, weil es sich um ein echtes Verbrechen von weltlichen Maßstäben handelt. Ja-ja, im Ernst.

Also wer hinter was steht, wer welche Ziele verfolgt und was im Endeffekt wohl rauskommt?

Dem Leser sind alle „schlechten“ Hauptfiguren und ihre bösen Taten praktisch von Anfang an bekannt, allerdings bleibt der Zusammenhang bis zum Ende rätselhaft und somit die Handlung sehr spannend.

Die Geschichte selber kommt einem fast verrückt vor. Viele Stränge sehen irreal aus, wurden aber vom Autor als ernsthaft erklärt. Zum Schluss wird alles ans Licht gebracht, keine Fragen bleiben offen.

Feines Lokalkolorit und der sehr witzige und präzise Schreibstil des Autors machen das Lesen zu einem Vergnügen. Das fesselnde Buch lässt sich schnell und flüssig lesen. Die Kuhabbildung auf dem Cover und auf jeder Seite, wo der neue Abschnitt beginnt, ist ganz sympathisch und verleiht dem Roman eine besondere Note aus dem Bergen. Man lernt sogar a bißl von den bayrischen Dialektausdrücken und einige seltsame Bräuche aus dem Region ;-)

Diesen Alpenkrimi würde ich gerne weiterempfehlen.

8 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.02.2010
Das Moskau-Komplott / Gabriel Allon Bd.8
Silva, Daniel

Das Moskau-Komplott / Gabriel Allon Bd.8


gut

Nach Moskauer Regeln?

„Das Moskau-Komplott“ ist das siebte Buch des erfolgreichen amerikanischen Autors Daniel Silva aus der Reihe „Gabriel Allon, der israelische Superspion“. Allerdings war es für mich das erste Werk von ihm. Es ist übrigens nicht nötig, die Vorgängerbücher zu lesen, um die Handlung des neuen nachzuvollziehen.

Nachdem Gabriel schon ein paar mal die Welt gerettet hat, wovon der Autor in seinen anderen Romanen schrieb, verbringt er seine Flitterwochen in einer Villa in Italien und restauriert dabei ein wertvolles Gemälde im Auftrag des Papstes. In dieser Zeit verbreitet der russische Oligarch und Waffenhändler Iwan Charkow sein Spinnennetz über die Welt und bereitet mittels seiner schmutzigen Geschäfte einen Terroranschlag vor, der das Ausmaß des 11. September weit überschreiten würde. Der israelische Geheimdienstmitarbeiter musste seinen Urlaub unterbrechen und sich wieder den Heldentaten a la James Bond widmen.
Das Buch liest sich leicht und ist spannend und gut strukturiert, die Handlung entwickelt sich rasch. Die Kapitel sind kurz, der Schreibstil ist nicht langweilig.

Es wird immer auf die „Moskauer Regeln“ hingewiesen, welche angeblich für die CIA-Agenten seinerzeit geschrieben wurden und immer noch aktuell sind. Ob sie überhaupt existieren? Daniel Silva konnte keine solchen schriftlichen Dokumente bekommen.
Allerdings fand ich, dass das Buch voller Klischees und Vorurteile ist, was übrigens für einen mittelmäßigen Spionen-Roman ganz normal ist. Silva schert alle über einen Kamm. Alle Russen sind böse und gierig, es herrscht in Russland keine Demokratie nach westlichem Standard (klar!). Die Journalisten sterben wie Fliegen, der ehemalige KGB (heute FSB) regiert das Land. Alle Moskowiter haben ihre Datschas und wollen nichts über Korruption im eigenen Land wissen; 99,9 Prozent wählen den neuen Präsidenten, der natürlich einer von den KGB-Leuten ist. Genauso ist Iwan Charkow einer von denen. Und seine Gattin, Elena, eine gehörige russische Frau, will plötzlich seine hinterlistigen Terror-Pläne brechen. Mithilfe des israelischen Agenten höchstpersönlich, dessen heiliges Angesicht der ganzen Welt bekannt ist.

Warum hat Elena plötzlich über Nacht entschieden, ihren Mann zu verraten? Bisher war sie mit ihrer Ehe immer zufrieden, dabei hat sie ja gewusst, womit ihr Mann seine Millionen verdient und hat dieses Leben der Neureichen in vollem Gange genossen. Es gibt keine Antwort. Das klingt für mich nicht überzeugend, der Autor zeigt nicht einmal die Gedanken und Überlegungen seiner Figuren. Oder warum hat sich Oberst Bulganow für die Rettung eines israelischen Agenten entschieden? Der wahre Held dieser Geschichte läuft irgendwie ganz am Rande der Handlung und ist nur eine blasse Gestalt, ohne Gesicht und fast ohne Worte. Oder entspricht er nicht dem Bild des Autors, welches er uns über Russen malt? Keine Charaktere sind detailliert beschrieben, es folgen nur die Heldentaten, eben ein Spionage-Thriller. Das scheint mir jedenfalls zu platt.
Die Idee des Romans ist nicht ganz durchdacht, es gibt so viele Widersprüche, die bei einem Profi-KGBler wie dem ehemaligen General Iwan einfach lächerlich sind. Wieso konnte Elena die höchstgeheimen Telefongespräche ihres Mannes mithören? So könnte jeder Bedienstete im Haus gleich alle Geschäftsdetails des Waffenhandels belauschen und an Sicherheitsdienste beliebiger Staaten weiterverkaufen. Wieso wurde die Wohnung ihrer Mutter in Moskau nicht verwanzt? So konnte sie mit der Mutter ganz offen über ihre Pläne sprechen und keiner hat etwas davon mitgekriegt. Es gibt viel mehr solche Unstimmigkeiten...

Aber Ende gut, alles gut. Für alle, die einen spannenden aber nicht tief durchdachten Spionage-Thriller aus dem „russischen“ Leben lesen möchten, ist dieses Buch als leichte Kost empfehlenswert. Es liest sich leicht und schnell. Aber nicht alles, was der Autor erfunden hat, muss man ernst nehmen. Die Moskauer Regeln sind doch anders!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.01.2010
Blut will fließen
Ellroy, James

Blut will fließen


weniger gut

Keine leichte Lektüre

Amerika in den 60ern. Die schwere Zeit der Unruhen, der Ermordungen der hohen politischen Figuren, des Kampfs um die Macht. Der abschließende Teil der Trilogie von James Ellroy spielt während des Wahlkampfs von Nixon und zeigt uns alle verdeckte Motiven und politische Hintergründe, die diese Zeit bestimmt haben. Gangster, Politiker, FBI-Leute, arme Studenten und "bööööööse Schwarze", alle sind an der Handlung mehr oder weniger beteiligt.

Den dritten Teil kann man auch ohne Bezug auf die ersten zwei betrachten. Und auch ohne Lust die vorherigen zwei zu lesen.

Das Buch hat mir nicht besonders gefallen. Es ist zu dick und damit zu unübersichtlich. Es kommen immer neue Personen in die Handlung und es ist zu schwer, sie sich alle zu merken bzw. zu verstehen, wer für wen oder gegen wen arbeitet, sei es offensichtlich oder heimlich. Und sie wechseln ständig die Seite, was noch mehr Verwirrung stiftet. Keiner der Charaktere ist detailliert beschrieben. Das sind alles Leute ohne Gesichter.

Die Sprache ist auch sehr gewöhnungsbedürftig, die kurzen und einfachsten Sätze, viele Wiederholungen, kaum Dialoge und sehr seltsamer Humor. Dazu noch die seitenlangen Dokumenteneinschübe, nicht unbedingt sehr interessant, eher langweilig.

Es handelt sich immer um Drogen, Sex, Gewalt, rassistischen Hass, Korruption und schmutzige politische Geschäfte – und das in Unmengen. Ja, klar, so war das Gangster-Leben damals und so ist es höchstwahrscheinlich auch heute, aber das ist nicht mein Lesestoff. Die Sprache ist absichtlich grob und hier muss ich sagen, dass es dem Autor sehr gelungen ist, mittels Sprache die Atmosphäre des damaligen Leben in solchen Kreisen in Amerika wiederzugeben.

Viele Ereignisse aus der amerikanischen Geschichte, die mehr als 40 Jahre zurückliegen, beschreibt der Autor ohne jegliche Einführung oder Erklärung, als ob alle Leser damit so vertraut wären oder sich besonders dafür interessiert hätten. Viele Hintergründe wurden als selbstverständlich jedem bekannt dargestellt. Für fast 800 Seiten ist es einfach zu viel.

Ich würde das Buch nur bedingt empfehlen und nur an solche Leser, die an der amerikanischen Geschichte der 60er einen Narren gefressen haben. Sie hätten an diesem Buch vielleicht ihren Spaß. Für Uneingeweinte dagegen ein sehr schwerer Lesestoff.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.12.2009
Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5
Schorlau, Wolfgang

Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5


sehr gut

AKTUELL UND REALITÄTSNAH

Georg Dengler, früher ein Polizeibeamter und heute ein Privatdetektiv, bekommt von dem Bundeskriminalamt einen Auftrag, den vor 30 Jahren am Oktoberfest verübten Bombenanschlag neu zu überprüfen. Damals wurden die Ermittlungen schnell abgeschlossen, es handelte sich angeblich um einen Einzeltäter und der wurde gleich am Tatort tot aufgefunden. Das größte Verbrechen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verschwand fast unbemerkt aus der öffentlichen Wahrnehmung und Erinnerung. Was ist der Grund, der Fall heute neu aufzurollen? Wie gefährlich kann die Nachforschung für Dengler und auch für seine Freunde sein?
Das ist schon der fünfte Fall des Privatermittlers Dengler, allerdings mein erster Fall von ihm. Der Autor Wolfgang Schorlau war mir bisher völlig unbekannt. Desto größer war mein Interesse, sein Buch „Das München-Komplott“ nach der Leseprobe vollständig zu lesen. Und meine Erwartungen wurden erfüllt.
Das ist ein spannender Polit-Thriller, der sich sehr kurzatmig lesen lässt. Die Handlung entwickelt sich rasch, die kurzen Abschnitte, die jeweils aus einer anderen Perspektive geschrieben sind, versprechen keine Langeweile und so ist es tatsächlich. Die Spannung hält bis zur letzten Seite. Der Stil ist flüssig, nicht trocken und trotzdem ohne Schönfärbereien, die Sprache eher einfach und nicht mit den Spezialbegriffen überlastet. Alle Personen sind sehr lebendig dargestellt, manche ganz humorvoll.

Die Fakten sprechen für sich. Alle Fäden ziehen sich nach oben. Alle werden von allen überwacht und verfolgt. Ob es wirklich so sein kann in unserem demokratischen Land? Dem Autor gelingt es, dem Leser klar zu machen, dass für die Geheimdienste nichts unmöglich ist. Dabei spielen die einzelnen Menschensschicksale keine Rolle, egal um wie viel es sich dabei handelt. Ob man daran glaubt oder nicht... Ich traue den Amerikanern alles zu. So könnten sie, ganz nach ihrem Plan, nicht nur die Neonazis zu der Niederschlagung der Unruhen von Arbeitslosen einbeziehen, sondern auch diese Unruhen selbst organisieren :-( Welcher Arbeitslose kämpft heute freiwillig und ohne Motivation auf den Barrikaden? Der verrückte NATO-Plan scheint die Motivationen für alle Fälle parat zu haben. Und die notwendigen, gut ausgebildeten Leute auch. Das im Anhang befindende Field Manual 30-31 lässt einen Schauer über den Rücken laufen. Ob es wirklich existiert?

„Finden und Erfinden“ – was ist wahr in der Geschichte und was nur der Fantasie des Autors entsprungen? Ob es als eine Vorwarnung nehmen muss? Und ob man etwas dagegen unternehmen kann? Das Buch lädt zum Nachdenken ein.
Mit der publizistischen Überzeugungskraft teilt uns der Autor seine Ansichten. Das macht das Buch noch aktueller. Die Finanzkrise, die Bundestagwahl 2009, Zitaten von heutigen Politikern oder deren skandalöse Entlarvungen, – der Roman spielt vor einem konkreten sozialpolitischen Hintergrund, gestützt auf reelle Fakten.

Etwas unglaubwürdig fand ich die Szene des „Kampfes“ zwischen Dengler und Leitner. Obwohl die nach Denglers Maß gefertigte Puppe schon früher nicht umsonst im Plot erwähnt wurde, konnte ich doch kaum glauben, dass dieser Sherlock Holmes’ Trick (mit der Wachspuppe in „Das leere Haus“) von einem modernen Autor für sein gegenwärtiges Werk auch ernst genommen wird. Für mich war es ein bisschen komisch.
Auch nicht besonders gut fand ich die Idee, diesen „gerechten“ Rächer Merkle in die Handlung einzubauen. Wieder ein Einzeltäter, seine (auch nicht guten) Taten wären aber nicht so leicht zu verwirklichen, weil er über keine NATO-Macht und keine NATO-Mittel verfügt. Diese gerade Linie fand ich ein wenig kindisch.
Im Ganzen hat mir jedoch das Buch sehr gefallen und ich werde bestimmt alle vier frühere Denglers Fälle lesen und freue mich, wenn der Autor Wolfgang Schorlau ihn mit weiteren Ermittlungen beauftragt.
Das Buch ist fesselnd, empfehlenswert für alle, die sich für Polit-Krimi interessieren.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

12