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M.H.

Bewertungen

Insgesamt 14 Bewertungen
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Bewertung vom 20.05.2025
Groschupf, Johannes

Skin City


weniger gut

Gute Figuren, schwacher Plot

In Skin CIty verwebt Johannes Groschupf drei Erzählstränge: die Polizistin Romina Winter, deren Schwester plötzlich verschwindet, den frisch entlassenen Hochstapler Jacques Lippold, der sich in der Kunstszene neu erfinden will, und den georgischen Einbrecher Koba, der mit seinen Jungs durch die Berliner Villengegenden zieht. Die Ausgangslage verspricht Spannung, Großstadtflair und moralische Grauzonen – doch leider bleibt das Versprechen weitgehend unerfüllt.

Was Berlin Heat lesenswert macht, sind die atmosphärisch dichte Sprache und die gut gezeichneten Figuren. Romina, Jacques und Koba sind eigenwillig, glaubwürdig. Auch Groschupfs Blick auf Berlin – zwischen Dahlem und Adlon, Einbruchskriminalität und High-Society – hat eine gewisse Tiefe. Sein Schreibstil ist präzise und reflektiert, oft mit einem Hauch lakonischer Trockenheit.

Trotzdem gelingt es der Handlung nicht, diesen Aufbau in einen mitreißenden Spannungsbogen zu überführen. Viele Wendungen sind vorhersehbar, der Plot plätschert stellenweise vor sich hin, und echte Überraschungen bleiben aus und das Ende enttäuscht.

Trotz seiner überschaubaren 230 Seiten zieht sich der Roman, wirkt stellenweise zäh und verliert immer wieder an Tempo. Wer auf Nervenkitzel und raffinierte Twists hofft, wird hier eher enttäuscht. Wer jedoch atmosphärische Großstadt-Milieustudien und gut geschriebene Charaktere schätzt, kann dem Buch durchaus etwas abgewinnen.

Bewertung vom 20.05.2025
Ruban, Paul

Der Duft des Wals


gut

Ein Wal am Strand – und sonst?

Was als scharfsinnige, humorvolle Ehekomödie mit tropischem Setting angekündigt wird, entpuppt sich in "Der Geruch des Wals" als gut geschriebene Erzählung mit wenig Tiefgang. Judith und Hugo fliehen in ein luxuriöses All-inclusive-Resort in Mexiko, um ihre kriselnde Ehe zu retten – doch statt großer emotionaler Auseinandersetzungen oder berührender Momente bleibt vieles an der Oberfläche.

Die Figuren wirken distanziert, ihr Verhalten ist oft passiv und von einer fast gleichgültigen Trägheit geprägt. Weder Judith noch Hugo scheinen ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, ihre Beziehung zu hinterfragen oder zu retten. So bleibt auch die Dynamik zwischen ihnen seltsam spannungslos, was es schwer macht, sich als Leser:in für ihr Schicksal zu interessieren.

Auch, dass einige Nebenfiguren eigene Kapitel erhielten, verlieh der Geschichte nicht mehr Tiefe oder Relevanz. Vielmehr zerfasert die ohnehin dünne Handlung dadurch zusätzlich, und wirklich relevante Nebencharaktere bleiben aus. Auch der angekündigte Humor ließ sich kaum finden – die Tonalität ist eher lakonisch als amüsant, und zärtliche Momente bleiben selten.

Der titelgebende tote Wal ist eine interessante Metapher für das allmähliche Verfaulen der Beziehung – und der Urlaubsidylle –, aber selbst dieses Bild hätte deutlich mehr erzählerisches Potenzial geboten.

Fazit: Der Geruch des Wals hat eine vielversprechende Idee und einen atmosphärischen Schauplatz, verliert sich aber in Belanglosigkeiten. Figuren ohne Entwicklung und eine humorlose, distanzierte Erzählweise lassen leider kaum emotionale Wirkung zurück.

Bewertung vom 20.05.2025
Bradley, Kaliane

Das Ministerium der Zeit (eBook, ePUB)


gut

Starke Idee, oberflächlich erzählt

Das Ministerium der Zeit beginnt mit einer faszinierenden Prämisse: Ein viktorianischer Polarforscher wird ins London des 21. Jahrhundert katapultiert, wo er sich nicht nur mit Technik und Zeitgeist, sondern auch mit einer jungen Ministeriumsmitarbeiterin auseinandersetzen muss. Das klingt nach einer charmanten Mischung aus Zeitreise, Culture-Clash-Komödie und Liebesgeschichte. Und genau darin liegt auch der Reiz dieses Debütromans – leider aber auch sein größtes Problem.

Die Grundidee ist originell, die ersten Begegnungen zwischen Commander Graham Gore und der Erzählerin sind pointiert und voller augenzwinkernder Beobachtungen über unsere Gegenwart. Besonders die komischen Szenen – etwa beim Versuch, moderne Technik zu verstehen – sorgen für kurzweilige Unterhaltung. Doch trotz der vielen cleveren Einfälle verliert sich der Roman schnell in der Breite seiner Themen: Identität, Fortschritt, Bürokratie, Feminismus, Klimakrise, Verlust – alles wird angerissen, nichts wirklich vertieft.

Dabei hätten gerade die anderen Zeitreisenden, die im Roman, aus meiner Sicht zu kurz auftauchen, enormes erzählerisches Potenzial geboten. Ihre Geschichten bleiben jedoch blass und unterentwickelt – eine verpasste Chance. Auch die Liebesgeschichte wirkt streckenweise eher skizziert als spürbar. Und wer sich vom Klappentext auf einen „witzigen Roman“ einstellt, wird vermutlich enttäuscht: Der Humor ist eher dezent und selten zentrales Stilmittel.

Besonders enttäuschend war jedoch das Ende: Es wirkte überhastet, bot wenig Auflösung und warf mehr Fragen auf, als es beantwortete – was den Eindruck verstärkt, dass hier zu viele gute Ideen nicht zu Ende gedacht wurden.

Fazit: Das Ministerium der Zeit bietet eine starke Ausgangsidee und charmante Momente, bleibt aber in der Umsetzung zu oberflächlich. Mit mehr Tiefe, Fokus und einem stimmigeren Abschluss hätte daraus ein ganz besonderer Roman werden können.

Bewertung vom 20.05.2025
Reilly, Rebecca K

Greta & Valdin


sehr gut

Ein Debüt am Puls der Zeit

Mit „Greta & Valdin“ gelingt Rebecca K. Reilly ein ebenso scharfsinniges wie warmherziges Debüt, das die Irrungen und Wirrungen moderner, queerer Beziehungen mit viel Humor und Stil einfängt. Die Geschwister Greta und Valdin stehen an einem Wendepunkt ihres Lebens: Valdin hängt noch an seinem Ex-Freund Xabi, der inzwischen in Buenos Aires lebt, während Greta für ihre Kollegin Holly schwärmt, die nicht einmal ihren komplizierten Nachnamen richtig aussprechen kann. Zwischen Uni, dem Einstieg ins Berufsleben und der Suche nach sich selbst begleiten wir die beiden durch ihren chaotischen Alltag – immer mit einem charmanten Augenzwinkern.

Besonders bereichernd ist der kulturelle Hintergrund der Figuren. Reilly verwebt russische, maorische und katalanische Traditionen auf eine Weise, die sich ganz natürlich in die Geschichte einfügt. Die exzentrische, aber zugleich liebevolle Familie von Greta und Valdin sorgt für zusätzliche Dynamik und bringt viele humorvolle, aber auch nachdenkliche Momente mit sich.

Die Sprache der Autorin ist temporeich, scharfzüngig und voller cleverer Dialoge. Sie schafft es, die Zerrissenheit und Sehnsüchte ihrer Protagonist:innen authentisch greifbar zu machen, ohne dabei ins Melodramatische abzurutschen. Vielmehr gelingt ihr eine Balance aus Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit, die das Buch zu einem echten Vergnügen macht.

Ein kleiner Wermutstropfen ist das Ende, das etwas zu abrupt wirkt – ein paar zusätzliche Seiten hätten der Geschichte gutgetan. Dennoch bleibt „Greta & Valdin“ ein erfrischender Roman über junge Erwachsene, queere Identität und familiäre Verbundenheit. Wer Geschichten über das moderne Leben mit all seinen Herausforderungen liebt, wird dieses Buch sicher genießen.

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