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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

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Insgesamt 354 Bewertungen
Bewertung vom 26.08.2025
Bergmann, Renate

Ihr habt es gut, ihr habt ja mich / Online-Omi Bd.21


sehr gut

Man ist nie zu alt, um sich zu engagieren

„Ihr habt es gut, ihr habt ja mich“ von Renate Bergmann, dem Pseudonym von Torsten Rohde, ist mittlerweile der 21. Band dieser unterhaltsamen Reihe über die Online-Omi.

Kurz zum Inhalt:
Um Stefan in einer Notsituation zu helfen, begibt sich Renate Bergmann nach Spreeweide in Brandenburg. Sie hilft aber nicht nur ihrem Neffen, sondern lebt sich im Dorf ein, sucht Kontakte und hat so allerlei Verbesserungsvorschläge für den Bürgermeister, der sie verärgert auffordert, doch selber zu kandidieren. Und das tut sie dann auch.

Das fröhliche bunte Cover ist ansprechend und zeigt passend zur Geschichte Renate Bergmann beim Wahlkampf. Das Buch erschien 2025 im Rowohlt Taschenbuch Verlag. Es gliedert sich in 15 kurz gehaltene, mit Überschriften versehene Kapitel. Die Handlung spielt in der nicht genau bestimmten Gegenwart. Der Schreibstil, der Dialekt und die besondere Ausdrucksweise von Renate Bergmann machen ihre Geschichten so amüsant. Wenn sie mit der Schipskarte zahlt, auf ihre Scholesterinwerte achtet, mit dem Koyota ihrer Freunde mitfährt, von Prinzessin Kät erzählt, Kürbis-Rawollis oder Zuckinis kostet, oder mit dem Wehlan Probleme hat, u.v.a.m., muss man schon schmunzeln.

Für mich war es weder der erste Band dieser Reihe, noch kenne ich alle. Ob als Quereinsteiger oder Fan, man kommt rasch in die Geschichte hinein und überblickt den relevanten Personenkreis.

Die Person der Renate Bergmann ist sympathisch, originell und verkörpert eine mittlerweile bereits 82-jährige Frau, die nicht nur über Lebenserfahrung verfügt, sondern immer wieder Neuem gegenüber aufgeschlossen ist. Ihre Ansichten sind vernünftig, so manche Lebensweisheit ist hier zu lesen. Nicht alltäglich für ältere Menschen sind ihre positive Lebenseinstellung und ihre Aktivität. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die mit offenen Augen durch die Welt geht und sich immer wieder einmischt. So engagiert sie sich auch, kaum dass sie in dem kleinen Ort angekommen ist, für die Belange der Gemeinschaft, macht nicht nur Verbesserungsvorschläge, sondern hilft tatkräftig mit. Sie zeigt, dass man auch als alter Mensch noch etwas bewegen kann. So sehr sie auch geprägt ist von eigenen Erfahrungen, so zwingt sie nie anderen ihre Vorstellungen auf. Sie schüttelt zwar innerlich oft den Kopf über die anderen, aber sie ist tolerant, lässt die anderen leben wie sie wollen. Auch ihrer Tochter redet sie nicht drein, obwohl sie keineswegs deren esoterische Intentionen nachvollziehen kann. So hilft sie den jungen Leuten gerne, drängt sich aber nicht auf. Sie ist eigentlich eine Traum-Omi, mit dem Herz am rechten Fleck. Im Übrigen kann man sich auch die Nebenfiguren gut vorstellen, insbesondere Renates Berliner Freunde sind liebenswert und originell.

Mich hat auch diese Geschichte wieder recht gut unterhalten. Entspannend, originell, amüsant – auf jeden Fall lesenswert und zu empfehlen!

Bewertung vom 21.08.2025
Neubauer, Ralph

Finale Curioso / Südtirolkrimi Bd.12


sehr gut

Jedes Ende ist auch ein neuer Anfang

Mit „Finale Curioso“ schließt Ralph Neubauer seine zwölfbändige Südtiroler Krimireihe mit Fabio Fameo als zentrale Figur endgültig ab.

Worum geht es?
Vier ermordete Frauen in einer Bozener Villa. Was auf den ersten Blick wie Raubmord aussieht, zieht bald weite Kreise. Es eröffnen sich dem Ermittler-Team unerwartete Ränke und Machenschaften, die letztlich das Leben vieler verändern.

Die Motive am Cover, nämlich das Castel Fahlburg und der Schattenriss eines Trompeters, stimmen auf das Südtiroler Flair ein. Stilistisch passt es zu allen anderen Bänden, es gibt somit einen guten Wiedererkennungswert. Titel unterstreicht, dass der Autor mit dem 12. Band einen Schlussstrich zieht. Das Buch erschien 2025 im Athesia Verlag. Es gliedert sich in mit dem jeweiligen Wochentag übertitelte Kapitel in angenehmer Länge. Diese wiederum verfügen über nummerierte Abschnitte. Die Ermittlungen erfolgen in der nicht genau bestimmten Gegenwart und erstrecken sich über etwas mehr als zwei Wochen. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, mit Blick auf Details. Lokalkolorit durchzieht den Roman nicht nur durch Erwähnung landschaftlicher Schönheit und sehenswerter Örtlichkeiten, sondern - verpackt in einer Nebenhandlung - widmet sich der Autor (für meine Begriffe etwas zu ausführlich) der Bedeutung von Musikkapellen. Er hat das Thema eingehend recherchiert, was die umfangreiche Literaturliste am Ende des Buches beweist. Man kommt auch als Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse problemlos in die Geschichte hinein und überblickt rasch den relevanten Personenkreis.

Ein grauenhafter Mord in einem Edelbordell. Ein Raubmord? Doch die Ermittler entdecken einen Geheimgang, Videoüberwachung in den Räumen. Erpressung? Der Fall ist interessant aufgebaut. In mühsamen kleinen Schritten sammeln sie Informationen, verfolgen Spuren, wovon etliche in die Irre führen. Bis ihnen nach etlichen überraschenden Wendungen durch einen Zufall der Mörder ins Netz geht. Tatablauf und Motiv für die Morde sind geklärt. Aber während der Mördersuche gab es Machtverschiebungen im polizeilichen Konstrukt, was zu Irritationen innerhalb des Teams führte. Es offenbarten sich Machenschaften und Entwicklungen, die das Team veranlassen, neue Wege zu gehen. Somit schließt sich der Kreis, es endet die Geschichte rund um Fabio, Tommaso, Francesca, Eduard und deren Anhang.

Das Ermittler-Team ist sympathisch, agiert effizient und arbeitet harmonisch miteinander. Das Privatleben ist gut dosiert eingeflochten. Die Charaktere sind lebendig beschrieben, zeigen Stärken und Schwächen. Man gewinnt Einblick in ihre Gedankenwelt und kann ihre Entscheidungen und Handlungen nachvollziehen.

„Finale Curioso“ hat mir sehr gut gefallen. Ich fand vor allem den Fall sehr interessant, die Suche nach dem Mörder war spannend. Ein Südtirol-Krimi, den ich gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 20.08.2025
Eichbaum, Anja

Inselnächte


sehr gut

Mörderisches Familiengeheimnis

„Inselnächte“ von Anja Eichbaum, Band 8 der Norderney-Reihe, ist wieder ein eher ruhiger Krimi mit Schwerpunkt zwischenmenschliche Beziehungen und Charaktere.

Worum geht es?
Der jüngste Sohn einer alteingesessenen Familie wird ermordet in den Dünen gefunden. Die Familie schweigt hartnäckig, hütet ein düsteres Geheimnis …

Die Abendstimmung am Meer am Cover unterstreicht den Titel des Buches, das 2025 im Gmeiner Verlag erschien. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, liest sich locker, ist bildhaft und dialogreich. Sowohl die Wesenszüge der handelnden Personen als auch die Landschaft, das Inselflair, das Treiben am Strand, der Tourismus, auch dessen negative Begleiterscheinungen sind anschaulich beschrieben. Die Kapitel sind extrem kurz gehalten. Zudem arbeitet die Autorin geschickt mit Cliffhangern. So entstehen immer wieder Spannungsmomente. Aber diese haben oft nichts mit den Morden, mit dem Fall, zu tun, sondern mit den zwischenmenschlichen Konflikten der Protagonisten. Letztere sind stellenweise langatmig, was dem Roman wiederum Spannung nimmt.

Für mich war dies, nachdem ich mit Band 6 quer eingestiegen bin, das dritte Buch dieser Reihe. Prinzipiell steht jedes Buch, was den Fall anbelangt, für sich alleine. Den relevanten Personenkreis überblickt man auch ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos. Dennoch, ich glaube, die Charaktere der Protagonisten, ihre Entwicklung und warum sie so sind, wie sie sind, versteht man sicher noch besser, wenn man die Reihe von Beginn an gelesen hat.

Abgesehen davon, dass es primär darum geht, einen Mörder zu finden, stehen meiner Meinung nach eher die Protagonisten und deren private Konflikte im Mittelpunkt. Alle haben so ihre Eigenarten und Probleme, Zweifel, fühlen sich einsam oder missverstanden. Durch die stetigen Sichtwechsel nimmt man teil an den Gedanken und Gefühlen jedes einzelnen. Die Art und Weise, wie sie die Differenzen bereinigen, ihre Freundschaft pflegen, vermittelt eine Wohlfühlatmosphäre. Obwohl das Private geschickt mit der Krimihandlung verwoben ist, diese Perspektivenwechsel die Handlung mit auch abwechslungsreich gestalten, verdrängt das zu sehr den Fall. Stellenweise köchelt die Spannung nur noch verhalten vor sich hin. Die Mördersuche mutiert zur Nebensache. Die polizeilichen Ermittlungen erweisen sich als mühsam, weder Motiv noch Tathergang ist ersichtlich, auch weil die Familie des Opfers nicht kooperiert. Der Kreis der Verdächtigen scheint übersichtlich, andererseits ist deren Täterschaft wieder unwahrscheinlich. Es ist generell ein eher ruhiger Krimi. Es gibt kaum packende Spannungsmomente, kaum Action. Dennoch ist es ein ungewöhnlicher, interessanter Fall. Die Lösung überraschte mich, war aber schlüssig.

Obwohl mir „Inselnächte“ aufgrund der sympathischen Protagonisten und dem Inselflair gut gefiel, so war die Handlung zu privatlastig. Ich würde mir für die kommenden Fälle mehr Gefahrenmomente, Action und Dramatik wünschen. Nichtsdestotrotz empfehle ich den Krimi gerne all jenen, die ruhige Cosy-Krimis mit Inselflair lieben und vergebe 4 Sterne.

Bewertung vom 15.08.2025
Waltz, Franziska; Schönhofer, Claus; Peter, Norbert

Sunshine Killer


ausgezeichnet

Kriminelle Wiener Idylle

„Sunshine Killer“, eine Kurzkrimi-Sammlung verfasst von Franziska Waltz, Claus Schönhofer und Norbert Peter, ist die ideale Urlaubslektüre.

Das Cover mit der blutrünstigen Gelse mit strahlendem Sonnenschein im Hintergrund hat mich sofort in seinen Bann gezogen. Ein super Eye-Catcher. Das Buch erschien 2025 im echomedia Buchverlag und beinhaltet insgesamt neun Kurzkrimis, je AutorIn drei. Mir gefielen auch die sommerlich-mörderischen Motive sehr, mit denen die Geschichten illustriert sind. Ich denke, dass Nicht-Österreicher allerdings ein Glossar vermissen werden.

Die Krimis sind thematisch abwechslungsreich, spannend, unterhaltsam. Sie strahlen nicht nur Sommerfeeling aus, sondern sind so richtig schön Wienerisch, mit viel Lokalkolorit und unterschiedlichen Schauplätzen in und um Wien, und ur-wienerischen Ausdrücken, Wiener Charme und Schmäh. Der Schreibstil ist generell locker, dialogreich und gut beschreibend. Die Protagonisten sind durchwegs sympathisch, wirken lebendig und authentisch, die Charaktere sind (wie bei Kurzkrimis nicht anders möglich) eher oberflächlich gezeichnet, haben aber markante Eigenschaften. Die Lösungen der Fälle bieten oft Überraschungen, nicht immer gibt es eine Leiche.

Für mich als Wienerin war die Lektüre besonders reizvoll, sowohl sprachlich als auch im Hinblick auf die Örtlichkeiten, die mir fast alle bekannt sind. Ich habe die Geschichten regelrecht verschlungen. Außerdem habe ich Lust auf weitere Bücher von F. Waltz, C. Schönhofer und N. Peter bekommen.

Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 15.08.2025
Zatlokal, Roswitha

Mord in der Wachau


ausgezeichnet

Fast perfekte Morde

„Mord in der Wachau“ von Roswitha Zatlokal ist ein Wohlfühlkrimi mit reizvollem Lokalkolorit und zwei tatkräftigen alten Damen als Ermittlerinnen.

Kurz zum Inhalt:
Die Pensionistinnen Miriam und Else beginnen selbst Nachforschungen, als die Polizei sie nicht entsprechend ernst nimmt, als sie melden, einen Mord beobachtet zu haben.

Das Cover mit einem der schönsten Wachaumotive stimmt wunderbar auf den Schauplatz ein. Das Buch erschien 2025. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, verfügen weder über Orts- noch Zeitangaben. Der Krimi spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker und bildhaft. Das Lokalkolorit ist gut dosiert mit der Handlung verbunden – wenn man die Gegend kennt, genießt man das Ambiente, wenn noch nicht, dann kommt sicher Lust auf hinzufahren.

Zwar passiert gleich zu Beginn ein Mord, doch zunächst verläuft die Handlung ziemlich ruhig. Erst als die beiden alten Damen engagiert selbst zu recherchieren beginnen, kommt so richtig Schwung in die Ermittlungen. Denn die von ihnen kontaktierten Kriminalbeamten nehmen ihre Hinweise lange nicht wirklich ernst. Es liest sich äußerst vergnüglich, wie es Miriam, Else und den beiden Herren an ihrer Seite, nämlich Elses Ehemann Hans und dessen Freund Ferdinand, anstellen, an Informationen zu gelangen. Die diversen Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich, wobei die polizeiliche Seite nur peripher eine Rolle spielt. Von Anfang an haben Miriam und Else den Weingutbesitzer Schierling, mit dem das Opfer eine Affäre hatte, im Verdacht, und bewerben sich dort als Aushilfskräfte. Je mehr Menschen sie kontaktieren, desto mehr Verdächtige und Motive ergeben sich. Dadurch bietet sich auch für einen als Leser viel Stoff zum Miträtseln. Allerdings geraten die Frauen durch ihre Neugier ins Visier des Mörders, es wird gefährlich für die beiden Hobbydetektivinnen! Letztlich gelingt es mit Hilfe wertvoller Hinweise der „Viererbande“, wie Major Burger von der Kriminalpolizei die vier Rentner nennt, den Fall in sämtlichen Details aufzuklären.

Die Wesenszüge der Protagonisten sind sehr anschaulich dargestellt. Sie haben nicht nur eine sympathische Ausstrahlung. Alle wirken authentisch, lebendig, sind erstaunlich rüstig und fit, optisch gut beschrieben und ihre Handlungen und Reaktionen sind nachvollziehbar. Auch die Nebenfiguren sind markant gezeichnet, gut vorstellbar.

„Mord in der Wachau“ ist ein gelungener Auftakt für weitere Fälle mit den aktiv gebliebenen Rentnern – auf die ich mich jetzt schon freue. Von mir gibt es eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.

Bewertung vom 15.08.2025
Schneider, Inga

Hering, Strandluft, Mordgeflüster - Anni Gade und die Fördemorde


ausgezeichnet

Warum musste der Journalist sterben?

„Hering, Strandluft, Mordgeflüster“ von Inga Schneider ist ein Wohlfühlkrimi mit reizvollem Lokalkolorit und einer sympathischen, cleveren Hobbydetektivin.

Kurz zum Inhalt:
Anni Gade, die Flensburger Stadtführerin, macht ein Praktikum beim ortsansässigen Radiosender. Als einer der Reporter bei einem Treppensturz zu Tode kommt, ist bald klar, dass es Mord war. Anni beginnt zu recherchieren, sehr zum Missfallen von Kommissar Jan Christiansen.

Das Cover mit Möwen, Strandkorb, Strand und Meer stimmt wunderbar auf den Schauplatz ein, ebenso wie der Titel des 2025 im Verlag Saga Egmont erschienenen Buches, der im Übrigen kaum Bezug zum Kriminalfall hat. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, verfügen weder über Orts- noch Zeitangaben. Der Krimi spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, locker und bildhaft. Das Lokalkolorit ist gut dosiert mit der Handlung verbunden. Als Österreicherin, die Flensburg überhaupt nicht kennt, fand ich die Informationen über die Stadt sehr interessant, deren Geschichte, die frühere Zugehörigkeit zu Dänemark, die sich daraus entwickelte sprachliche Vermengung von Deutsch und Dänisch, u.v.a.m. Des Öfteren habe ich zwischendurch gegoogelt, um z.B. Näheres über die Petuhtanten, Flensburger Rum oder die Katzengemälde auf den Häusern der Stadt herauszufinden. Sehr anschaulich wird das Lokalkolorit auch durch die Kapitelüberschriften unterstrichen, die in Plattdeutsch bzw. Petuh (so nennt man die Mischsprache, die in Flensburg gesprochen wird) verfasst sind. Obwohl ich den ersten Band der Reihe noch nicht kannte, hatte ich kein Problem, in die Geschichte hineinzufinden.

Nach einem ruhigen Einstieg zum Kennenlernen des relevanten Personenkreises, beginnt es spannend zu werden. Ziemlich rasch steht nämlich fest, dass nicht der Treppensturz allein tödlich war, sondern der Journalist ursprünglich vergiftet wurde. Die Perspektivenwechsel zwischen Anni und Jan gestalten die Handlung abwechslungsreich, als Leser fühlt man sich mitten im Geschehen. Zwar scheint der Kreis der Verdächtigen auf die Belegschaft des Senders beschränkt, doch finden sich anfangs weder brauchbare Spuren noch greifbare Motive. Zwar war das Opfer als Casanova verschrien und auch nicht bei allen im Sender beliebt, doch die Polizei tappt im Dunkeln. Anni als Insiderin fällt so einiges auf, das sie dem Kommissar jedoch vorerst verschweigt. Verdachtsmomente sind ihr zu wenig, sie sucht nach Beweisen. Der Fall entwickelt sich komplizierter als gedacht. Nimmt eine interessante Wendung. Als Anni dahinterkommt, welch sensationeller Sache der Journalist auf der Spur war, wird es auch für sie ziemlich gefährlich. Letztlich ist es Annis exzellenter Beobachtungsgabe zu verdanken, dass der Mörder des Journalisten entlarvt werden kann. Eine überraschende Lösung, aber nachvollziehbar und schlüssig.

Die Charaktere sind optisch gut vorstellbar beschrieben, wirken lebendig, zeigen Stärken und Schwächen, auch Emotionen. Die Vorgeschichte der Protagonisten ist gut dosiert eingebaut, wodurch man gut nachvollziehen kann, was sie geprägt hat und welche Probleme sie beschäftigen. Die leise Annäherung von Anni und Jan passt gut und lässt auf weitere fruchtbare Zusammenarbeit der beiden hoffen. Selbst die Nebenfiguren zeigen markante Eigenschaften, wodurch auch sie Struktur bekommen.

„Hering, Strandluft, Mordgeflüster“ ist ein gelungener Cosy-Regional-Krimi mit einem spannenden Fall, bei dem man gut miträtseln kann, sympathischen Protagonisten und wunderbarem Küstenflair. Ich werde sicher Band eins nachlesen und freue mich schon auf den nächsten Fall mit Anni und Jan. Von mir gibt es eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.

Bewertung vom 08.08.2025
Ehlers, Jürgen

Das Stinktier von Hamburg


sehr gut

In jeder Lüge steckt auch Wahrheit

„Das Stinktier von Hamburg“ von Jürgen Ehlers ist ein von Beginn an spannender Roman, bei dem jedoch nicht die polizeilichen Ermittlungen im Mittelpunkt stehen, sondern die Protagonisten, die gleichzeitig als Gejagte und Jäger agieren.

Kurz zum Inhalt:
Patrick wird bei einem Begräbnis von Sylvia um Schutz vor einem Verfolger gebeten. Er nimmt sie bei sich auf und schlittert in einen Strudel von Gefahren.

Das Cover mit der im Dunkeln liegenden Hamburger Ansicht wirkt düster und bedrohlich, drückt ausgezeichnet die im Buch zu erwartende Stimmung aus. Im Übrigen ähnelt das Cover den drei Vorgängerbänden, was einen guten Wiedererkennungswert ergibt. Man muss diese keinesfalls gelesen haben. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen. Das Buch erschien 2025 im Verlag BoD (Books on Demand). Die Kapitel haben eine angenehme Länge, sind übertitelt und verfügen über genaue Zeitangaben. Die Handlung erstreckt sich über den Zeitraum vom 3. Juli bis 3. August 2023.

Der Schreibstil ist flüssig, reich an Dialogen, was die Handlung lebendig gestaltet und einem als Leser das Gefühl gibt, integriert zu sein. Im Mittelpunkt stehen Sylvia und Patrick, aus deren Sicht auch vorwiegend erzählt wird, doch gibt es auch Schwenks zur Gegnerseite. Nicht nur die Perspektivenwechsel gestalten die Handlung abwechslungs- und temporeich, sondern auch die stetigen Wendungen, die immer wieder auftauchenden neuen Erkenntnisse. Der Spannungsbogen hält sich vom Beginn bis zum fulminanten Showdown stets auf gutem Niveau. Der Fall ist schließlich gelöst, einige Punkte, wie auch das weitere persönliche Schicksal der Protagonisten bleibt offen, bietet möglicherweise Stoff für eine Fortsetzung.

Was die Charaktere anbelangt, so hatte ich vor allem anfangs so meine Probleme mit den beiden Protagonisten, deren Handlungen ich schlecht nachvollziehen konnte – weder Patricks Naivität und blauäugige Hilfsbereitschaft noch Sylvias variantenreiche Lügengeschichten. Es war einfach nicht erkennbar, was gelogen war und was davon wahr sein könnte. Nichtsdestotrotz hielt Patrick unbeirrbar zu Sylvia. Blind vor Liebe? Oder spürte er von Beginn an, dass sie besser war als es den Anschein hatte. Erst so nach und entwickelten sich bei mir Sympathiegefühle für die beiden - als sich die Wahrheit herauskristallisierte. Als ich anfing zu hoffen, dass letztlich das Gute siegen möge, die beiden heil aus dem Schlamassel herauskommen und der Täter gefasst wird. Patrick ist kein Heldentyp, aber er mausert sich im Laufe der Handlung, überwindet selbst seine Höhenangst, um Sylvia zu retten. Dass er in sie verliebt ist, ist offensichtlich. Ob Sylvia seine Liebe im selben Ausmaß erwidert oder ob sie nur die Geborgenheit bei ihm schätzt, war mir bis zuletzt nicht ganz klar. Sylvia ist einerseits eigenwillig, impulsiv und agiert immer wieder unvorsichtig, aber sie ist intelligent und gewitzt und einfallsreich – nur so gelingt es ihr, ihrem Verfolger immer wieder zu entkommen. Im Übrigen wirken nicht nur die Hauptfiguren lebendig, auch die anderen Personen, wie Sebastian und Kommissar Dischler, letztlich auch der Täter, sind gut vorstellbar beschreiben.

Ich fand das Buch von der Handlung her interessant, es war etwas anderes, spannend, gegen Ende so sehr, dass man es nicht mehr aus der Hand legen will. Obwohl ich gegen Ende sehr wohl mit den Protagonisten gefiebert habe, bin ich nie wirklich warm mit ihnen geworden. Sympathie für wenigstens eine Hauptfigur gehört für mich aber bei einem Buch dazu, dass es mich wirklich begeistert. In diesem Sinne vergebe ich eine Leseempfehlung mit 4 Punkten.

Bewertung vom 04.08.2025
Finch, Karen

Was früher blüht, ist länger tot


ausgezeichnet

Morde und idyllische Gärten

„Was früher blüht, ist länger tot“ von Karen Finch ist ein Wohlfühlkrimi im britischem Stil, der Auftakt zu einer Serie.

Kurz zum Inhalt:
Humbleham möchte den Preis als das schönste Dorf im County gewinnen. Knapp bevor die Jury eintrifft, verstirbt der Wirt des Pubs unter rätselhaften Umständen. Die Dorfpolizistin ermittelt noch, da wird eines der Jurymitglieder während der Dorfbesichtigung erschossen. Scotland Yard entsendet Unterstützung – ausgerechnet Ben, ihren früheren dienstlichen und auch privaten Partner.

Abgesehen davon, dass das kräftige Grün auffällt, kann ich dem Cover nicht viel abgewinnen. Ein Foto eines typisch englischen Prachtgartens hätte meiner Meinung nach auf den Schauplatz besser eingestimmt. Auch der Titel ist leider nichtssagend. Selbst nach Beendigung des Krimis konnte ich nicht nachvollziehen, was er aussagen soll. Das Buch erschien 2025 im Verlag HarperCollins.

Der Schreibstil ist flüssig, locker und bildhaft. Das britische Ambiente, vor allem die Blütenpracht und die von vielen Arten geprägte, vielseitige Gartengestaltung, ist eindrucksvoll beschrieben. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, verfügen jedoch über keine Zeitangaben. Die Handlung spielt in der nicht näher festgelegten Gegenwart in einem fiktiven englischen Dörfchen. Ich hätte hinsichtlich des doch recht umfangreichen Personenkreises ein Personenverzeichnis geschätzt.

Bis auf den Prolog wird das Geschehen aus Helens Perspektive erzählt. Man schaut ihr quasi von Beginn an über die Schulter, ist in die Ermittlungen integriert und am selben Wissensstand wie sie. Generell verläuft die Handlung relativ ruhig. Das Umfeld ist beschaulich, inklusive der gut dosierten Einblicke in Helens Privatleben. Die Polizei tappt lange Zeit im Dunkeln, inwieweit die beiden Morde zusammenhängen, welches Motiv dahinter stecken könnte. Das Reizvolle an diesem Krimi ist auch die Tatsache, dass man als Leser wunderbar miträtseln kann. Die Spannung köchelt stets vor sich hin. Denn immer wieder gibt es unerwartete Wendungen. Schließlich entdeckt Helen durch Zufall zwar eine Verbindung, zudem gibt es noch weitere Mordanschläge. Doch es kristallisiert sich kein wahrer Täter heraus – immer passt irgendetwas nicht: entweder ist kein Motiv vorhanden oder keine Möglichkeit. Bis Helen etwas Wesentliches auffällt. Der Fall ist gelöst. Recht überraschend für mich.

Was die Charaktere anbelangt, so sind die Menschen im Großen und Ganzen gut vorstellbar gezeichnet, dem Genre gemäß nicht sehr in die Tiefe gehend. Im Mittelpunkt steht Helen, die junge sympathische Dorfpolizistin. Sie ist nach Jahren bei der Londoner Kriminalpolizei in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, um ihre kranke Mutter zu unterstützen. Vorübergehend, hofft sie. Denn sie möchte wieder als Kriminalbeamtin arbeiten. Nicht nur die Beziehung zu ihrer Mutter, die ihre Tochter in egoistischer Weise vereinnahmen will, ist schwierig, sondern auch zwischen Ben und ihr steht irgendein Missverständnis. Doch die beiden mögen sich nach wie vor. Ich hoffe auf interessante private Wendungen im Folgeband.

Mit „Was früher blüht, ist länger tot“ ist Karen Finch ein gelungener Auftakt für eine neue Reihe gelungen. Ich mag den Schreibstil der Autorin, deren Krimis, die sie unter Pseudonymen Carine Bernard und Karina Ewald verfasst, ich schon seit Jahren mit Begeisterung lese. Auch dieser Roman hat mir ausgesprochen gut gefallen, sowohl das beschauliche Lokalkolorit, als auch die Protagonisten. Ich denke, hier steckt noch einiges Potential sowohl für weitere Fälle als auch in der privaten Entwicklung der Protagonisten. Von mir gibt es eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.

Bewertung vom 02.08.2025
Oswald, Susanne

Mörderisch verstrickt - Ein Strickclub ermittelt


sehr gut

Kriminelle Energie stört wollige Idylle

„Mörderisch verstrickt“ von Susanne Oswald ist ein Roman mit liebenswürdigen Protagonisten, herzerwärmend und entspannend, es wird viel gestrickt, die Krimihandlung ist eher Nebensache.

Kurz zum Inhalt:
In Lüttjekoog, einem Dorf an der Nordseeküste, trifft man sich im Strickklub zum gemeinsamen Handarbeiten. Ein Raub und kurz danach ein Mord wirbeln das beschauliche Leben der Freundesrunde durcheinander. Sie schalten sich in die Ermittlungen ein …

Das Cover zeigt bereits, wo der Schwerpunkt der Geschichte liegt: im Stricken. Das Buch erschien 2025 im Verlag HarperCollins. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, sind übertitelt, verfügen weder über Zeit- noch Ortsangaben. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart an der Nordseeküste.

Der Schreibstil ist flüssig, sehr detailverliebt, sehr stricklastig, dadurch auch zeitweise etwas langatmig. Das Nordseeflair, die Mentalität der Menschen dort ist gut spürbar. Besonders interessant fand ich die Informationen betreffend Rungholt. Als Österreicherin war mir das bislang unbekannt.

Die Hauptpersonen werden sehr ausführlich beschrieben, ihr Vorleben, ihre Vorlieben, ihre Gedanken, ihr Alltag. Auch die Nebenfiguren sind markant gezeichnet, gut vorstellbar, lebendig. Erzählt wird primär aus Sicht der beiden Freundinnen Mette und Anne, zwischendurch wechselt die Perspektive auch zur Gegenseite, der „Schattenseite“, dem kriminellen Part. Das Buch vermittelt viel Herzenswärme, auch so manche Lebensweisheit. Das Zusammenleben, die tiefe Freundschaft dieser Menschen, die stetige Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt, all das steht im Vordergrund. Man fühlt sich einfach wohl bei Mette und Anne und ihren Freunden. Auch wenn man eigentlich kein Strick-Fan ist, wäre man gerne Mitglied dieser Runde. Ihr Alltag ist friedlich, idyllisch, ruhig. Die Handlung verläuft dementsprechend ca. 200 Seiten lang relativ ereignislos. Selbst nach dem Raubüberfall und als schließlich ein Toter gefunden wird, ist die Spannung mäßig. Der Fall klärt sich am Ende, relativ unspektakulär.

Ich denke, Menschen, die gerne stricken, werden das Buch vermutlich mit mehr Begeisterung lesen als ich, die mit all den Tipps und Anleitungen nichts anfangen kann. Zwar hat mir die zwischenmenschliche Atmosphäre gut gefallen, doch hatte ich mir etwas mehr Krimihandlung erwartet. Daher gibt es von mir nur 4 Punkte.

Bewertung vom 30.07.2025
Dubois, Julie

Gefährliche Aussicht


ausgezeichnet

Mysteriös – bis eines der Alibis platzt

„Gefährliche Aussicht“ von Julie Dubois, der fünfte Band mit Kommissarin Marie Mercier im Mittelpunkt, ist ein Musterbeispiel für einen Wohlfühl-Regionalkrimi, der Spannung mit viel französischem Flair verbindet.

Kurz zum Inhalt:
Ein Pariser Paar hat sich in Saint-André angesiedelt und renoviert ein altes Haus. Der Sturz der Frau aus einem Dachbodenfenster stellt sich bald als Mord heraus. Es gab Streit mit Nachbarn, da liegt der Verdacht nahe …

Das Cover stimmt bereits auf den Schauplatz ein, der strahlendblaue Himmel assoziiert sommerliches französisches Flair. Das Buch erschien 2025 im Bastei Lübbe Verlag. Die Kapitel sind angenehm kurz, verfügen über Zeit- und Ortsangaben, wodurch man ausgezeichnet chronologisch die Ermittlungen und Geschehnisse mit verfolgen kann. Die Handlung spielt in der nicht näher bestimmten Gegenwart und erstreckt sich über fast zwei Wochen. Der Schreibstil ist flüssig, sehr bildhaft, reich an wunderbar beschriebenem Lokalkolorit, das auch durch französische Ausdrücke, u.a. auch Sprichwörter unterstrichen wird, auch durch Schilderungen traditioneller Bräuche und kulinarischer Genüsse. Ich liebe bei dieser Reihe das französische Ambiente, einerseits die landschaftlichen Eindrücke, andererseits aber vor allem das herzliche familiäre Umfeld der Kommissarin. So fühlte ich mich nach wenigen Seiten wieder heimisch im Périgord, in Maries privatem und dienstlichem Umfeld. Doch auch Quereinsteiger finden sicher rasch in die Geschichte und überblicken den relevanten Personenkreis in Kürze. Will man jedoch die Entwicklung der Protagonisten mitverfolgen, sollte man doch die Fälle der Reihe nach lesen.

Der Kriminalfall, der tragische Sturz der schwangeren Hausbesitzerin aus dem Fenster, gibt dem Ermittler-Duo lange Rätsel auf. Rasch steht fest, dass es kein Unfall, sondern Mord war. Doch wer hatte ein Motiv? Alle Verdächtigen aus dem Umfeld der Ermordeten verfügen über Alibis. Dann wird auch noch ein Ortsbewohner ermordet aufgefunden. Die diversen Perspektiven- und Ortswechsel gestalten die Handlung abwechslungsreich, die Einblicke in Maries Familienleben lockern die Handlung auf liebenswürdige Weise auf. Es wirkt alles lebendig und authentisch, man fühlt sich stets in die Ermittlungen integriert. Unermüdlich verfolgen Marie und Richard alle nur möglichen Spuren, bis es ihnen schließlich gelingt, das falsche Alibi des Täters zu knacken.

Wer gerne unblutige Krimis mit anschaulichem Lokalkolorit, mit ruhigem Verlauf und sympathischen Protagonisten mag, wird wie ich diese Reihe mögen. In diesem Sinne empfehle ich auch diesen Band gerne und vergebe 5 Sterne.