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Rico

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 21.07.2016
The Girls
Cline, Emma

The Girls


ausgezeichnet

„The Girls“ von Emma Cline spielt auf ein geschichtliches Ereignis an, dass Charles Manson bekannt machte und Sharon Tate das Leben kostete. Die Autorin führt uns zurück in die Vergangenheit und entwirft ein eigenes Szenario. 1969 ist Evie Boyd vierzehn Jahre alt und lebt in Kalifornien, der kältesten Gegend des Planeten seit sich ihre Eltern voneinander getrennt haben. Hier trägt die Spießer-verteufelnde „Alles ist möglich-Generation“ die Haare so lang, dass die Sicht auf die Realität etwas getrübt ist. Was auch der pausenlosen Zufuhr etlicher Drogen geschuldet sein kann. Evie lebt das typisch dazwischen Leben einer pubertierenden Heranwachsenden. Rein körperlich eine Frau, im Innern ein verunsichertes Kind, dass sich selbst kaum aushalten kann. In ihr sitzt die kindliche Wut einer Zu kurz gekommenen, einer nicht wahrgenommenen, im Tal der Puppen, zu der auch ihre schauspielernde Großmutter gehörte, der Wunsch dazuzugehören ist ungefähr so stark, wie der Wille sich von allen anderen abzusetzen, besonders zu sein. Und dieses Jahr scheint wie gemacht zum Aufbruch. Wenn nicht jetzt, wann dann? Der Sommer ist heiß, die Eltern sind blöd und leben getrennt voneinander. Ihre Mutter, eine langweilige Esoterikerin, deren stärkster Drang es es ist das Vermögen ihrer Mutter mit männlichen Dünnbrettbohrern zu verjubeln, ist ein Totalausfall an der Erziehungsfront. Der Vater gleicht einem Jackett, dass die Frauen im Hause irgendwann einmal in den Schrank gehängt haben, um es zu vergessen.

Als Evie von der Siff- und Sonderbarsekte in den Bergen hört zieht es die aufblühende Schönheit an diesen Rand der Zivilisation. Menschen, die anders sind. Genau ihr Ding. Vor allem, weil sie Suzanne begegnet, einer faszinierenden Frau, die dem herausragenden Führer Russell bedingungslos folgt. Für Guru-Russell sind die Menschen Knetmasse. Er drückt sie sich irgendwie passend, die Schönen kommen auf die Liege, die Hässlichen dürfen für ihn kochen und die Wäsche machen. Die Wohlhabenden sichern im Einkommen und mehren seinen Ruhm. Nur seiner Eitelkeit und dem ihm eigenen Größenwahn darf niemand in den Weg kommen. Niemand. Evie rutsch da in eine Geschichte, deren Folgen ihr Leben fortan bestimmen werden.

Die ersten fünfzig Seiten hatte ich etwas Mühe in die Geschichte zu kommen, was an der Detailverliebtheit der Autorin liegt, die alles richtig machen will und zu Beginn sprachlich leicht über die Stränge schlägt. Danach aber empfinde ich den Roman als absolutes Lesevergnügen. Der Schreibstil ist außergewöhnlich. Das Thema eine Wucht und Emma Cline fördert immer wieder verblüffend tiefschürfendes zutage. Die Menschen finde ungeheuer authentisch und nicht nur in ihrer menschlichen Grausamkeit interessant. Evie Boyd hat so etwas erfrischend normales, etwas bahnbrechend unspektakuläres. Sie hat das Identifikationspotential einer Kindfrau und wird wie viele ihrer Zeitgenossinnen niemals erwachsen. Das Buch bleibt auch in dieser Hinsicht immer hart an der Realität und geht auch mit Aussteigerträumen wenig zärtlich um. Helden gibt es keine. Dieses Buch atmet Amerika. Dieses Buch ist Amerika. Ein großes Versprechen, dass nur im Himmel oder in der Hölle enden kann.

Bewertung vom 18.07.2016
Und damit fing es an (Restexemplar)
Tremain, Rose

Und damit fing es an (Restexemplar)


sehr gut

In „Und damit fing es an“ von Rose Tremain entführt uns die Autorin in die Schweiz, nach Matzlingen, in die tiefste eidgenössische Provinz, wo sich, wie Gustav Perle von klein auf lernt, die Menschen zu beherrschen wissen. Der Junge wächst in der Nachkriegszeit auf. Seine Mutter Emelie arbeitet in der Käserei, seit ihr Ehemann verstorben ist. Es ist ärmliches Leben an ihrer Seite, dass erst durch das Auftauchen eines sonderbaren Jungen einen Sinn bekommt. Anton ist das Kind jüdischer Eltern, ein Wunderkind am Klavier, ein Sonnenschein in Gustavs Normalsterblichen-Leben, dessen Mutter den Juden an allem Schuld gibt, was ihr im Leben Schlimmes widerfahren ist. Aber Gustav lässt sich weder von seiner Freundschaft zu Anton, noch dem Aufbau eines eigenen Hotels abhalten, als er das Erwachsenenalter erreicht.

In dem Buch beleuchtet Rose Tremain die verschiedenen Lebensphasen von Anton, dem Prüfungsverängstigten Musiker und dem Familien intern stets ungeliebtem Gustav mit Hang zur Beherrschtheit, Fleiß und Ordnung. Die Geheimnisse der Vergangenheit werden gelüftet, großartige Charaktere, die extrem lebensnah rüber kommen werden entworfen. In letzter Zeit habe ich selten ein so emotional aufgeladenes Buch gelesen. Das was da mit den Menschen in der Geschichte passiert hat mich wirklich gepackt, was zweifellos auch an dem sehr amerikanischen Schreibstil liegt, der fast spielend den Leser einfängt und sich nicht in langweiligen Beschreibungen verliert. Erstaunlich mit welcher Leichtigkeit Rose Tremain Tiefgang erzeugt. Faszinierend, wie die Autorin eine relativ schlichte Geschichte derart stark aufladen kann, ohne in Kitsch oder Pathos zu verfallen. Dabei startet der Roman fast noch auf eine Huckleberry Finn Weise gemütlich, um dann einen satten Lesesog zu erzeugen, der bis zum ziemlich weisen Schluss anhält. Es ist Buch der leisen Töne, dass bisweilen etwas mehr Konflikt vertragen hätte. So bewerte ich das Buch mit fast fünf Sternen. Insgesamt ein vorzüglicher Lesespaß mit Nachhall.

Bewertung vom 09.06.2016
Urs Meier
Meier, Urs;Pander, Jürgen

Urs Meier


sehr gut

Bei Urs Meier ist „Mein Leben auf Ballhöhe“ sicher nicht nur Titel seines neuen Buches. Es ist zweifellos die Quintessenz seines Denkens und Tuns und dieser Macher mit Herz findet sein Betätigungsfeld auf dem grünen Rasen. Er jagt nicht auf dieselbe profane Art dem runden Leder hinterher, wie so viele junge Männer. Nein, er verschreibt sich dem Schiedsrichterleben voll und ganz. Was er darunter versteht, davon handelt dieses sehr unterhaltsame Sachbuch. Es ist kein Wunder, dass der umtriebige Autor für die Einführung von Berufsschiedsrichtern plädiert. Hat er es auf dem Fußballplatz doch mit Ausgebufften Vollprofis zu tun, die in rasanter Schnelligkeit Millionen scheffeln und gelbe Karten einsammeln, die gefälligst ihre Berechtigung brauchen. Urs Meier weiß, dass die Schiedsrichterzunft auf Ball höhe sein muss, wenn sie auf Augenhöhe wahrgenommen werden soll. Die Zeit der Amateure ist vorbei.

Der Autor und Fernsehprominente weiß zahlreiche Anekdoten aus dieser Zeit zu berichten und er lässt eigentlich kein Feld unbeackert. Ob zu niedrige Tore, veränderte Elfmeterpunkte oder Bestechungsversuche Urs Meier hat alles erlebt. Bis auf Welt- und Europameisterschaften hat der erfrischend eitle Referee es gebracht. Eindrucksvoll beschreibt der Autor seinen Lebensweg, aus der Schweizer Provinz hinaus, bis Südkorea, als eine gelbe Karte ihn in Deutschland bekannt machte. Ballack sein Dank! Als Fußballfan, der jeden Samstagnachmittag Borussia Dortmund die Daumen drückt, habe ich dieses Sachbuch mit großem Interesse gelesen. Urs Meiers Schreibstil ist flüssig und ungemein Lässig. Er lässt auch nicht die Konkurrenzsituationen unter Schiedsrichtern aus, was mir persönlich nicht geläufig war. Mir haben auch die vielen kleinen Begegnungen mit bekannten Fußballern gefallen. Zidane war der Größte auf dem Platz und der tragische Verlierer von Berlin, weiß Meier. „Mein Leben auf Ballhöhe“ ist reich an Informationen und noch reicher an Emotionen. meinen Dank dafür! Insgesamt ein richtig gutes Sachbuch mit hohem Unterhaltungsfaktor!

Bewertung vom 02.02.2016
Wieso Heimat, ich wohne zur Miete
Özdogan, Selim

Wieso Heimat, ich wohne zur Miete


sehr gut

Krishna Mustafa hat eine deutsche Hippie Mutter, einen türkischen Vater und aus diesem Grund ein Problem mit seiner Identität, zumindest meint das die Frau, die ihn verlassen hat. Ratlos zieht es ihn nach Istanbul. Er will, so vermittelt es mir das gelungene Buchcover, vom Halbmond aus in die Ferne blicken, um sich selbst nahe zu kommen. Krishna, dieser von Geburt an zwischen die Kulturen geratene Schelm streunt ziellos durch die Stadt seines Vaters und stößt die Heimat zu seiner inneren Heimat auf. In etwa so kann man Selim Özdogans neuen Roman beschreiben. Manchmal habe ich mich während des Lesens gefragt, wie viel von dem Autoren Özdogan in diesem immer und alles beobachtenden Krishna Mustafa steckt, der einfach nichts ernst nehmen kann. Schon gar nicht die Liebe. Wahrscheinlich weniger, wie der Leser glaubt, aber immer noch genug, um mit reichlich Tiefenschärfe das literarische Fallbeil auf deutsche Biojünger und einen türkischen Präsidenten niedersausen lässt, wie man(n) Machohafter kaum sein kann. Selim Özdogan schreibt voller bissiger Ironie, im Plauderton eines geborenen Leichtfußes, wunderbar lakonisch und stilsicher. Allerdings mit einem Hang zum Abschweifen. Fraglos ist in dem Buch nicht jede Pointe ein Treffer, bisweilen ist die Geschichte einfach inhaltlich belanglos, aber was trifft, dass haut einen aus den Socken und sorgt für Lachfalten im Gesicht des Lesers. Vor allem in der zweiten Hälfte des Romans ist das der Fall. Fein, die Geschichte mit dem angeblichen Terroristen, den Seitenhieben auf Spießertum und glücklose Sinnsuche. Und Überhaupt: Was ist schon eine Demonstration im Gezi Park gegen ein Flirt mit dem Schicksal? Alles in allem ein gelungenes Buch!

Bewertung vom 06.09.2015
Tödlicher Mittsommer / Thomas Andreasson Bd.1
Sten, Viveca

Tödlicher Mittsommer / Thomas Andreasson Bd.1


sehr gut

In Viveca Stens Erstling wird zu Beginn die Krimi-obligatorische Leiche gefunden. Am Strand von Sandhamm, einer kleinen Insel im Schärengarten vor Stockholm. Es ist Sommer, die Gegend voller Touristen, als Thomas Andreasson den Fall übernimmt. Bald darauf geschieht ein weiterer Mord. Der Ermitler, noch vom Tode seines Kindes, der anschliessenden Scheidung von seiner Frau gepeinigt beginnt die Spur des Täters aufzunehmen.

Was sich nach einem simplen Krimi anhört, im Prinzip ist Tödlicher Mittsommer ein simpler Krimi, hat auf mich gehörig Eindruck gemacht. Viveca Sten versteht es ganz wunderbar Figuren aufzubauen. Menschen lebendig werden zu lassen. Mir war manchmal als liefe wirklich ein Film vor meinen Augen ab, so realitätsnah erzählt die Autorin. Die Schicksale der handelnden Personen werden beleuchtet, ihre Hintergründe, ohne das Langeweile aufkommt. Dabei hat die Geschichte nie all zu viel Tempo. Der Roman ist eher ein gemächlich dahin fliessender Fluss, der den Leser mitnimmt auf die Reise. Man bekommt Lust einmal wieder nach Schweden zu fahren! Ganz klasse fand ich die Auflösung. Wäre ich nie drauf gekommen. Das Buch lohnt sich zu lesen!

Bewertung vom 06.09.2015
Das Einstein-Mädchen
Sington, Philip

Das Einstein-Mädchen


gut

1932 kurz vor der Machtergreifung Hitlers wird in einem Waldstück bei Caputh eine bewusstlose Frau aufgefunden. In der Nähe befindet sich Albert Einsteins Sommerresidenz. Die junge Frau hat ihre Erinnerung verloren. Dr. Martin Kirsch wird ihr behandelnder Arzt. Er forscht ihrer Vergangenheit nach und stösst aufgrund eines bei der Verunfallten gefundenen Programmzettels rasch auf Albert Einstein. Kirsch, selbst krank, schützt die Unbekannte vor den Experimenten eines Kollegen und gerät in den Sog der Nazis. Eine Episode die allerdings nicht ausführlich ausgefûhrt wird. Überhaupt bleibt der zeitliche Hintergrund ein Schatten, was nicht unbedingt ein Übel sein muss. Ebenso gerät Martin Kirsch zwischen seine Verlobte Alma und seine Patienten. Eine ganz und gar unmögliche Liebe. Seine Nachforschungen fûhren ihn nach Zürich.

Meinung:

Was mir sehr gut an diesem Roman gefallen hat, sind die fein aufeinander abgestimmten Handlungsabläufe, die Grundidee, auch die Rückblicke in die Vergangenheit, der Verlust des Bruders, der so viel von Albert Einstein hielt, die Kindgheitsgeschichte der Protagonistin fand ich anschaulich geschrieben. Der Ärztepfusch an der Berliner Charité, die Brutalität mit der psychisch Kranke traktiert werden kommt ans Tageslicht, ohne dass man das Buch aus Ekelgründen weglegen möchte. Schwächer fand ich vor allem die Darstellung Albert Einsteins, überhaupt fand ich die Figuren oft zu konturlos. Mir leuchtet auch nicht ein, warum die Arbeiten Einsteins derart ausfûhrlich beschrieben werden. Es gibt da diese Verquickung zu Martin Kirschs Bruder, die am Schluss allerdings nicht weiter ausgeführt wird. Welchen Nutzen, welche Veränderung in Kirschs Wesen hat die Arbeit Einsteins? Und wenn es keinen Einfluss auf sein Leben hat, wieso wird dann derart viel davon erzählt. Die Stärken des Autoren liegen in der Konstruktion dieses Romans. Das ist alles sauber ausgedacht und ordentlich flüssig geschrieben, aber inhaltlich hapert es es oft mit den Gefühlen, Tiefe und der Spannung. Wer zum Teufel hat diesem Roman das Etikett Thriller aufgedrückt? Das ist ein durchaus interessanter Roman vor historischem Hintergrund, aber nie im Leben ein Thriller. Insgesamt habe ich "Das Einstein Mädchen" gerne gelesen. Kein Buch das man haben muss, aber lesenswert.

Bewertung vom 06.09.2015
Schlampen im Schlafsack
Bahr, Iris

Schlampen im Schlafsack


gut

Die junge Israelin Iris geht nach dem Wehrdienst auf eine Eliteuniversität in Amerika. Sie findet sich nicht zurecht, ihre Zimmergenossen sind zu jung oder zu lesbisch, der Unterricht läuft an ihr vorbei. Sie schlägt sich in den Gruppen und Grüppchen durch, nacheinander mit den Afroamerikanern, den reichen Euros und den sportiven Einheimischen mit Bürstenhaarschnitt. Immerhin ein Schwarzer Mann beglückt sie, ein Mann mit wulstigen Lippen und riesigem... lassen wir das. In Iris reifen Fluchtgedanken. Zusammen mit ihrer Freundin Talia reist sie nach Südamerika. Sie will Spass, darunter versteht sie vornehmlich Sexabenteuer, wobei sie vielleicht auch den Mann fürs Leben sucht, vielleicht.Sie trifft den Israeli Tamir, der allerdings in eine bildhübsche Frau aus Australien verliebt zu sein scheint, die nebenbei Iris Nachenmuskulatur massiert. Danach jagt Iris durch ein Haufen Reiseabenteuer, immer auf der Suche nach dem Glück.

Meinung:
Die ersten Hundert Seiten habe ich mich nicht sonderlich gut unterhalten gefühlt. Es gibt da zwar die ein oder andere witzige Stelle, aber die Studentengeschichten fand ich völlig ausgelutscht und zu brav erzählt. Auch störten mich die vielen Abschweifungen in die Vergangenheit. Danach wird das Buch deutlich besser. Iris Bahr verfügt über einen enormen Wortwitz, viele Vergleiche sind zum Weglachen, die Figurenzeichnungen hart am Menschen. Geil, bekifft und dröge, wie er im allgemeinen unter Rucksacktouristen anzutreffen ist. Verwirrend fand ich die Einstellung von Iris zum Thema Liebe. Mehrfach fädelt die Autorin ein, dass Iris eigentlich Liebe sucht. Im Buch finde ich das nicht wirklich wieder. Es gibt keine spürbare Entwicklung in dem Roman. Auch nicht durch den literaisch vielleicht interessantesten Schlussteil (10 Seiten). Leider hat das Buch auch einige Längen, das Witzfeuerwerk beschränkt sich auf die Hälfte des Buches. Wobei mir der Sprachstil schon imponiert hat. Die Frau zieht gekonnt vom Leder.

Bewertung vom 06.09.2015
Himmelsdiebe
Prange, Peter

Himmelsdiebe


sehr gut

Laura Paddingtin trifft in England auf den Künstler Harry Winter. Der Maler verlässt seine Muse Florence, wie er jede seiner Liebschaften rücksichtslos beendet. Dieses Mal, um sich in Enthaltsamkeit zu üben. Laura begleitet ihn, ins Paris der Vorkriegszeit.Hitler wirft seinen Schatten vorraus. Harrys Künstlerclique spielt Wahrheitsspiele und lässt Partys steigen, die sie subversiv finden. Die schwangere Florence muss Harrys Kind abtreiben. Die Kunst ist wichtiger. Die Freiheit ist wichtiger. Laura ist wichtiger, die er dann aber mit Florence ein letztes Mal betrügt. Er und Laura ziehen in ein kleines Dorf nach Südfrankreich, wo sie bis zum Einmarsch der deutschen Truppen glücklich leben. Sie, seine Windsbraut, Er, der grosse Zauberer und Dada. Gemeinsam schaffen sie ein Kunstwerk, dass seinesgleichen sucht. Sie können es nicht gemeinsam fertigstellen. Harry wird von den Franzosen interniert. Laura verfällt dem Wahnsinn. In San Sebastian beginnt die Therapie. Harry gelingt die Flucht in die USA, wo er alsbald mit einer amerikanischen Gönnerin zusammenlebt. Laura und Harry treffen sich in den USA wieder. Sie hat inzwischen Roberto geheiratet. Gibt es ein zurück für die Beiden?

Meinung:

Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich an Peter Pranges Schreibstil zu gewöhnen. Manchmal schrammt er hart am Kitsch vorbei, manchmal huscht er über er über die Gefûhlswelt seiner Protagonisten eilfertig hinweg. Beispielsweise, an der Stelle, wo Harry dafür Sorge trägt, dass Florence abtreiben muss. Mich hätte hier interessiert, welche Konflikte in den Figuren aufbrechen. Stattdessen stellt der Autor seinen Helden auf ein Podest und lässt ihn auf Florence herunter blicken. Laura lässt er dabei ganz aussen vor. Harry wird insgesamt gut getroffen, ganz wie so ein Künstler halt sein muss. Beliebt bei den Frauen, von der Realität gelangweilt, keine Grenzen akzeptierend. Im Kern egoistisch. Getrieben von der Kunst. Süchtig nach Geld und Ruhm. Richtig warm bin ich mit ihm nie geworden. Mit zunehmender Dauer hat mir der Roman immer besser gefallen. Die geschichtlichen Hintergründe sind wunderbar eingearbeitet. Südfrankreich. Cornwall, New York, Paris, Lissabon, Spanien. Peter Prange lässt keinen reizvollen Spielort aus. Sprachlich ein sehr interessantes Buch, die Phase zwischen Realität und Wahnvorstellungen fand ich richtig gut. Das Ende mit Pawel fragwürdig. Ein gelungener Unterhaltungsroman, vor ernstem Hintergrund.