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Bewertungen

Insgesamt 134 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2021
Das Glück ist zum Greifen da
Deloy, Sylvia

Das Glück ist zum Greifen da


ausgezeichnet

Die Geschichte von Ana und ihren beiden Zwillingsjungs hat mir richtig gut gefallen. So gut, dass ich mir direkt auch das nächste Buch der Autorin bestellt habe, das erst vor Kurzem im Dezember ´20 erschienen ist. Was genau es war, das mich hier begeistert hat, kann ich aber gar nicht so genau sagen. Es wird wohl eine Mischung sein. Zum einen kann Frau Deloy gut und angenehm schreiben, ohne "künstlich" oder Roman-mäßig "ausgedacht" zu klingen. Bei ihr stimmen die Dialoge ebenso wie die Gedankengänge, die sie Ana zuschreibt. Zum anderen kann sie dem Leser ihr Figuren aber auch gut ans Herz legen, denn die sind nicht nur sympathisch, sondern auch realistisch getroffen. Mir haben vor allem die Nebenfiguren in diesem Roman gut gefallen, so sehr, dass ich über sie eigentlich gern genauso viel wissen wollte wie über Ana. Die Story an sich ist nett und gemütlich zu lesen - ein "Wohlfühlroman" würden es manche wohl nennen; die Dialoge sind stimmig, und die Liebe der Autorin zur Stadt Köln scheint auch immer wieder durch. Natürlich will man wissen, wie das ganze Abschiebedrama um Ana und ihre Söhne ausgeht, auch wenn man es sich natürlich auch schon ein bisschen denken kann, wenn man mal ehrlich ist. Das Ende ist dann in der Tat auch ein bisschen arg Friede-Freude-Eierkuchen-artig geworden; Realisten würden hier wohl eher die Augen verdrehen. Tatsächlich läuft´s im Leben nun mal meistens nicht so, und das muss wohl sogar Frau Deloy selbst zugeben, die darauf in ihrem Nachwort eingeht. Trotzdem - "Die Liebe ist zum Greifen da" ist ein gelungener, kurzweiliger und unterhaltsamer Liebesroman, bei dem man auch mal ein Auge zudrücken kann.

Bewertung vom 11.10.2020
Alle Farben weiß
Ludwig, Christa

Alle Farben weiß


sehr gut

"Alle Farben weiß" ist das erste Buch, das ich von Christa Ludwig lese. Mein erster Eindruck, als ich das Buch auspacke: Oh, ist das aber schmal. Tatsächlich bringt Frau Ludwig hier eine Geschichte auf nur 153 Seiten zu Papier. Und diese Geschichte bietet einiges, das mir beim ersten Durchlesen zunächst auch irgendwie widerstrebt hat: Sie ist zu kurz, sie endet zu abrupt, sie endet zu unbequem und man hätte irgendwie sehr viel mehr daraus machen können.
Hat Frau Ludwig aber nicht, und als ich diesen Punkt für mich erstmal einige Stunden habe sacken lassen, nachdem ich den Buchdeckel wieder zugeklappt hatte, stellte ich fest, dass das eigentlich völlig ok für mich ist. Denn was ich diesem schmalen Büchlein wirklich nicht so zugetraut hätte, ist dann doch irgendwie passiert. Es hat etwas, das in mir nachhallt. Auch Tage später noch nach dem Lesen denke ich manchmal an Selina, an ihre Arbeit, an ihre Gedanken.
Selina, die es mir als Leserin schon gar nicht so leicht macht, Sympathien für sie zu entwickeln. Ich fand sie zu oberflächlich, zu schnell festgelegt und festgefahren, zu absolut in ihren Gedanken. Ihren großen Traum, Künstlerin zu werden, hat sie nicht umsetzen können, deswegen bleibt ihr nur die Stufe darunter auf der Karriereleiter, die der Restauratorin nämlich. Da war ich das erste Mal im Buch überrascht, weil ich ihre Gedankengänge und ihren Widerwillen diesbezüglich so gut nachvollziehen konnte. Das Akzeptieren-Müssen, dass man nicht alles bekommt, was man will, ist ein Thema, das sich durchs Buch zieht.
Selina wird mit einer Aufgabe betraut, die sie zunächst nur als Zeitvertreib und Verdienstmöglichkeit ansieht, eine Zwischenstation, bevor ihr eigentlicher Job beginnt. Dann aber wird diese Aufgabe, das Freilegen eines übermalten Bildes in einer Kirche nämlich, zu einem Projekt, das all ihre Aufmerksamkeit fordern wird. Und das sie verändern wird.
Denn es geht ums Abkratzen von Schichten. Das auf Bildern, um Übermaltes, längst Vergessenes wieder freizulegen und sichtbar zu machen. Aber auch um das Freikratzen und Freischaufeln von verborgenen Schichten bei Menschen, im Leben, von überlagerten Meinungen, Wünschen und Gedanken.
Manchmal weiß man selbst gar nicht genau, welche Schichten man besitzt, was da vielleicht im eigenen Kern noch ganz versteckt ist. Manchmal merkt man auch erst nach einem mühevollen Freikratzen und Abtragen von Schichten, dass man mit vorgefassten Meinungen und Vorurteilen herumläuft. Und so hat mich "Alle Farben weiß" trotz seiner Kürze nicht nur zum Staunen, sondern auch zum Nachdenken gebracht.

Bewertung vom 11.10.2020
Bermuda
Finn, Thomas

Bermuda


sehr gut

Ich mag ja Bücher, in denen es um Legenden und Mythen geht, um Dinge, die auch nach viel Recherchen, Untersuchungen und Überlegungen bis heute einfach nicht geklärt wurden - und auch nicht erklärt werden können. Das behält dem hektischen und modernen Heute unserer Welt immer noch sowas Geheimnisvolles bei, finde ich.
Das Bermuda-Dreieck gehört nun zweifelsohne zu solchen Legenden und Mythen unserer Erde. Seit Jahrhunderten schon (das belegen verschiedene Einträge in Logbüchern, Aufzeichnungen per Funk und per Schrift etc.) verschwinden in einem Areal im Atlantik kurz vor der Amerikanischen Küste immer mal wieder nicht nur Schiffe und Boote, sondern auch Flugzeuge spurlos. Manche sind nur eine Weile weg und tauchen irgendwann wieder auf, die meisten aber bleiben auf immer und ewig verschollen. Das Bermuda-Dreieck hat mich daher schon immer irgendwie fasziniert, auch wenn das vielleicht ein bisschen morbide klingt, tut mir Leid.
Als ich las, dass das neue Buch von Thomas Finn, von dem mir u.a. "Lost Souls" oder auch "Dark Wood" schon gut gefallen haben, eben genau "Bermuda" heißen und in diesem Gebiet der Erde spielen wird, war mir klar, dass ich dieses Buch lesen möchte. Das tat ich dann auch direkt.
In seiner Geschichte überleben Alex und einige andere Passagiere den Fast-Untergang ihres Kreuzfahrtschiffes und können sich mit Mühe und Not auf eine kleine Insel mitten im Nirgendwo retten. Das "Mitten im Nirgendwo" liegt natürlich genau in dieser Bermuda-Region und dessen sind sich die Überlebenden durchaus bewusst. Diese kleine Insel macht ihrem schlechten Ruf ihrer Lage bald auch schon alle Ehre, indem sie nicht nur unheimliche Lichter und Geräusche nachts beherbergt, sondern offenbar einige blutrünstige und hungrige Wesen. Wirklich sicher sind Alex und Co. auf dieser Insel also nicht, daher machen sie sich auf die Suche nach Hilfe - und auf die Suche, das Geheimnis der Insel zu lüften.
Ich war gespannt, welchen Erklärungsansatz für die "Bermuda-Phänomene" sich Thomas Finn ausdenken würde, ob das ganze am Ende stimmig und passend sein würde. Und ich muss sagen: er wählt zwar einen kuriosen Weg, der weit über Irdisches hinaus geht, dennoch mochte ich seine Ideen für die merkwürdigen Anomalien, die auf der Insel passieren. Das hat sich für mich stimmig angefühlt und tatsächlich fand ich die Erklärungen für das, was da nachts auf der Insel passiert, aus wissenschaftlicher Sicht total spannend und interessant. Natürlich kann man auch anderes erwarten, wenn man dieses Buch liest. Und man kann sich auch denken, dass so richtig "Horror", wie er groß schon auf dem Cover des Buches angekündigt wird, sich hier nicht zwischen den Seiten versteckt - es sei denn, man ist nun wirklich sehr zart besaitet und zuckt bei ein bisschen Blut schon zusammen. Für mich hat das hier eher was von einer spannenden Abenteuergeschichte gehabt, cooler Aha-Moment am Ende inklusive.
Insgesamt war das unterhaltsame Lektüre für mich, mit netten, vielleicht hier und da ein wenig vorhersehbaren Charakteren, die Wikipedia quasi auswendig können und nie was anderes als Survival-Training gemacht haben - zugegeben, aber das hat das Gesamtbild für mich höchstens ein kleines bisschen gestört. Nicht genug jedenfalls, um nicht bis zum Ende lesen zu wollen.

Bewertung vom 11.10.2020
Die Magie von Winterhaus 03
Guterson, Ben

Die Magie von Winterhaus 03


gut

Ich gehöre nicht mehr wirklich zur Zielgruppe der "Winterhaus"-Bücher von Ben Guterson, habe die ersten beiden Teile dennoch sehr gern gelesen und vor allem die wunderbaren Illustrationen von Chloe Bristol sehr genossen. Die Bücher verströmen einen angenehm wohligen Eindruck eines heimeligen, gemütlichen und warmen Hotels inmitten einer Schneelandschaft, mit kuriosen, aber liebenswerten Besuchern, und einer Vielzahl von Rätseln und Geheimnissen. Gespannt war ich daher auch auf diesen dritten und letzten Teil der Buchreihe, der genau 3 Monate nach den Ereignissen aus Teil 2 einsetzt, einige Tage vor Ostern nämlich.
Elizabeth lebt mittlerweile dauerhaft im "Winterhaus" und fühlt sich dort eigentlich pudelwohl. Trotzdem wird sie das Gefühl nicht los, dass irgendetwas in der Luft liegt, dass zu Ostern etwas passieren wird, etwas ... das mit Gracella zu tun hat. Gracella, die ja eigentlich gar nicht mehr da sein dürfte. Oder sollte. Trotzdem, Elizabeth hört auf ihr ungutes Gefühl und fängt erneut gemeinsam mit ihrem Freund Freddy an, mittels diverser Rätsel und geheimnisvoller Fährten, die schon vor vielen Jahrzehnten im Winterhaus gelegt wurden, zu ermitteln - um im besten Fall zu verhindern, dass Gracella wieder zurückkehren könnte.
Die Zutaten für gute jugendliche Unterhaltung sind somit vorhanden, von Ben Guterson auch wie schon in den ersten beiden Büchern gut in der Story durchgemischt. Dennoch, irgendwie ist bei mir in diesem dritten Teil der Funke nicht wirklich übergesprungen. Während ich bei den ersten beiden Teilen trotz meines nicht-mehr-so-jugendlichen Alters ganz gut mitgehen und sogar mitfiebern konnte, hat mir hier in "Die Magie von Winterhaus" irgendwie ein roter Faden gefehlt. Eine Erklärung, warum hier gerade alles so passiert, wo plötzlich dieser und jener Geistesblitz einzelner Personen herkam, warum manche Figuren so arg geheimnisvoll tun und es dann am Ende doch gar nicht sind. Ich fand manche Dialoge leider sehr hölzern und nichtssagend, mir leuchtete an mancher Stelle gar nicht recht ein, warum sich zwei Personen jetzt eigentlich unterhalten (müssen). Auch habe ich das Gefühl, dass so manche Idee und anfänglicher Handlungseinfall vom Autor letztlich nur halbherzig oder auch gar nicht zu einem erklärenden Ende gebracht wurden. (Beispiel: Warum benehmen sich manche Erwachsene denn nun so merkwürdig, z.B. Freddys Eltern oder der anwesende Professor?). Auch Elizabeth erschien mir hier unerklärlicherweise an mancher Stelle so kindisch, so unausgeglichen und geradezu frech-aufmüpfig, was gar nicht recht zu ihr passte, zumindest nicht anhand des Eindrucks, den sie aus den beiden ersten Teilen machte. Das konnte ich mir letztlich nur mit beginnender Pubertät erklären...
Vielleicht sehe ich das alles auch ein bisschen zu arg, denn letztlich findet Ben Guterson für seine begonnene Story rund um Elizabeth und das Winterhaus dennoch ein würdiges und passendes (wenn auch etwas hochtrabendes) Ende. Es geht um Freundschaft, um Zusammenhalt und ums Füreinander-Dasein, und das sind ja wichtige Themen - egal in welcher Altersgruppe. Für alle, die die ersten beiden Teile rund um das Winterhaus gern gelesen haben, ist dieser dritte abschließende Band natürlich auch empfehlenswert; ich empfinde ihn jedoch als den schwächsten der drei Teile.

Bewertung vom 08.09.2020
Sommer in Porthmellow / Porthmellow Bd.1
Ashley, Phillipa

Sommer in Porthmellow / Porthmellow Bd.1


ausgezeichnet

"Sommer in Porthmellow" verspricht sommerlich-leichte unbeschwerte Schmökerlektüre, Liebesromanze inklusive. Der Klappentext klingt verheißungsvoll für dieses Genre, zumindest habe ich es so empfunden. Denn über die Kulisse eines Streetfood-Festivals eines kleines Dörfchens in Cornwall mitsamt seiner schrulligen Anwohner liest man nun mal nicht alle Tage. Die Grundidee des Romans hat mir auch gut gefallen, an der Umsetzung hat es für mich aber hier und da leider ein bisschen gehakt.
Nach dem Lesen hatte ich unmittelbar das Gefühl, dass man hier aus allem etwas mehr hätte machen können. Die ganze Geschichte hätte Potential für mehr gehabt und das nutzt Autorin Phillipa Ashley leider nicht voll aus. Zum einen kommt in meinen Augen das eigentliche Streetfood-Festival viel zu kurz, dafür dass dies das rahmengebende Element des Buches sein soll. Stattdessen geschieht vorher seitenlang eigentlich nicht allzu viel, man lernt die Bewohner ein wenig kennen und bekommt einen Eindruck des Ortes Porthmellow, der in den letzten 10 Jahren vor allem von der Idee eines Streetfood-Festivals von Sam profitiert hat, das den Ort über seine Grenzen hinaus bekannt gemacht hat. Dieses Jahr taucht nun Gabe auf, den Sam noch von früher kennt und mit dem sie viele Gefühle verbindet. Auch diese kleine Liebesgeschichte zündet in meinen Augen zu wenig, da gibt´s romantischeres in anderen Büchern zu lesen, und der zu erwartende Aha-Moment der beiden (à la "Wir gehören zusammen") kommt irgendwie etwas plötzlich und losgelöst daher - das kann ich wohl so sagen, ohne allzu viel zu spoilern, immerhin weiß man ja irgendwie, woran man bei diesem Genre ist.
Vor allem aber hätte ich mir in dieser Geschichte einfach viel mehr Koch- und Essensbezogene Eindrücke gewünscht, denn letztlich geht´s in dem Buch ja nun mal irgendwie genau darum. Sam ist Bäckerin, Gabe ist prämierter Koch, da würde ich mehr Genüsse für den Gaumen im Buch erwarten. Auf den Buchdeckeln findet man tatsächlich Rezepte für Pies, wie Sam sie backt, das finde ich eine ziemlich nette Idee. Dennoch fehlen mir in der laufenden Handlung Eindrücke von Gerichten, von Kulinarischem, Beschreibungen, die einem selbst beim Lesen das Wasser im Mund zusammen laufen lassen. Das habe ich hier vermisst.
Insgesamt ist "Sommer in Porthmellow" jedoch eine nette kurzweilige Sommerlektüre, gut geeignet für faule Nachmittage am Strand oder im Garten; hinterlässt aber wenig bleibenden Eindruck. Das Sommer-Buch ist offenbar auch nur der Auftakt für mehrere (?) Bücher, die in Porthmellow spielen werden; das nächste folgt mit "Weihnachten in Porthmellow" bereits Ende September.

Bewertung vom 09.07.2020
Dein Lächeln um halb acht
Williams, Laura Jane

Dein Lächeln um halb acht


gut

Wer sich beim regelmäßigen Fahren in Zug oder U-oder S-Bahnen vielleicht schon mal ein bisschen in jemanden verguckt hat, der kann die romantische Grundidee dieses Romans sicher ganz gut nachvollziehen.
Es geht um Daniel und Nadia, die fast jeden Morgen die gleiche U-Bahn in der Londoner Innenstadt nehmen, nämlich die um 7:30 Uhr. Um Daniel ist es recht schnell geschehen, als er Nadia erblickt; Nadia dagegen bemerkt nicht, dass a) es ihn gibt und b) er ein Auge auf sie geworfen hat. Da Ansprechen in der U-Bahn einen automatisch als Tourist (oder als Psychopath, wie die Autorin erklärt) outet, bleibt Daniel nur eins: in einer Zeitschrift schaltet er eine Anzeige, um Nadias Aufmerksamkeit zu erlangen. Das klappt auch, irgendwie zumindest, und fortan geschieht eine Situation nach der anderen, in der die beiden sich fast, aber eben nur fast, über den Weg laufen und sich kennenlernen. Ob das Hin und Her irgendwann doch noch zu einem "Hallo" führen wird?
Die Grundidee des Romans mochte ich sehr, die ersten Seiten konnten mich auch gut fangen und machten mich neugierig auf diese hippe Romantikgeschichte. Nur... war sie mir vielleicht einfach ein bisschen zu "hip". Ein bisschen zu "modern". Ich weiß nicht, der Funke dieser Geschichte wollte bei mir einfach nicht überspringen. Zum einen ist die Geschichte von Daniel und Nadia so im Heute verankert, dass einfach nichts ohne Social Media geht. Wer nichts mit Instagram, Twitter (und das sind ja noch die bekannteren), Tinder oder Hinge anfangen kann, der wird auch bei dieser Story hier irgendwann auf der Strecke bleiben. Alles muss geteilt, mitgeteilt, bewertet werden. Das mag zwar (leider) realistisch heute sein, aber es hilft nicht, ein echtes, realistisches Bild von beiden Hauptfiguren zu zeichnen. Wer sind sie, was mögen sie, was wollen sie?
Dazu sind Nadia und Daniel eben typische junge Londoner, deren Tag gefühlt nur aus Arbeit und einem Feierabend-Absacker danach besteht. Nur geht hier eben absolut nichts ohne Alkohol, könnte man glatt das Gefühl kriegen. Dem Trinken wird in der Story sehr zugesprochen, und so ging es in einigen Kapiteln einfach nur um Geplänkel unter Freunden in verschiedenen Bars - selbst unter der Woche an einem Werktag. Wenn sich Nadia schon am Montagabend so volllaufen lässt, dass sie total betrunken nach Hause kommt und am nächsten Morgen heillos verschläft, dann weckt das nicht unbedingt meine romantischen "Chick-Lit" Sympathien, sondern eher ein befremdliches Gefühl. Auch auf schöne London-Impressionen hatte ich gehofft, diese hier aber leider kaum gefunden.
Darüber hinaus fand ich schade, dass einfach zu wenig Gefühl in der ganzen Geschichte eingebaut war, zumindest zu wenig für eine Liebesgeschichte. Das leichte Verknalltsein nahm ich Daniel gerade noch ab, diese Schwärmerei, die er für Nadia entwickelt, wenn er sie morgens in der Bahn sieht. Aber zugleich war Nadia mir so ein fremder, ungreifbarer Charakter mit so wenig eigener Persönlichkeit, dass ich romantische Gefühle hier absolut nicht empfangen und auch nicht nachvollziehen konnte. Zwischen den beiden knistert es einfach nicht genug, was auch daran liegt, dass zwar viel passiert, aber eben nur oberflächlich. Die Wege der beiden kreuzen sich mehrfach zufällig, ohne dass beide das merken; aber es passiert de facto nichts und das wiederum hat eine dahinplätschernde Wirkung, ohne in die Tiefe zu gehen.
Wahrscheinlich habe ich ein bisschen mehr erwartet von dieser Story, die in ihrer Grundidee sehr nett ist, deren moderne, hippe, schnelllebige Umsetzung mir aber einfach zu oberflächlich und zu wenig gefühlsbetont erscheint.

Bewertung vom 28.06.2020
Mord in Sunset Hall / Miss Sharp ermittelt Bd.1
Swann, Leonie

Mord in Sunset Hall / Miss Sharp ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ein Geständnis: Ich habe die Schafs-Krimis, mit denen Leonie Swann doch recht bekannt geworden ist, nie gelesen. Das hat sich irgendwie nie ergeben. Dafür kenne ich aber ihren Floh-Roman "Dunkelsprung" über einen sehr lebendigen Floh-Zirkus, und der hat mir gut gefallen. Jetzt habe ich in ihrem neuesten Buch erneut Bekanntschaft mit ihrer außergewöhnlichen, sehr tierlieben Fantasie machen können.
Wer gern Krimis liest und das auch eher aus der "Cosy Crime" Ecke (also eher ruhig-gemütlich ohne allzu viel Blut), der ist mit "Mord in Sunset Hall" absolut richtig beraten. Hier gibt es gleich mehrere (nicht mehr ganz junge) Hobby-Ermittler, die unfreiwillig in eine Mordserie in ihrem beschaulichen Dorf Duck End hineingezogen werden, weil in ihrer unmittelbaren Umgebung plötzlich nicht nur eine, zwei, sondern gleich drei Damen ums Leben kommen.
"Sunset Hall" ist eine Senioren-WG mit mehreren rüstigen, mehr oder weniger mental jung gebliebenen Bewohnern, die alle ihren eigenen Zipperlein und Päckchen zu tragen haben. Über manche erfährt man mehr, über andere weniger, das ist aber einfach der Story geschuldet. Agnes als Hauptfigur lernt man als Leser recht gut kennen; unweigerlich leidet man auch ein kleines Bisschen mit, wenn wieder mal ihre Hüfte nicht so will wie sie. Agnes arbeitete früher offenbar bei der Kriminalpolizei und so liegt es nahe, dass ihre ermittlerischen Sinne erwachen, als plötzlich mehrere Morde gleich bei ihr um die Ecke geschehen. Schneller als sie denkt, gilt sie (nicht nur wegen der alten berufsbedingten Neugier) plötzlich selbst als Täterin, sondern gerät sie auch selbst ins Visier des Täters. Fortan macht sich Agnes auf die Suche nach der Wahrheit, die - so hat es den Anschein - sehr mit ihrer eigenen Vergangenheit verwoben ist. Begleitet wird sie nicht nur von ihren Mitbewohnern (einer schrulliger und zugleich liebenswürdiger als der andere), sondern auch auch von Schildkröte Hettie und Hund Brexit. Tiere haben in den Büchern von Leonie Swann ja stets eine ganz besondere Bedeutung. Auch hier kommt den Tieren wieder eine tragende Rolle zu, denn manche Kapitel sind gar aus Hetties Sicht geschrieben.
Insgesamt überzeugt die Story von "Mord in Sunset Hall" nicht nur durch die durchweg sympathischen und herzlichen Charaktere und Bewohner der WG, sondern vor allem durch viele Wendungen, Ideen und Einfälle. Durch viele Abbiegungen der Handlung und Twists bleibt die Geschichte stetig flott am Laufen, dazu tragen auch die diversen Perspektivwechsel vorteilhaft bei, die mir sehr gefallen haben. Allerdings - mein einziger Kritikpunkt am Buch - wurde es mir im Mittelteil irgendwie ein bisschen zu zäh und zu lang. Durch die ständigen Wechsel und Gedankengänge der Personen habe ich den Eindruck bekommen, den Clou der Story längst durchschaut zu haben (tatsächlich kann man es sich irgendwann denken, das macht aber überhaupt nichts), während die Senioren-Bewohner noch hinterher hängen und man als Leser ein bisschen auf sie warten muss.
Diese Analogie zum realen Leben tut der sehr charmant umgesetzten Story um die Senioren-WG, die über ihren Lebensabend selbst entscheiden und nicht in einem Altenheim untergehen will, keinen Abbruch. Ich habe die flotte Geschichte um Agnes und ihre Mitbewohner sehr gern gelesen und behalte dieses für mich zweite Buch von Leonie Swann in sehr guter Lese-Erinnerung.

Bewertung vom 09.04.2020
Das Haus der Frauen
Colombani, Laëtitia

Das Haus der Frauen


weniger gut

"Das Haus der Frauen" behandelt ein inhaltlich und gesellschaftlich wichtiges Thema, dessen Ausführung im Buch mich dennoch nicht wirklich abholen und überzeugen konnte. Mir hat hier einfach einiges gefehlt, an Inhalt, an Dialogen, an Wendungen, an Besonderem. Irgendwie erschien es mir zeitweise so, dass die Autorin diese Geschichte, die auf zwei Zeitebenen erzählt wird, nur so "runtergeschrieben" hat, ohne wirklich mit dem Herzen dabei zu sein.
Dabei ist das Thema des Romans ein ziemlich wichtiges. Nicht nur in Frankreich, wo dieses Buch spielt, sondern überall. Denn leider ist es eine Tatsache, dass gerade Frauen heutzutage immer noch sehr viel Ungerechtigkeiten und Gefahren erleben müssen, dass sie den verschiedensten Arten von Unterdrückung und Gewalt unterworfen werden und dass vielerorts viel zu wenig - oder nichts - für sie getan wird. Dabei geht es gar nicht mal um die Auslebung von Feminismus (ja DAS Schlagwort der heutigen Zeit), sondern schlicht und einfach um die Sicherstellung der Grundbedürfnisse eines jeden Menschen.
Laetitia Colombani setzt sich mit ihrem Roman nun zum Ziel, die Geschichte der Heilsarmee und der daraus resultierenden "Frauenhäuser" aufzuarbeiten, indem sie eine selbst von Depression betroffene Frau als offizielle Schreiberin in eben einem solchen "Haus der Frauen" ehrenamtlich arbeiten lässt. Zugleich erzählt sie in einem zweiten Erzählstrang, wie sich dieses Frauenhaus bilden konnte, welche für die damalige Zeit unglaublich starke, mutige und unbeugsame Frau (Blanche Peyron) die Vorreiterin dieser Institution ist - und warum es dazu kam.
Um dieses "Warum", diese Notwendigkeit für die Frauenhäuser damals und heute zu verdeutlichen, spricht die Autorin manche solcher Probleme und Geschichten von Frauen an, kratzt dabei jedoch meines Erachtens nach stets nur an der Oberfläche. Das finde ich schade, das Potential für viel tiefer gehende und deutlich eindrucksvollere Bilder, die zugleich die Wichtigkeit solcher Institutionen erkennen lassen hätten, wäre da gewesen. So kommt das alles ein wenig zu kurz. Es wirkt auf mich, als hätte die Autorin den Vorsatz gefasst, sich mit dem Thema "Frauenhäuser und ihre Aufgaben" zu beschäftigen, dann aber auf dem halben Weg der Umsetzung in einen Roman keine rechte Lust mehr drauf gehabt und sich deshalb nur noch an der Oberfläche bewegt. Sie gibt den Frauenschicksalen wenig Raum, wenig Tiefe, dabei wäre das nun gerade in diesem Buch irgendwie besonders wichtig gewesen. Zumindest erscheint es mir so. Für mich blieb die ganze Geschichte daher ziemlich fad und nichtssagend, wobei mich die Geschehnisse der Anfänge der Frauenhäuser in den 1920ern da noch deutlich mehr bewegen konnte. Aber gerade die Geschichte von Solène ist blass, nichtssagend und so lieblos runtergeschrieben, ohne wirklich ein bleibendes Bild der Trägerin dieses Romans zu hinterlassen. Das Buch hat mich letztlich mehr enttäuscht als interessiert.
Das finde ich schade, führt aber zugleich auch dazu, dass mein Interesse am ersten Roman der Autorin, "Der Zopf", der weltweit sehr gefeiert wurde, mittlerweile abgeflaut ist, da ich mir vorstellen kann, dass Erzählstil und - struktur dort ähnlich gelagert ist wie bei diesem Roman hier.

Bewertung vom 09.02.2020
The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst
Archer, Sarah

The Plus One - Sie baut sich Mr. Right einfach selbst


gut

"The Plus One" hat mir am Anfang ziemlich gut gefallen. Die Grundidee stimmte, die "Zutaten" klangen vielversprechend, aber die Umsetzung hat hier und da leider nicht gepasst. Da ist zum einen Kelly. Sie ist ein schräger Charakter mit Ecken und Kanten und kleinen Macken, vor allem aber mit dem Problem, in sozialen Situationen einfach nicht kompetent zu sein. Sie ist nicht der Typ für tiefe Freund- und Liebschaften, sondern macht eher ihr eigenes Ding. Das fand ich ganz nett, weil sie mir dadurch ehrlich erschien und ich mich hier und da gut in sie hineinversetzen konnte. Im Laufe der Zeit wurde sie für mich aber immer naiver und zugleich zu zurückhaltend und feige. Sie verstrickt sich mehr und mehr in Lügen und Ausweichmanöver, um ihre vorgegebene Ethan-Geschichte aufrecht halten zu können und lässt sich dabei immer wieder klein machen und in die Ecke drücken, sowohl von ihrer Familie als auch von Kollegen. Je eigenständiger der Roboter Ethan wird, umso mehr entwickelt Kelly einen schwachen Charakter und das fand ich nicht nur schade, sondern habe es auch nicht nachvollziehen können. Sie hatte anfangs mehr Biss und mehr Persönlichkeit, die ihr irgendwie nach und nach abhanden kommen, als sie ihre Zeit mit Ethan verbringt.
Völlig unglaubwürdig fand ich darüber hinaus die Tatsache, dass Kelly ihren Roboter Ethan innerhalb von nur einem ganzen Wochenende (!!) fertig baut und programmiert - und zwar so dermaßen perfekt und menschlich, dass niemand auch nur irgendetwas merkt oder komisch findet an ihm. Robotertechnikerin, die Kelly ist, hin oder her, aber das war doch ein bisschen zuviel "Fiktion", als dass ich das so glauben könnte. Liest man andere Bücher darüber, wie schwer und zeitraubend und zermürbend es ist, Künstliche Intelligenzen so zu programmieren, dass sie menschlich wirken und selbstständig denken lernen, dann kann man sich gut ausmalen, dass eine komplette Roboterherstellung nicht an einem Wochenende zu machen ist. Aber gut, das mag auch Meckern auf hohem Niveau sein; schließlich handelt es sich hierbei ja um eine fiktive Geschichte und da kann ein Autor ja eigentlich schreiben, was er möchte.
"The Plus One" ist durchaus eine niedliche und romantisch angehauchte Story, bei der es meiner Meinung nach aber irgendwann weniger um die Romantik und das Verliebtsein als solches geht. Eher wird es eine Geschichte über Kelly, die sich mit 30 langsam aus den Vorstellungen und Vorgaben ihrer Familie und ihrer eigenen kleinen Welt herauskämpft. Irgendwann geht es gar nicht mehr so sehr um Ethan, sondern nur um Kelly und darum, wie sie ihre Umwelt erlebt.
Es gibt im Verlauf dieser Geschichte einige kleine Längen in der Handlung, wodurch sich der Mittelteil für mich etwas zog. Gleichzeitig, und diesen Gegensatz empfand ich leider als sehr schade, führt die Autorin manche (wichtigen) Momente einfach nicht ausführlich genug aus. Gerade alle Situationen, die damit zu tun haben, Ethan in der Gesellschaft anderer Leute zu erleben, Gespräche und Dialoge zwischen ihm und realen Menschen zu verfolgen - diese Situationen zu beschreiben und Ethan dadurch tatsächlich ein stückweit "menschlich" wirken zu lassen, darauf verzichtet Frau Archer irgendwie völlig. Immer wenn es spannend wird und sich die Handlung dahin neigt, Ethan jetzt in Aktion im "realen Leben mit anderen realen Personen" zu erleben, dann bricht die Szene ab und die Autorin setzt erst später in einem anderen Kontext wieder ein. Man liest eigentlich nur einzelne Szenen zwischen Kelly und ihm, aber nicht zwischen der Welt und ihm. Irgendwie hat es sich die Autorin dadurch auch ein bisschen zu leicht gemacht. Hier hätte sie sich vielleicht schon die Mühe machen können, einzelne Szenen genauer herauszuarbeiten und auch die Reaktionen der Personen auf Ethan darzustellen. Das hätte das Ganze in meinen Augen realer wirken lassen.
Trotzdem ist "The Plus One" eine kurzweilige, nett-amüsante Romantikgeschichte mit futuristischem Ansatz, die im Verlauf ein wenig schwächelt, aber ein

Bewertung vom 11.11.2019
Dear Evan Hansen
Emmich, Val; Levenson, Steven; Pasek, Benj; Paul, Justin

Dear Evan Hansen


sehr gut

Die Geschichte "Dear Evan Hansen" ist zunächst als Musical in den USA, Kanada und in London erschienen, bevor sie in Buchform geschrieben wurde. Als ich das gehört habe, war ich gleichermaßen neugierig und skeptisch. Schon während des Lesens konnte ich die Musical-Vorgeschichte kaum glauben und habe mich mehrfach gefragt, wie man diese Story ernsthaft als Musical darbieten will...?! (Aber es stimmt: man muss nur mal ein wenig googeln und wird spätestens bei Youtube fündig und kann sich Trailer und Songs aus den verschiedenen Versionen des Musicals in den USA und UK anschauen.)
So skeptisch war ich vor allem deshalb, weil dieses Buch voll von Gedankengängen und von Beschreibungen emotionaler Befindlichkeiten der Hauptfigur Evan Hansen ist. Und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie man all das, diese Intensität und Eindringlichkeit des Seelenlebens von Evan, in ein Musical packen wollte. Ob das letztlich gelungen ist oder nicht, kann ich auch nicht beurteilen. Ich kenne nur das Buch und die paar Trailer, die man online finden kann. Die haben mich tatsächlich nicht überzeugt, und ich bin froh, dass ich die Geschichte von Evan Hansen als Buch kennenlernen konnte und nicht als Musical. Das Musical würde ich tatsächlich (nach diesen ersten Eindrücken) nicht sehen wollen.

Aber worum geht´s eigentlich, fragt sich jetzt vielleicht mancher. Es geht um Evan Hansen, ein geborener Außenseiter und Einzelgänger in seinem letzten Schuljahr. Eigentlich möchte er das gar nicht sein - allein und außen vor bei den anderen -, aber er ist es nun mal. Der soziale Umgang fällt ihm schwer, Kontaktaufnahme zu anderen findet kaum statt. Freunde hat er nicht, eine Freundin dagegen hätte er schon ganz gern, und zwar Zoe, für die er schon eine ganze Weile heimlich schwärmt. Ich fand es im Buch etwas schade, dass man so wenig über die Hintergründe seiner sozialen Schwierigkeiten erfährt. Anfangs dachte ich, mal wieder wird das Autismus-Syndrom bemüht (passiert in letzter Zeit meiner Meinung nach viel zu oft!), dann dachte ich an eine Soziale Phobie. Aber das scheint es alles nicht zu sein, und so bleibt diese Frage - "Warum ist Evan so?" - für mich letztlich ein wenig ungeklärt, was ich schade, aber nicht störend für die Handlung fand. Evan soll laut seines Therapeuten jeden Tag einen positiven Brief an sich selbst schreiben. Einer dieser Briefe gelangt durch Zufall in die Hände von Schulrüpel Connor, zufällig Zoes Bruder. Am Tag darauf begeht Connor Selbstmord - und plötzlich glauben alle, Evan und Connor seien beste Freunde gewesen. Evan, der zum ersten Mal in seinem Leben von Anderen positive Rückmeldungen und Aufmerksamkeit erhält, schafft es nicht, die Wahrheit zu sagen. Aber wie lange kann er diese Lüge vor den anderen, aber auch vor sich selbst, aufrecht halten?

Die Geschichte von Evan ist ein Auf und Ab der Gefühle und man weiß gar nicht so recht, welches Gefühl man eigentlich zulassen und welchem man nachspüren sollte. Man leidet man Evan mit, freut sich mit ihm, aber auch diese unterschwellige Traurigkeit, das Gefühl von Einsamkeit und Verzweiflung gingen zumindest mir sehr an die Nieren. Mich hat die Geschichte definitiv nicht kalt gelassen, und das ist ja eigentlich mit das Beste, was ein Buch bewirken kann. Es ist kein Buch zum herzlich-mitfühlenden Weinen, auch laut Lachen wird einem eher selten passieren. Aber am Ende denkt man über sehr viel nach, finde ich, trotz mancher Schwächen in der Geschichte.
Auf das Musical kann ich gut und gerne verzichten, aber dass ich das Buch gelesen habe - darüber bin ich froh.