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Raumzeitreisender
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Deutschland
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 720 Bewertungen
Bewertung vom 12.02.2024
Die Zeitmaschine
Wells, H. G.

Die Zeitmaschine


ausgezeichnet

In diesem Klassiker von 1895 behandelt Herbert George Wells (1866 – 1946) zum ersten Mal in der Literaturgeschichte eine Zeitreise weit in die Zukunft. Seine Erlebnisse und Erfahrungen gehören nicht nur in die Kategorie Abenteuer, sondern können auch als Gesellschaftskritik interpretiert werden.

Der Erfinder der Zeitmaschine stellt seinen Freunden während eines abendlichen Treffens seine Maschine vor, erklärt ihnen ihre Funktionen, ihre Bedeutung und verkündet den skeptischen Gästen, dass er damit eine Zeitreise unternehmen will. Es ist ihm ernst damit, aber niemand will ihm glauben.

Bei ihrem nächsten Treffen erscheint der Zeitreisende etwas verspätet und in einem körperlich erbärmlichen Zustand bei den Gästen. Er berichtet ihnen ohne Unterbrechung ausführlich von seiner Reise ins Jahr 802701. Das Buch besteht im wesentlichen aus seinem Bericht über die Erlebnisse auf seiner Zeitreise.

Er lernt in der Zukunft das Volk der Eloi und der Morlocks kennen, die hinsichtlich ihres Verhaltens ein wenig an Schafe und Wölfe erinnern. Den Eloi fehlen die Herausforderungen, sie leben unreflektiert und ohne Aufgaben wie eine Herde Schafe. Die Morlocks leben unterirdisch und beherrschen die Eloi.

Die Verfilmung aus dem Jahr 1960 mit Rod Taylor weicht von der Romanvorlage ab. Das gilt für das Schicksal der Eloi Weena, hinsichtlich der Gesellschaftsordnungen der Eloi und der Morlocks, die komplexer sind, als im Film dargestellt und auch hinsichtlich der Auseinandersetzungen zwischen den Eloi und den Morlocks.

Der Roman ist vor 130 Jahren entstanden und beschreibt eine zeitlose Utopie über die Zukunft der Menschheit, die nachdenklich machen kann. Der Mensch braucht Herausforderungen, so die Erkenntnis aus dieser Reise. Dem Roman fehlen romantische Elemente, die in den Film eingebaut wurden, das gilt auch für das Ende der Geschichte.

Bewertung vom 08.02.2024
Poe: Unheimliche Geschichten / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.5
Poe, Edgar Allan

Poe: Unheimliche Geschichten / Kat Menschiks Lieblingsbücher Bd.5


sehr gut

Der US-amerikanische Schriftsteller Edgar Allen Poe (1809 – 1849) ist insbesondere bekannt für seine makaberen Schauergeschichten. Zahlreiche Werke von ihm wurden verfilmt. Auch Musiker wie Alan Parsons, Iron Maiden und Lou Reed haben sich mit seinen Werken beschäftigt und sie in ihre Musik einfließen lassen.

Drei seiner unheimlichen Geschichten sind in diesem Buch abgedruckt und wurden von Kat Menschik wirkungsvoll illustriert. Ursprünglich erschienen die von Fjodor Dostojewski ausgewählten Geschichten 1861 in der Zeitschrift "Die Zeit". In einem Nachwort lobt Dostojewski die präzisen detaillierten Beschreibungen von Edgar Allen Poe.

Der Protagonist in "Das verräterische Herz" erinnert an Raskolnikow in "Schuld und Sühne", der an seinen Gewissensbissen verzweifelt ist. In "Der schwarze Kater" ist es der Kater, der sich bitter rächt und in "Der Teufel im Glockenturm" bringt ein junger Mann mit teuflischem Charakter die Ordnung einer holländischen Gemeinde durcheinander.

Bewertung vom 07.02.2024
Bibliomanie
Flaubert, Gustave

Bibliomanie


sehr gut

Das kleine Büchlein fällt schon allein wegen seiner zahlreichen antik wirkenden Illustrationen auf, die, passend zum Inhalt, eine finstere Geschichte über mysteriöse Bücher vermuten lassen.

Protagonist ist der ehemalige Mönch und heutige Buchhändler Giacomo, der, ebenso wie der Autor der Geschichte, so der Eindruck, fasziniert ist von der Welt der Bücher. Giacomo ist geradezu besessen vom Besitz seltener Bücher.

Die Geschichte spielt in Barcelona, also in dem Ort, in dem Carlos Ruiz Zafón fast zweihundert Jahre später den geheimnisvollen "Friedhof der vergessenen Bücher" angesiedelt hat.

Giacomo geht es nur um den Besitz und nicht um den Inhalt der Bücher. Er ist ein Sammler, so wie auch Philatelisten seltene Briefmarken sammeln. Seine Leidenschaft steigert sich in eine Manie und wird ihm schließlich zum Verhängnis.

Die Geschichte ist nicht ganz rund, aber ausdrucksstark. Kaum zu glauben, dass ein fünfzehnjähriger Junge sie verfasst hat. Flauberts literarisches Talent wird hier deutlich und auch die Tiefe seiner Gedanken. So ist der Schritt zu "Madame Bovary" nicht mehr weit.

Bewertung vom 06.02.2024
Die Liebe in den Zeiten der Cholera
García Márquez, Gabriel

Die Liebe in den Zeiten der Cholera


sehr gut

Die Sehnsucht kennt kein Verfallsdatum, sie kann Menschen über Jahrzehnte begleiten. Betroffen ist der Telegrafist Florentino Ariza, der sich in jungen Jahren unsterblich in Fermina Daza verliebt und ihr unzählige Briefe schreibt. Ihr Vater Lorenzo Daza ist gegen die Beziehung und bewirkt die Trennung. Fermina soll in die bessere Gesellschaft einheiraten.

Sie lernt den angesehenen Arzt Juvenal Urbino kennen, der sie umwirbt. Sie heiraten und bleiben über fünfzig Jahre zusammen, bis Juvenal stirbt. Die Ehe ist nicht wirklich glücklich, eine Affäre Juvenals führt fast zur Trennung. Dennoch bleiben sie zusammen. Zwischenzeitlich macht Florentino Karriere. Fermina und Florentino laufen sich gelegentlich über den Weg, aber sie zeigt kein Interesse an ihm.

In den folgenden Jahrzehnten ist Florentino kein Kind von Traurigkeit, hat zahlreiche Beziehungen zu unterschiedlichen Frauen, verliebt sich aber nicht in sie. Seine Liebe gehört einzig und allein Fermina, auf die er quasi sein Leben lang wartet. "Die Liebe in Zeiten der Cholera" ist eine bewegende Liebesgeschichte über Sehnsucht, Verzicht, Tragik und tiefe Gefühle.

Die Cholera spielt nur im Hintergrund eine Rolle. Sie wird am Ende auf einer gemeinsamen Schiffsreise aber Mittel zum Zweck. Der Schreibstil von Márquez ist lesefreundlich, verständlich und fesselnd und damit deutlich besser als in „Hundert Jahre Einsamkeit“. Die Geschichte ist eine Hommage an die unsterbliche Liebe, die Zeiten und Hindernisse überwinden kann.

Bewertung vom 14.01.2024
Das fünfte Kind
Lessing, Doris

Das fünfte Kind


gut

Harriet und David Lovatt sind ein konservatives Ehepaar. Sie haben ähnliche Vorstellungen vom Leben und wünschen sich viele Kinder. Mit ihrem fünften Kind Ben gerät ihre Welt aus den Fugen. Er ist physisch und psychisch völlig anders als ihre ersten vier Kinder, wirkt lieblos und dumm, besitzt eine enorme Kraft und gleicht mit diesen Attributen eher einem archaischen Menschen.

Welche Folgen hat es, wenn die Lebenswirklichkeit nicht mehr mit den Vorstellungen vom Leben übereinstimmt? Wie arrangieren sich Menschen mit dem Fremdartigen? Bei Harriet wird deutlich: Pflichtbewusstsein und Mutterliebe führen einen Kampf. Andere wenden sich ab. David und auch Bens Geschwister gehen Ben aus dem Weg. Auch Freunde und Verwandte brechen weitgehend den Kontakt ab.

Doris Lessing behandelt in diesem Roman auch das Spannungsfeld Schuldgefühl und Verantwortung, welches jeder für sich interpretiert. Ben wird älter und er findet Freunde, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen. Die Autorin deutet nur noch an, welche Entwicklung Ben nimmt, ohne diese konkret zu beschreiben. Der Umgang mit dem Fremdartigen sowie Pflicht und Verantwortung sind zeitlose Themen.

Bewertung vom 03.01.2024
Lenz / Der Hessische Landbote
Büchner, Georg

Lenz / Der Hessische Landbote


gut

Georg Büchner (1813 – 1837) verarbeitet in seiner Novelle „Lenz“ den sich verschlechternden geistigen Zustand des Schriftstellers Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 – 1792). Er bezieht sich dabei auf Aufzeichnungen des Pfarrers Johann Friedrich Oberlin, den Lenz im Zuge seiner Krankheit aufgesucht hatte.

Lenz leidet unter Stimmungsschwankungen, Angstzuständen, Wahnvorstellungen und Suizidgedanken. Er flieht aus der Stadt und trifft in dem Dorf Waldbach im Elsass Pfarrer Oberlin, der bemüht ist. Ihm zu helfen. Er erkennt im Laufe der Zeit, dass seine Möglichkeiten begrenzt sind.

Büchner beschreibt in dieser Geschichte im wesentlichen einen psychischen Krankheitsverlauf. Eingewoben sind kunsthistorische Diskussionen über Idealismus und Realismus. Der damalige Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig und eine übersichtliche Strukturierung in Absätze und Kapitel wäre hilfreich gewesen.

„Der Hessische Landbote“ ist ein Pamphlet gegen die sozialen Missstände seiner Zeit, ein Aufruf zur Revolution an die Landbevölkerung gegen Regierung und Adel. Es sind zwei Fassungen abgedruckt, die ursprüngliche Fassung von Juli 1834 von Georg Büchner und die später von Friedrich Ludwig Weidig und Leopold Eichelberg abgeschwächte Fassung von November 1834.

Der Text enthält eine massive Kritik gegen die Steuergesetzgebung, gegen die Voreingenommenheit von Richtern, gegen das Beamtentum und gegen Regierung und Adel im Großherzogtum Hessen. Es wird Bezug genommen zur Französischen Revolution. Das Flugblatt hatte für einige Betroffene erhebliche Konsequenzen.

Ich hätte es begrüßt, wenn in dem Buch Erläuterungen zu den beiden Texten enthalten wären (Vorwort, Nachwort), da ein Verständnis und eine zeitgeschichtliche Zuordnung ohne Metainformationen kaum möglich ist. Manche bezeichnen diese Schrift als erstes Manifest einer sozialen Revolution.

Bewertung vom 30.12.2023
Gehirnwäsche trage ich nicht
Sprenger, Reinhard K.

Gehirnwäsche trage ich nicht


sehr gut

Wie der Titel bereits zum Ausdruck bringt, geht es in diesem Buch um die Freiheit, selbstbestimmt zu leben und zu arbeiten. Sprenger hat sich bereits 1991 in „Mythos Motivation“ mit Beeinflussungstechniken und deren Auswirkungen beschäftigt und damit gegen den Trend argumentiert. Die philosophischen Grundlagen zu seinen Thesen erläutert er 1996 in „Prinzip Selbstverantwortung“ und betont Eigeninitiative und Verantwortung für das eigene Handeln. Das setzt Vertrauen voraus, wie Sprenger 2002 in „Vertrauen führt“ deutlich macht. Das Individuum und seine Kreativität sollen gestärkt werden (siehe „Aufstand des Individuums“ von 2000).

„Gehirnwäsche trage ich nicht“ besteht aus Veröffentlichungen für Zeitungen und Magazinen aus den vergangenen Jahren, in denen der Autor Thesen aus seinen früheren Büchern erläutert. Insofern werden die Kenner seiner Werke wenig neues finden. Dennoch ist es immer wieder interessant, sich von einem unabhängigen Denker wie Sprenger inspirieren zu lassen. Ist der Mensch bereit für diese Freiheit? Real wird Verantwortung von denjenigen, die dafür bezahlt werden, immer wieder abgeschoben. Der Staat behandelt Bürger als unmündige Kinder. Offensichtlich ist der Mensch noch nicht reif genug, um selbstbestimmt leben zu können.

Bewertung vom 22.12.2023
Der Riss
Hye-young, Pyun

Der Riss


sehr gut

Ogi hat einen Unfall verursacht, bei dem seine Frau gestorben ist. Er selbst überlebt schwerstverletzt und wird zum Pflegefall. Da er keine lebenden Verwandten hat, übernimmt seine Schwiegermutter die Pflege. Die Beziehung zur Schwiegermutter ist sehr angespannt, das war sie auch schon vor dem tragischen Unfall. Damit ist der Rahmen abgesteckt, für diesen emotionalen Roman über Schuld und Einsamkeit.

Hye-Young Pyun erzählt die Geschichte aus der Sicht von Ogi. Da er nicht sprechen kann, besteht das Buch überwiegend aus seiner Gedankenwelt. Vergangenes wird aufgearbeitet und tiefe Risse werden deutlich, auch in der Beziehung zu seiner Frau. Eine Trennung stand vor dem Unfall im Raum. Ogis Schwiegermutter setzt immer mehr ihren eigenen Kopf durch und nimmt zunehmend weniger Rücksicht auf Ogi.

Für die Leser ist es eine lehrreiche Erfahrung, die Sicht eines pflegebedürftigen Menschen kennenzulernen, der sich kaum bewegen und nicht sprechen kann. Seine Erlebniswelt kreist um die Dinge, die sich im Sichtfeld befinden und um Vergangenes, was reflektiert, aber nicht mehr aufgearbeitet werden kann. Ogi fällt in ein Loch, aus dem er sich nicht mehr befreien kann. Der Autorin gelingt es, menschliche Abgründe plausibel darzustellen.

Bewertung vom 11.12.2023
Die Schatz-Gräber
Wurster, Wolfgang W

Die Schatz-Gräber


sehr gut

Das Buch hätte statt „Die Schatz- Gräber“ auch „Die Schatz- Räuber“ heißen können, denn der Autor berichtet u.a. über Fälle von Grabplünderungen, die es den Archäologen anschließend schwer machen, die kulturellen Handlungen anhand der Funde fachgerecht zu interpretieren.

Wolfgang W. Wurster führte als Archäologe einige Ausgrabungen in Südamerika, insbesondere im Reich der Inka, durch. In diesem Buch stellt er seine Ergebnisse vor, erläutert seine abenteuerlichen Expeditionen in frühe Kulturen und berichtet über seine Erfahrungen bei den Ausgrabungen.

Die Inkas entwickelten eine einzigartige Hochkultur in einer lebensfeindlichen Umwelt, bis die Invasoren aus Spanien dem ein Ende setzten, das Reich plünderten und die Menschen ermordeten. 90 % der ursprünglich 80 Millionen Menschen wurden innerhalb von 50 Jahren ausgerottet.

Das Buch enthält zahlreiche Fotos und Zeichnungen, die das Leben der Inkas und ihre architektonischen Leistungen, die gesellschaftlichen Verhältnisse sowie ihre Bestattungsrituale darstellen. Das Werk kann ich jedem empfehlen, der sich für die Geschichte Südamerikas interessiert.

Bewertung vom 08.12.2023
Die letzten Geheimnisse unserer Welt

Die letzten Geheimnisse unserer Welt


gut

Die Geschichte der Menschheit ist eine Geschichte voller Geheimnisse. Archäologische Funde und historische Bauwerke deuten darauf hin, dass es vor Jahrtausenden bereits Hochkulturen gab, die Techniken entwickelt haben, die wir heute noch nicht verstehen. Auch die Völker selbst geben Rätsel auf, woher kamen sie, wohin gingen sie?

Wer schuf die Riesen auf der Osterinsel? In Platons Aufzeichnungen findet man Hinweise auf Atlantis. Gab es die Insel Atlantis wirklich? Wer schuf die Zeichnungen in der Wüste von Nazca? Weltweit findet man Überreste von Kultstätten und gigantischen Bauwerken. Die Autoren klären über den derzeitigen Wissensstand auf.

Viele Geheimnisse können heute nicht gelüftet werden. Dennoch ist es spannend, über die Forschungen informiert zu werden. Das Buch ist ansprechend gestaltet, verständlich und voller Fotos und Grafiken. Der einzige Nachteil besteht darin, dass sich der Stand auf die revidierte Auflage aus dem Jahr 1989 bezieht.