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Top-Rezensenten Übersicht

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Rosenfreund
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Tostedt

Bewertungen

Insgesamt 94 Bewertungen
Bewertung vom 29.06.2023
Die Affäre Alaska Sanders
Dicker, Joël

Die Affäre Alaska Sanders


ausgezeichnet

Prima Unterhaltung für eine anspruchsvolle Leserschaft
Das wenig spektakuläre Cover mit der typisch amerikanischen Tankstelle und dem Mann, der Alaska Sanders wohl zuletzt gesehen hat, ist kein Reißer im Buchladen, passt jedoch zur Thematik. Wichtig ist zu erfahren, dass es sich um die Fortsetzung zu Dickers Weltbestseller „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ handelt, jedoch ist die Lektüre dieses Vorgängerromans für das Verständnis des vorliegenden Werkes nicht notwendig.
Wir treffen hier den Schriftsteller Markus Goldman und seinen Freund, Sergeant Perry Gahalowood, aus „Harry Quebert“, die gemeinsam ermitteln. Im April 1995 wird die Leiche Alaska Sanders geborgen. Zunächst führen die Ermittlungen zu einem schnellen Abschluss des Falles.
Im Juni 2010 erhält Gahalowood jedoch eine anonyme Nachricht, die ihn veranlasst, erneut zu ermitteln, da es einige Ungereimtheiten gibt.
Die Charaktere und Schauplätze wirken sehr authentisch. Die Rahmenhandlung wird in der Ich-Perspektive aus Goldmans Sicht erzählt.
Aber man kann keine einfach gestrickte, lineare Narration erwarten. Somit wendet sich Dicker an eine wache, interessierte Leserschaft, die zum Mitdenken aufgefordert wird, denn es gibt einen sehr wendungsreichen Plot mit vielen Rückblenden in die Vergangenheit. Zeitweise ist unklar, ob Goldman oder Dicker die Geschichte erzählt. Protokolle von Befragungen, Sprünge in den Zeitebenen und Schauplätzen sind gut miteinander verwoben und werden in einem schlüssigen Ende zusammengeführt. Die Vielschichigkeit des Romans führt den Leser oft an der Nase herum. Zum Glück gibt es Kapitelüberschriften, die auf Zeit und Ort des nachfolgenden Teils hinweisen.
Der Spannungsbogen setzt erst nach einer Weile ein, ist aber bis zum Ende existent.
Der sehr flüssige aber einfache Schreibstil erleichtert die anspruchsvolle „Lesearbeit“.
Man findet keinen klassischen, spannenden Kriminalroman vor, sondern wird auch mit einer sehr tragischen Liebesgeschichte konfrontiert. Gesellschaftskritik kommt ebenfalls nicht zu kurz.
Also, prima Unterhaltung für eine anspruchsvolle Leserschaft.

Bewertung vom 23.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Klimakatastrophe

Mit großer Begeisterung habe ich bereits mehrere Werke von T. C. Boyle gelesen, in denen es um gesellschaftliche Probleme und aktuelle Themen geht.
Wir haben hier einen Roman mit einer erschreckenden Zukunftsvision.
Das Cover in schreiendem Orange symbolisiert Feuer in einer zu sonnigen Gegend mit Palmen. Es passt perfekt zur Apokalypse an der Zentralküste Kaliforniens, einer ehemals feuchten und kühlen Gegend, wo es immer heißer wird, Winde , Trockenheit, akuter Wassermangel und Brände vorherrschen. Missernte folgt auf Missernte. Nahrung und Trinkwasser werden knapp.
Im Mittelpunkt des Werkes steht eine Familie, die Eltern, Frank und Ottilie, die in Kalifornien leben. Sohn Cooper ist Entomologe und erlebt das voranschreitende Artensterben aus nächster Nähe. Ottilie züchtet Insekten als Proteinquelle und versucht verzweifelt, Wasser zu sparen.
Die Tochter Cat lebt in Florida, wo es jetzt häufig zu heftigen Stürmen mit sehr viel Regen kommt. Auch die Insektenwelt spielt verrückt, denn sie werden immer größer und zu einer Plage.
Florida wird überschwemmt, und so auch das Strandhaus, in dem Cat mit ihrem Mann lebt, bis nur noch das Boot als Fortbewegungsmittel taugt.
Das Gefüge der Familie ist einer Zerreißprobe ausgesetzt. Cooper erleidet einen gefährlichen Zeckenbiss, Cat, häufig beruflich alleingelassen von ihrem Lebensgefährten Todd, spricht immer mehr dem Alkohol zu und glaubt, durch den Kauf einer Tigerpython, ihren Erfolg als Influenzerin verbessern zu können. Viele Tragödien erschüttern die Familie. Der sonst ständig propagierte „ Amercan Dream“, wo alles immer größer, besser und schneller wird, gerät völlig aus den Fugen.
Boyles flotter Schreibstil macht das Werk zu einem Leseerlebnis, und der flüssige Handlungsverlauf läßt einen den Roman“verschlingen“. Besonders gut haben mir die wissenschaftlichen Exkurse des Autors gefallen.
Die amerikanische Durchschnittsfamilie wird mit einer satirischen Gesellschaftsanalyse verbunden, mit dem vorherrschenden Thema Klimawandel.
Das dystopische Werk fordert zum Nachdenken und Handeln auf, ist aber gleichzeitig ein sehr unterhaltsamer und brillanter Roman, den ich allen interessierten Lesern empfehlen kann.

Bewertung vom 21.05.2023
Die Sache mit dem Wald
Herzog, Sven

Die Sache mit dem Wald


ausgezeichnet

Umdenken in der Waldpolitik
Bei Spaziergängen im Wald, der sich an meinem Wohnort befindet, mußte ich immer mehr Waldschäden und Waldverwüstungen feststellen, somit habe ich Herzogs sehr informatives Werk mit Begeisterung durchstudiert, denn er zeigt nicht nur die Schäden in früheren Zeit durch zum Beispiel, Schwefeldioxidemissionen auf, sondern fordert ein Umdenken in der Politik durch Waldumbau, d. h. die Überführung gleichartiger Reinbestände ( das ist leider heutzutage noch immer der Fall!) in ungleichartige Mischwälder. Der Wald hat gesellschaftliche Aufgaben, wie Holznutzung, Klimaschutz und Erholung. Aber er ist nicht nur ein wichtiges Ökosystem und ein Wirtschaftsfaktor. Herzog fordert Schutz durch die richtige Nutzung. Er propagiert innovative Vorschläge, wie ein nachhaltiger Wald aussehen und gelingen kann.
Der Wald ist schon immer ein Sehnsuchtsort gewesen. Dazu passt das wunderschöne Cover, welches einen Waldspaziergang im Sommer evoziert.
Es sollte jedem Bürger um den Schutz und Erhalt unserer Wälder gehen, deshalb ist dieses Werk ein “Must“ für interessierte Personen, denn das Werk ist verständlich und informativ geschrieben. Gleichzeitig regt es zum Nachdenken an. Wichtig ist neben der Forstwirtschaft auch die Rolle des Wildbestandes.
Dieses Sachbuch ist wissenschaftlich fundiert geschrieben, aber für den Laien gut verständlich. Zum Überblick liefert Herzog ein 12,5 Seiten langes Glossar mit weiterführender und vertiefender Literatur, zusätzlich gibt es ein sehr umfassendes Register mit Schlagwörtern, die im Text auftauchen.
Besonders gut haben mir die 85 sehr schönen Abbildungen gefallen, welche die Problematik noch verdeutlichen.
Es sollte jedem klar sein, dass der Wald ein komplettes Ökosystem ist, in dem Sträucher, Bäume, Pilze, Bakterien und Tiere zusammenwirken. Man kann nicht vor allem den Klimawandel für Waldschäden verantwortlich machen, sondern jeder sollte ein Bewusstsein für die umfassende Problematik entwickeln und sich aktiv an der Walderhaltung beteiligen.

Bewertung vom 30.04.2023
Gelegenheiten
Schneider, Romy

Gelegenheiten


ausgezeichnet

Auf in ein neues Leben

Die Provence ist in den letzten 50 Jahren zu einem Sehnsuchts – und Zufluchtsort stilisiert worden. Es wird ein sorgenfreies Leben, umgeben von Natur und Lavendelfeldern ( vielen Dank für das Lavendelsäckchen! ), unter immer blauem Himmel und angenehmer Temperatur propagiert.
Den Traum, dort zu leben und einen Roman zu schreiben, hatte ebenfalls die Protagonistin dieses Romans seit ihrer Jugend. Jedoch hat sie sich zuerst für ein karriereorientiertes Leben mit Marc, ihrem karrierebeflissenen Partner in der Großstadt Berlin entschieden. Finanziell weniger betuchte Personen würden wohl gerne mit ihr tauschen, denn sie hat ein vermeintlich perfektes Leben mit einem gut bezahlten Job, Luxusbekleidung, tollen Reisen, einer Penthousewohnung und angesehenen Freunden der gleichen gesellschaftlichen Klasse. Aber Klara befindet sich in einer Selbstfindungskrise und ist sich nicht sicher, ob sie dieses Leben weiterhin führen möchte.
Also bricht sie eines Tages alle Brücken in Berlin ab, zieht zunächst zu ihren Eltern, bevor sie ganz in die Provence geht, um dort die erhoffte Leichtigkeit und Befriedigung zu finden. Doch sie ist getrieben von Selbstzweifeln und reflektiert die Sicherheit ihres bisherigen Lebens.
Schließlich gelingt es ihr aber, ihr eigenes Buch zu schreiben. Aber wird sie die Karla sein können, die sie schon immer sein wollte?
Wir haben hier eine seichte Geschichte, die auch das Auf und Ab einer solchen Entscheidung zeigt, jedoch vielen Leuten Mut machen möchte, ihre Träume zu verwirklichen. Man kann sich gut in die Ich – Erzählerin hineinversetzen. Alle Charaktere sind realitätsnah und sympathisch dargestellt. Die Handlung beinhaltet etliche Klischees und ist auch teilweise vorhersehbar, aber das Ziel der Autorin ist geglückt, uns einen Gute – Laune – Roman zu präsentieren, der sich als Urlaubslektüre eignet und der Selbsthinterfragung dient.
Romy Schneiders Schreibstil ist flott und liest sich problemlos.
Das Cover gefällt mir gut, mit bunten Farben und der Protagonistin Klara. Es passt sehr gut zu dieser Geschichte.
Man kann sich sehr gut in das Setting und die Gefühle der handelnden Personen hineinversetzen und man möchte sofort in die Provence entfliehen, aber da gibt es leider einen Wermutstropfen: den Klimawandel! Leider ist es im Hochsommer oft über 40° C heiß, und die Böden sind wegen Regenmangels ausgetrocknet ( Waldbrandgefahr).
Aber auf jeden Fall eignet sich das Werk zum Träumen und zur Evasion aus der täglichen Tretmühle.

Bewertung vom 16.04.2023
Das Leben schwer nehmen ist einfach zu anstrengend - Vorwort von Lars Amend
Sideropoulos, Susan

Das Leben schwer nehmen ist einfach zu anstrengend - Vorwort von Lars Amend


ausgezeichnet

Gute Laune garantiert
“Das Leben schwer nehmen ist einfach zu anstrengend“ von Susan Sideropoulos ist ein tolles Gute-Laune-Buch mit einer tollen Farbgebung. Sie ist eine bekannte Schauspielerin und Moderatorin undihre Maxime lautet: Man soll nicht ständig Gründe suchen, warum Dinge nicht funktionieren, oft meckern und unzufrieden sein, sondern sich für Freude, Leichtigkeit und Begeisterung entscheiden. Daher hat sie uns diesen tollen Lebensratgeber offeriert.
Schon das farbenfrohe Cover hat mich total geflasht. Sie sitzt, strahlend über das ganze Gesicht, an einem See und vermittelt Lebensfreude. Mit dem Finger der rechten Hand schnipst sie und will uns wohl andeuten, dass man auf diese Weise leicht sein Leben verändern kann. In ihrem Werk finden wir auch Fotos von ihr, mit denen sie uns an die Hand nehmen will, wie eine gute Freundin. Das suggeriert auch ihr toller Schreibstil, in dem sie den Leser mit “du“ anspricht, und uns leicht und humorvoll durch ihr Werk führt. Sideropoulos sagt uns, was sie mit ihrem Lebensratgeber erreichen will, und wie man die Umsetzung schafft.
Das Buch ist in 4 Teile unterteilt, die in 4 verschiedenen Farben daherkommen. Die Themen sind sehr gut ausgewählt, und am Ende jeden Kapitels gibt es Übungen und Fragen. Alle paar Seiten gibt es farblich hervorgehobene Zitate. Die Leserinnen und Leser sollen jeden Tag einen Teil lesen, wirken lassen, und für sich umsetzen.
In vier Wochen ist so Leichtigkeit im eigenen Leben zu erreichen, dabei gibt sie auch Hinweise aus ihrem eigenen Leben.
Mir hat dieses Werk sehr gut gefallen, denn die Denkansätze sind leicht anwendbar. Ich habe viele wertvolle Tipps für mein Leben erhalten. Depressionen sind out, Challenges sind in!
Sehr gut geeignet für gestresste, müde, unzufriedene Menschen, die auf der Suche nach Glück und Lebensfreude sind.

Bewertung vom 12.04.2023
Die Zentrale
Etzold, Veit

Die Zentrale


ausgezeichnet

Laura geht gegenan

Der Bestsellerautor und Ex-Banker Veit Etzold hat den zweiten Band „Die Zentrale“ seiner geplanten Finanz-Thriller-Trilogie um die Bankerin Laura Jacobs in einer Zeit der Bankenpleiten veröffentlicht. Die Tragödie um Credit Suisse, zum Beispiel, geistert noch durch die Presse. Daher hat mich sein neuestes Werk, ebenso wie der 1. Band „Die Filiale“ sehr interessiert.
Das Cover finde ich sehr passend und ansprechend. Der schwarze Einband mit der weißen großen Schrift und dem Auge der Protagonistin bei beiden Bänden hat einen großen Wiedererkennungswert.
Die Protagonistin, Laura Jacobs, ist eine typische Karrierefrau und wird als intelligent und sowohl eiskalt kalkulierend als auch menschlich dargestellt. Sie ist somit sehr differenziert charakterisiert.
Aufgrund Jacobs guter Leistungen in „Die Filiale“ wird sie in die Zentrale ihrer Bank beordert. Bei näherer Beschäftigung mit der Problematik bemerkt sie einen supergroßen Bankenskandal, der sie leicht zum Opfer werden lassen könnte, denn sie gerät ins Visier der einflussreichen Hintermänner der Finanzbranche.
Wieder einmal hat Etzold einen komplexen Text spannend und unterhaltsam aufbereitet. Wir haben hier einen unblutigen Thriller, aber mit vielen überraschenden Twists. Alles wirkt sehr realistisch, authentisch und sehr gut recherchiert.
Veit Etzolds Schreibstil ist leicht verständlich,präzise und locker, mit vielen Facetten. Die Abschnitte sind kurz und aufeinander abgestimmt. Beeindruckend finde ich die Art und Weise, wie er Fachtermini aus dem Banken- und Finanzwesen im Verlauf der Handlung dem Leser näherbringt.
Die von ihm aufgedeckten Machenschaften und die Funktionsweise des Bankensystems haben mich erschüttert. Somit ist das Werk für eine breite, aber interessierte, Leserschaft geeignet.
Zum Schluss bleiben noch einige Fragen offen, die sicherlich im Folgeroman „Der Konzern“ gelöst werden. Alle Bände können aber ohne Vorkenntnis des Vorläuferthrillers gelesen werden.
„Die Zentrale“ ist ein gelungener Thriller mit toller durchgängiger Spannung.

Bewertung vom 12.04.2023
Der Bojenmann
Schlenz, Kester;Jepsen, Jan

Der Bojenmann


ausgezeichnet

Plastinierte Überraschungen

Die beiden Co-Autoren Kester Schlenz und Jan Jepsen sind in Hamburg, meiner Heimatstadt, aufgewachsen. Es ist ihnen gelungen, ein so tolles Buch über Hamburg, mit viel Lokalkolorit, aber auch Kritik z. B. an der Kreuzfahrtindustrie, der Umweltverschmutzung und dem Kapitalismus zu schreiben. Der Leser erhält interessante Einblicke in die Welt des Hamburger Hafens und die Schifffahrt. Besonders gefällt mir der ehemalige Kapitän und Lotse a. D. Oke Andersen, ein wundervoller, teils antiquierter Charakter, mit vielen Ecken und Kanten, der voller Scharfsinn und Sarkasmus seinem Freund, Kommissar Knudsen, mit wohldurchdachtem Rat zu Seite steht. Aber auch Kommissarin Dörte und der grummelige Kommissar Knudsen sind bunte Figuren, wobei man sich aber auch so mancher Vorurteile bedient hat.
Das düstere Cover mit der Hafenszenerie führt perfekt in die Thematik ein, aber auch die genau beschriebene Plastination von Leichen schafft einen Gruselfaktor.
In diesem Krimi wird in einem sehr makaberen Fall ermittelt, denn man hat es mit einem Serientäter zu tun, der professionell plastifizierte Leichen an wichtigen Stellen in Hamburg zur Schau stellt. Ist er ein Egomane mit unterdrücktem Geltungsdrang?
Neben einfacher Beschreibung gibt es immer wieder actiongeladene, spannende Szenen in lebendigem, lockerem und bildhaftem Schreibstil voller Ironie und Sarkasmus. Neben der Erzählebene der unterschiedlichen Protagonisten, gibt es noch eine weitere Erzählebene, beginnend Anfang der 70er Jahre, die in einer anderen Schrifttype gedruckt ist. Wer wohl dahinter steckt? Der Nordicfaktor wird toll verstärkt durch die Morsezeichen, welche den Kapiteln der Kriminalhandlung als Überschrift dienen. Der Spannungsbogen bleibt erhalten und führt zu einem überraschenden Ende.
Ich mus sagen, wir haben hier einen tiefgründigen Krimi voller Scharfsinn und skurrilem Charme. Dem Co-Autorenduo ist ein flottes Erstlingswerk geglückt, das ich uneingeschränkt empfehlen kann. Ich freue mich schon auf das nächste Werk der beiden.

Bewertung vom 11.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Verzwickte Spurensuche
Der amerikanische Autor, James Kestrel, erzählt in seinem Thriller von dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor und den daraus resultierenden Kriegswirren. Joe Mc Grady, Detective beim Honolulu PD, soll einen grausamen Doppelmord aufklären und folgt einem Verdächtigen bis nach Hongkong, das dann von den Japanern eingenommen wird. Als Gefangener wird er nach Japan verschleppt, kann jedoch in einem Versteck dem Tode entrinnen, bis es zur Kapitulation Japans kommt. Nach fünf Wintern nimmt er die Verfolgung wieder auf.
Ein tiefgründiger Thriller voller überraschender Twists, grausamen Morden, gewürzt mit Abenteuer, aber auch Liebesgeschichten.
Kestrel hat mit Joe McGrady einen sehr lebendigen Charakter mit vielen Ecken und Kanten geschaffen, aber auch seine „weiche Seite“ sehr gut herausgearbeitet. Viele andere Charaktere sind ebenfalls gut getroffen, wobei ein sehr ruppiger Slang zwischen einigen Polizisten herrscht.
Stefan Lux ist die Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch gut geglückt. Ich hätte mir ein Glossar gewünscht, das gewisse US-typische Begriffe erklärt, ebenso wie eine Landkarte mit den Kriegsschauplätzen, da die meisten Deutschen nur wenig Ahnung davon haben. Mich hat der historische Hintergrund, da größtenteils unbekannt, sehr interessiert. Es ist lesenswert, auch die japanische Kultur- und Denkweise kennenzulernen.
Es geht gleich rasant mit 2 Morden los, und der Spannungsbogen wird über das ganze Buch gehalten, allerdings sind die sehr blutigen Autopsien und die Morde nichts für zartbesaitete Leser*innen.
Sprachlich den Charakteren und Situationen angemessen, wechseln die flotte Dialoge mit leichtverständlichen Schilderungen ab.
Das Cover ist ein Hingucker. Über die Bedeutung der großen roten Sonne kann ich nur spekulieren.
Insgesamt ein toller Thriller, eingebunden in die Zeit des 2.Weltkrieges mit einer verzwickten Spurensuche. Für Krimifans mit historischen Hintergründen sehr zu empfehlen. Das englischsprachige Original hat ja bereits 2 Preise abgesahnt. Das könnte ich mir auch bei der deutschen Übersetzung vorstellen.

Bewertung vom 23.02.2023
Roxy
Bülow, Johann von

Roxy


ausgezeichnet

Wer bin ich wirklich?
Der sehr bekannte Schauspieler, Johann von Bülow, erzählt in seinem Erstlingswerk „Roxy“ von der langjährigen Freundschaft von Marc und Robert, zweier sehr unterschiedlicher Charaktere, die gemeinsam, aber in sehr unterschiedlichen Milieus, aufwachsen. Marc hat sein Leben lang nach Anerkennung gesucht und fragt sich auch nach vielen Jahren der Freundschaft zu Robert (Roy), ob er tatsächlich sein bester Freund war und ist, denn Roy, der Sohn sehr reicher Eltern, muss sich niemals anstrengen, ihm steht die Welt offen, jedoch hat er nicht wirklich ernsthafte Ziele im Leben. Sehr gut gefällt mir die charakterliche Ausformung des Duos. Roy ist generell sehr dominant, aber auch unberechenbar in seinen Handlungen und Äußerungen. Er lebt seine Launen bis zum Exzess aus. Durch Roys unbeschränkte Geldquelle hat er einen großen Fan- und Freundeskreis, denn Riesenpartys, Reisen und spontane Aktionen werden immer von ihm ( bzw. seinem Vater ) bezahlt. Dazu passt sehr gut die Münchner Diskothek „Roxy“, die zum Titel des Werkes wird und auch in dem sehr farbenfrohen und verschwommen wirkenden Cover das Farbenspiel der Diskothek symbolisiert. Roy ist dort der Partylöwe säuft und tobt sich bis zu Exzess aus.
Marc ist das totale Gegenteil: immer auf positive Außenwirkung bedacht lässt er sich so manche Schikane von Roy gefallen. Dadurch, dass er Schauspieler wird ( etwa Anspielung auf Johann von Bülow?) kann er seine Selbstfindung initiieren und in andere Rollen schlüpfen. Aber er gleitet immer wieder in den angepassten Charakter ab und verhält sich so, wie andere ihn haben wollen ( vgl. S.320 d. Werkes).
Kritisch blickt er auf sein halbes Leben zurück, als er zu Roys Beerdigung fährt.
Nicht nur durch den häufig sehr ausgefeilten Erzählstil in Hypotaxe, sondern auch durch locker erzählte Passagen und Sprünge in der Erzählstruktur wird das Werk zu einer gelungenen Unterhaltungslektüre, die aber durch Themen wie Verlust, Erwachsenwerden und Tod zum Nachdenken anregt. Wichtig ist auch die Beziehung der beiden zur selben Frau, die sich durch Roys Egoismus kaum überbieten lässt.
Mir hat das Werk sehr gut gefallen, denn es hat positive wie negative Erinnerungen in mir hochkommen lassen.

Bewertung vom 15.02.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


ausgezeichnet

Ausgeliefert
Mir gefällt die schöne altrosa Farbe des Covers mit den Scherben darin sehr gut. Es passt mit der „Frauenfarbe“ sehr gut zu diesem Thema.
Die Geschichte spielt in Norwegen. Liv, die Protagonistin, hat mit den Nachwirkungen ihrer Vergewaltigung zu kämpfen, dem Moment, als sie die Macht über sich verloren hat und zu einem Objekt der Begierde eines Mannes wurde. Ständig kreisen ihre Gedanken um dieses Ereignis, obwohl sie inzwischen verheiratet ist, zwei Kinder und ein schönes Zuhause hat. Niemand weiß von der Vergewaltigung.
Das Buch ist schwer und bedrückend. Auch die Aufteilung des Werkes hat keine klare Struktur. Es gibt keine einheitlichen Kapitel, teilweise nur sehr kurze Absätze, die wie Scherben wirken. Manchmal spricht Liv die Lesenden sogar direkt an. Die Sätze sind kurz und wirken oft abgehackt. All das passt zu ihrer zerrissenen Persönlichkeit, andererseits lässt sie sich aber völlig in die Opferrolle fallen, bricht eine Gesprächstherapie nach nur einer Sitzung ab. Will sie sich überhaupt helfen lassen?
Es ist hervorzuheben, dass sie auch bei sich nach der Schuld sucht. Zu recht finde ich, denn wenn man sich bei einem Date volllaufen lässt, dann mit dem Mann nach Hause mitgeht und „es“ über sich ergehen lässt und sich fragen muss, ob man < nein > gesagt hat oder nur gedacht hat, dann war man sehr unvorsichtig, zumal etliche one-night stands vorher und nachher waren. Die Autorin hat die Konfliktsituation sehr gut beschrieben, aber ich finde keinen Zugang zu Liv, dieser jungen, modernen Frau. Für mich gilt der Satz:“ Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um.“ Aber scheinbar ist jede zehnte Frau in Norwegen schon vergewaltigt worden, ein abscheuliches Dilekt, welches von der Gesellschaft und der Polizei aber oft mit einem Schulterzucken abgetan wird. Kommt es zu einer Verhandlung, steht Aussage gegen Aussage, so schreibt Furre.
In Italien am „Zufluchtsort“ von Niki de Saint Phalle, die ebenfalls vergewaltigt wurde, schaft Liv die befreiende Offenbarung, dass auch sie diese Schicksal erlitten hat.
Ein Ende, das eine Persönlichkeitsbefreiung bedeuten könnte.
Dieses Werk kann ich allen an der Problematik interessierten Frauen empfehlen, allerdings fehlt mir die Sicht des Mannes, der, in betrunkenen Zustand, oftmals gar nicht ahnen kann, das die Regungslosigkeit der Frau keine Zustimmung, sondern Angst ist.