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Top-Rezensenten Übersicht

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Ryria

Bewertungen

Insgesamt 106 Bewertungen
Bewertung vom 01.04.2025
Ámbar
Ferraro, Nicolás

Ámbar


sehr gut

Ámbar ist erst 15 und doch lebt sie an der Seite ihres Vaters das Leben eines Gangsters in Südamerika, zwischen Drogendeals, Schusswechseln und falschen Identitäten. Abwechselnd auf der Flucht oder auf der Jagd, nie lange am gleichen Ort und ohne richtige Freundschaften - ist das wirklich das Leben, das sie sich wünscht?
Die Kontraste in diesem Thriller haben mir besonders gut gefallen, auf der einen Seite die grausame Realität eines Gangsterlebens, auf der anderen die normalen Gefühle und Wünsche einer Jugendlichen. Gespräche mit Gleichaltrigen werden abgelöst von brutalen Verhören, Videospiele unterbrochen von der ersten Hilfe bei Schussverletzungen.
Dies zieht sich als Motiv quer durchs Buch und wird immer wieder beeindruckend dargestellt.

Hier trägt die Sprache auch einen großen Teil zu bei, der fast poetische Schreibstil und zahlreiche tolle Formulierungen vermitteln die Stimmung und Ámbars Gefühle sehr eindringlich. Ein wunderschöner Satz hat eine grausame Bedeutung, ein unschuldiger Gedanke nimmt eine traurige Wendung.
Probleme hatte ich nur zwischendurch und besonders zu Beginn öfters mal mit der Beschreibung der Handlung und manchen Dialogen. Teilweise dachte ich, ich hätte etwas überlesen, vor allem wenn sich Personen unterhalten, ohne dass dem Leser Kontext geliefert wird. Es werden viele Namen genannt, doch nicht alle sind dann auch relevant.
Dies hat sich in der zweiten Hälfte jedoch gebessert und ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen.
Dieses Buch ist nicht nur ein Thriller, sondern auch eine berührende Coming of Age Geschichte, ein Einblick in das Leben südamerikanischer Gangster und die Erzählung einer schwierigen Familie.

Bewertung vom 01.04.2025
HEN NA E - Seltsame Bilder
Uketsu

HEN NA E - Seltsame Bilder


ausgezeichnet

Manch einer mag sich noch an die damals recht bekannten Alternate Reality Games erinnern - dieser Krimi ist besonders im ersten Teil quasi deren Verkörperung in Buchform und macht einfach unglaublich Spaß!
Zusammen mit einem japanischen Studenten erkunden wir alte Blog-Einträge und dort ebenfalls hochgeladene Zeichnungen. Was verbirgt sich zwischen den Zeilen, was verraten die Bilder?
Das Buch nimmt den Leser an die Hand und gemeinsam löst man ein Rätsel nach dem anderen, sammelt immer mehr Puzzlestücke und wird mit einer spannenden Kriminalgeschichte belohnt.
Viel Bildmaterial veranschaulicht hier sowohl die Rätsel als auch deren Lösungen, wodurch man sich alles super vorstellen und die Lösung mitverfolgen kann.

Unterteilt ist der Roman in drei Abschnitte, die sich auf unterschiedliche Charaktere fokussieren und auch stilistisch recht verschieden sind. Dies erscheint zunächst seltsam, ergibt später aber Sinn.
Von Beginn an kann man miträtseln und versteckte Hinweise suchen und auch wenn man denkt, man hat das Buch durchschaut, gibt es immer wieder neue Überraschungen und Plottwists.
Hierbei gab es auch mal ein paar Kleinigkeiten, die übertrieben oder unwahrscheinlich erschienen, jedoch hat dies meinen Lesespaß nur geringfügig beeinträchtigt.

Auch für Japan-Fans ist dieses Buch super: Das dortige Leben und die Kultur halten immer wieder Einzug in die Geschichte und ermöglichen ein paar schöne Eindrücke.
Die Übersetzung erscheint durchaus gelungen und erfasst das Wesentliche, lässt aber auch Teile des japanischen Originals im Text und den Bildern, was ich als sehr angenehm empfand. Wortspielereien und dergleichen werden gut erklärt, ohne dass man Sprachkenntnisse benötigt.
Diese neue Krimi-Art hat mich total überzeugt und ich freue mich schon auf die nächste Geschichte des Autors!

Bewertung vom 31.03.2025
Vor hundert Sommern
Fuchs, Katharina

Vor hundert Sommern


sehr gut

Die Autorin nimmt uns mit auf zwei Zeitebenen: Im Jahre 2024 verfolgen wir das Leben der jungen Studentin Lena, ihrer Mutter Anja und der Großmutter, die sich an das neue Leben im Heim gewöhnen muss. Ihre Erzählungen der Vergangenheit zentrieren sich auf Clara, die sich 1924 durchschlägt.
Besonders gut gefallen haben mir die zahlreichen Parallelen: Lena und Clara trennen genau 100 Jahre und ähneln sich in gewisser Weise sehr, während gleichzeitig aber auch die Unterschiede deutlich werden, vor allem bedingt durch die Probleme der damaligen Zeit.
Dass unsere Gesellschaft jedoch noch längst nicht frei davon ist, wird im Verlauf der Geschichte auch immer wieder deutlich, so wiederholt sich beispielsweise der Antisemitismus. Die Botschaft ist klar und eindrücklich: Es sind 100 Jahre vergangen und die Menschheit hat teilweise nichts dazugelernt.

Aktuelle politische und gesellschaftliche Themen miteinzubeziehen finde ich grundsätzlich super und ich mochte auch die Idee hier sehr, jedoch kam es mir teilweise doch etwas zu überladen vor, als ob möglichst viele Themen untergebracht werden sollen, anstatt sich auf ein paar zu konzentrieren. Manches wirkte zwischendurch auch schon fast ein wenig klischeehaft und übertrieben, wie die Influencer-Karriere von Lenas Schwester oder Lenas Obsession mit dem Veganismus.
Das Spiel mit den Parallelen zu Clara führte auch dazu, dass es sehr viele "Zufälle" gab, die manchmal dann doch arg konstruiert gewirkt haben.

Der Schreibstil hat mir dafür gut gefallen, die Geschichte war durchweg angenehm zu lesen. Meine Favoriten waren hierbei die Clara-Kapitel, ich fand den Einblick in das damalige Leben und die Rolle der Frau sehr spannend und interessant. Als Kontrast dazu wurde ich nie so richtig warm mit Lena, was ich aber nicht als negativ empfunden habe - wir lernen viele Frauen kennen und manche davon findet man natürlich auch sympathischer als andere, hier wurde eine gute Mischung gefunden.
Durch Infos am Kapitelanfang weiß man auch immer, um wen es gerade geht und wann bzw. wo die Handlung spielt.

Ein paar Sachen sind mir unlogisch erschienen, wie kleinere Logikfehler oder nicht nachvollziehbare Entscheidungen bzw. Verhalten mancher Charaktere, jedoch hielt sich dies in Grenzen.
Dafür fand ich es schön, dass die Geschichte der Vergangenheit auf wahren Verwandten der Autorin beruht und man deren Zuneigung auch durch die Seiten hinweg spüren kann, ohne dass es unangenehm auffällt.
Insgesamt eine gelungene Familiengeschichte mit kleinen Mängeln, die das Lesevergnügen aber nicht stark beeinträchtigen.

Bewertung vom 30.03.2025
Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1
Smith, Sally

Der Tote in der Crown Row / Sir Gabriel Ward ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Sir Gabriel Ward mag seinen geordneten Alltag, in dem alles nach seinen eigenen Vorgaben verläuft. Ein toter Richter vor seiner Tür ist da natürlich äußerst störend, vor allem, als er dann auch noch in dieser Angelegenheit ermitteln soll, während er gleichzeitig an einem großen Rechtstreit arbeitet.
Die Autorin ist selbst Anwältin und arbeitet schon viele Jahre im ungewöhnlichen Londoner Temple-Bezirk, der auch hier Schauplatz der Handlung ist.
Dies merkt man auf jeder Seite, angefangen mit einer Karte bis hin zu zahlreichen interessanten Hintergrundinfos über das Leben, die Traditionen und die dortigen Bewohner. Als Leser bekommt man so nicht nur einen spannenden historischen Krimi im Jahre 1901 geboten, sondern auch eine Zeitreise und einen Einblick in diesen Mini-Staat des Rechts.

Die Sprache passt hierbei perfekt zu den Charakteren und der damaligen Zeit, immer begleitet von einer schönen Prise britischem Humors.
Passend zum Hauptcharakter verfolgt man sowohl einen Mord als auch einen Fall vor Gericht, ein Grundinteresse am Rechtswesen sollte beim Leser also vorhanden sein.
Die Geschichte selbst wird aus vielen Perspektiven erzählt, was ich aber durchaus angenehm empfand, da man so auch die vielen Nebencharaktere und Verdächtigen besser kennenlernt und Interesse an ihren Schicksalen entwickelt.
Gefühlt hat eigentlich jeder irgendein kleineres oder größeres Geheimnis, diese werden jedoch nach und nach alle zufriedenstellend aufgeklärt und dienen zuvor herrlich der Verwirrung.
Gabriel selbst war ein sympathischer Hauptcharakter, der mir mit jeder Seite mehr ans Herz gewachsen ist. Ihm zur Seite steht der junge Constable Wright, der einen schönen Gegenpol bildet. Ich mochte dieses ungewöhnliche Team sehr, auch wenn ich mir noch mehr gemeinsame Szenen gewünscht hätte.
Vielleicht im zweiten Band? Ich freue mich auf jeden Fall auf ein baldiges Wiedersehen!

Bewertung vom 27.03.2025
Ginsterburg
Frank, Arno

Ginsterburg


sehr gut

Ginsterburg ist eine fiktive Stadt in Deutschland, deren Bewohner wir auf drei Zeitebenen (1935, 1940, 1945) begleiten dürfen. Dabei fällt es nicht schwer sich vorzustellen, dass es so ähnlich auch in anderen Städten damals abgelaufen sein könnte - man erlebt eine fiktive Geschichte, die sich gleichzeitig sehr echt anfühlt.
Hierzu gehört auch, dass es keine wirklichen Helden gibt: Wir lernen eine Vielzahl von Charakteren kennen, begleiten ein paar davon ausführlicher durch die Jahre hinweg, aber eine wirkliche Verbindung konnte ich zu keinem aufbauen.

In diesem Sinne ist dies kein Buch für Leser, die gerne mitfiebern oder mitfühlen, vielmehr bekommt man einen ungeschönten Einblick in das damalige Leben.
Charaktere, die zunächst im Fokus stehen, verschwinden auch schnell wieder aus der Handlung oder sterben auch mal ganz nebenbei. Erwartete Konflikte oder Spannungen werden im Keim erstickt, Probleme werden gekonnt ignoriert. Die Gesellschaft verschließt die Augen, die Stadt versucht ihr "normales Leben" zu bewahren - und zeigt uns so eine wichtige Botschaft auch für unsere heutige Zeit auf.
Ich fand diesen Erzählstil einerseits echt interessant, gerade weil die Handlung ganz anders verlief als erwartet, andererseits hat mich das Buch dadurch zwischendurch auch immer wieder mal verloren, da ich mich mit manchen Charakteren und deren Perspektiven nicht wirklich anfreunden konnte.
Irgendwie passiert manchmal sehr viel und gar nichts zugleich.
Auch hätte ich mir ein Charakterverzeichnis und ein erläuterndes Nachwort gewünscht. So basiert beispielsweise Lothar auf einer echten Person, dies habe ich jedoch nur zufällig am Ende erfahren.

Schön war hingegen, dass die verwendete Sprache perfekt zur damaligen Zeit passt, das hat sehr authentisch gewirkt. Auch passt sich der Schreibstil an die gerade im Fokus stehende Person an, so werden z.B. die Sätze bei einem Schriftsteller komplizierter als bei einem Kind.
Dazwischen gibt es auch immer wieder andere Textsorten wie Gesetze, Lieder oder Briefe.
Auch die Stadt wird sehr ausführlich zu Beginn beschrieben und quasi vor dem inneren Auge zum Leben erweckt.
Manche Handlungsabschnitte fand ich ein wenig zu lang oder sogar ziemlich unnötig, andere hingegen waren erschreckend und interessant zugleich.
Insgesamt ein durchaus gelungener und authentischer Einblick in eine Kleinstadt zur damaligen Zeit.

Bewertung vom 24.03.2025
Was ich von ihr weiß
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


sehr gut

Michelangelo Vitaliani, genannt Mimo, liegt im Sterben - was ihn dazu veranlasst, dem Leser in Gedanken die Geschichte seines Lebens zu erzählen. Von Frankreich nach Italien, durch zwei Weltkriege, aus der Armut hinein in die höchsten Kreise.
Eine große Rolle spielt dabei für ihn immer Viola, die Tochter einer Adelsfamilie, die wie ein Wirbelsturm in die Geschichte hineinfegt und mit ihrer unendlichen Neugier und Wissbegierde Mimos Leben auf den Kopf stellt.

Beide Charaktere waren mir sehr sympathisch, Viola auf ihre freche, unkonventionelle und fortschrittliche Art, Mimo als talentierter Erzähler der Geschichte mit leicht sarkastischen Untertönen.
Generell fand ich die Menge der Personen recht angenehm, sie werden nach und nach eingeführt, sodass man gut den Überblick behalten kann, obwohl es ja um ein ganzes Menschenleben geht.

Die Geschichte springt zwischendurch immer wieder in die Gegenwart zurück, in der sich langsam ein Geheimnis entfaltet, Mimos Leben wird somit quasi vorwärts und rückwärts erzählt. Trotz des nahenden Todes ist das Buch so lebendig, die Handlungsorte werden mit wunderschönen Beschreibungen und ganz vielen interessanten Details zum Leben erweckt. Es fühlt sich an, als wäre der Autor in ein echtes italienisches Dorf gegangen und hätte es auf den Seiten eingefangen, von skurillen Bewohnern über Feste bis hin zum Dorfklatsch und lokalen Legenden.

Kurze Kapitel und der tolle Schreibstil fördern ebenfalls den Lesefluss. An manchen Stellen hat es sich zwischendurch allerdings doch auch mal ein wenig inhaltlich gezogen für mich. Ebenso hätte ich noch ein Nachwort toll gefunden, in dem aufgezeigt wird, welche Personen/Ereignisse wahr oder erfunden sind, damit man nicht alles selber recherchieren muss - denn das fand ich generell super, man bekommt am Rande noch einiges über die geschichtlichen Hintergründe und Ereignisse mit.

Bewertung vom 22.03.2025
Was hast du nur getan?
Kui, Alexandra

Was hast du nur getan?


sehr gut

Cassidy hat eigentlich schon genug Probleme: Ihre Mutter ist nicht immer das Vorbild, das sie sein sollte, ihre Schulgang wird neuerdings als Anti-Mobbing-Einheit eingespannt und ihr Umfeld hat einen Hang zur Gewalt.
Als ein Mitschüler tot auf dem Schulhof gefunden wird, startet sie in all dem Chaos auch noch eigene Ermittlungen.
Sie ist alles andere als eine klassische Heldin, eher jemand, der sich irgendwie durchschlägt. Zu Beginn musste ich mich daher auch erstmal mit ihrer Art anfreunden, jedoch ist sie mir im Laufe der Geschichte schnell sympathischer geworden. Lediglich die geringe Hemmschwelle gegenüber Gewalt fand ich eher ungünstig, hier haben es einige Charaktere doch ein wenig übertrieben.

Generell mochte ich die Clique rund um Cassidy jedoch, auch wenn ich sie am Anfang noch nicht so gut unterscheiden konnte. Später werden alle aber noch ausführlicher vorgestellt und man erkennt die Diversität auch besser. Auch ein klein wenig Romance lässt sich herauslesen, dies steht hier jedoch nicht im Vordergrund, vielmehr werden die Freundschaften und Familienbeziehungen fokussiert. Ruhige Szenen und schöne Momente wechseln sich hier gut ab mit Streitgesprächen und enttäuschten Erwartungen.
Ein wenig werden allerdings auch Klischees bedient, dazu war ein Charakter für mich quasi unausstehlich, aber das sollte er auch sein.

Cool fand ich die Strukturierung des Buches, die Kapitel sind in die Tage seit Beginn aufgeteilt mit Unterscheidungen nach Morgens, Abends etc.
Der Fall rund um den toten Mitschüler steht zwar nicht permanent im Fokus, manchmal hat man sogar das Gefühl es geht nicht wirklich in dieser Sache weiter, jedoch kann man trotzdem ganz gut miträtseln. Wer einen reinen Kriminalfall erwartet ist hier allerdings eher falsch, es ist mehr eine Mischung.
Ein paar Kleinigkeiten der Handlung erschienen mir nicht so ganz logisch, manche Handlungen der Charaktere habe ich auch öfters hinterfragt, insgesamt ergibt sich jedoch eine runde Geschichte.
Für mich persönlich wären es eher 3 Sterne, aber für die eigentliche Zielgruppe der Jugendlichen halte ich 4 Sterne für durchaus angemessen und passend für dieses Alter.

Bewertung vom 21.03.2025
Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10
Kepler, Lars

Der Nachtgänger / Kommissar Linna Bd.10


sehr gut

An einem blutigen Tatort wird ein Teenager gefunden, der sich kurz darauf als Schlafwandler herausstellt. Ist er der Täter oder hat er den wahren Mörder vielleicht sogar gesehen? Kaum haben die Ermittlungen begonnen, gibt es auch schon das nächste Opfer...
Für mich war es der erste Thriller mit Kommissar Joona Linna, obwohl dies bereits der 10. Band der Reihe ist. Verständnisprobleme hatte ich trotzdem keine, alle Charaktere werden zumindest kurz mal vorgestellt. Treue Leser werden jedoch den ein oder anderen wiederkehrenden Charakter erkennen können.

Generell gab es hier wirklich sehr viele Personen, aus deren Perspektiven auch mal ganze Kapitel erzählt werden: Ermittler, Zeugen und auch Opfer. Jeder hat dadurch eine eigene kleine Hintergrundgeschichte bekommen, anstatt einfach nur "Opfer A" zu sein. Für die Spannung war das super, man hat direkt mehr mitgefiebert, vor allem wenn man die Morde quasi live mitverfolgen konnte.
Lediglich Joona blieb für mich doch etwas blass. Ich kannte ihn ja noch nicht aus früheren Bänden und hätte mir einfach mehr Kapitel aus seiner Sicht gewünscht, so habe ich jetzt nur den Eindruck eines Multitalents und Actionheldes gewonnen. Schlafwandler Hugo ist mir mehr im Gedächtnis geblieben, diesen mochte ich als Charakter dieses Buches jedoch sehr, vor allem, da man bei ihm auch schön eine Entwicklung verfolgen konnte.

Die Geschichte selbst war absolut wild: Viele (teilweise extrem brutale) Morde, total verrückte Erlebnisse bei der Suche nach dem Täter, wahnsinnige Verdächtige, actionreiche Verfolgungsjagden - immer wieder konnte ich vor lauter Spannung nicht aufhören zu lesen und habe mich am Ende des Kapitels gefragt, was zur Hölle ich da gerade gelesen habe.
Manches erschien mir dann besonders gegen Ende des Buches dann doch ein wenig zu "drüber", auch auf viele der sexuell expliziten Szenen hätte ich auch gut verzichten können.
Gut gefallen hat mir wiederum, dass man super miträtseln konnte: Durch die vielen Perspektiven werden unzählige Hinweise versteckt und es ist echt nicht einfach herauszufinden, welche davon tatsächlich relevant sind. Auch einige Plottwists lassen einen regelmäßig die eigenen Theorien wieder verwerfen. Die Auflösung ist überwiegend gelungen und stimmig, lediglich ein paar Kleinigkeiten erscheinen komisch oder uneindeutig.
Insgesamt keine leichte Lektüre und nichts für schwache Nerven, dafür mit viel Spannung und einem interessanten Fall!

Bewertung vom 18.03.2025
Die Seelen von Copperdeer
T. Barrett, Sophia

Die Seelen von Copperdeer


sehr gut

Mitte der 90er führt Raymond ein recht normales Teenagerleben, von der Rivalität mit dem Schultyrannen und erstaunlich realistischen Träumen mal abgesehen. Doch sind es wirklich Träume? Und was verbirgt sein Vater?
An der Seite von Raymond lüftet man als Leser nach und nach immer mehr Rätsel und Mysterien, was für Spannung sorgt, auch wenn mal nicht so viel passiert.
Die Grundidee wird jedoch schnell vorgestellt, sodass man eine solide Basis bekommt, um sich zurechtzufinden. Ich will nicht zu viel über die luzide Ebene vorwegnehmen, aber die Autorin hat hier ein bekanntes Konzept genommen und es auf ihre eigene Art echt kreativ und schön weiterentwickelt. Immer wieder ergänzen neue Details das bisherige Wissen, man lernt quasi wie Raymond auch dazu.
Sehr positiv fand ich, dass auch düstere Seiten verdeutlicht werden, dies hat auf mich sehr realistisch gewirkt: Natürlich benutzt die Menschheit besondere Kräfte nicht nur für das Gute.

Generell fand ich die Darstellung der Emotionen durchaus gelungen: Trauer, Wut und Unsicherheiten kommen ebenso gut beim Leser an wie schöne Familienbande und fröhliche Momente.
Raymond als Protagonist wirkte teilweise sehr reif für sein Alter, in anderen Situationen jedoch wieder kindlicher. Zu Beginn musste ich mich erst etwas an ihn und seine Art gewöhnen, im Verlauf der Geschichte habe ich ihn jedoch immer besser verstanden und auch ins Herz schließen können. Die Charaktere hier sind alle keine klassischen Helden, sie handeln auch mal eher fragwürdig und haben ihre ganz eigenen Fehler und Schwächen.

Auch schön fand ich, dass passend zu der damaligen Zeit immer wieder kleine Hinweise zum Weltgeschehen oder Trends eingearbeitet wurden, so konnte man sich die Stadt und Atmosphäre dort noch besser vorstellen.
Was ich mir allerdings gewünscht hätte: Es bleibt am Ende doch noch einiges offen, das in den Folgebänden geklärt werden wird. Hier hätte ich mir eher einen großen Cliffhanger gewünscht, dafür aber alles andere schon gelöst gewusst.
So wirkt der Aufbau recht episodenartig mit vielen offenen Strängen, die vermutlich alle noch eine Rolle spielen werden.
Als Einführungsband in Raymonds Geschichte kann ich das Buch aber echt empfehlen und hoffe, dass es bald weitergeht!

Bewertung vom 17.03.2025
Lyneham
Westerboer, Nils

Lyneham


sehr gut

Die Suche nach einer neuen Heimat für die Menschheit führt die Familie von Henry nach Perm, einem fernen Mond. Erzählt wird die Geschichte dieser Kolonie aus der Sicht von Henrys Mutter, die zu den ersten Siedlern zählt, und Henry, der erst Jahrtausende später mit dem Rest der Familie ankommt.
Zusammen mit ihnen stürzt man am Anfang wortwörtlich in die Geschichte und in die neue Welt hinein, es geht direkt spannend los.

Dem Leser zur Seite stehen eine Karte der Umgebung sowie ein Glossar mit vielen Fachbegriffen und beides ist auch wirklich hilfreich und notwendig.
Der Autor schafft hier eine wirklich sehr ausführliche und kreative Science Fiction Welt, inklusive vieler technischer Hintergründe. Dies ist nicht immer einfach zu verstehen, wirkt aber durchaus authentisch.
Manche Beschreibungen der Umgebung oder Tiere waren zwar vorhanden, jedoch fiel es mir irgendwie trotzdem schwer, sie mir richtig vorzustellen.

Spannender für mich waren da eher die gesellschaftlichen Strukturen, so braucht eine neue Welt z.B. natürlich auch ein neues Grundgesetz.
Auch Ideologien und moralische Vorstellungen stimmen nicht immer bei allen Siedlern überein, was zu interessanten Konflikten führt, während man gleichzeitig noch gegen die Gefahren der Welt ankämpfen muss.
Bei der Technik wird der Leser von vielen coolen Erfindungen überrascht, manches davon wirkt regelrecht skurril und verleiht der Geschichte ein wenig Leichtigkeit.
Generell mochte ich den Kontrast zwischen den sachlichen, wissenschaftlichen und mit ein wenig trockenem Humor versehenen Schilderungen der Mutter und der kindlichen Perspektive von Henry. Manchmal wirkten die Kinder auch ein wenig zu weise für ihr Alter, an anderer Stelle wurde ihre kindliche Seite jedoch wieder gut getroffen.
Insgesamt kann ich dieses Buch allen empfehlen, die eine völlig neue Welt und die (technischen) Prozesse dahinter erkunden möchten.