Was hat der 11jährige Zander für ein Glück, dass seine Eltern zu einer Forschungsreise auf die Halbinsel Kamtschatka aufbrechen müssen und er deshalb fünf Wochen bei seiner Großmutter verbringen darf. Denn diese ist die Eigentümerin eines gigantisches 18stöckiges Kaufhauses der Superlative, in dem Kunden Gäste sind, sich ein Riesenrad auf dem Dach befindet, es eine Magnetschwebebahn gibt, einen kleinen Zoo, einen Kristallpalst mit skurrilen Eissorten, wie z.B. Eis mit Essiggurkengeschmack, zahlreiche Restaurants, Kunstgalerie, Spieleparadies und vieles mehr. Schnell freundet sich Zander mit der gleichaltrigen Natascha an, die im Kaufhaus hoch über den Köpfen der Restaurantbesucher auf einer eigens für sie angebrachten Schaukel schwingt. Beide finden heraus, dass es im Kaufhaus Geheimnisse gibt, unerklärliche Stromausfälle, seltsame Gestalten, die immer wieder auftauchen, Geschichten über ein magisches Wesen namens Düsterblume und zahlreiche kryptische Inschriften, die gelöst werden wollen: denn gerade letztere beinhalten einen Verweis auf eine wichtige Sandsteinplatte, die 90 Jahre zuvor verschwunden ist.
Als wäre das Kaufhaus nicht alleine schon ein gigantischer Abenteuerspielplatz, bringt die Suche nach dieser geheimnisvollen Steinplatte jede Menge Spaß, Spannung und Knobeleien für Zander und Natascha.
Ein wirklich spannendes, originelles und unterhaltsames Kinderbuch mit gewissen magischen Elementen. Mir hat schon die Winterhaus-Trilogie von Ben Guterson sehr gut gefallen, und ich kann auch „Das World Famous Nine“ wärmsten empfehlen.
Als Jugendlicher war der aus Chicago stammende Earlon „Bucky“ Bronco mit zwei Hits als Soulsänger erfolgreich. Seine Karriere endete aber abrupt als ein schreckliches Ereignis in seiner Familie eintrat. An seinen Erfolg als Musiker denkt er gar nicht mehr zurück, da er seine Rechte an den Songs abgetreten hatte und sich und seine geliebte Frau Maybellene dann fasst 60 Jahre lang mit über 30 verschiedenen Jobs über Wasser halten musste. Umso überraschter ist er, als ihm – dem nunmehr Mitte 70jährigen - aus dem fernen Scarborough im Norden Englands eine Einladung zu einem Soul-Festival erreicht, auf dem er seine beiden Hits singen soll; Flugticket und Unterbringung inklusive.
Bucky, der dem sich zum ersten Mal näherrückenden Todestag seiner Frau entfliehen will, besorgt sich starke morphiumhaltige Medikament, weil er unter kaum ertragbaren Hüftschmerzen leidet, und fliegt nach England. Dort wird er von der Mitfünfzigerin Dinah, die in prekären familiären Verhältnissen lebt und seine Songs liebt, liebevoll in Empfang genommen und betreut.
Bucky hat seine Schmerzmittel im Flugzeug vergessen und steuert nun immer stärker auf einen kalten Entzug hin, der nur unwesentlich durch gewaltige Mengen an Alkohol und leichteren Schmerzmitteln abgeschwächt werden kann. Es berührt ihn dennoch, dass er Fans in England hat, und er erzählt Dinah und einer Journalistin einiges aus seinem bewegten Leben.
Dinah und Bucky sind zwei gebrochene Menschen, die großes Leid erfahren haben oder noch erfahren; aber sie haben sich eine Herzlichkeit und Güte bewahrt, die sehr berührend ist. Das Buch war stellenweise nicht leicht für mich zu lesen, und ich habe mir viel Zeit gelassen. Oftmals ist es einfach nur entsetzlich traurig und deprimierend, vor allem in Bezug auf Dinahs Familiensituation. Aber der Roman berührt auch tief und wirkt noch lange nach, weil er auch sehr zum Nachdenken über das Leben an sich anregt.
Die etwa 16jährige Ally ist hoffnungslos in den etwas älteren Fußballstar ihrer Highschool, Sean Nessel, verliebt, mehr noch, sie ist regelrecht von ihm besessen, schneidet alle Bilder und Artikel aus, die sie in der Schülerzeitung über ihn finden kann, und gestaltet daraus mit Herzchen verzierte Collagen. Ihr Traum von einer Beziehung mit Sean wird wahr, als er sie auf einer Party bittet, mit ihm in ein anderes Zimmer zu gehen, nachdem er sie allerdings zuvor mit Alkohol abgefüllt hat. Ally ist im siebten Himmel, möchte Sean auch nah sein, bekommt aber dann doch Angst und sagt „Nein“. Das ignoriert Sean allerdings und vergewaltigt Ally, die noch Jungfrau war. Tränenüberströmt läuft Ally weg und wird in diesem aufgelösten Zustand von Blythe beobachtet, die schon seit Ewigkeiten mit Sean befreundet ist und zu den beliebtesten Mädchen an der Highschool gehört.
Sean, der sofort weiß, dass er eine Grenze überschritten hat und viel zu weit gegangen ist, bittet Blythe um Hilfe. Sie soll sich um Ally kümmern, damit diese nicht gegen Sean vorgeht. Schließlich ist er im letzten Jahr an der Highschool und möchte anschließend an einem renommierten College aufgenommen werden.
Obgleich das Buch das wichtige Thema eines nicht akzeptierten „Nein“ und der anschließenden Vergewaltigung aufgreift, das sicherlich für viele Jugendliche von Interesse ist, muss ich leider sagen, dass ich den Roman so gar nicht mochte. Sean, der für alle sichtbar der absolute Aufreißertyp ist, der immer wieder von Blythe die von ihm fallengelassenen Mädchen aufsammeln lässt, hat mich regelrecht abgestoßen. Auch Blythe fand ich schrecklich, weil sie Sean so gut kennt und dennoch immer wieder versucht, sein entsetzliches Verhalten zu verharmlosen. Zudem ist Blythes Clique von arroganten, mobbenden Mädchen, die sich gar nicht wirklich mögen, echt eklig. Ally ist mir zu naiv. Auch überzeugt es mich nicht, dass sie durchaus ihrem Vater, der sie alleine großzieht, erzählt, dass ihr Schlimmes geschehen ist, aber es kommen an dieser Stelle keine weiteren Nachfragen. Der Vater sorgt stattdessen dafür, dass ihre Tante mit ihr zur Frauenärztin geht, um sie auf Geschlechtskrankheiten zu untersuchen, und dass Ally eine „Pille danach“ nimmt. Aber weder der Tante noch der Ärztin gegenüber erzählt sie, was wirklich geschehen ist.
Ich mochte keinen der Hauptcharaktere. Sympathisch waren mir eigentlich nur Allys beste Freunde Raj und Sammi.
Auch wenn mir das Buch nicht gefallen hat, kann ich es mir gut vorstellen, dass es Jugendlichen viel Gesprächsstoff liefert. Und egal, wie man darüber diskutiert, daran, dass ein „Nein“ ein „Nein“ ist, führt keine Argumentation vorbei.
In „Der Gärtner und der Tod“ begleiten wir den Autor Georgi Gospodinov und seinen sterbenden Vater, der ein leidenschaftlicher Gärtner war. Gospodinovs Vater ist im Endstadium an Krebs erkrankt; sein Sohn nimmt ihn zu sich, pflegt ihn und verbringt die letzten Tage seines Lebens ununterbrochen an seiner Seite. Der Vater hätte es ja gerne noch erlebt, dass die Schneeglöckchen in seinem Garten blühen, aber der behandelnde Arzt kann ihm nur noch in Aussicht stellen, dass ein Überleben bis Weihnachten machbar ist. Das sind von der Diagnosestellung an nur wenige Wochen.
Immer wieder erzählt der renommierte bulgarische Autor Anekdoten aus dem Leben mit seinem Vater, vor allem dann, wenn er es kaum ertragen kann, über die rasch fortschreitende Erkrankung seines Vaters zu schreiben.
Das Buch hat mich tief berührt. Unglaublich zärtlich, mit viel Wärme und Zuneigung zeichnet Gospodinov ein Bild seines Vaters, der seinen üppig blühenden und wachsenden Garten über alles liebt. Seine Sprache ist wunderschön, oft poetisch und so bildhaft, dass man das Gefühl hat, mit dem Vater durch den geliebten Garten zu gehen oder an seinem Sterbebett zu sitzen und seine Hand zu halten.
Schon unmittelbar auf dem Weg ins Flugzeug nach Frankreich entscheidet sich die gefeierte französische Schauspielerin Jeanne Patou doch noch in Barcelona zu bleiben, wo sie beruflich zu tun hatte. Während sie sich in den Markthallen der Stadt einen Imbiss genehmigt, sieht sie auf den dort aufgehängten Bildschirmen, dass besagtes Flugzeugt in den französischen Alpen abgestürzt ist und man von ihrem Tod ausgeht. Jeanne nutzt dieses tragische Ereignis, um in Barcelona unterzutauchen und der Ehe mit ihrem dominanten und oft grausamen Ehemann zu entfliehen. Dass sie dabei auch ihren beiden erwachsenen Töchtern die Trauer über ihren Tod zumutet, ist ein hoher Preis, den sie mit blutendem Herzen zahlt. Jeanne findet in einem Mietshaus Zuflucht, in dem nur Frauen wohnen, die schwere Schicksalsschläge erlitten haben und an einem sicheren Ort untertauchen wollten. Dort kommt sie so nach und nach zur Ruhe, und der Leser erfährt in Rückblenden, wie sie zu der Person wurde, die sie der Öffentlichkeit präsentierte. Innerhalb von gut vier Jahren baut sie sich in Barcelona ein komplett neues Leben auf. Wäre da nur nicht der Schmerz und die Sehnsucht nach ihren Töchtern.
Als sie dann in den Markthallen überraschend ihren Mann mit einer neuen Partnerin an seiner Seite sieht, steht sie vor der Entscheidung, ob sie von ihm gesehen werden will oder weiter im Verborgenen bleibt.
Ein starkes Buch, das anhand vieler Erzählstränge zeigt, welchen Torturen viele Frauen in ihren Beziehungen oder Familien ausgesetzt sind. Wohltuend zu lesen, wie die Frauen in Jeannes Mietshaus zusammenhalten und sich gegenseitig tragen und unterstützen.
Nina George ist definitiv eine meiner Lieblingsautorinnen im deutschsprachigen Raum. Ich genieße die Sprache ihrer Romane sehr, bin oft zutiefst über die Tiefe mancher Sätze berührt, die ich mir nicht selten notiere, um sie immer wieder zu lesen.
Was für ein starkes Debüt der noch nicht einmal 20 Jahre alten Autorin Danae Lake, die bereits im Alter von 15 Jahren mit der Arbeit an diesem Roman begann.
Die 16jährige Chrissy, die mit ihrer tablettenabhängigen Mutter und dem schmierigen, durchaus gewaltbereiten Stiefvater Marcel in einem sozialen Brennpunkt-Stadtteil wohnt und dort die Gesamtschule besucht, erhält aufgrund ihrer hervorragenden schulischen Leistungen das Angebot, auf ein renommiertes Elitegymnasium zu wechseln. Nach anfänglichem Zögern nimmt sie das Angebot an, obwohl sie sich sicher ist, dass sie sich unter den Mitschülern aus reichen Familien nicht wohlfühlen und vermutlich gemobbt werden wird. Doch Chrissy kommt auf der neuen Schule erstaunlich gut zurecht, verliebt sich in Alex aus reichem Haus und findet auch in Sophie eine Freundin. Gleichzeitig bleibt sie aber ihrem besten Freund Tjard aus ihrem Wohnviertel treu verbunden. Die Ereignisse überschlagen sich, als Chrissy den wahren Grund herausfindet, warum sie auf diese Schule gehen darf, und als ihr Stiefvater total ausrastet, nachdem er davon erfährt.
Chrissy ist eine starke Persönlichkeit. In der Welt der Erwachsenen hat sie kaum Rückhalt, zumindest nicht bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Umso wichtiger ist deshalb ihr bester Freund Tjard, der sie wieder zusammenfügt, wenn sie zu Splittern zerbrochen wurde. Auch Tjards Mutter, die in Trauer gefangen ist und ein Alkoholproblem hat, bietet Chrissy etwas Halt und Wärme.
Der Schreibstil der jungen Autorin ist sehr einnehmend und angenehm. Ihre Figuren sind authentisch und durchaus mit viel Einfühlungsvermögen und Tiefe gezeichnet. Ich freue mich über dieses großes Talent unter den deutschen Autorinnen und hoffe, dass wir noch viel von ihr zu lesen bekommen.
Eigentlich möchte der 49 Jahre alte Martin seiner nicht vorhandenen Musikerkarriere Auftrieb geben, indem er zu einem Rockfestival nach Portugal fährt, um dort als Ersatzbassist bei einer Band einzuspringen. Schon sehr lange liegt sein One-Hit-Wunder zurück, und er hat es nicht geschafft, an diesen Erfolg anzuknüpfen. Dumm nur, dass seine ältere Schwester, die als Anwältin extrem erfolgreich ist, einen Burnout hat und dringend für mehrere Wochen in eine Klinik muss; wer sonst soll sich um ihren 12jährigen Sohn Karl kümmern als Martin? Martin kann den ewig besserwisserischen Karl aber beim besten Willen nicht auf seiner Reise nach Portugal gebrauchen und parkt ihn kurzerhand bei seiner Mutter, mit der er normalerweise nicht allzu viel zu tun. Da hat er aber die Rechnung ohne seinen Neffen gemacht, denn Karl fährt einfach als blinder Passagier mit. Der nicht wirklich erwachsen gewordene Onkel Martin und der auch oft nervige Schlaumeier Karl, der gerne alles ordentlich und regelkonform hat müssen sich auf diesem Roadtrip gehörig zusammenraufen. Das sie das schaffen und dann beide voneinander profitieren, versteht sich von selbst.
Die Geschichte ist sehr humorvoll erzählt und kurzweilig zu lesen.
Was soll ich sagen: Ich mag die Reihe um Skandar, seine Freunde und ihre kämpferischen Einhörner. Im nunmehr dritten Teil ist Skandar vollauf damit beschäftigt, die vier Prüfungen in den entsprechenden Elementarzonen zusammen mit seinem Einhorn Schlitzohr zu bestehen. Hängt es doch von seinem Erfolg an der Ausbildungsstätte für Einhornreiter ab, ob in Zukunft auch wieder mit dem lange verbotenen Spiritelement verbundene Reiter ins Adlernest kommen dürfen. Die größten Sorgen muss er sich aber um seine Schwester Kenna machen, die sich verbotenerweise mit dem wilden Einhorn Habichtszorn verbunden hat und nicht bereit ist, sich mit dem eigentlich für sie bestimmten grauen Einhorn zu verbinden, das Skandar für sie ausfindig gemacht hatte. Und dann sind auch noch alle Eier aus der Brutkammer verschwunden, was bedeutet, dass es 13 Jahre lang keine neu geschlüpften Einhörner geben würde, wenn sich die Eier nicht rechtzeitig auffinden lassen. Kann es sein, dass Kenna etwas über den Verbleib der Eier weiß? Skandar steht vollkommen hinter seiner Schwester, weiß aber schon bald nicht mehr, wem man eigentlich noch glauben und vertrauen kann.
Ein sehr spannendes, actionreiches Abenteuerbuch für einige kurzweilige Lesestunden. Gut, dass es noch eine Fortsetzung der Reihe gibt.
Der 14jährige Lennox hat gehörig Mist gebaut und wird nun von seinen Eltern – zusätzlich zu den per Gericht angeordneten Sozialstunden – zu einem ehrenamtlichen Hilfsprojekt verdonnert. Er soll die 16jährige Grit, die seit drei Jahren als Folge von einem Reitunfall im Rollstuhl sitzt, bei ihren täglichen Aktivitäten begleiten und dabei auf sie aufpassen. Grit, die ihren Eltern unbedingt beweisen möchte, dass sie auch als Rollstuhlfahrerin alleine zurechtkommt, weil sie nach dem Abitur in Berlin studieren möchte, findet es gar nicht gut, dass sie Lennox an die Seite gestellt bekommt und verbittet sich rigoros jegliche Unterstützung.
Klar, dass das eine Weile dauert, bis die beiden zusammenwachsen und sich gar eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, von der beide gleichermaßen profitieren. Die beiden Hauptprotagonisten sind trotz ihrer Ecken und Kanten sehr sympathisch und glaubwürdig dargestellt. Wie schon in ihrem vorherigen Jugendbuch „Cole und die Sache mit Charlie“ ist Judith Mohr auch hier ein warmherziges, berührendes und authentisches Jugendbuch gelungen.
"Die vierte Wand" von Maja Ilisch ist kein einfaches Kinderbuch. Ich selbst habe ein paar Kapitel gebraucht, bis ich mich in die Geschichte eingefunden hatte. Aber dann fand ich sie durchaus interessant, oft sogar philosophisch und zum Nachdenken anregend. Es lohnt sich, an der Geschichte dranzubleiben und sich mit der 11jährigen Fox auf eine Reise durch verschiedene und doch gleiche Häuser zu begeben, ohne irgendwo wirklich anzukommen und bleiben zu wollen.
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