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Goch9
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Goch

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Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 13.02.2022
Unser wirkliches Leben
Crimp, Imogen

Unser wirkliches Leben


gut

Emotionale Achterbahn einer jungen Sängerin

Gesangsstudentin Anna finanziert sich ihr aufwendiges Studium, in dem sie nachts Jazz in einer verrauchten Hotelbar singt und anschließend den Gästen als Gesprächspartnerin zur Verfügung steht.
Dort lernt sie auch Max kennen, um einiges älter als sie, verheiratet, in Trennung lebend und nur während der Woche in London lebend.
Der Kampf um Bühnenpräsens, die vielen Gesangsstunden und die Nächte in Max‘ Apartment fordern ihren Tribut.


Vorab möchte ich festhalten, dass die Sprecherin hervorragend zu Annas Geschichte passt. Die mädchenhafte Naivität, die Zweifel und vor allem die Unsicherheit der jungen Frau konnte Frau Voss mit ihrer Stimme und Klangfarbe sehr gut wiedergeben. Schwächen zeigten sich nur in ihrer Sprechweise bei männlichen Dialogen. Das hatte manchmal etwas großvaterhaftes in der Stimme.
Mit dem Inhalt der Geschichte um Anna war ich leider nicht so zufrieden. Die Betrachtung ihres Gefühlsleben hatte zu viele Längen. Das ständige Hinterfragen von Max, Lories und ihren eigenen Gedankengängen war ermüdend.
Sicher, der dornenreiche Weg einer Sopranistin auf der Karriereleiter wurde aufgezeigt, die wenigen Rollen auf der Opernbühne, die raren Plätze auf den Konzertbühnen und auch der riesige Konkurrenzkampf der Sängerinnen. Mir ist auch bewusst, dass Opernsängerinnen sensibel und mit viel Gefühl an ihren Rollen arbeiten müssen. Aber Annas komplettes Gefühlsleben privat wie beruflich fährt ständig Achterbahn. Sie hat ein großes Talent darin, sich in Situationen und Gefühlszuständen hineinzusteigern, dass sie sich ständig selbst blockiert.
In den 14 Stunden Hörerlebnis, die mir wie gesagt, viel zu lang waren und mich teilweise langweilten, hat mich eine Szene fasziniert. Anna beschreibt darin, wie sie sich in die Rolle einer Opernfigur zu Beginn ihres Auftritts hineingefühlt hat, eine Rolle, in die sie kurzfristig einspringen musste und deren Gesang sie in den Proben nur lesend begleitet hatte, da sie nur die Zweitbesetzung war.
Ansonsten empfinde ich Annas Gefühlwelt zu stark in Richtung Hysterie tendierend und das ist absolut nicht mein Ding.

Bewertung vom 13.02.2022
Der Holländer / Liewe Cupido ermittelt Bd.1
Deen, Mathijs

Der Holländer / Liewe Cupido ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Bildhafter, leiser Kriminalroman

Auf ihrer letzten Patrouillenfahrt entlang der deutsch/niederländischen Grenze an der Emsmündung ins Wattenmeer entdeckt Opperwachtmeester Geeske Dobbenja eine Leiche an der Wassergrenze der Sandbank De Hond. Den Grenzschützern bleibt nur wenig Zeit um die Auffindesituation der Leiche zu dokumentieren, da die Flut die Sandbank zu überspülen droht.
Da die Grenzsituation nicht kurzfristig geklärt werden konnte, übernimmt Liewe Cupido, genannt „Der Holländer“ erst einmal inoffiziell die Ermittlungen.


Zuerst möchte ich den Mare-Verlag zur der wunderbaren Gestaltung des Covers und Umschlaginnenseite gratulieren. Die zwei einsamen Wattwanderer auf dem Cover erlauben einen Blick auf den Inhalt des Romans. Eine übersichtliche Karte der Küstenregion wurde in die Umschlaginnenseite gedruckt. Mir hat das sehr geholfen mich jederzeit auf den Wegen der Protagonisten zurecht zu finden.
Leider hat dieser Roman nur 241 Seiten. Die Geschichte des Holländers, seine Ermittlungsmethoden und sein Umgang mit dem Meer hätte ich endlos lang lesen mögen. Mathijs Deen hat den Liewe Cupido von verschiedenen Seiten beleuchtet. Seine Kindheit, seine Ängste, seine Wurzeln, seine Vorlieben und seine Arbeitsweise wurden stets zwischen seinen Beobachtungen und Befragungen eingestreut. Er spricht nicht viel, aber was er sagt ist immer wichtig.
Ein liebenswerter Einzelgänger, ich würde gerne mehr von ihm lesen.
Das andere große Thema dieses leisen Kriminalromans war das Meer, das Watt. Der Autor scheint diese Küstenregion sehr gut zu kennen. Respekt vor dem Wattenmeer, aber auch sehr viel Liebe ist da zu erkennen. Fast auf jeder Seite konnte man verschiedene Emotionen bei den einzelnen Protagonisten erkennen. Jeder der drei Wattwanderer hatte unterschiedliche Einstellungen zum Meer, zum Watt und vor allem zu ihrer Pionierarbeit für zukünftigen Wattwanderungen. Es ging auch um Neid, Stolz, Liebe und Rache.
Und wer erarbeitet und durchschaut letztlich die Tragödie? Ein in sich gekehrter Mann voller Ängste und Erinnerungen erkennt die Unwahrheiten und Gefühle.

Bewertung vom 19.08.2021
Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2
Hancock, Anne Mette

Narbenherz / Heloise Kaldan Bd.2


gut

Nicht so gut wie erwartet
Während eines privaten Arztbesuchs erfährt die erfahrene Investigativ-Journalistin, Heloise Kalden, dass Lukas Bjerre, der Sohn ihres Arztes, vermisst wird.
Heloise recherchiert momentan für eine Reportage über traumatisierte Soldaten.
Kommissar Erik Schäfer, ein alter Freund von Heloise, nimmt unmittelbar die Suche nach Lukas auf sowie die Ermittlungen zu Lukas Verschwinden vom Schulhof der Nyholm-Schule.
Heloise Neugier ist geweckt, zumal die wenigen Spuren verwirrend sind und nicht zusammenpassen.


Dies ist der zweite Fall für Heloise Kaldan und Erik Schäfer. Den ersten Fall habe ich nicht gelesen, deshalb weiß ich nicht, ob die Vorgeschichte der beiden Protagonisten im ersten Buch genauer erläutert wurde. Hier in diesem Buch flossen immer wieder vage Andeutungen ein, so dass davon auszugehen ist, dass Beide schlimmes teilweise traumatisches erlebt haben. Das erklärt so manche irritierende Verhaltensweise. Besonders Heloise ist mit ihren Emotionen und ihrer Vergangenheitsbewältigung so sehr beschäftigt, dass man von einer ermittelnden Journalisten nicht sprechen kann.
Erik Schäfer ist älter als Heloise, glücklich verheiratet und abgeklärter. Er ist sicher von seiner militärischen Vergangenheit geprägt, aber er kann damit umgehen. Der Fall des vermissten Lukas bringt allerdings auch Erik an seine Grenzen. Er findet keine Ansatzpunkte und jede klitzekleine Spur führt in Leere.
Spannung kommt trotzdem erst sehr langsam auf, einerseits weil viel über Heloises private und berufliche Probleme berichtet wird und andererseits, weil die Ermittlungen einfach nicht in Gang kommen.
Nach vielen Irrungen, Sackgassen und überraschenden Wendungen erleben wir einen Schluss, der es in sich hat und der mich noch lange verfolgen wird.

Bewertung vom 01.07.2021
Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4
Winkelmann, Andreas

Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4


sehr gut

Allein joggen?

Als Lennart Wolff beim Müllrausbringen noch einen tiefen Blick auf die erleuchteten Panoramascheiben des Nachbarhauses, dem Haus der Lesben, werfen will, entdeckt er einen Spanner. Der Spanner könnte auch ein Einbrecher sein, der die Gegend auskundschaftet. Er will ihn auf jeden Fall verfolgen und stellen. Aber der Verfolgte wehrt sich und sticht Lennart mit einem Messer ins Auge. Nach Versorgung des Opfers und Tatortsicherung gelingt es dem Täter trotzdem seinen Plan weiterzuverfolgen. Er lauert seinem ersten Opfer auf, stranguliert sie mit einem Hundehalsband und filmt mit ihrem eigenen Handy ihren Todeskampf.

Eine aufreibende Jagd, die Jens Kerner an seine Grenzen bringt, beginnt.



Ein spannender Thriller, der die Gefahren der Lauf-Aufzeichnung mittels Fitness-Tracker mit anschließendem Posten im öffentlichen Netz aufzeigt.
Das ist sicher nicht die Intension dieses Thrillers, aber ich denke, die Joggerinnen und Jogger sollten sich bewusst machen, welche Informationen sie ins anonyme Netz geben.

Andreas Winkelmann hat in nahezu gewohnter Manier eine spannende, verzwickte und Gänsehaut produzierende Geschichte geschrieben.

Das ist bereits der vierte Fall von „Kerner und Oswald“ und obwohl ich erst einen „Der Fahrer“ vorher gelesen hatte, sind mir die beiden Ermittler ans Herz gewachsen.
Die Mischung beziehungsweise die Gegensätze machen ein ideales Team aus ihnen. Der impulsive Jens Kerner, der zwei gescheiterte Ehen hinter sich hat und einen guten Freund verliert, ist immer kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und droht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Becca Oswald dagegen bewahrt Ruhe, ist analytisch und greift helfend ein, wenn Jens droht unterzugehen. Das die Beiden privat nun auch noch ein Paar werden, freut mich sehr. Insofern warte ich sehnlichst auf den nächsten Fall.

Dieser Fall war spannend, teilweise atemberaubend, aber es war mir in einigen Situationen „too much“, zu viele Leichen und zu viele Klischees.

Auch dem Herrn Winkelmann sollte klar sein, dass nicht alle Lesben Männerhasser sind. Genauso klar dürfte sein, dass nicht alle Männerhasser zwangsläufig Lesben sein müssen.
Das fand ich etwas übertrieben.

Von diesen Klischees abgesehen, waren die vielen Handlungsstränge zum Verzweifeln, was ich nicht negativ bewerten möchte. Ich hatte allerdings zwischenzeitlich die Befürchtung, dass der Autor das nie wieder zusammenbringen kann, um auch noch eine nachvollziehbare Lösung zu präsentieren. Das ist ihm allerdings gelungen.

Dass wir Leser immer wieder Einblick in die Gedanken des Täters hatten, war abwechslungsreich und stärkte die Aufmerksamkeit, weil man hoffte, so einen Hinweis zu erhaschen.

Das Ende war nachvollziehbar und noch mal richtig nervenaufreibend, aber die beiden nachfolgenden Unterkapitel haben mich wieder etwas runterkommen lassen.

Ich freue mich auf Fortsetzung.

Bewertung vom 22.06.2021
Imperator Bd.1
Meyer, Kai;Surborg, Lisanne

Imperator Bd.1


gut

Nicht überzeugend

Die Studentin Anna Savarese fährt in den 60er Jahren nach Rom, in die Stadt ihrer Eltern, um den Mord an ihrer Mutter aufzuklären. Verhaftet und verurteilt wegen des Mordes wurde ihr Vater, der sich an nichts in dieser Nacht erinnern kann. Anna wohnt bei ihrem Onkel in Rom und schließt sich den Paparazzi an, in der Hoffnung etwas über den Aufenthalt ihrer Mutter in Rom und die Umstände ihrer Ermordung zu erfahren.
Gleichzeitig versucht der Privatdetektiv Gennaro Palladino den Mord an einem Maler in der römischen High Society zu untersuchen.

Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde dieses Buch nach einer Hörspiel-Vorlage geschrieben. Das Hörspiel aus einer Fortsetzungsreihe kenne ich nicht, habe also das Buch unvoreingenommen als Roman oder auch Krimi aus dem Rom der Swinging Sixties gelesen.
Da ich noch kein Buch von Kai Meyer gelesen habe, war ich über das Mystische und Übernatürliche, das ganz unaufgeregt in die Geschichte eingearbeitet wurde, überrascht.

Ich empfand es gewöhnungsbedürftig, da sich das Übersinnliche erst spät in die Geschichte einschmuggelte und ich anfänglich glaubte, dass Palladino phantasiert und der Zauberhut nicht real wäre. Für mich waren auch viele Behauptungen und Anklagen der Zauberwesen unverständlich. Eigentlich hat sich mir die ganze Geschichte nicht richtig erschlossen.

Die vollmundige Aussage: „Der Auftakt zur großen Imperator – Serie“ hat mich dann doch etwas verschreckt, da dieser Imperator-Roman mich leider nicht gepackt hat.

Bewertung vom 22.06.2021
Über Menschen
Zeh, Juli

Über Menschen


ausgezeichnet

Der ganz normale Wahnsinn

Dora flüchtet mit ihrem Hund aus der Großstadt Berlin in die brandenburgische Provinz. Sie braucht Ruhe und Abgeschiedenheit. Sie flüchtet auch aus einem stressigen, komplizierten und eingeengten Leben. Die Pandemie und das Verhalten ihrer Umgebung sind sicher der Auslöser, aber ihre Unzufriedenheit mit sich selbst und ihrem Leben sind wichtige Gründe die Abgeschiedenheit zu suchen.
Und was erwartet sie in der Provinz?

Diesen Roman habe ich genossen. Unzählige Sprüche und Reaktionen von Mitmenschen und Mitleidenden unter der Pandemie haben wir alle gehört und erlebt. Juli Zeh bringt es immer wieder auf den Punkt.

Doras Gedanken zu ihrem Partner Robert fand ich sehr treffend, dieses Übermotivierte und Belehrende sieht man leider all zu oft. Doras Unsicherheit und Unzufriedenheit mit ihrem Leben kennen wir gut. Ihren Mut den Lebensmittelpunkt neu zu justieren und ein anderes Leben auszuprobieren, bewundere ich.

Ihr neuer Kosmos macht ihr Angst und doch versucht sie hinter die Kulissen zu gucken. Ihre Unsicherheit Haltung zu zeigen, ist auch sicher schon jedem von begegnet. Sie bleibt dabei immer Mensch, mitfühlend und hilfsbereit.

Juli Zeh ist eine ausgewöhnlich gute Beobachterin. Sie kann das Gesehene und Gehörte wunderbar umsetzen und spiegelt auf ihre besondere Art Gegenwartsgeschichte.

Bewertung vom 11.06.2021
Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2
Jensen, Svea

Nordwestzorn / Soko St. Peter-Ording Bd.2


ausgezeichnet

Tragische Entscheidungen
Anna Wagner kehrt zurück nach SPO St. Peter-Ording um die Leitung der neugegründeten Vermisstenstelle zu übernehmen. Sie stürzt sich gleich auf einen Cold Case-Fall, der Fall eines vermissten Jungen, Florian, der vor 16 Jahren spurlos verschwand.
Sie kann sich auf die Hilfe von Hendrik Norberg, dem Dienststellenleiter, stützen, erfährt aber von den damals ermittelnden Beamten nur Ablehnung.
Das stachelt ihre Neugier und neutrale Ermittlungsbereitschaft an.


Svea Jensen hat eine richtig spannende und unterhaltsame Fortsetzung ihrer Nordwest-Reihe vorgelegt. Das erste Buch dieser Reihe habe ich leider nicht gelesen, hatte aber überhaupt keine Schwierigkeiten in die Geschichte zu kommen.
Frau Jensen gewährt uns Leser tiefe Einblicke in die Polizeiarbeit und in angenehmer Weise auch in das Privatleben der Ermittler. Auch lernen wir die ungemütlichen Typen im Polizeiapparat kennen, die Karrieristen und Typen, die Probleme mit sexistischen Verhalten haben, also Typen, wie es sie in jeder Firma gibt. Bei der Polizei ist es allerdings schwerwiegender.

Die drei Kollegen in SPO werden sehr gut beleuchtet, sodass ihre Arbeitsweise sich aus ihren einzelnen Charakteren ergibt und nachvollziehbar wird.

Ich sehe in diesem Buch einen soliden Krimi. Der Spannungsbogen zieht sich in einem großen Bogen bis zum Ende, was logisch und nachvollziehbar ist. Was nicht heißt, dass ich die Lösung so erwartet hätte. Die Zusammenarbeit der Kollegen in SPO sowie die private Hintergrundgeschichte steigern die Vorfreude auf weitere Folgen dieser Reihe.

Bewertung vom 31.05.2021
Kretisches Schweigen / Michalis Charisteas Bd.3
Milonás, Nikos

Kretisches Schweigen / Michalis Charisteas Bd.3


ausgezeichnet

Atmosphärischer Krimi

Ende Mai im Süden Kretas: Am Strand von Frangokastello erwarten zahlreiche Touristen im Morgengrauen die Drosoulites - die Seelen des Taus - beobachten zu können. Einer alten Legende zur Folge erscheinen die Seelen der getöteten Freiheitskämpfer und schweben über dem Stand in Richtung der alten Festung.
Die Seelen erscheinen leider nicht, aber beim Bau einiger Windschutze werden menschliche Knochen gefunden. Schnell stellt sich heraus, dass die Knochen keine hunderte von Jahren alt sind. Die Mordkommission aus Chania ermittelt, aber die Alten, die Traditionsbewussten, wollen die Knochen und den Strand verteidigen.


Dieser atmosphärische Krimi über Kreta insbesondere den Süden Kretas hat mir sehr gut gefallen. Mehrere verzwickte Mordfälle auf historischen Boden bereiten der Mordkommission, Michalis Charisteas und seinem Kollegen Pavlos Koronaios, einige Probleme. Die beiden Kommissare sind sehr unterschiedlich, aber auch sehr fein gezeichnet. Ich vermute, sie verkörpern verschiedene heutige Lebensweisen auf Kreta. Sie leben und arbeiten beide in der Stadt, so dass ihnen die Denkweise der Bevölkerung im ländlichen und rauen südlichen Teil fremd ist.
Aber vor Ort werden sie von einem erfahrenen Revierleiter der Polizei Sfakia unterstützt. Überhaupt funktioniert die Zusammenarbeit zwischen der Mordkommission und dem Revierleiter erstaunlich gut. Der Revierleiter verschafft sich immer wieder Respekt von den schweigenden und uneinsichtigen meist männlichen Einwohnern.
Neben den Kriminalfällen, die kompliziert und undurchsichtig sind, erhalten wir einen ungeschminkten Einblick in die Geschichte, den harten Überlebenskampf und den daraus resultierenden immensen Stolz der Menschen in dieser Region. Unstimmigkeiten und Probleme werden sie unter sich lösen, und zwar so, wie sie es Jahrhunderte lang erledigen mussten.
Dem Autor ist es gelungen die Beschreibung der Landschaft, die Skizzierung der Eigenheiten der Menschen realistisch aufzubereiten. Ich bin selbst vor 2 Jahren die Strecke von Chania bis nach Chora Sfakia mit den Auto gefahren und fand die Beschreibung der Landschaft, der Straßenführung und der Tavernen sehr real, nur das Schweigen der Kreter habe ich nicht erlebt, Ich war ja auch nicht Polizei und wollte keinen Mord aufklären. Die Menschen waren freundlich und zuvorkommend.
Für mich ist dieser Krimi eine runde Sache, spannender Krimi, geschichtlicher und traditioneller Hintergrund beleuchtet und noch eine spannende Liebesgeschichte zwischen einem Kreter und einer Deutschen, die noch nicht zu Ende erzählt wurde.
Ich freue mich auf mehr.

Bewertung vom 19.05.2021
Fritz und Emma (eBook, ePUB)
Leciejewski, Barbara

Fritz und Emma (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Herzzerreißend und tröstlich zugleich
Der neue Pfarrer Jakob Eichendorf und seine Frau Marie erleben die ersten Wochen in Jakobs neuer Gemeinde Oberkirchbach sehr unterschiedlich. Jakob fühlt sich endlich angekommen, während Marie sich abgeschnitten von Arbeit und kulturellem Leben sieht.
Jetzt steht die 750 Jahresfeier an. Nach anfänglichem Fremdeln stürzt Marie sich in die Planung und Vorbereitung der Feierlichkeiten. Nun bietet sich die Gelegenheit die Menschen, Alteingesessene genauso wie Neuhinzugezogene, kennenzulernen.
Marie und auch wir Leser lernen Fritz und Emma kennen, ihren Liebes-wie auch ihren Leidensweg.



Ich weiß „Herzzerreißend und tröstlich zugleich“ ist ein Zitat aus der Buchpräsentation, aber ich finde es so passend, dass ich keine andere Überschrift finden konnte.

Der Roman ist soooo schön und hat mich soooo berührt, dass ich ganz begeistert meinem Mann vom Inhalt des Buches erzählt habe. Seine Reaktion: Liebe, Abschied, Krieg, psychische Folgeschäden, Verwüstung, Trennung…….was findest du daran schön und berührend?
Ja, das Leben von Fritz und Emma war hart und auch das Leben von Marie ist kein Zuckerschlecken und all die anderen Dorfbewohner vereinsamen.
Dass die Erzählung herzzerreißend und tröstlich ist, haben wir nur der Autorin zu verdanken.

Leider muss ich immer wieder feststellen, dass mir sehr positive Rezensionen irgendwie schwerfallen, weil ich nicht erklären kann, warum mich dieser Roman so überzeugt hat. Normalerweise hätte mich das Thema „eine Liebe über siebzig Jahre andauernd“ abgeschreckt. Aber schon bei der Leseprobe hat mich dieser Roman angefasst, so dass ich weiterlesen wollte. Ich wurde nicht enttäuscht. Eine rührige, eigentlich zwei rührige Liebesgeschichten werden mitfühlend erzählt, ohne ins triviale oder kitschige abzurutschen.

Man kann diesen Roman sogar als aufmunternden Appell an kleine scheintote Dörfer sehen.
Hey, es braucht nur ein „bisschen“ Eigeninitiative, um ein Dorf wieder aufleben zu lassen. So wie Marie es bewerkstelligt hat, könnte es auch in anderen Dörfern gelingen. Es muss nicht immer gleich eine 750-Jahr-Feier sein. Ich glaube, das Zauberwort ist da wohl die Verjüngung des Vereinslebens und Aktivierung möglichst vieler Einwohner.

Um auf Fritz und Emma zurückzukommen, welch eine wundervolle Liebesgeschichte!

Ich werde gleich nach anderen Büchern von Barbara Leciejewski suchen, denn ich liebe ihren Schreibstil und ihre Art Geschichten zu erzählen.