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san1

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Insgesamt 262 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2020
Scott, Kylie

Repeat This Love


gut

Clementine leidet unter Amnesie. Durch einen Unfall erlitt sie eine Kopfverletzung und kann sich nun komplett an nichts aus ihrem Leben erinnern. Sie erkennt weder ihre Schwester, die ihr im Krankenhaus zur Seite steht, noch hat sie eine Ahnung von ihrer Lieblingsfarbe. Da sie auf ihr Tattoo angesprochen wird, das offensichtlich von einem Künstler in der Stadt gestochen wurde, marschiert sie dort ohne Hemmungen hinein. Ein netter Empfang wird es nicht, das Tattoostudio gehört nämlich Ed, ihrem Ex-Freund, den sie vor einem Monat verlassen hat. Wird er ihr helfen die ganzen Wissenslücken zu stopfen?

Das Thema der Amnesie und des nicht Wiedererkennens des Partners ist nicht gerade unbekannt. Es gibt genügend Filme dazu und auch in der Bücherwelt hat man freie Auswahl. Dementsprechend war ich extrem gespannt darauf, was die nicht gerade unbekannte Kylie Scott mit der Thematik anstellen wird. Ich erhoffte mir natürlich keine 0815 Geschichte mit durchschaubaren Wendungen. Leider schneidet jedoch nun auch diese Story bei mir nur durchschnittlich ab, denn etwa ab der Hälfte wurde es etwas abgedroschen und leider auch durchschaubar.

Clementine hat mich eigentlich bereits zu Beginn erobert. Ihr Charakter ist offenherzig und ohne Hemmungen. Durch die Amnesie hat sie auch keinen Filter mehr und spricht Sachen an, die der Großteil wohl für unpassend halten würde. Das macht die Geschichte sehr „frisch“ und ließ mich ab und zu schmunzeln. Clem reagiert einfach nicht in üblichem Maße.
Leider muss ich hierzu jedoch auch anmerken, dass sich ihr Verhalten im Laufe der Geschichte eher ins Naive und Kindliche bewegt. Das hat mir leider gar nicht gefallen, denn es lässt die Hauptfigur einfach nur unreif und kindlich überzogen wirken. Vielleicht wollte die Autorin einen Kontrast zu Clems „vorherigem Leben“ als eher sehr korrekte Bankangestellte bilden, jedoch empfinde ich die Rolle der Frau als unbeholfene Person, in der heutigen Zeit, eher unpassend und nicht als anstrebsam.

Ed wird eindeutig als Traumtyp dargestellt. Äußerlich natürlich perfekt und mit ausgeprägtem Beschützerinstinkt. Seine anfängliche ablehnende Haltung Clem gegenüber ist natürlich nachvollziehbar und deren gemeinsame Szenen waren äußerst witzig zu lesen. Clem bekommt von ihm natürlich doch Hilfe von ihm, das mit den beiden ging mir dann aber doch zu schnell. In dem einen Moment versucht er noch komplett ablehnend zu sein, dann kleben sie bereits aneinander. Das empfand ich als sehr schade, denn man merkte beim Lesen einfach das „Unausgereifte“.

Als Leser wird man leider zum Großteil nicht über vergangene Informationen aufgeklärt. Ich kam mir ab und an selbst wie Clem vor, die von Vielem einfach keinen Plan hatte. Ich wünschte mir viel mehr Informationen und sah dies nicht zum Vorteil für die Geschichte. Ab einem gewissen Punkt geht es fast nur noch vorrangig um die eher halbherzige Liebesgeschichte und aktuelle Geschehnisse. Andere Informationen werden so rar eingeworfen, dass mich dies richtig gestört hat.
Eine Vermutung hierzu ist meinerseits, dass die Autorin Spannung in Bezug auf das Aufdecken des Unfalls herstellen wollte. Man rätselt mit den wenigen Informationen, die man bekommt, herum und kann sich trotzdem kein richtiges Bild davon machen. Dann wiederum wird so eindeutig auf einen Täter hingewiesen, dass man sich denkt, so einfach könne es nicht sein. Die „Thriller-Komponente“ war vielleicht gut gemeint, ging in meinen Augen jedoch leider etwas in die Hose.
In die Hose ging auch irgendwie das Ende. Es wird also nun der Täter aufgedeckt inklusive Motiv und einer kleinen Showeinlage. Leider bleibt trotzdem einiges ungeklärt und man erwünscht sich als Leser eindeutig mehr Informationen und auch Reaktionen bzw. Emotionen.

Bewertung vom 07.07.2020
Robles, Tamara

Ein neuer Tag


ausgezeichnet

Hopi Hope erwacht in seinem kuscheligen Kokon. Da dieser ihm nun jedoch zu eng geworden ist, befreit er sich und sieht seine Umwelt nun als schöner Schmetterling. Der Fuchs, der bereits auf ihn gewartet hat, empfängt ihn in diesem so genannten Regenbogenland. Der strahlend blaue Himmel lässt hier auch ohne Wolken warme Regentropfen herunterfallen und am Fluss muss man nur an seine liebste Eissorte denken und hat dann bereits einen riesigen Becher davon in Händen. Reine Magie!



Der Tod ist ein schwieriges Thema, egal ob welchem Alter, wenn man jedoch Kindern davon erzählen soll, wird es besonders schwierig. Ist vielleicht mein eigenes Kind todkrank, das Geschwisterkind oder ein enger Verwandter? Kinder stellen auch hierzu Fragen, was natürlich völlig berechtigt ist. Tamara Robles hat mit der Geschichte einen Versuch gewagt, das "in einer anderen Welt zu sein" auf liebevolle Art und Weise rüber zu bringen. Man muss keine Furcht haben und bekommt auch ohne seine Familie wunderbare Personen (hier eben der Fuchs) zur Seite gestellt.



Die Geschichte ist wundervoll erzählt und zeigt sowohl die Gefühle, als auch die Fragen des kleinen Schmetterlings gut auf. Durch den Mentor Fuchs, wird auf nur wenigen Seiten das wunderbare Regenbogenland erklärt. Auch ein kleiner Rückblick auf das "vorherige" Leben wird mit eingebaut. Eine wirklich toll durchdachte Geschichte.

Die Illustrationen unterstützen den freundlichen Eindruck des Regenbogenlandes und sind ein netter Zusatz.

Auch der Titel ist sehr passend gewählt und zeigt, dass das "Ende" eigentlich kein richtiges Ende darstellt.



Besonders hervorheben möchte ich die Tatsache, dass sowohl die Autorin, als auch der Illustration die komplette Provision aus den Verkäufen des Buches an das Kinder- und Jugendhospiz Regenbogenland spenden. Eine wirklich wunderbare Sache! Wer somit eine liebevolle Geschichte in Händen halten und zudem noch etwas Gutes tun will, kann gerne zugreifen.

Bewertung vom 19.06.2020
Silver, Josie

Zwei in einem Herzen


gut

Lydia muss mit wohl einer der schlimmsten Dinge überhaupt umgehen: ihr Verlobter Freddie stirbt bei einem Autounfall. Sein bester Freund seit Jugendzeiten, Jonah, sitzt am Beifahrersitzt und kommt mit einer kleinen Narbe im Gesicht davon. Die noch nicht einmal 30jährige Lydia plante mit ihrem Verlobten gerade ihre Hochzeit und wollte am Unfallabend eigentlich mit der kompletten Familie ihren Geburtstag feiern. Ihre Welt bricht zusammen, genauso auch auf eine gewisse Art und Weise ihre Freundschaft zu Jonah. Sie schaffen kaum mehr eine normale Unterhaltung miteinander zu führen und die Trauer scheint beide aufzufressen. Gestützt wird Lydia von ihrer Schwester Elle sowie deren Mutter. Als sie vom Arzt Schlaftabletten verschrieben bekommt, erhält sie eine Chance Freddie wieder zu sehen, nämlich in einer Art Parallelwelt, in der der Unfall nie geschehen ist. Verständlicherweise rettet sie sich immer wieder in das Leben mit Freddie, vernachlässigt dadurch die Realität, muss jedoch nach und nach feststellen, dass auch die Parallelwelt nicht nur Freude vorzuweisen hat.

Wer meine Beschreibung der Geschichte mit dem Klappentext vergleicht, wird vielleicht feststellen, dass jeweils der Fokus auf einem anderen Thema liegt: einmal das Thema Liebe und zum anderen ganz klar das Thema Trauer. Meiner Meinung nach ist der Klappentext sehr irreführend und einfach nicht passend. Man erwartet einen eher typischen Liebesroman, was man jedoch meiner Meinung nach nicht vorrangig erhält. Lydia und Jonah gehen sich in der Geschichte größtenteils aus dem Weg und haben eher Probleme, durch den geschehenen Autounfall, wieder auf eine Art "gleichen Nenner" zu kommen. Ihr Bindeglied Freddie ist nicht mehr da, der diese Dreiergruppe zusammen schweißte. So geht man den Roman mit komplett falschen Vorstellungen an, was mich schon sehr gestört hat und dementsprechend auch meine Lesefreude gemildert hat. Sehr schade, da dies vor allem nur durch den Klappentext ausgelöst wurde. Man erwartet einfach eine stetige Annäherung von Lydia und Jonah, die eher gemeinsam die Trauerarbeit leisten. Wie bereits erwähnt, war dies eben nicht der Fall.

Allgemein empfand ich die Geschichte als sehr emotional. Ich musste bei einigen Szenen die Taschentücher zücken, da meiner Meinung nach Lydias Gefühlswelt gut nachvollziehbar ist. Sie fühlt sich ohne Freddie verloren und weiß mit ihrer Trauer kaum umzugehen. Alkoholika aller Art sind ihre treuen Begleiter, was ich äußerst amüsant fand und auch ihre Trägheit in Bezug auf das Leben konnte ich nachfühlen. Den einen Moment noch plante sie ihr Leben mit ihrem Traummann und im anderen Moment sitzt sie in ihrem Haus und starrt den Sessel ihres verstorbenen Freundes an. Ich fand es gut, dass die Autorin auf diese schrecklichen Ereignisse im Leben realistisch eingeht und den Fokus auf die Trauerarbeit legt.
Die "Trauerarbeit" zieht sich durch das komplette Buch und zeigt sich auch mit Höhen und Tiefen. Es gibt Rückschläge und kleine, sowie große Fortschritte in Lydias Leben, die mich als Leser sehr berührten. Ich fieberte mit Lydia mit, konnte dann aber gleichzeitig auch wieder ihre Antriebslosigkeit oder Fehlentscheidungen vollkommen nachvollziehen. Sie war für mich als Hauptfigur greifbar, so dass ich den Weg auf eine Gewisse Art und Weise mit ihr gehen durfte.

Was keinen richtigen Realitätsbezug hat, sind die "Ausflüge in die Parallelwelt". Hier bekommt das Buch einen leichten Fantasycharakter, man sollte jedoch einfach nicht zu stark darüber nachdenken, sondern sich einfach darauf einlassen. Erst später überblickt man den kompletten Sinn dieser Welt. Auch hier kann man Lydias Sehnsucht spüren, genauso wie den Trost, den sie durch ihre Ausflüge erhält. Freddie lebt dort unbeschadet weiter und sie leben ihr geplantes Leben. Nach und nach passieren aber auch dort unschöne Dinge.

Bewertung vom 10.06.2020
Bowen, Sarina

Never Let Me Down


sehr gut

Rachel Kress steht kurz vor ihrem 18. Geburtstag, hat jedoch keinen Grund zur Freude. Nach schlimmer Krankheit ist gerade erst ihre Mutter verstorben, so dass sie bis zu ihrer Volljährigkeit nun im Kinderheim sitzt. Ihr Vater ist ihr nur von Magazinen und Interviews her bekannt, denn er ist der berühmte Rockstar Freddy Ricks. Bis zu diesem Moment hatte er nie Kontakt zu seiner leiblichen Tochter, schickte aber monatliche Schecks. Rachels derzeitiger Lichtblick ist das anstehende Schuljahr an der Clairborne Prep, einem College in Vermont, das auch ihre Mutter besucht hat. Außerdem hält ihr ihr bester Freund Haze den Rücken frei. Ab dem Moment, als Freddy Ricks im Jugendamt auftaucht und auch noch das Sorgerecht für Rachel einklagt, verändert sich für das vom Leben gebeutelte Mädchen so gut wie alles. Sie zieht in eine neue Stadt, hat plötzlich einen Vater, Geld zum Verprassen und dann bekommt sie auch noch einen Tutor namens Jake der neuen Schule an die Seite gestellt. Die nächsten Monate scheinen interessant zu werden.

Der LYX Verlag hat mich mit diesem Buch wirklich überrascht! Sarina Bowen hat sich mit Rachel an einen ganz besondere Figur gewagt, denn bei dieser Hauptfigur handelt es sich nicht um einen 0815 Charakter. Rachel ist einerseits ein "braves Mädchen", musste jedoch einfach schon ungemein viel durchmachen. Sie vermisst ihre Mutter und hat kaum Bezug zu ihrem Vater. Jahrelang hat sie ihn durch Presseberichte "gestalkt", den richtigen Frederick kennt sie aber trotzdem nicht. Meiner Meinung nach hat die Autorin diese gespaltenen Gefühle gut eingefangen. In diesem Buch wird nicht mit Emotionen um sich geworfen, sondern eben ganz besonders die unterdrückten Gefühle betont. 

Auch die schwierige Situation zwischen Vater und Tochter, die sich ja eigentlich fremd sind, wurde toll beschrieben. Die zwei liegen sich nicht sofort in den Armen oder erzählen sich ihre Gedanken. Sie tänzeln jeweils um den anderen herum und sind dabei beide außerordentlich unsicher. So ein Verhalten empfand ich als wesentlich realistischer, als wenn sie nach kürzester Zeit schon eine innige Beziehung gehabt hätten. Die 17 Jahre ohne Kontakt können eben nicht einfach unter den Teppich gekehrt werden.Dementsprechend zieht sich die Geschichte auch über etwas mehr als ein Jahr. Diesen Aspekt empfand ich jedoch nicht als störend, denn das "Näherkommen" braucht eben einfach seine Zeit.Einige mag auch störend, dass Freddy nicht den aktiven Part übernimmt und Rachel mit Informationen überschüttet. Aber auch diesen Aspekt empfand ich als realistisch, da er im Buch eher als Person dargestellt wird, die in den Tag hinein lebt und seine Kreativität auslebt - eben ein "Lebemann", der selbst ungern Verantwortung übernimmt. Aber auch er macht im Buch Fortschritte, was ich sehr positiv fand.Fredericks unbedarfte Art zeigt sich dann auch noch im Umgang mit seinen Eltern. Die angespannte Beziehung zu seinen Eltern passte, meiner Meinung nach, aber auch sehr gut zu seinem Charakter und war für mich eindeutig nachvollziehbar. 

Jake und die Liebesbeziehung zwischen ihm und Rachel werden eher nebensächlich behandelt. Vordergründig steht, meiner Meinung nach, eigentlich immer die neue Vater-Tochter-Beziehung. Jake kam mir fast zu perfekt vor, was aber im Großen und Ganzen nicht störend war. Die Beziehung ist eher von der "lieblichen" Sorte, was mir gut gefiel. Es passte irgendwie zur eher braveren Rachel. Intimere Szenen gibt es im Buch aber auch, keine Angst!

Meiner Meinung nach hat sich die Autorin an ein schwieriges Thema gewagt und dabei richtig gut performt!

Bewertung vom 30.05.2020
Randau, Tessa

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte


sehr gut

Auch wenn für uns manchmal der Eindruck entsteht, dass einige Leute das scheinbar "perfekte Leben" leben, muss dies nicht auch der Wirklichkeit entsprechen. Unsere Hauptfigur um Buch scheint mit ihrem Job, den Kindern, ihrem Mann und deren gemeinsamen Leben ein gutes Los gezogen zu haben. Trotzdem fühlt sie sich ausgelaugt und hechtet mehr durch den Tag als sich über die Umstände zu freuen. Das Leben scheint sie manchmal regelrecht überrollen zu wollen und sie kommt mit ihren Verpflichtungen kaum hinterher. Woran liegt das nur und wie soll man das ändern? Eine Begegnung im Wald bringt den Anstoß und bringt nach und nach die Veränderung.

Letztendlich tritt die Veränderung natürlich nicht nur aufgrund des Aufeinandertreffens ein, sondern eher durch vier bestimmte Fragen, die sich unsere weibliche Figur nach und nach stellt. Die ältere Frau im Wald verrät nur nach und nach diese Fragen und setzt dadurch einen Prozess in Gang.

Es gefällt mir äußerst gut, dass eine Art Selbsthilfe- beziehungsweise Persönlichkeitsentwicklungskonzept im Rahmen einer Erzählung daherkommt. Man wird nicht persönlich angesprochen, sondern bewegt sich im Alltag der Hauptfigur mit. Die Fortschritte kann man aber wunderbar nachvollziehen und spürt die in Gang gesetzten Prozesse durch die jeweilig gestellte Frage.Bezüglich der Fragen möchte ich noch erwähnen, dass diese natürlich anfangs eher unspektakulär wirken, wenn man jedoch selbst die Gedanken darum kreisen lässt, deren Ausmaß immer deutlicher wird. Man sollte während dieser Geschichte sich auch selbst mit der Thematik beschäftigen und sich darauf einlassen. Wer von vorne herein keine Lust darauf hat irgendetwas in seinem Leben zu ändern, wird wahrscheinlich auch keinen Gefallen am Buch finden. Zudem bin ich der Meinung, dass dieses Buch eher einen ersten Schritt in Bezug auf eine mögliche Persönlichkeitsentwicklung darstellt und den Leser einfach mal zum Nachdenken anregt.

Ich persönlich fand großen Gefallen an der Geschichte und bewundere die darin wunderbar verpackten Weisheiten, die meine Gedanken einige Zeit beschäftigt haben.

Bewertung vom 18.05.2020
Barns, Anne

Kirschkuchen am Meer


ausgezeichnet

Marie scheint in ihrem Leben immer noch nach etwas zu suchen. Ihre Beziehung musste einige kleine Rückschläge einstecken und ihre Arbeit im Drogeriemarkt nach dem geschmissenen Studium füllt sie nicht richtig aus, so dass einiges auf der Kippe zu stehen scheint. Als sie und ihre Familie die Nachricht erhalten, dass ihr Vater, mit dem sie schon seit Jahren kaum mehr Kontakt hatten, gestorben sei, ist das Gefühlschaos perfekt. Um sich richtig verabschieden zu können, überreden sie Mutter und Großmutter dazu, an der baldigen Seebestattung des Vaters teilzunehmen. Um danach endlich wieder etwas Energie zu tanken, soll aus der Fahrt ein Wochenendtrip nach Norderney werden. Für Marie entwickelt sich die Reise jedoch noch in eine ganz andere Richtung, denn sie kommt ihrem Vater wieder näher und lässt wundervolle Kindheitserinnerungen wieder aufleben.

Anne Barns schickt uns mit Marie auf diese Reise und bindet den Leser wunderbar in das Geschehen mit ein, da sie nicht mit aufgesetzten Gefühlen jongliert, sondern alle Charaktere im Buch realistisch handeln und fühlen lässt. Genau das fand ich ungemein spannend. Bereits am Anfang der Geschichte konnte ich Maries zwiespältige Emotionen in Bezug auf den Tod ihres Vaters komplett nachvollziehen. Die schönen Kindheitserinnerungen, jedoch auch die Enttäuschungen als Scheidungskind, sowie das jahrelange Fehlen des Vaters spielen hier eine große Rolle.
Auch besonders positiv empfand ich den familiären Zusammenhalt zwischen Töchtern, Mutter und Großmutter. Die Frauentruppe hat viel Power, jeder jedoch seinen eigenen Charakter, unterstützt sich aber gegenseitig perfekt ohne zu bestimmend zu werden. Solch eine Frauendynamik vermisse ich in so vielen Romanen! Auch später im Buch begegnen wir als Leser starken Frauenfiguren, die jedoch glücklich sind auch ohne andere schlecht dastehen zu lassen. Beide Daumen hoch für die tollen Frauen im Buch!

Auf den Inseln Norderney und Juist spielt sich vor allem Maries Entwicklung ab. Die Autorin schafft es auch hier dieses Inselfeeling gut rüber zu bringen, ohne vom Geschehen abzulenken. Ich, als Kind des Südens, fand die Dynamik der Inseln sehr spannend und konnte mir den Tagesablauf der dort Lebenden wunderbar vorstellen. Auch die Natur wird nicht ausgelassen und ich konnte nachvollziehen, wie sich Maries Unsicherheiten langsam vom Wasser wegspülen ließen.

Ich persönlich konnte keine Längen in der Geschichte feststellen. Ab dem Aufbruch zur Reise nimmt die Geschichte an Fahrt auf und liefert immer wieder spannende Stellen. Als Leser wollte ich richtig, dass Marie immer weiter macht und sich keine Entschleunigung einstellt. Auch an dieser Stelle wurde ich nicht enttäuscht.

Einen kleinen Kritikpunkt habe ich: das Ende bzw. die Entscheidung Maries in Bezug auf die Liebe. Hier hätte ich mir einen komplett anderen Ausgang gewünscht, jedoch ist dies mein persönlicher Geschmack.

Sprachlich gesehen gibt es von mir keinerlei Kritik. Anne Barns weiß, dass sie ihr Handwerk beherrscht und verzaubert den Leser mit den unterschiedlichen Orten und besonders durch die genussvollen Szenen mit wunderbaren Leckereien. Beim Lesen muss man damit rechnen, dass man Gelüste auf allerlei Gerichte oder Backwerk haben wird. Ihr seid hiermit vorgewarnt!

Die erwähnten Leckereien sind am Ende des Buches mit den Rezepten aufgeführt. Von den verführerischen "Sommerwölkchen" müsst ihr demnach nicht nur träumen, sondern könnt sie bald auch selbst genießen.

Bewertung vom 15.05.2020
Bell, Davina

Alfie und der Clownfisch


sehr gut

Alfie kann einfach nicht aus seiner Haut heraus. Das Unterwasser-Kostümfest kommt immer näher und Alfie wird nahezu vor Unwohlsein erdrückt. In der Nacht davor kann er kaum einschlafen und wird von Albträumen geplagt. Die Aufgabe erscheint ihm einfach zu schwer. Bereits zuvor musste der überaus schüchterne Junge bei unangenehmen und auch erfreulichen Ereignissen einen Rückzieher machen, weil er sich dafür einfach nicht bereit fühlte. Für sein tolles Seestern-Kostüm fühlt er sich nun auch nicht mutig genug. Ein etwas aufmunternder Ausflug mit seiner Mutter lässt ihn daraufhin einem Tier begegnen, das ihm zeigt, dass man ganz man selbst sein darf. Der scheue Clownfisch ist ab sofort eine Art Vorbild für ihn, denn er ist so, wie er nun einmal ist.

Allgemein möchte ich vorab einmal betonen, dass ich die Aussage der Geschichte wirklich toll finde. Jeder darf genau so sein, wie er nun einmal ist, ob dies nun äußerlich ist oder auch tief drinnen. Alfies Schmerz bedrückt auch den Leser, da er sich mit seinen Aufgaben oder auch anstehenden Erlebnissen einfach nicht wohl fühlt. Das Bedrückt sein kann man gut an den sehr aussagekräftigen Bildern erkennen. Der Clownfisch als Vorbild ist, meiner Meinung nach, auch äußerst klug gewählt. Der Fisch ist wunderschön anzuschauen, erobert aber mit seinem Aussehen nicht das riesige Aquarium sondern bleibt im Schutz seiner kleinen Welt. Natürlich möchten wir nicht, dass sich unsere Kinder das eins zu eins abschauen, jedoch müssen sie keine Maske überstülpen, wie es so viele Erwachsene tagtäglich machen, und so tun, als wären sie jemand komplett anderes. Es ist gut, Scheu und auch Ängste offen zeigen zu können. Der eine ist nun einmal mutiger als der andere. Vielleicht entwickelt sich der Mut auch da heraus, genau so zu agieren, wie man es selbst gerade für richtig hält.

Etwas absurd empfinde ich nur das Handeln der Eltern. Sie reden Alfie zwar gut zu, jedoch meiner Meinung nach genau in der falschen Art und Weise. Als Seestern sei er der Star. Genau das will Alfie jedoch ganz und gar nicht sein, auffallend und präsent für alle. Seine Rückzieher nehmen sie ganz gespannt auf und reagieren kaum darauf. Die Eltern-Kind-Dynamik hat mir dementsprechend leider nicht gefallen.

Alfies Gefühle empfand ich als sehr nachvollziehbar. Neue und unbekannte Ereignisse können angsteinflößend sein, so dass man sich am liebsten unter seiner Bettdecke verkriechen würde. Vielen Kindern ergeht es tagtäglich so, weshalb es außerordentlich wichtig ist, diese Thematik offen anzusprechen und sein Kind durch solche neuen Erfahrungen zu begleiten.

Text wird eher minimalistisch eingesetzt, dafür jedoch prägnant und auf den Punkt gebracht. Ich sehe den Text als kleine Ergänzung zum Bild, jedoch steht die farbige Gestaltung eindeutig im Vordergrund.

Gestalterisch wird die Geschichte einmal komplett anders ergänzt. Die Illustrationen beschränken sich jeweils auf das Hauptgeschehen und nicht auf einen ausschweifenden Hintergrund. Die Farben werden plakativ verwendet und teilweise fast schon expressiv. Auch farblich wird zu einer Art Leuchtmarker gegriffen - äußerst ungewöhnlich. Mein Sohn war jedoch ganz auf die Abbildungen fokussiert. Ich kann mir gut vorstellen, dass nicht jedem diese Bebilderung zusagen wird, denn diese hat definitiv einen ganz eigenen Charakter, unterstreicht damit jedoch wieder einmal das angesprochene Thema.

Insgesamt finde ich es äußerst wichtig, dass auch solch schwierigen Themen in Kinderbüchern zur Sprache gebracht werden. Die Umsetzung ist in diesem Buch eher eigensinnig, trotzdem ansprechend und eben genau das Eigensinnige spiegelt den Inhalt der Geschichte wieder.