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SusanK
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Osnabrück

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Insgesamt 235 Bewertungen
Bewertung vom 19.07.2021
Winkelmann, Andreas

Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4


sehr gut

In Hamburg werden einige Joggerinnen grausam ermordert und in ihrem Todeskampf gefilmt. Sie scheinen nichts gemeinsam zu haben - außer ihrem Fitnesstracker, mit dem sie ihre Laufrouten öffentlich ins Netz stellen. Jens Kerner ermittelt - und nicht nur den Opfern läuft die Zeit davon.

Die Leserin, die gerne joggen geht und entsprechende Fitness-Apps nutzt, wird nach der Lektüre nicht mehr unbelastet ihre abendliche Laufrunde starten - oder sich direkt von den Apps abmelden...

Mit "Die Karte" legt Andreas Winkelmann seinen vierten Thriller um die Ermittler Kerner und Oswald vor, der von Fans der Serie schon heißt erwartet wurde, aber auch ohne Vorkenntnisse gut zu lesen ist.

In gewohnt brillanten Schreibstil erzählt der Autor seine Geschichte aus den verschiedensten Perspektiven, legt immer wieder neue Spuren aus und führt den Leser auf falsche Fährten. Das Buch ist von atemloser Spannung geprägt - doch diese entlädt sich nicht auf wunderbare Art am Ende: Die Lösung wirkt etwas überhastet und lässt mich mit einem unbefriedigten Gefühl zurück.

Ohne in die radikale Femistinnen-Rolle schlüpfen zu wollen, muss ich doch anmerken, dass mir die Sicht auf Frauen nicht sehr gefiel: Frauen sind grundsätzlich die Opfer hier und die wichtigsten sind voller Hass auf die Männerwelt.

Abgesehen von diesem Klischee sind die Figuren sehr genau und bildhaft und mit einem gutem Blick auf Details beschrieben und wachsen dem Leser ans Herz.

Trotz der angesprochenen Kritikpunkte konnte mich der Thriller überzeugen und die spannende Ermittlung hat mir aufregende Momente beschert. Darum eine klare Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 21.06.2021
Schmid, Eva-Isabel

Paracelsus - Die Fragen der Toten


sehr gut

Theophrastus von Hohenheim, Spitzname Paracelsus, hat es endlich geschafft: Er hat in Ferrara seinen Abschluss erhalten und darf sich Arzt beider Arzneien nennen. Zusammen mit seinem Schüler Simon praktiziert er - und sucht weiter nach der unsterblichen Seele der Menschen. Doch der geheime Zauberorden ist ihm auf den Fersen und so beginnt eine Wanderschaft quer durch Europa.
Sein Freund Caspar ist in Basel inzwischen zum Stadtarzt aufgestiegen und sehr angesehen. Doch dann bricht die Pest in Basel aus und die Einwohner suchen bald Schuldigen. Und auch Paracelsus wagt sich zurück in die Stadt...

"Paracelsus - Die Fragen der Toten" ist der zweite Band um den berühmten Arzt Paracelsus, und ich empfehle dringend, den ersten Teil "Auf der Suche nach der unsterblichen Seele" zunächst zu lesen, da die Handlung sich nahtlos anschließt. Für mich ist dieser zweite Band auch noch stärker als der erste!

Eva-Isabel Schmid erzählt die Geschichte diesmal abwechselnd in zwei Strängen, und zwar Paracelsus Wanderschaft und Caspars Leben in Basel; dabei gelingt es ihr mühelos, ihre Leser eintauchen zu lassen in die Welt des Mittelalters und der Menschen. Der Schreibstil ist fesselnd und vor meinem Auge entstanden viele Bilder und ich tauchte tief ein in die Welt der frühen Ärzte und Pfuscher, Krankheiten und Möglichkeiten. Natürlich kam auch Spannung auf und das Ende war noch einmal ein richtiger Hammer.

Für mich großartig veranschaulicht die Autorin den Ausbruch der Pest in Basel und wie die hilflosen Bewohner auf diese Krankheit, gegen die noch kein Mittel gefunden war, reagieren: Aberglaube und schließlich die Suche nach Schuldigen werden deutlich; und schon seinerzeit waren "die Juden" die Sündenböcke für etwas, das man (noch) nicht logisch erklären konnte. Ergreifend, wie selbst Gelehrte und hochgestellte Personen lange an das Gute im Menschen und die Intelligenz glauben, bis die Meute sie opfern will. In diesem Sinne, wie Göttisheim Basel trotz aller Gewaltandrohungen nicht verlassen will, weil er immer noch nicht glauben kann, dass es auch ihm an den Kragen gehen wird.

Auch die medizinischen Parts habe ich mit großem Interesse verfolgt - gerne hätte ich noch mehr und genauer darüber erfahren!

Die Figuren und ihr Handeln werden schlüssig dargestellt und gerade die Motive der Einzelnen sind spannend zu lesen und nachvollziehbar (auch, wenn man sie nicht gutheißen kann!). Ein wahrer Genuss, der auch durchaus zum Nachdenken anregt; Parallelen zur Gegenwart lassen sich gewiss an etlichen Stellen ziehen....
Paracelsus selbst war sicher ein Mensch mit vielen Ecken und Kanten; und so wird er auch nicht als ein Übermensch dargestellt; jedoch ist sein großes Bemühen um den Menschen immer zu erkennen. Er hat mit seinen Ansichten wirklich die Medizin revolutioniert.

Da die Autorin darauf hinweist, dass der Roman selbst reine Fiktion ist, hätte ich mich allerdings sehr über einen Anhang gefreut, in dem die fiktive Handlung zur wahren Geschichte abgegrenzt wird und eine Zeittafel.

Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe 4,5 Sterne!

Bewertung vom 03.06.2021
Hillenbrand, Tom

Montecrypto


sehr gut

Gregory Hollister ist durch Kryptowährungen reich geworden, doch in der Szene ist er unbeliebt. Nachdem er tödlich verunglückt ist, beauftragt seine Schwester den britischen Finanzfachmann und Ermittler Dante das Vermögen, das die Fachwelt "Montecryto" getauft hat, zu finden - und Dante muss tief in die Materie eintauchen, die offenbar von einer eingeschworenen Gemeinde beherrscht wird ...

Tom Hillenbrand, vielen Lesern in erster Linie bekannt durch seinen kulinarischen Krimis um den Koch Xavier Kieffer, hat sich diesmal mit dem Thema der "Kryptowährungen" befasst und genau recherchiert. Und eben wie seiner Hauptfigur Dante ging es mir beim Lesen: Ich musste erst einmal viel Theorie lernen, um der eigentlichen Suche folgen zu können.Und so wirkt "Montecrypto" an vielen Stellen eher wie ein SAchbuch als ein Thriller und ich musste sehr genau lesen und verstehen, als dass ich mich dem Lesefluss hingeben konnte. Trotzdem genoss ich wieder einmal den angenehmen Schreibstil Hillebrands, der mir einfach liegt.

Die eigentliche Spannungskurve ist durch die vielen Erklärungen durchaus eingeschränkt, trotzdem wurde ich hineingezogen in die Geschichte und wollte wissen, ob Dante erfolgreich wird und was es mit dem riesigen Vermögen nun auf sich hat.

Die Figuren Hillenbrands sind allesamt recht extreme Charaktere, die vielleicht nicht besonders tiefgehend beschrieben wurden, aber dennoch schillern.
Dante, als der schon fast klischeehafte Ermittler, ist eine im normalen Bankalltag gescheiterte Existenz und dem Alkohol zugeneigt, was sich in vielen Cocktail- und Alkoholikabeschreibungen widerspiegelt.

Besonders nett fand ich den besonderen Musikgeschmack Dantes (in Richtung Punk) und die zitierten Bands und Texte untermalten die Handlung.

Ich habe mich gefreut, auf so unterhaltsame Art und Weise an das schwierige Thema herangeführt worden zu sein und habe mich neben dem Lerneffekt auch gut unterhalten gefühlt.
Wer sich von etwas mehr Anspruch und Lerneffekt nicht abschrecken lässt, findet mit "Montecrypto" einen besonderen Finanz-Thriller.

Bewertung vom 24.05.2021
Langenbach, Clara

Zeit für Träume / Senfblütensaga Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

1908. Das lothringische Metz ist Festungsstadt im Deutschen Reich und es gibt Spannungen zwischen Franzosen und den zugezogenen Deutschen. Hier lebt die junge Emma in kleinbürgerlichen Verhältnissen mit ihren Eltern. Sie ist allerdings ihrer Zeit voraus und anders als andere Mädchen, denn ihr Traum ist es, zu lernen und an einer Universität zu studieren - einer Zukunft als Hausfrau an der Seite eines Ehemannes, wie ihre Eltern es sich vorstellen und vorantreiben, möchte sie unbedingt entfliehen. Doch schon ihr erster Besuch an der Universität Straßburg zeigt ihr ihre Grenzen auf, denn sie wird hinausgeworfen; Frauen bleibt der Zugang (noch) verwehrt. In einem zweiten Handlungsstrang lernen wir Carl kennen, dessen Herz ausschließlich für die Senfherstellung schlägt; auch er will nicht den Vorstellungen seiner Eltern folgen und das väterliche Fuhrunternehmen übernehmen, sondern eine eigene Fabrik gründen. Und die Wege der beiden störrischen jungen Leute kreuzen sich immer wieder ...

"Zeit für Träume" ist der erste Teil der "Senfblüten-Trilogie" und Debütroman der Autorin Clara Langenbach, die hier ihre Leidenschaft für historische Stoffe und Liebesromane lebt.

Die Autorin hat einen schönen Schmöker geschrieben, der sich leicht und flüssig lesen lässt und dabei auch ein wenig Geschichtswissen weitergibt. So gefiel mit die Schilderung über das Leben in Lothringen, das immer wieder zwischen Deutscher und Französischer Herrschaft wechselte, sehr gut.
Allerdings passt gerade das Benehmen der Emma häufig überhaupt nicht in den geschichtlichen Kontext; sie nimmt sich viele Dinge heraus oder mischt in einer Art und Weise mit, die absolut unrealistisch und der Zeit nicht angepasst sind und zunehmend bei mir zu Missfallen führten. Und auch die anderen Figuren agierten oft übertrieben und waren recht eindimensional gezeichnet. Schade, denn ein wenig mehr Anspruch erwarte ich als Leserin doch bei meiner Lektüre. Immerhin passte am Ende wieder alles zusammen und führte zu einem runden Abschluss, der aber noch einiges für die Folgebände offen lässt.

Ein Highlight ist der charmante Franzose Emile Perrin, in dessen Buchhandlung Emma Unterschlupf findet bei Kamillentee und der Katze Gusti; und auch den homosexuellen Henri schloss ich in mein Herz.

Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, erfahren wir im Nachwort, dass sich die Autorin von Otto und Frieda Frenzel hat inspirieren lassen, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Metz die "Erste Lothringische Essig- und Senffabrik" gründeten, aus der der weltbekannte "Löwensenf" hervorging, sowie weitere historische Fakten, die sich im Roman wiederfinden.

Wer sich einfach gut unterhalten lassen möchte und nicht allzu großen Wert auf sachliche Genauigkeit legt, wird mit diesem Buch richtig liegen. Ich vergebe 3,5 Sterne für die gemütlichen Lesestunden und bin gespannt, wie es mit dieser Familiensaga weitergeht.

Bewertung vom 22.05.2021
Cazon, Christine

Lange Schatten über der Côte d'Azur / Kommissar Duval Bd.8


sehr gut

Im jüdischen Teil des Friedhofes "Le Grand Jas" wird die Leiche eines jungen Mannes entdeckt. Kommissar Dupin stößt bei seinen Ermittlungen - auch durch die Mithilfe seiner Lebensgefährtin Annie, einer enthusiastischen Journalistin - auf die Schatten einer grauenvollen Vergangenheit Frankreichs in bezug auf Antisemitismus. Die Verbindungen führen zu einflussreichen Familien und die Staatsanwaltschaft möchte weitere Ermittlungen in dieser Richtung unterbinden, doch Duval lässt nicht locker ...

Christine Cazon legt mit "Lange Schatten über der Cote d´Azur" bereits ihren achten Band um den Pariser Kommissar Duval vor, der in Cannes seine neue Heimat gefunden hat und hier ermittelt. Vorkenntnisse aus den vorhergehenden Bänden sind nicht erforderlich, um den Fall verfolgen zu können, jedoch hilfreich, wenn es um die privaten Verhältnisse Duvals geht.

Der Schwerpunkt liegt bei Christine Cazon hier nicht darauf, einen spannenden Kriminalfall zu erzählen, sondern lässt die Leser*innen tief in die Geschichte Südfrankreichs eintauchen. Die unrühmliche Rolle Frankreichs bezüglich der Zusammenarbeit mit den Deutschen Nazis und des Antisemitismus mit erfolgten Juden-Deportationen ist gut recherchiert sowie einfühlsam und detailreich berichtet. Wer also einen leichten Südfrankreich-Urlaubs-Krimi erwartet, wird hier enttäuscht werden!

Allerdings verliert Cazon keinesfalls den eigentlichen Mord aus den Augen und kommt am Ende - etwas plötzlich, nachdem ein zweiter Mord geschieht - zu einer schlüssigen Aufklärung.

Leon Duval, der mir bereits bekannt war, ist sehr sympathisch und durchaus authentisch. Die anderen Figuren sind von der Autorin allerdings für meinen Geschmack etwas eindimensional beschrieben; insbesondere Annie, Duvals Lebensgefährtin und Mutter seines Kindes, ist zwar als Informationsgeberin wichtig, aber mir durch ihre zickige Art und ständige Unzufriedenheit unsympathisch; die Staatsanwältin weniger an der Aufklärung als an Verschleierung zugunsten einflussreicher Leute interessiert und die Kollegen der Polizei weniger an der Aufklärung beteiligt als mit eigenen Macken beschäftigt.

Der Schreibstil ist flüssig und unaufgeregt und angenehm zu lesen; die Autorin versteht es, Unterhaltung und Geschichtswissen auf angenehme Weise zu verbinden.

Die Location und das Ambiente runden dieses Buch auf jeden Fall angenehm ab,

So war das Buch für mich informativ und hat zum Nachdenken angeregt, was ich sehr schätze; ich freue mich schon auf den nächsten Fall in Cannes. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass es insgesamt etwas wenig Krimi in den Augen eingefleischter Krimi-Leser ist.

Bewertung vom 08.05.2021
Ehley, Eva

Einsames Grab / Sylt Bd.8


sehr gut

Während die Verlegerin Maria Wallot auf Sylt ein Treffen mit der traumatisierten Alice Zabriski und dem als Ghostwriter vorgesehenen Fred Hübner abhält, wirde bei Landschaftspflegearbeiten ein Skelett ohne Kopf ausgegraben. Silja Blanck, Bastian Kreuzer und Sven Winterberg beginnen in diesem Cold Case zu ermitteln und bald tauchen Hinweise auf einen Serienmörder auf, der auch Siljas Schwester umgebracht hat ...

Mit "Einsames Grab" legt die Autorin Eva Ehley schon ihren bereits achten Sylt-Krimi um das Ermittlertrio um Silja Blanck vor; eine Vorkenntnis ist jedoch nicht erforderlich und auch Neueinsteiger werden den Fall genießen können.

Dieses Mal nimmt sich die Autorin dem Thema "sexualisierte Gewalt an KIndern" an, das ja zurzeit in aller Munde ist - und sicher wird nicht nur die familiär Betroffene Figur der Silja Blanck getriggert werden.

Ein flüssiger Schreibstil und Orts- und Zeitangaben über den einzelnen Kapitel verhelfen zu einem echten Lesevergnügen. DIe Spannungskurve zieht sich durch das komplette Buch, bevor es in einem etwas überraschenden Ende zur Auflösung kommt.

Sylt-Kenner werden sich an den vielen geschilderten Orten erfreuen, aber auch Ortsunkundige werden sich zurechtfinden.

Besonders gelungen finde ich - wieder einmal - die liebevoll gezeichneten deutlich mehrdimensionalen Figuren und deren Interaktionen; eine echte Stärke Eva Ehleys. Allerdings stehen diese in diesem achten Fall deutlich im Vordergrund und lassen manches Mal den eigentlichen Fall in den Hintergrund treten. Wer also viel Wert auf einen fokussierten Krimi legt, ist mit diesem Buch nicht gut bedient.

Ich fühlte mich sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 08.05.2021
Wilkes, Johannes

Heirate nie auf Spiekeroog


gut

Kommissar Mütze und sein Lebensgefährte verbringen ihren Sommerurlaub wieder auf ihrer geliebten Insel Spiekeroog. Während Karl-Dieter sich dem süßen Nichtstun hingibt und sich gedanklich viel mit der dem zukünftigen Familienzuwachs Klein-Lasse und seiner amerikanischen Leihmutter beschäftigt, hilft Mütze lieber dem Inselpolizisten Ahsen, das Rätsel um ein Brautkleid im Meer und eine direkt nach der Trauung verschwundene Braut aufzuklären ....

Erst beim Lesen bemerkte ich, dass sich "Heirate nie auf Spiekeroog" bereits der zwölfte Band um den umtriebigen Kommissar Mütze ist, und so fehlte mir einiges von der Vorgeschichte des Paares und einiger im Buch auftretender Figuren. Dies sollte mich aber nicht daran hindern, den Fall um die verschwundene Braut zu genießen, wenngleich ich auch nicht besonders glücklich war mit dem etwas trotteligen Inselpolizisten und dem hohen Schnapskonsum. Auch hier zeigte sich, dass die Krimihandlung nicht wirklich im Zentrum stand.

Der Schreibstil ist flüssig und amüsant und manches Mal fühlte ich mich wie in einer Persiflage auf das Genre "Krimi". Dieser Eindruck wurde noch dadurch verstärkt, dass die - liebevoll gezeichneten Figuren - viel Raum einnahmen und der Krimi manches mal hinter den privaten Verwicklungen zurücktrat.

Spannung war jedoch gegeben, da lange Zeit nicht ersichtlich war, wie die einzelnen Schnipsel zusammenhingen und wer wem eigentlich schaden wollte.Doch am Ende klärte sich alles zufriedenstellend auf und auch die mystischen Auftritte der Verstorbenen fanden eine logische Erklärung.

"Heirate nie auf Spiekeroog" ist der etwas andere Krimi, der mir aber einiges Vergnügen bereitet hat.

Bewertung vom 18.04.2021
Lorentz, Iny

Rivalen / Die Perlenprinzessin Bd.1


gut

Ende des 18. Jhds. sind Simon Simonsen und Jörgen Mensing zwei junge, excellente Kapitäne der Hamburger Kaufleute. Um die Hand der schönen Mina Thadde zu bekommen, verabreden sie einen Wettstreit, den Jörgen nicht nur durch eine böse Lüge gewinnt, sondern auch Simons Existenz fast vernichtet. In der Folge bestimmen Hass und Rachegedanken das Verhältnis zwischen den beiden Familien; und Jörgen geht dabei wortwörtlich über Leichen. Einzig Mina möchte die Verfeindeten wieder zusammenführen....

"Die Perlenprinzessin" ist der Auftakt der "Südsee-Saga" des erfolgreichen Autorenpaares Iny Lorenz, doch Vorsicht: bis auf die aufregenden Schiffsreisen in nahe und ferne Orte liegt das Setting ausschließlich in Hamburg - und die Namen von Reihe und Titel sind vorerst nur eine Ankündigung auf das, was künftig kommen wird.

Ausnehmend gut gefallen hat mir die lebendige Darstellung der Hansestadt zu Zeiten der Romantik; gerade über die zweimalige französische Besatzung Hamburgs konnte ich viel lernen. Trotz der Tragik und dem Schrecken dieser Zeit war dieser Abschnitt für mich der beste. Aber auch die zahlreichen Hintergrundinformationen und die anschaulichen Ausführungen über die Kaufleute, die Schiffahrt, aber auch die Stellung der Frau zu dieser Zeit kann ich positiv hervorheben. Schade, dass dabei die spannende Geschichte der ehemaligen Sklavin Mabel nur so wenig Raum einnahm.

Enttäuscht war ich jedoch von der schwachen Eindimensionalität der Personen: So konnte die Familie Simonsen nur patente, loyale, charakterlich feste Angehörige zählen, während in der Familie Mensing ein Mitglied das andere noch an Bösartigkeit und anderen Schwächen übertraf. Keine Frage, wo da die Sympathien lagen....

Und genauso verlief auch die Handlung: Jörgen, bzw. seine Nachkommen stürzten Simon und Familie wiederholt in ein großes Drama - und nachdem man kurz gebangt hatte, konnten diese sich dann, welch Wunder, daraus befreien und wurde noch stärker und besser als zuvor. Dies führte irgendwann bei mir nur noch zu dem Gedanken: "Ach, was hat er denn jetzt schon wieder?!" Da hätte ich mir doch etwas mehr Finesse gewünscht!

Insgesamt umfasst der Band einen Zeitrahmen von 55 Jahren, was durchaus ungewöhnlich ist, und drei Generationen. Die hierbei entstehenden Sprünge sind meiner Meinung nach jedoch gut gekennzeichnet und störten den Lesefluss für mich nicht.
Und auch die vielen auftretenden Figuren ließen sich gut einordnen, das Verzeichnis dieser benötigte man kaum.

Das Buch endet schließlich mit einem ganz fiesen Cliffhanger, der zum nächsten Band überleitet und natürlich die Neugier des Lesers weckt, wie es mit den Familien Simonsen und Mensing, nun wohl an exotischeren Orten, weitergeht.

Ein historischer Überblick, ein Glossar und ein Personenverzeichnis vervollständigen das Buch.

Insgesamt bin ich leider ein bisschen enttäuscht und mag trotz der vielen interessanten Passagen "nur" 3 Sterne geben.

Bewertung vom 17.04.2021
Herzberg, Thomas

Nasses Grab (Zwischen Mord und Ostsee - Küstenkrimi 1)


sehr gut

Ina Drews, die sich zur zur Flensburger Mordkommission hat versetzen lassen, trifft an ihrem ersten Arbeitstag auf ihren neuen Partner Jörn Appel. Da es der Ex-Mann ihrer Schwester ist, von dem sie keine gute Meinung hat, müssen die beiden sich notgedrungen zusammenraufen, als sie auch sofort ihren ersten gemeinsamen Fall erhalten: Am Strand ist eine verstümmelte Leiche angeschwemmt worden. Doch was zunächst so eindeutig zu sein scheint. wirft immer weitere Fragen auf und schließlich kommen die Ermittler einen haarsträubenden Sache auf die Spur.

"Nasses Grab" ist der Auftakt einer neuen Krimireihe mit dem Namen "Zwischen Mord und Ostsee" des Erfolgsautors Thomas Herzberg mit dem Setting im Land zwischen den Meeren, und hier lernen wir Leser das neue Ermittlerpaar Ina und Jörn kennen. Und auch genau hierauf möchte ich Interessierte verweisen, denn die Handlung besteht eigentlich aus mehr privaten Problemen der beiden Ermittler miteinander und ihren früheren Partnern, bzw. Jörns pubertierender Tochter, als dass die Krimihandlung im Vordergrund steht. So nimmt die Mordsache nur sehr verhalten Fahrt auf, bevor sich das Ganze immer mehr zu einem politisch haarsträubenden Fall entwickelt.

Dabei ist der Roman locker und leicht zu lesen und bietet kurzweilige Unterhaltung, gespickt mit spritzigen Dialogen und ein paar interessanten Hauptfiguren, die realistisch, mit echten Alltagsproblemen und mehrdimensional waren. Gerade die Annäherung der so verschiedenen Partner hat mir gut gefallen! Der Chef der Mordkommission sowie ihre Sekretärin sind für meinen Geschmack allerdings zu klischeebehaftet und vorausberechenbar.

Dabei hätte das eigentliche Thema es verdient, durchaus ausführlicher behandelt zu werden, denn es ist politisch, aktuell und überaus wichtig! Abgesehen von einigen kleinen Fehlern finde ich es realistisch, wie sich die Ermittlungen langsam und gemächlich entwickeln, bevor echte Spannung und Dramatik aufkommt. Wer jedoch einen rasanten Krimi erwartet, wird hier nicht auf seine Kosten kommen.

Insgesamt hat "Nasses Grab" mich gut unterhalten und ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 17.04.2021
Cazon, Christine

Mörderische Côte d Azur / Kommissar Duval Bd.1


sehr gut

Kommissar Léon Duval hat sich nach dem Scheitern seiner Ehe nach Cannes versetzen lassen, wo seine ehemaligen Pariser Kollegen ihn faul in der Sonne sitzen sehen bei leckerem Essen und gutem Wein. Doch gerade jetzt findet das befühmte Film-Festival statt, die Stadt ist überlaufen und alles dreht sich um Geld und Macht - und prompt wird ein berühmter Fotograf und Filmemacher während einer Pressevorführung erschossen. Natürlich fordern alle Seiten eine schnelle Aufklärung, um dem Renommee der Stadt nicht zu schaden, aber andererseits werden die Ermittlungen offensichtlich behindert. Doch Duval erhält einen Hinweis aus unvermuteter Richtung ...

Christine Cazon legte mit "Möderische Cote d`Azur" ihren ersten Krimi der Südfrankreich-Reihe um den sympathischen Kommissar Léon Duval vor, dem bis zum heutigen Tag bereits sechs weitere gefolgt sind. Mit leichter Hand geschrieben, gelingt es ihr, eine authentische Stimmung zu schaffen und den mondänen Ort und das gefeierte Filmfestival vor den Augen der Leser*Innen überaus bildhaft entstehen zu lassen.

Auch, wenn mit Duval der nächste Kommissar der Bücherwelt geschaffen wurde, der auf eine gescheiterte Ehe und ein eher kompliziertes Privatleben zurückblickt, war mir diese Figur sympathisch und seine Rolle sowie seine Handlungen und Gedankengänge nachvollziehbar. Er wurde insgesamt sehr gut eingeführt, so dass ich mich schon auf seine künftigen Fälle freue.
Die anderen Figuren, mit Ausnahme des jungen Poizisten Villiers, der zwar häufig in die Ermittlungen eingeschaltet ist, über den wir jedoch deutlich weniger erfahren, bleiben verhältnismäßig blass, was möglicherweise an ihrer Zahl liegt, insgesamt aber etwas Schade ist.

Das Setting gefiel mir sehr gut und trotz der Assoziation zu "Urlaub" gab es viele Informationen zu dem wahren Leben im Süden Frankreichs. (Sehr schön sind geschildert z. B. die verstopften Straßen und überfüllten Restaurants...)

Zur Stimmung passend wird in zahlreichen Passagen geschildert, wo Duval sein Mittag- oder Abendessen einnimmt. Die mediterranen Speisen ließen mir als Genießerin oftmals das Wasser im Munde zusammenlaufen - doch derartige Nebensächlichkeiten - die in Frankreich natürlich keine sind - muss man mögen.

Der Krimi war logisch aufgebaut und wies einen schönen Spannungsbogen von Anfang bis Ende auf, dieses kam allerdings ein wenig überstürzt, wenngleich absolut logisch. Hierbei fand ich besonders beeindruckend, wie die Frage nach Verständnis für den Täter im Gegensatz zum Verstoß gegen geltendes Recht gehandhabt wurde - und auch Korruption und Einfluss großer Unternehmen spielten eine wichtige Rolle; brisante Themen, die ich gerne in Büchern widergespiegelt sehe.

Auch, wenn ich damit spoilere, möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen, denn dieser Krimi thematisiert sexuelle Gewalt an Kindern!

Mir hat die "Mörderische Cote d´Azur" gut gefallen und ich freue mich auf die weiteren Fälle des Léon Duval.