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Bineira
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Neunkirchen

Bewertungen

Insgesamt 192 Bewertungen
Bewertung vom 09.08.2021
Mayer, Katharina

Von Oma mit Liebe


gut

Kuchentratsch ist ein Startup-Unternehmen, das es Rentner*innen ermöglicht, zusammen Kuchen zu backen, dabei Kontakte zu pflegen und etwas Geld zu verdienen. Die Kuchen werden ebenfalls von alten Menschen in zahlreiche Münchner Cafés geliefert und deutschlandweit mit der Post verschickt. Von 4 Omas und Opas im Gründungsjahr 2019 ist das Unternehmen inzwischen auf über 40 Mitarbeiter*innen angewachsen.

In ihrem Backbuch "Von Oma mit Liebe" stellt die Firmengründerin Katharina Mayer die backenden Senior*innen sowie 96 ihrer Kuchentratsch-Rezepte vor.

Das hochwertig ausgestattete Buch gliedert sich in:
Kleine Leckerbissen
Lieblingskuchen für jeden Tag
Torten für jeden Anlass
Trendig und aus aller Welt.

Es handelt sich größtenteils um Klasiker aus der Backstube wie Marmorkuchen, Käsekuchen und mit Früchten belegte Rühr- und Mürbeteige. Dafür habe ich schon gute Rezepte. Auch war mir vieles zu schokoladenhaltig, hat also meinen Geschmack nicht getroffen.

Aber die Geschäftsidee finde ich großartig, und ich wünsche ihr viele Nachahmer*innen.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.08.2021
Sautner, Thomas

Die Erfindung der Welt


sehr gut

Die Schriftstellerin Aliza Berg erhält den anonymen, großzügig honorierten Auftrag, einen Roman über das Leben zu schreiben. Sie soll dies am Beispiel eines klar umrissenen Landstrichs tun. Aliza fährt in die bezeichnete Gegend und lernt bei ihren Recherchen die wunderschöne Landschaft, ihre teils wunderlichen Bewohner*innen und deren Geheimnisse kennen.

Aufgrund der Kurzbeschreibung hatte ich eine interessante Handlung erwartet. Den Schwerpunkt des Romans bilden jedoch detaillierte Betrachtungen von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie philosophische Fragen. Thomas Sautner beschreibt besonders Flora und Fauna intensiv und mit schönen Sprachbildern. Dabei wechselt er häufig die Perspektive, und lässt die Leser*innen zum Beispiel die Welt mit den Augen einer Bachstelze oder eines Sperbers sehen.

Die Geschichte an sich kommt nur sehr langsam voran, sie wird immer wieder von langen, zum Teil abstrakten Gedankengängen des Autors unterbrochen, das hat mir das Lesen etwas erschwert. Der elegante Schreibstil und die originellen Sprachbilder haben das aber wieder wettgemacht.

Bewertung vom 08.08.2021
Seethaler, Robert

Der letzte Satz


ausgezeichnet

Der berühmte Musiker Gustav Mahler befindet sich im Jahr 1911 mit seiner Frau Alma und der kleinen Tochter Anna auf einer Schiffsreise von New York nach Europa. Er ist erst 50 Jahre alt, aber schwerkrank und weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Deshalb hat er sein Engagement bei den New Yorker Philharmonikern vorzeitig beendet, um nach Wien zurückzukehren. Auf dieser Reise denkt er über sein Leben nach, und wichtige Episoden daraus ziehen an seinem inneren Auge vorbei.

Dies ist mein erstes Buch von Robert Seethaler, und ich habe mich schnell in seine ganz besondere Sprachmelodie verliebt. Für mich war es beim Lesen der Geschichte, als hörte ich ein komplexes Musikstück. Ich konnte die wehmütige Grundstimmung in Moll, aber auch die schrillen Dissonanzen und die kleinen munteren Zwischenspiele regelrecht fühlen. Dass der Roman nur kurze Schlaglichter auf Mahlers Leben wirft, empfinde ich nicht als Nachteil. Es ist nunmal keine Biografie, sondern ein Kunstwerk. Für mich ein sehr gelungenes.

Bewertung vom 08.08.2021
Kast, Bas

Das Buch eines Sommers


gut

Auf dem hübschen Umschlag von Bas Kasts "Das Buch eines Sommers" kündigt der Diogenes Verlag "eine lebensphilosphische Erzählung, die einen wachrüttelt" an.

Es geht um nicht weniger als die Frage, wie wir werden können, wer wir tief im Inneren wirklich sind.

Da ist Nicolas, frischgebackener Abiturient, Sohn eines Pharmafabrikanten und Neffe eines bekannten Schriftstellers. Der Vater möchte, dass Nicolas später seinen Betrieb übernimmt, Onkel Valentin dagegen bestärkt ihn in seinem Wunsch, ebenfalls beruflich zu schreiben.

Zwanzig Jahre später ist aus Nicolas ein chronisch gestresster, gereizter Geschäftsmann geworden. Er hat nach dem frühen Tod seines Vaters dessen Firma übernommen und führt ein durchgetaktetes Leben. Für seine Frau und den kleinen Sohn hat er kaum Zeit, die Ehe kriselt, und seinen alten Onkel hat er schon lange nicht mehr besucht.

Als Valentin überraschend stirbt, reist Nicolas mit Frau und Kind für ein paar Tage in den Süden, um die Beerdigung zu organisieren und den Nachlass zu ordnen. Dabei kommen ihm Zweifel an seinem bisherigen Leben...

Das Buch ist in einem einfachen Stil geschrieben. Nach einem guten Anfang wird die Handlung schnell vorhersehbar. Es kommt keine Spannung auf, die Dialoge sind hölzern, die Wendungen wirken bemüht und die Charaktere bleiben blutleer. Die an sich interessante Thematik wird mit Binsenweisheiten abgehandelt, wie man sie ähnlich in Zeitschriften und populären Lebenshilferatgebern findet.

Es war insgesamt ein ermüdendes Leseerlebnis - und wachgerüttelt hat mich höchstens mein Mann, wenn ich nach ein paar Seiten eingeschlafen bin.

Bewertung vom 08.08.2021
Gaige, Amity

Unter uns das Meer


ausgezeichnet

Amity Gaiges Roman "Unter uns das Meer" ist eine Mischung aus Ehedrama, Abenteuerroman und psychologischer Studie.

Das Ehepaar Partlow lebt mit den Kindern Sybill (7) und George (2 1/2) in einer Vorstadt in Connecticut. In der Ehe kriselt es heftig. Michael fühlt sich in gesellschaftlichen Zwängen gefangen, Juliet machen depressive Schübe das Leben schwer. Um endlich das Gefühl von Freiheit zu erleben, schlägt Michael vor, mit der ganzen Familie ein Jahr lang in der Karibik zu segeln. Juliet traut sich das nicht zu, lässt sich aber von Michael überreden, weil sie hofft, dadurch ihre Ehe zu retten.

Auf der Reise entdeckt die Familie die wunderbare Insellandschaft der Südsee, vor allem die Kinder genießen die gemeinsame Zeit mit ihrem Vater. Probleme, wie Nahrungsmittelknappheit oder ausfallende Technik auf dem Boot können die Partlows zunächst noch lösen. Dann geraten sie auf hoher See in einen gewaltigen Sturm...

Bereits auf der zweiten Seite des Buches wird klar, dass das Abenteuer nicht gut ausgeht, der Spannung tut das jedoch keinen Abbruch.

Erzählt wird die Geschichte aus zwei Perspektiven: Juliets rückblickender Bericht, nachdem sie mit den Kindern wieder zuhause ist, bildet den Hauptstrang. Er wird von Michaels Tagebucheinträgen vor und während der Fahrt unterbrochen bzw. ergänzt. Mit diesem Stilmittel erwschwert Amity Gaige die Lektüre keineswegs, sondern sie erzeugt dadurch eine Dynamik, die mich das 380 Seiten starke Buch fast in einem Rutsch durchlesen ließ.

Michaels lebhaften Ausdruck empfand ich dabei als wohltuenden Kontrast zu Juliets niedergedrückter Erzählweise. Über die etwas zu langatmigen Beschreibungen der Segeltechniken habe ich auch schonmal hinweggelesen...

Inhaltlich ist der Roman keine leichte Kost. Die Probleme einer dysfunktionalen Familie und vor allem das Leben mit einer Depression werden eindringlich dargestellt.

Von der eleganten, flüssigen Sprache der Autorin bin ich begeistert. ich konnte mühelos in die verschiedenen Situationen eintauchen. Die hervorragende Übersetzung durch André Mumor hat daran sicher einen großen Anteil.

Bewertung vom 07.08.2021
Bronsky, Alina

Der Zopf meiner Großmutter


sehr gut

Alina Bronsky ist 1978 in Russland geboren und lebt seit Anfang der 1990er Jahre in Deutschland. In ihren Romanen thematisiert sie oft ihre Herkunft, so auch in "Der Zopf meiner Großmutter".

Tschingis und Margo, beide Anfang 50, sind mit ihrem Enkel Maxim als jüdische Kontingentflüchtlinge von Russland nach Deutschland gekommen und leben nun in einem Wohnheim. Oma Margo war früher eine Tänzerin, ihr langer roter Zopf erinnert an diese Zeit. Sie ist ein zutiefst unglücklicher, misstrauischer Mensch und lässt ihren Frust mit bösartigen Bemerkungen an ihrer Umgebung aus. Am meisten leiden unter ihr der stille Tschingis, der sich redlich bemüht, die Familie zu ernähren und Maxim, den sie wahnhaft für todkrank und geistig zurückgeblieben hält und auch so behandelt. Die beiden ertragen Margo mit einer stoischen Gelassenheit und - man kann es kaum glauben - sie lieben sie, denn sie wissen um ihr gutes Herz.

Als die junge Russin Nina mit ihrer Tochter Vera in das Flüchtlingsheim einzieht, geschieht etwas Unvorhersehbares: Tschingis verliebt sich in sie.

Wird die Familie daran zerbrechen?
Und wo sind eigentlich Maxims Eltern?

Maxim ist weder krank noch dumm, er ist der Ich-Erzähler dieser Geschichte, erst als Sechsjähriger, später als Teenager. Dadurch erscheinen die grotesken Rituale, mit denen die Oma den Jungen drangsaliert, eher komisch als erschütternd. Er vermittelt zwischen Margo und dem Rest der Welt, und er weiß sich zu helfen, um ihrer absoluten Kontrolle zu entgehen.

Alina Bronsky schreibt in einem rasanten, sprachgewandten Stil, der mir gut gefallen hat. In den ersten zwei Dritteln des Buches geht es ausführlich um den Alltag der Familie. Im letzten Drittel wird es dann richtig spannend, hier lässt die Autorin leider einiges aus und kommt für mein Gefühl zu hastig zum Ende.

Über die absurden Einfälle der Oma und die schlagfertigen Dialoge habe ich mich köstlich amüsiert. Zwischendurch hat die Geschichte auch traurige Passagen, so dass sie insgesamt eine gelungene Mischung aus Komödie und Tragödie ist.

Bewertung vom 06.08.2021

Fahr mit!: Auf der Baustelle


ausgezeichnet

Das Kinderbuch erklärt mit liebevoll gezeichneten Bildern die verschiedenen Phasen eines Hausbaus. Dabei wechselt die Perspektive: einmal sieht man die Handwerker*innen mit ihren Baumaschinen und -geräten im Detail. Ein anderes Mal wird die Baustelle als kleiner Teil einer Stadt in ihrem Umfeld mit Häusern, Passanten, Straßen und Pflanzen dargestellt. Dieses Stilmittel wirkt auf mich dynamisch und zeigt schön, wie alles miteinander zusammenhängt.

Die Zeichnungen sind klar und detailliert, die Farben lebhaft und harmonisch. Die Handwerker*innen haben kindliche Züge und scheinen ihre Berufe mit Freude auszuüben.

Die Autorin stellt die einzelnen Baufahrzeuge und die Tätigkeit ihrer Bediener*innen mit kurzen, einfachen Texten vor. Die jungen Betrachter*innen, werden dazu animiert, diese Fahrzeuge darstellende Elemente durch Schieben zu bewegen. Dieses Mitmachendürfen verstärkt sicher noch den Reiz des ohnehin sehr charmanten Buches.

Insgesamt ist es ein wunderschönes stabiles Bilderbuch, dass kleinen Menschen bestimmt viel Freude macht.

Bewertung vom 01.08.2021
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub / Die Mordclub-Serie Bd.1


gut

Das Cover und der Klappentext lassen einen humorvollen Cosy Crime erwarten. Die Idee, vier sehr unterschiedliche Bewohner*innen einer Seniorenresidenz zu Hobbydetektiven zu machen, finde ich originell.

Leider hat der Autor diese gute Grundlage nicht genutzt. Er hat keine lebendigen Protagonisten erschaffen, dafür sind sie zu schablonenhaft geraten. Ich konnte auch keine Sympathie für sie entwickeln.

Der Schreibstil ist einfach und die Erzähltechnik - abwechselnd kommen ein Erzähler und die Beteiligte Joyce mit ihren Tagebucheinträgen zu Wort - gewöhnungsbedürftig.

Die alltäglichen Befindlichkeiten der Protagonisten nehmen breiten Raum ein, die Morde, die es aufzuklären gilt, geraten dabei öfter in den Hintergrund. Auch die vielen Verdächtigen mit ihren teils hanebüchenen Motiven tragen nicht dazu bei, dass die Geschichte sich spannend liest.

Viele Leser*innen sind von dem Buch begeistert, ich bin es nicht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.07.2021
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


sehr gut

Rafita Schamis Erzählband „Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ enthält 21 Kurzgeschichten, die er den Themen Geburtstag, Lachen, Reisen, Geheimnis, Tiere und Sehnsucht zugeordnet hat. Ferner beleuchtet er In sechs Essays jedes dieser Motive aus soziologischer, psychologischer und kultureller Sicht.

Die Geschichten spielen in Syrien und in Deutschland; einige sind humorvoll, andere melancholisch oder sogar tragisch. Ihnen allen ist die unbändige Lust am Erzählen gemeinsam, für die der Autor bekannt ist.

Besonders gut gefallen hat mir die titelgebende Erzählung, in der es darum geht, dass niemand in der Familie sich an das genaue Geburtsdatum des Ich-Erzählers erinnern kann, aber alle behaupten, sie wüssten es. Auch der kleine Prophet Oskar hat meine Sympathie, und die Episode um die Witwe Amar und den eigenwilligen Geist ist im wahrsten Sinn des Wortes zauberhaft.

Übrigens befindet sich das Inhaltsverzeichnis am Ende des Buches, vielleicht eine kleine Reminiszenz an Rafik Schamis Muttersprache Arabisch, in der Bücher von hinten nach vorn gelesen werden.