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haberlei
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 334 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2023
Lemark, Joseph

7 Tage


ausgezeichnet

Unerklärliche Selbstmorde

„Sieben Tage“ von Joseph Lemark ist bereits der sechste Band der Kriminalroman-Reihe mit dem ehemaligen Kriminalbeamten Major Josef Vierziger alias Giuseppe Quaranta als Zentralfigur, und der dritte, der in Apulien spielt. Wiederum hat Dottor Quaranta einen rätselhaften Fall zu lösen, mit überraschenden Wendungen und mit vor allem kulinarisch fühlbarem Italien-Flair.

Das Cover verdeutlicht: sieben Tage, das ist der Zeitraum, der in diesem Krimi eine große Rolle spielt. Diese große rote Zahl sieben auf weißem Grund ist ein Eye-Catcher und macht neugierig. Die Kapitel sind angenehm kurz, ohne Orts- oder Zeitangaben. Der Krimi erschien 2023 und spielt in der Gegenwart während der Adventzeit. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und durch immer wieder vorkommende italienische Begriffe und Phrasen wird das italienische Flair unterstrichen; ebenso durch Erwähnung von Sehenswürdigkeiten und örtliche Besonderheiten, insbesondere auch durch die köstliche italienische Kulinarik. Die Lektüre macht Appetit auf südländische Köstlichkeiten. Im Glossar finden sich im Übrigen die Übersetzungen für nicht italienische sprechende Leser. Für Backfreudige gibt es zudem ein paar für die Region typische Rezepte für Weihnachtsbäckerei.

Ich verfolge die Serie seit Band 3, seit jenem schicksalshaften Vorfall, der Dottor Quaranta letztlich nach Apulien verschlug. Jeder Roman ist ohne Kenntnis der Vorgängerbände problemlos verständlich, dank erklärender Hinweise auf Vorkommnisse aus Quarantas Vorleben bzw. zu früheren Fällen. Ich würde dennoch empfehlen, auch die Vorgängerbände zu lesen, nicht nur um den Protagonisten in seiner gesamten Persönlichkeit zu erfassen, sondern ganz einfach, weil es spannende Geschichten sind, die auch eine andere Seite Italiens zeigen.

Gleich im ersten Kapitel wird man Zeuge eines Selbstmords. Wie sich bald herausstellt, ist dies nicht der einzige innerhalb kurzer Zeit. Als Dottor Quaranta davon erfährt, macht ihn das sofort stutzig. Als ehemaliger Hauptkommissar wittert er sofort Zusammenhänge. Im Nu ist er wieder einmal in einen rätselhaften Fall involviert. Seine inoffiziellen Recherchen bringen immer mehr Details zutage, zeigen wieder einmal, wie sehr das Leben in Italien mit der Mafia durchsetzt ist. Nur mühsam fügt sich Puzzlesteinchen zu Puzzlesteinchen. Natürlich gerät er in brenzlige Situationen, ebenso seine Partnerin Franca Bonfiglia, Hauptkommissarin und Chefin der Antimafiabehörde. Der Fall ist komplex. Was verbindet die alten Männer, die nicht aus eigenen Stücken Selbstmord begingen, sondern dazu erpresst wurden? Wo liegt das Motiv? Da gibt es so einigen Freiraum zum Miträtseln und zum Aufstellen eigener Theorien. Die Spannung hält sich kontinuierlich auf gutem Niveau, bis letztens doch einigermaßen überraschend das Geheimnis gelüftet und der Täter von der Polizei gefasst wird.

Mit Dottor Quaranta/Josef Vierziger hat der Autor eine sehr facettenreiche Persönlichkeit geschaffen. Er strahlt eine gewisse Ruhe aus, muss aber als Vollblutkommissar rätselhaften Dingen einfach auf den Grund gehen. Er ergreift die Initiative, recherchiert aktiv, mit Bedacht und durchaus empathisch, aber stets zielstrebig, geradlinig, vertrauenserweckend. Er ist kein Superheld, aber ein routinierter Ermittler, einfühlsam und mit einem guten Gespür. Manchmal ist er ein wenig zu risikobereit, fast leichtsinnig in seinen Aktionen. Dottor Quaranta ist ein sympathischer Mensch, mit einer romantischen Ader, sehr rücksichtsvoll und fürsorglich seiner Partnerin gegenüber, und – was mich immer etwas neidisch stimmt – sehr häuslich und zudem ein exzellenter Koch. Wie ich Franca immer um all die Köstlichkeiten beneide, die er für sie zaubert! Franca ist ein eher schwieriger Charakter mit allerlei Geheimnissen, dennoch passen sie als Paar gut zusammen. Aber nicht nur die beiden wirken authentisch und lebendig, sondern auch die diversen Nebenfiguren sind gut vorstellbar gezeichnet, deren Aktionen durchaus nachvollziehbar.

„Sieben Tage“ verkörpert wiederum das vor allem süditalienische Ambiente, und verbindet gekonnt ein bisschen Weihnachtsflair und Wohlfühlklima mit der allgegenwärtigen Präsenz mafiöser Machenschaften in dieser Region und mit anderen Untaten. Mir hat das Buch wiederum spannende Lesestunden beschert und ich freue mich schon auf die Fortsetzung. Von mir gibt es 5 Sterne.

Bewertung vom 07.11.2023
Huwyler, Marcel

Frau Morgenstern und der Abgrund


ausgezeichnet

Die geheimen Sehnsüchte des Killer-Duos

„Frau Morgenstern und der Abgrund“ von Marcel Huwyler, mittlerweile der 5. Band dieser außergewöhnlichen witzig-spannenden Serie, war wiederum ein Lese-Highlight für mich.

Klappentext:
Violetta Morgenstern, pensionierte Lehrerin und kreative Profikillerin, ist auf der Flucht vor dem Staat, als sie einen neuen Auftrag erhält: Mit ihrem Kollegen, dem Ex-Söldner Miguel Schlunegger, soll sie den mysteriösen Tod eines Journalisten aufklären. Die Spur führt in die finstere Vergangenheit, zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Das mörderische Duo findet heraus, dass sich ein furchtbares Ereignis der Weltgeschichte in Wirklichkeit ganz anders abgespielt hat. Und dann muss Violetta Morgenstern auch noch feststellen, dass sie selbst ihrem besten Freund nicht mehr vertrauen kann.

Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt in der Gegenwart, mit zwischengeschalteten Szenen aus dem Jahr 1937. Die kurzen Kapitel flutschen nur so dahin. Abgesehen von der durchgehend fesselnden Handlung begeistert mich an dieser Reihe immer wieder vor allem Marcel Huwylers Schreibstil, seine Wortspiele, die fantasievollen Wortschöpfungen, die witzigen Dialoge und der Schwyzer Dialekt.

Obwohl man diesen Band problemlos ohne Kenntnis der vorhergehenden lesen kann, würde ich jedem raten, sich die gesamte Reihe von Beginn an zu gönnen, vor allem um das Wesen der Protagonisten und ihre Entwicklung in all ihren Details und Facetten zu verstehen.

Bereits der Prolog weckt die Neugier. Geheimnisvolles Geschehen vor 86 Jahren … Und dann ist man schon mitten in Violettas und Miguels Alltag voller Einfallsreichtum und Originalität, Spannung und skurrilen Situationen – und diesmal auch mit einem Hauch von Romantik. Ihre Erkenntnisse, ihre Methoden, stets voller unerwarteter Wendungen, voller Fantasie. Die Lektüre fesselt und unterhält gleichermaßen. Schließlich stößt das Duo auf Fakten, die die Weltgeschichte erschüttern könnten, falls sie je an die Öffentlichkeit dringen würden. Doch bis zur letzten Seite ahnt man nicht, mit welch Bombenüberraschung der Autor letztlich aufwartet. Dringende Warnung an alle, ja nicht verfrüht auf die letzte Seite zu blättern!

Violetta und Manuel sind trotz ihrer Profession zwei eindeutig sympathische Protagonisten, mit Ecken und Kanten zwar, aber sie hegen eine tiefe Freundschaft zueinander, sind loyal, zeigen Gefühle und wirken zutiefst menschlich. Sie sind ein eingespieltes Team, ergänzen einander. Violettas raffinierte Ideen und kleine Racheaktionen sind das Tüpfelchen auf dem i. Manuel, der Ex-Söldner, das Muskelpaket, der Kampftechniken aller Art beherrscht, ist dennoch kein egoistischer Macho. Doch so gut sie einander verstehen und harmonisch zusammenleben, so sehr sehnen sie sich doch wieder nach einem normalen Leben, nach einem liebenden Partner.

Er war wieder purer Lesegenuss, dieses sprachliche Kunstwert, dieser fantasievolle, packende und gleichzeitig herzerwärmende Roman! Ich giere schon nach der Fortsetzung – noch dazu nach diesem Ende!
Eine unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 05.11.2023
Schier, Petra

Weihnachtszauber und Hundepfoten / Der Weihnachtshund Bd.8


ausgezeichnet

Andys Wunsch an den Weihnachtsmann

„Weihnachtszauber und Hundepfoten“ von Petra Schier ist ein Weihnachtsmärchen für Erwachsene, nicht nur voller Romantik und geballter Weihnachtsstimmung, sondern auch mit Spannungsmomenten und einem ernsten Kernthema.

Klappentext:
Seit Melissa ihren gewalttätigen Ex-Mann verlassen hat, lebt sie in ständiger Angst. Als sie dann dem Sicherheitsexperten Lennart und seiner jungen Boxerdame Sissy begegnet, will sie instinktiv auf Abstand gehen. Zu groß ist Melissas Angst vor Nähe, und sie hat sich geschworen, ihren kleinen Sohn Andy vor jeglicher Gefahr zu schützen, koste es, was es wolle. Doch Lennart ist so ganz anders als ihr Ex und setzt sanft alles daran, sie näher kennenzulernen. Bald schon kann sie sich ihrer Gefühle für ihn kaum noch erwehren. Doch dann überschlagen die Ereignisse sich, und Santa Claus und seine Crew haben alle Hände voll damit zu tun, das Weihnachtsfest doch noch zum Fest der Liebe zu machen.

Petra Schiers Schreibstil ist flüssig und unterhaltsam, die Kapitel angenehm kurz. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Dies ist bereits der 8. Band der Reihe „Weihnachtshund“. Jeder Band kann aber unabhängig von den anderen gelesen werden, auch wenn die Protagonisten der Vorgängerbände als Nebenfiguren agieren. Kennt man bereits mehrere Bände, so fühlt man sich fast dazugehörig zur Dorfgemeinschaft.

Das Weihnachtsflair ist derart anschaulich geschildert, dass ich mich wunderbar in die Szenerie am Weihnachtsmarkt hineinversetzen konnte, von der Weihnachtsliederbeschallung bis zu all dem Glitzer und den Punsch- und Essensgerüchen. Das über und über geschmückte Blockhaus erstrahlte vor meinem geistigen Auge so eindrucksvoll, als stünde ich davor.

Die zwischengeschobenen Szenen mit dem Treiben des Weihnachtsmanns, seiner Frau und dem Elfenteam unterstreichen nicht nur das Weihnachtliche, sondern man fühlt sich ein bisschen in die Kindheit zurückversetzt. Wie schön war das, als man tatsächlich noch daran glaubte! Dem Kind in mir gefiel dieser Ausflug ins Märchenhafte sehr. Und es war auch sehr amüsant. Keksbackende Rentiere – welch köstliche Vorstellung!

Der Haupthandlungsstrang ist eine gelungene Kombination von Spannung und einer Liebesromanze. Die Szenenwechsel – vom Weihnachtsmann am Nordpol zu Melissa, Lennart und deren Freundeskreis - gestalten den Roman sehr abwechslungsreich. Zudem ist man laufend den verschiedensten Gefühlen ausgesetzt: man spürt Melissas Ängstlichkeit und Unsicherheit sowie die schwelende Bedrohung durch den Ex-Mann, bangt mit ihr und genießt andererseits die romantischen und fröhlichen Aktivitäten der beiden Jungverliebten, und last but not least die amüsanten Kommentare der Boxerdame Sissy. Die sich sehr behutsam entwickelnde Beziehung zwischen Melissa und Lennart ist einfühlsam, voller Romantik und Leidenschaft, aber stets dezent prickelnd erotisch geschildert.

Melissa und Lennart sind sympathische Protagonisten, mit vorwiegend liebenswerten Eigenschaften, die trotz ihres Traumfrau/Traummann-Nimbus aber auch Schwächen und Unsicherheiten zeigen; sie sind sehr lebendig, sehr gefühlsintensiv charakterisiert, man erhält in Gedankenwelt beider Einblick und kann so ihre Aktionen nachvollziehen. Aber auch die Nebenfiguren sind anschaulich gezeichnet, mit markanten Wesenszügen, wobei ich insbesondere die Wandlung von Maria, Melissas Mutter, interessant fand. Das Wunderschöne an der Dorfgemeinschaft ist die Hilfsbereitschaft und ehrliche Freundschaft, das Füreinander. In der Realität leider kaum noch zu finden.

So locker und stimmig das Weihnachtsambiente und die Lovestory auch sind, so bleibt dennoch der ernste Hintergrund stets präsent und regt durchaus zum Nachdenken an. Gewalttätigkeit gegenüber Frauen und Kinder kann sehr vielfältig sein. Es müssen nicht Handgreiflichkeiten sein, auch psychische Manipulation gehört dazu. All das wird angesprochen, sehr gut dosiert, ohne die Leichtigkeit des Romans zu zerstören.

Mit „Weihnachtszauber und Hundepfoten“ ist Petra Schier neuerlich ein bezaubernder Roman gelungen, der mich erfolgreich alles rundherum vergessen und mich eintauchen ließ in eine fast heile Welt, in eine Welt, in der es trotz aller Widrigkeiten ein beglückendes Happy-End gibt. Ich habe diese Lesestunden genossen und kann nur empfehlen, sich dieses Abdriften ins Romantische zu gönnen.

Bewertung vom 05.11.2023
Wind, Jennifer B.

Wasserfallsturz


ausgezeichnet

Alte Schuld – späte Rache

„Wasserfallsturz“ von Jennifer B. Wind ist ein beineindruckend vielschichtiger Regionalkrimi, packend, berührend und nachdenklich stimmend. Ein äußerst gelungener Auftakt zu einer neuen, in der Steiermark beheimateten Reihe.

Worum geht es?
Chefinspektorin Franziska Fürst kehrt nach ihrer Scheidung mit ihren beiden Kindern in ihren Heimatort zurück, wo sie ein rätselhafter Fall erwartet. Eine Lehrerin liegt nach einem Sturz beim Günster Wasserfall im Koma. Je mehr Franzi ermittelt, desto mehr verstärkt sich ihr Eindruck, dass es kein Unfall war, sondern ein Mordversuch. Doch wer hätte ein Motiv?

Das Cover mit der für Murau signifikanten Ansicht, nämlich der Bogenbrücke über der Mur, stimmt hervorragend auf die Region ein, die Graufärbung und die geballten Wolken symbolisieren das Bedrohliche der Handlung. Zudem passt auch die Grün-Weiß-Gestaltung exakt zu den Farben der Steiermark. Auf der Innenseite des Umschlags befindet sich eine Skizze der wesentlichsten Örtlichkeiten von Schöder sowie der unmittelbaren Umgebung, wodurch man sich mit Leichtigkeit im Ort der Handlung zurechtfindet.

Das Buch erschien 2023, die Handlung spielt teils in der Gegenwart, teils in der Vergangenheit. Der Krimi ist in kurze Kapitel untergliedert, teilweise mit Überschriften versehen, wodurch sich die drei Handlungsstränge – Gegenwart, Vergangenheit und die Gedanken der im Koma befindlichen Frau – ausgezeichnet unterscheiden lassen. Der flüssige Schreibstil ist bildhaft und facettenreich, je nach Situation locker und humorvoll bis atmosphärisch packend und berührend. Gut dosiert ist auch der steirische Dialekt eingesetzt, der das Lokalkolorit ebenso unterstreicht wie Gebräuche und Landschaftsbeschreibungen.

Bereits der Prolog packt einen. Gefangen im Wachkoma. Welch eine alptraumhafte Vorstellung! Das erste Gänsehautfeeling. Die stetigen Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen lassen die Spannung nie versiegen. Man wird regelrecht eingefangen von all den rätselhaften Vorgängen in der Gegenwart, die einen ebenso beschäftigen wie die Frage, wie die eingeschobenen Szenen aus dem Leben der beiden Kinder Esther und Sophie zur Zeit des Zweiten Weltkriegs mit den Ereignissen der Gegenwart zusammenhängen. Und immer wieder das Bangen um die um ihr Leben kämpfende, wehrlos im Koma liegende Frau. Es gibt viel Raum für den Leser zum Mitfiebern und für eigene Vermutungen. Auch wenn die polizeilichen Ermittlungen nur langsam vorankommen, bleibt das Geschehen stets fesselnd. Man möchte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Selbst als sich für den Leser (allerdings noch nicht für die Polizei) langsam der Täter herauskristallisiert, ergeben sich noch überraschende Wendungen bis letztlich in einem dramatischen Showdown dieser gefasst wird und sich alle seltsamen Vorkommnisse geklärt haben.

Im Mittelpunkt steht Franziska, sympathisch, kompetent, mit den üblichen Problemen einer geschiedenen Alleinerzieherin mit zwei Kindern, wobei eines noch dazu mitten in der Pubertät steckt und gegen alles rebelliert. Verschärft wird die private Situation durch den Ortswechsel von der Stadt aufs Land, der die Kinder aus dem gewohnten Umfeld herausreißt, und durch das Zusammenleben am elterlichen Bauernhof mit dem im patriarchischen Weltbild verhafteten Vater. Doch Franzi weiß sich durchzusetzen, privat wie beruflich, wo sie einerseits mit ihrer Jugendliebe Max zusammenarbeiten muss, und andererseits sich auch mit ihrem Ex-Mann Nick auseinandersetzen muss, der sich zum LKA Graz versetzen ließ, um die Nähe zu seinen Kindern zu wahren. Franzi und Max bilden relativ rasch ein harmonisches Team. Noch knistert es sehr leise, doch da spürt man schon zwischen den Zeilen, dass sich hier mehr entwickeln könnte. Das Private ist gut dosiert. Man lernt die Protagonisten kennen, doch der Kriminalfall bleibt stets im Vordergrund. Ob Haupt- oder Nebenakteure, alle sind mehr oder weniger emotional bzw. tiefgehend gezeichnet, wirken aber stets authentisch und in den Handlungen nachvollziehbar.

„Wasserfallsturz“ hat mir prickelnde, auch nachdenkliche Lesemomente beschert, mich von Anfang bis zum Ende gefesselt und Lust auf weitere Fälle mit dem sympathischen Team Franzi und Max gemacht. Ein Regionalkrimi, den man nicht so schnell vergisst und den man sich nicht entgehen lassen sollte! 5 Sterne sowieso.

Bewertung vom 23.10.2023
Fechtig, Vera

10 Wochen zu früh - Ein einschneidendes Erlebnis


sehr gut

Als Mutter ein eigenes Unternehmen führen – es geht!

Mit „10 Wochen zu früh“ erzählt Vera Fechtig nicht nur, wie die Geburt ihrer Zwillinge ihr Leben veränderte, sondern will mit ihrer Geschichte anderen Frauen, die unternehmerische Selbstständigkeit mit Mutterschaft verbinden wollen, Mut machen, ihr Leben passend zu den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu gestalten.

Klappentext (adaptiert):
Die Autorin ist selbstständige Grafikdesignerin. In diesem Buch beschreibt sie, wie sie ihren eigenen Weg geht und ihr Leben so gestaltet, wie es für sie selbst, ihren Mann und ihre Zwillinge richtig ist. Ganz unabhängig von Normen, Zwängen, Erwartungen der Gesellschaft - aber auch der eigenen Erwartungen, was man tun muss und wie man zu sein hat. Das hört sich ganz wunderbar an. Doch erlauben wir uns das selbst wirklich?

Ursprünglich wollte Vera Fechtig das Buch nur für sich selbst schreiben, um die Emotionen und Erlebnisse der letzten fünfeinhalb herausfordernden Jahre zu verarbeiten, entschied sich letztlich zur Veröffentlichung, um anderen Frauen in ähnlicher Situation Impulse zu geben. Gegliedert ist das Buch in mehrere, jeweils kurz gehaltene Kapitel, die mit auf die Thematik des jeweiligen Abschnittes hinweisenden Titeln versehen sind. Es gibt auch ein Inhaltsverzeichnis. Das Schriftbild ist gut leserlich, der Schreibstil flüssig. Man fliegt recht flott durch die rund 190 Seiten. Einzig das stetige Gendern fand ich persönlich lästig.

Das Buch ist einerseits biografisch, andererseits soll es beispielhaft als Sachbuch bzw. Ratgeber fungieren. Die Autorin erzählt über ihr Leben, in etwa beginnend beim Kennenlernen ihres Mannes 2007, bis ins Jahr 2021, dem Erscheinungsjahr des Buches. Schwerpunktmäßig geht es um die Schwangerschaft, die Frühgeburt ihrer Zwillinge im Jahr 2016 und die ersten Jahre mit den Kleinkindern. Und natürlich darum, wie es ihr gelang, trotz Mutterschaft ihre von Kreativität geprägte selbstständige Berufstätigkeit auszuüben. Trotz der Offenheit und Ehrlichkeit, mit der die Autorin ihr Leben ausbreitet, empfand ich vom Erzählstil her die Geschichte als emotional gebremst, etwas distanziert, was natürlich daran liegen mag, dass es sich nicht um ein Tagebuch handelt, in dem Gefühle des Augenblicks festgehalten werden, sondern um eine Niederschrift aus der Erinnerung. Natürlich werden Ängste, Bedenken, Sorgen, Glücksgefühle, auch die Schwierigkeiten zu Coronazeiten erwähnt, sachlich, als Fakten, aber die Emotionen sind nicht hautnah zu spüren. Ist vermutlich auch nicht die Intention der Autorin gewesen, das zu vermitteln. Es ist eben kein Roman, sondern ein Ratgeber dahingehend, sich anhand ihres Beispiels nicht von Konventionen und der Meinung anderer davon abhalten zu lassen, das zu tun, was für einen selbst das Beste ist.

Ich fand die Story durchaus lesenswert, auch wenn ich als Pensionistin keineswegs der angesprochenen Zielgruppe angehöre und auch früher nie angehört hätte als unselbständige Angestellte. Frau Fechtigs Zielstrebigkeit, ihre Energie und ihr Selbstbewusstsein, kombiniert mit gut dosiertem Egoismus, nötigte mir Respekt und Bewunderung ab. Statements, wie dass es keine Schande sei, sich Hilfe zu holen, ob privat oder beruflich, haben wohl für jedermann Gültigkeit, nicht nur für selbstständige Unternehmerinnen, ebenso wie die Tatsache, dass familiärer Zusammenhalt und Unterstützung eine unerlässliche Grundvoraussetzung darstellen, um einer Frau den nötigen Freiraum zu geben, sich beruflich zu verwirklichen. Nämlich nicht nur in kreativen, privilegierten Berufssparten, sondern auch als Verkäuferin, die z.B. sich zur Filialleiterin hinaufarbeitet.

Ein lesenswertes Buch. Nicht nur für Frauen, denke ich. Denn die Art und Weise, wie Frau Fechtig von ihrem Mann mit einer Selbstverständlichkeit unterstützt wurde, ist vorbildhaft.

Bewertung vom 22.10.2023
Österreichs, KrimiautorInnen

MordsZeit (eBook, ePUB)


sehr gut

Mörder sind hier und überall

„MordsZeit“ beinhaltet auf rund 100 Seiten 21 abgeschlossene mörderische Geschichten für zwischendurch, verfasst von folgenden österreichischen KrimiautorInnen (in alphabetischer Reihenfolge): Mina Albich, Gerhard Appelshäuse, Constanze Dennig, Beate Ferchländer, Leopold Fröhlich, Veronika A. Grager, Petra K. Gungl, Eva Holzmair, Alexander Kautz, Gerhard Loibelsberger, Nicole Makarewicz, Eric Manz, Sabine Marx, Sabina Naber, Christine Neumeyer, Günther Pfeifer, Karina Pfolz, Eva Reichl, Rhena Weiss, Helmut Scharner und Franz Zeller.

So verschieden wie die Schreibstile der einzelnen VerfasserInnen, so abwechslungsreich sind auch die Geschichten, von amüsant bis gruselig, von beklemmend bis makaber. Da ist wohl für jeden Geschmack etwas darunter. Auch ich hatte einige Favoriten. Wirklich das Ideale für Wartezeiten beim Arzt, U-Bahn-Fahrten oder dergleichen. Ob sie sich, wie in der Inhaltsangabe empfohlen, als Einschlafstories eignen, möchte ich persönlich bei einigen bezweifeln. Manche hätte mir wohl Albträume verursacht.

Das Büchlein erschien 2022. Es verfügt über eine Inhaltsangabe am Anfang und ausführliche Informationen zu den AutorInnen samt Foto am Ende. Zudem ist es optisch sehr ansprechend gestaltet mit wunderschönen Illustrationen von Karina Pfolz.

Interessant ist, wie dieses Buch entstand. Alljährlich präsentieren die Österreichischen KrimiautorInnen auf der BuchWien „FünfMinutenKrimis“. Hiermit folgte man dem steten Aufruf der Leserschaft nach Veröffentlichung.

Abgesehen davon, dass die Geschichten Lesevergnügen bereiten, unterstützt dieses Buch die Kinderkrebshilfe.

Bewertung vom 21.10.2023
Lerchbaum, Gudrun

Zwischen euch verschwinden


ausgezeichnet

Das Gesetz des Handelns

„Zwischen euch verschwinden“ von Gudrun Lerchbaum ist kein 0815 Whodunit-Kriminalroman, sondern die packende Geschichte einer Frau, die durch Verkettung unglücklicher Umstände, auch durch diverse Todesfälle, in immer mehr Abhängigkeit, Illegalität und Unterdrückung gerät.

Bereits das Cover mit diesem undeutlichen Frauengesicht assoziiert das Verwaschene einer Existenz. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart. Das Buch gliedert sich in Teil eins, Marias Zeit als Kellnerin, und Teil zwei als Pflegerin. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Die detaillierten Beschreibungen des Umfelds erzeugen anschauliche Bilder im Kopf und machen Stimmungen nachempfindbar.

Man ist von der ersten Seite an mitten im Geschehen, versucht Marias Reaktionen und Handlungen nachzuvollziehen, was mir nicht von Anfang an gelang. Man spürt deutlich das bedrückende Ambiente, die Einengung, unter der sie zu Lebzeiten der Mutter litt. Als niemand mehr da ist, der Entscheidungen fällt, überfordert sie die plötzliche Freiheit. Verunsichert ergreift sie die Flucht. Schwer verständlich anfangs. Doch je länger ich Marias Werdegang mit verfolgte, desto klarer wurde mir ihr Charakter. Die Wesenszüge eines Menschen, dem es völlig an Selbstwertgefühl fehlt. Maria wurde immer bevormundet, von dominanten Menschen unterdrückt, von den Eltern, dem Ex-Mann. Das hat sie geprägt und führt dazu, dass sie immer wieder in prekäre Situationen, in Abhängigkeit gerät, immer von Neuem ausgenutzt wird, zu einem leichten Opfer wird, als Schwarzarbeiterin, als Pflegekraft.

Normalerweise ist es für mich wichtig, mich mit einer Figur des Romans identifizieren zu können. Das gelang mir bei Maria nicht, zu kontrovers waren ihre Aktionen. Aber sie war mir von Beginn an sympathisch. Sie tat mir leid, wie sie jeweils vom Regen in die Traufe schlitterte, scheinbar chancenlos, aus diesem Tief jemals herauszukommen. Marias Gedanken geben tiefe Einblicke in ihre Psyche, ihre Hilflosigkeit, ihre Wut. Viel zu lange verhält sie sich zu passiv, zu lange nimmt sie alles schweigend hin. Dennoch, Maria lernt dazu, Maria lernt sich zu wehren, lernt sich mehr und mehr durchzusetzen, lernt, ihre Position zu verbessern. Jede Begegnung mit Menschen, ob diese ihr wohlgesinnt sind oder ihr Böses wollen, trägt zu ihrer Entwicklung bei. Maria erkennt, wie sie es nennt, das Gesetz des Handelns. Von Seite zu Seite wünschte ich ihr ein besseres Leben, ein bisschen Glück. Der dramatische Showdown führt zu einer überraschenden Wende und lässt hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.

Abgesehen von dem Schicksal der Protagonistin, das einem unmittelbar packt, weil man mit ihr leidet und dieselbe Wut gegen all jene spürt, die sie ausnutzen, bedrängen und attackieren, ist es die Kernthematik des Romans, die einen nachdenklich stimmt. Maria steht stellvertretend für Tausende und Abertausende Menschen, denen es tatsächlich so geht, ob mit der eigenen Identität oder wie Maria mit einer falschen. Illegale Arbeitskräfte, in Privathaushalten agierende Pflegekräfte, ich denke, da gibt es viele, die ebenso schamlos ausgenutzt, diskriminiert und unterdrückt werden.

„Zwischen euch verschwinden“ ist ein Buch, das man gelesen haben sollte. Von mir eine eindeutige Leseempfehlung mit 5 Sternen.

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Bewertung vom 20.10.2023
Willem, J. H.

Eiskalte Übernahme


ausgezeichnet

Manipuliert

„Eiskalte Übernahme“ von J.H. Willem ist ein spannender Kurzkrimi mit aktueller Thematik, mittlerweile bereits der dritte Band dieser trotz Leichen unblutigen Cosy-Krimi-Reihe.

Der Schreibstil liest sich flüssig. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Das Buch erschien 2023 und spielt in der Gegenwart. Das Büchlein umfasst nur rund 140 Seiten, entpuppte sich aber trotz der Kürze als ausgezeichnet konzipierter Krimi mit zahlreichen Spannungsmomenten, Cliffhangern und Action. Die Handlungsorte, das Umfeld und die Charaktere sind gut vorstellbar beschrieben. Die Symbolik des Covers durchschaut man allerdings erst, sobald man die entsprechende Stelle im Buch gelesen hat.

Die Handlung verläuft geradlinig und übersichtlich. Man ist auch sofort mitten in der Geschichte. Ein Kurzkrimi bietet wenig Raum für mehrere ineinander verschlungene Handlungsstränge und langwierige Verfolgung in die Irre führender Spuren. Trotzdem hält sich die Spannung durchgehend auf gutem Niveau. Der Plot fasziniert und erschreckt zugleich anhand der Mordidee. Ist ein Fremdzugriff auf die Software eines Autos Utopie oder technisch tatsächlich bereits machbar? Da wird man schon nachdenklich. Den Täter vermutet man bald, doch dessen Motiv und wer in Wirklichkeit im Hintergrund die Fäden zieht, zeigt sich erst im dramatischen Showdown.

Das Duo Adam und Lizzie wirkt sympathisch und lebendig, allerdings weiß man relativ wenig über die beiden, auch nicht übers Privatleben. Das liegt eben an der Kürze des Romans. Würde mir fast wünschen, der Autor würde diesen Bereich in Zukunft etwas ausschmücken.

„Eiskalte Übernahme“ hat mir ausgezeichnet gefallen. Aufgrund seiner Kürze eignet sich der Krimi ideal für zwischendurch, man kann das Buch locker in einem Rutsch auslesen. Es hat mir spannende Lesestunden bereitet und große Lust auf weitere Fälle der beiden gemacht. Dafür gibt es von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 18.10.2023
Brandes, Richard

Nebel über der Uckermark


ausgezeichnet

Hellseherei - ein Fake?

„Nebel über der Uckermark“ von Richard Brandes ist ein extrem spannender Kriminalroman, ein richtiger Pageturner, und er entführt in einen Landstrich, der wohl nicht vielen vertraut ist.

Klappentext:
Kriminalhauptkommissarin Carla Stach wird mit einem ungewöhnlichen Fall konfrontiert: Eine Hellseherin behauptet, einen Mord vorhergesehen zu haben. Kurz darauf wird eine junge Frau als vermisst gemeldet, und ihr Aussehen gleicht exakt dem des Mordopfers, das die Hellseherin beschrieben hat. Carla ist skeptisch, denn sie glaubt nicht an derlei Hokuspokus – und doch wird sie unruhig. Schließlich wurde ihr auch prophezeit, dass sie selbst in Gefahr geraten wird ...

Das Cover passt ausgezeichnet zum Titel und unterstreicht die Stimmung, das Unheimliche, das Nebulöse, einerseits im einsamen, unendlich scheinenden Wald, andererseits symbolisch auch im Hinblick auf das Diffuse von seherischen Fähigkeiten. Der Schreibstil ist flüssig, die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Orts- und Zeitangaben. Das Buch erschien 2023. Die Handlung spielt in der Gegenwart.

Dies ist bereits der dritte Band der Reihe mit Kriminalhauptkommissarin Carla Stach und ihrem Team. Ich kannte bereits den Vorgängerband, mir waren somit die Protagonisten und ihre Beziehungen zueinander vertraut. Dennoch denke ich, dass auch Neueinsteiger nicht nur problemlos in den für sich stehenden Fall hineinkommen, sondern auch den relevanten Personenkreis rasch überblicken.

Nach dem Prolog, der schon einen Hauch von Übersinnlichem vermittelt, ist man bereits mitten in Szenerien, die Gänsehautfeeling erzeugen: da irrt eine Frau ziellos durch den Wald und ein Ehepaar wird brutal ermordet; wie sich herausstellt, sind sie weitere Opfer eines Serienmörders. In der Folge entwickeln sich zwei Handlungsstränge. Einerseits ermittelt Carlas Kollege Maik undercover in einer rechtsradikalen Klimawandelverschwörungs-Gruppe, da man in diesem Kreis den Serienmörder vermutet, andererseits beginnen Carla und ihre Kollegin Julia aufgrund eines Hinweises einer Hellseherin, in einem Vermisstenfall zu recherchieren. Durch die stetigen Perspektiven- bzw. Ortswechsel, etliche brenzlige Situationen, in die die Protagonisten geraten, die Kürze der Kapitel, die noch dazu meist mit einem Cliffhanger enden, wird das Spannungsniveau derart hoch gehalten, dass man das Buch kaum noch aus der Hand legen möchte. Zudem erlebt an ein wahres Wechselbad der Gefühle: man bangt um den in die Verbrecherbande eingeschleusten Polizisten, ängstigt sich mit dem flüchtenden Opfer vor dem Killer und hofft doch, dass es überlebt. Zudem macht man sich Gedanken, inwieweit diese hellseherischen Vorhersagen stimmen oder reine Erfindung sind, natürlich auch, wie die beiden Fälle zusammenhängen. Es mangelt weder an Verdächtigen noch an in die Irre führenden Spuren. Man tappt bis zuletzt in Dunkeln, wer der geheimnisvolle Mörder ist. Letztlich fügen sich, was die Morde anbelangt, alle Fäden schlüssig zusammen. Was die Hellseherin nun tatsächlich „vorhergesehen“ bzw. „gespürt“ hatte und wo sie Informationen hatte und geschwindelt hat, blieb teilweise vage.

Sehr ausgewogen ist mit den Ereignissen rund um die Kriminalfälle auch das Privatleben des Ermittlerteams eingearbeitet. Die primär sympathischen Protagonisten werden sehr anschaulich, sehr lebendig charakterisiert, zeigen Gefühle, Stärken und Schwächen, auch Ängste. Sie wirken realistisch, wie z.B. Carla, etwas übergewichtig und dem Pensionsalter nicht mehr so fern, die manchmal an ihre körperlichen Grenzen stößt, ihre mangelnde Fitness spürt. Die farbige Julia wird immer wieder mit Diskriminierung und Vorurteilen konfrontiert, meistert diese Aversionen in der Regel sehr professionell und cool. Auf Esoterik und Übersinnlichem reagieren die einen mit mehr, die anderen mit weniger Skepsis. Maik ist charakterlich nicht optimal für den Undercover-Einsatz geeignet, er verfügt nicht über die nötige psychische Stärke. Auch Nebenfiguren sind gut vorstellbar beschrieben, entsprechen positiverweise auch nicht immer Klischees. So ist einer der Kriminellen mit sympathischen Zügen behaftet, ein im Herzen Guter, schwach, leicht manipulierbar und beeinflussbar, der in schlechte Gesellschaft geriet. Sehr liebenswert sind auch die Tiere, der Dackel Bruno und die Katze Glöckchen, deren tagelanges Verschwinden auch den Leser beunruhigt.

Mich beeindruckte die Vielschichtigkeit des Romans. Ein packender Plot, fundierte psychologische Kenntnisse, die Thematik Hellsehen, wobei die Widersprüchlichkeit zwischen rein wissenschaftlicher Sichtweise und dem Vorhandensein von Esoterik gut herausgearbeitet ist. Auch das Thema der Verschwörungstheorien, hier im Zusammenhang mit dem Klimawandel, verbunden mit Rechtsbürgern wird gestreift. Last but not least wird auch Rassismus angesprochen.

„Nebel über der Uckermark“ - diesen Krimi empfehle ich wärmstens, und nicht nur diesen Band, sondern die gesamte Reihe.

Bewertung vom 14.10.2023
Panizza, Kaspar

Graffitikatz


ausgezeichnet

Frau Merkel trifft Banksy

„Graffitikatz“ von Kaspar Panizza ist ein humorvoller Wohlfühlkrimi, mit bayrischem Lokalkolorit und gemütlichem Flair, in dem aber wie stets bei dieser Reihe auch ein wenig Gesellschaftskritik steckt, wie eben diesmal Gedanken über die Sinnhaftigkeit übermäßiger Tätowierungen und das Trara, das rund um den die Öffentlichkeit scheuenden Künstler Banksy gemacht wird.

Bereits das Cover assoziiert den Zusammenhang mit Banksy-Graffitis. Es ist ganz im Stil dieses berühmten Zeichners gehalten. Das Buch erschien 2023 und ist bereits der 8. Band dieser Reihe. Der Schreibstil ist flott und flüssig, die wochentagweise Einteilung der Kapitel sehr übersichtlich. Obwohl jeder Fall für sich abgeschlossen ist, empfiehlt es sich, mit Band 1 zu beginnen. Der Roman verfügt über eine Personenliste, die ich, auch wenn es für mich ein Wiedersehen mit bereits bekannten Protagonisten war, wiederum sehr geschätzt habe. Die Handlung spielt in der Gegenwart.

Man ist sofort mitten im Geschehen: soeben wurde ein Mord verübt. Und von Beginn fragt man sich in welchem Zusammenhang mit den Morden die Tagesbucheintragungen stehen, die immer wieder als weiterer Handlungsstrang zwischen den Ermittlungsfortschritten eingeschoben sind. Man tappt lange im Dunkeln, rätselt mit, bis sich die verschlungenen Fäden entwirren und der doch recht komplexe Fall aufgelöst wird, zwar logisch und nachvollziehbar, aber nicht wirklich dank akribischer Ermittlungsarbeit, sondern eher Kommissar Zufall verdankend.

Die Stamm-Protagonisten sind durchwegs sympathisch gezeichnet, mit liebenswürdigen Vorlieben und Eigenheiten; vor allem im Team Steinböck herrscht Harmonie und eine familiäre Arbeitsatmosphäre. Als besondere Menschen stechen Kommissar Emil Mayer junior als Farbiger und Rollstuhlfahrer sowie die gebürtige Vietnamesin und gewiefte ITlerin Huong hervor. Nebenfiguren sind ebenfalls gut vorstellbar beschrieben. Aber Mittelpunkt und der Star dieser Reihe ist unbestritten die Katze Frau Merkel mit ihren vorlauten, besserwisserischen, lästernden und amüsanten Kommentare, ebenso wie ihre unverfrorene Art, sich immer in den Vordergrund zu spielen, die besten Häppchen zu ergattern. Die Dialoge von Steinböck mit der Katz sind einfach zum Zerkugeln.

Bei „Graffitikatz“ stehen eindeutig leichte, humorvolle Unterhaltung und liebenswerte Charaktere im Mittelpunkt, nicht Action und prickelnde Spannung. Mir als begeisterter Fan der Katze Frau Merkel hat dieses Buch wieder höchstes Lesevergnügen beschert. Ich freue mich auf weitere Fälle. Eine Leseempfehlung für jeden, der amüsante Krimis liebt und für den ausgeklügelte Ermittlungsarbeit nicht das Wichtigste ist.