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SusanK
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Osnabrück

Bewertungen

Insgesamt 237 Bewertungen
Bewertung vom 06.12.2021
Maxian, Beate

Das Collier der Königin


sehr gut

Als die Wiener Versicherungsangestellte Leah völlig überraschend ein wertvolles Diamentencollier von ihrer zurückgezogen lebenden Tante als vorgezogenes Erbe erhält, beginnt sie Nachforschungen anzustellen. Dabei finden sich nicht nur Verbindungen zu Marie Antoinette und der Französischen Revolution, sondern auch im privaten Bereich von Leah ergeben sich neue Wege.....

In zwei unterschiedlichen Erzählsträngen erzählt die Autorin Beate Maxian eine Familiengeschichte in der Gegenwart und einen spannenden historischen Blick in das Paris des Jahres 1794 und auf die Französische Revolution anhand der Schicksals von Isabelle Blanc. Ich muss zugeben, dass mir dabei gerade der spannende geschichtliche Teil wesentlich besser gefallen hat als die doch etwas vorhersehbare und süßliche Geschichte der Gegenwart, in der sich zwei entfremdete Schwestern wiederfinden und Leah die Liebe findet und einen verhassten Job aufgibt.

Beate Maxian vermag jedoch, ihre Leser*Innen mit einem flüssigen Schreibstil und den wunderschön gezeichneten Bildern in ihrer Sprache in den Bann zu ziehen und einen lebhaften Einblick in die Geschichte zu geben. Die Spannung und Eindringlichkeit waren selbstredend im historischen Teil größer, doch anhand des roten Fadens konnte die Autorin das Buch jederzeit zu einem Page-Turner entwickeln.

Die Autorin verwebt in der Handlung fiktive und historische Persönlichkeiten (die im Personenverzeichnis aufgegriffen werden) zu einer mitreißenden Geschichte. Dabei konnte ich mit den Figuren sehr mitfühlen und habe mich gerne mit Leah zusammen auf die Entdeckungsreise begeben.

Dieses Buch wird für mich sicher nicht das letzte dieser Autorin sein!

Bewertung vom 06.12.2021
Moorhead, S. E.

Witness X - Deine Seele ist der Tatort


sehr gut

2035; die Neuropsychologin Kyra Sullivan arbeit an einer Technologie namens CASNDRA, die Erinnerungen von Personen "auslesen" soll. Doch birgt dies auch die Gefahr, die psychologische Gesundheit der Beteiligten anzugreifen.
Als nun die Leiche einer brutal ermordeten Frau aufgefunden wird, lassen sich zahlreiche Parallelen zu einer Mordserie von vor 14 Jahren finden - doch der verurteilte Täter sitzt in HochsicherheitsHaft. Wurde der Falsche verurteilt? Da die Schwester von Kyra zu den früheren Opfern gehörte, will Kyra unbedingt die Ermittlungen unterstützen und bringt ihre Entwicklung zur Anwendung. Doch dies hat fatale Folgen.....

Als ich zu Beginn des Buches von der Zeit 2035 las, war ich zunächst erschrocken; bin ich doch kein Fan von Science Fiction. Doch diese Angst erwies sich schnell als unbegründet, denn alle beschriebenen technischen Entwicklungen sind gut denkbar und durchaus realistisch in der nahen Zukunft. Die technischen Aspekte sind sehr gut beschrieben und verständlich und insbesondere das Verfahren CASNDRA regt zum Nachdenken an!

Der Schreibstil ist flüssig und leicht lesbar. Die Autorin blendet immer wieder Szenen aus der Perspektive des Mörders und seiner Opfer ein; die vielen Puzzlestücke setzen sich zunehmend zusammen und der Spannungsbogen steigt stetig an bis hin zu einem furiosen Showdown am Ende, in dem sich - nach einigen überraschenden Wendungen - alles für den Leser nachvollziehbar auflöste.

Die Figuren sind mehrdimensional angelegt bis in die Nebenrollen hinein und wussten zu überzeugen. Trotzdem behielt ich eine gewisse Distanz zu der Wissenschaftlerin Kyra und dem Ermittler Tom.

Mich hat dieses komplexe Debüt der britischen Autorin S. E. Moorhead sehr gut unterhalten und ich empfehle den Thriller gerne weiter.

Bewertung vom 03.12.2021
Hillenbrand, Tom

Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7


sehr gut

Der Luxemburger Koch und Restaurantbesitzer Xavier Kieffer beginnt, eigene Nachforschungen anzustellen, als der Stadtimker Pol Schneider verunfallt und seine Bienen auf merkwürdige Weise verschwinden. UNd auch seine Freundin Valérie Gabin kommt internationalen krummen Machenschaften auf die Spur, nachdem sie auf einer Geschäftsreise den Diebstahl von Bienen beobachtet. Doch wie hängt alles zusammen und was ist das eigentliche Ziel der Kriminellen?

Tom Hillenbrand legt mit "Goldenes Gift" seinen siebten kulinarischen Krimi um den Luxemburger Koch und Restaurantbesitzer Xavier Kieffer vor. Diesmal widmet er sich dem Thema "Honig" und dem besorgniserregenden Bienensterben weltweit; Pestizide, Honigpanscherei und Gentechnik dürfen da natürlich nicht fehlen. Keine Frage, dies sind wichtige Themen, für die Hillebrand wieder gut recherchiert hat und dem Leser etliche Informationen und Denkansätze gibt. Ich habe definitiv einiges gelernt.

Dabei ist der eigentlich "Fall" nicht so spannend und mitreißend, wie es begeisterte Hillenbrand-Leser gewohnt sind. Die Ermittlungen, die diesmal nicht nur von Xavier, sondern auch zu einem Großteil von Valérie geführt werden, teilen sich in zwei Handlungsstränge auf - und gerade Valérie agiert naiv bis dumm, unüberlegt bis unlogisch und hat mich oft geärgert, bis es am Ende zu einem großen Showdown kommt, in dem alle offenen Fragen geklärt werden.

Unschwer zu erkennen, dass ich kein großer Fan von Valérie bin, die Xavier stets "Süßer" nennt und für ihren Freund eigentlich nie greifbar ist. Ansonsten gab es ein schönes Wiedersehen mit dem unprätentiösen ehemaligen Sternekoch und seinem finnischen Stammgast Pekka, der stets die richtigen Kontakte hat und sich mit seinem LIeblingskoch und Weinlieferanten nette Wortgefechte liefert.
Für mich als Fan der Reihe war es wieder ein Treffen mit vertrauten und liebgewonnenen Figuren; für Einsteiger gibt es nur wenige Informationen zu diesen.

Im Mittelpunkt steht - neben dem Honig und den Bienen - natürlich wieder die Heimat Kieffers: Luxemburg oder auch "Stad Lëtzebuerg" mit seiner besonderen Topografie und als Sitz zahlreicher europäischer Institutionen und Finanzunternehmen. In seinem Restaurant "Deux Èglises" kocht Kieffer natürlich typisch Luxemburger Gerichte wie "Biwwelamoud", "Kanéngche mit Moschterzoos", "Judd mat Gaardebounen" oder "Mummentaart" (keine Angst, die Gerichte werden im angehängten Glossar erklärt) und macht einfach total Lust, selbst einmal die Stadt und seine Spezialitäten zu entdecken.

Aufgrund der Brisanz des Themas und als absoluter Fan der Reihe kann ich - mit viel gutem Willen - gerade noch 4 Sterne vergeben. Lesenswert.

Bewertung vom 03.12.2021
Atkins, Dani

Bis zum Mond und zurück


gut

Als die begeisterte Astronomin Lisa zu einer Messe nach London fährt, bei der sie einen Vortrag halten soll, verunglückt der Zug und LIsa stirbt - und lässt ihren Mann und und ihren 6jährigen Sohn leidend zurück. Gegen sein Wissen hatte Lisa sich als Organspenderin registrieren lassen, und so erhalten Molly ihr Herz, Mac ihre Hornhäute, Barbara ihre Niere und Jamie ihre Lunge. Während ihr Sohn Connor sich immer mehr in sich zurückzieht, such ihr Mann Alex nach einer tieferen Bedeutung und drängt auf ein persönliches Kennenlernen der Gruppe.....

Dani Atkins erzählt die Geschichte abwechselt aus der Sicht der beiden Haupt-Figuren Alex und Molly und schafft es so, einen umfassenden Blick auf die Geschichte zu werfen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Anziehungskräften und der Liebe.

Obwohl ich keine Freundin von Liebesromanen bin, konnte das Buch mich in seinen Bann ziehen und ich mochte es nicht mehr aus der Hand legen.
Aber: Ich habe mich gefragt, ob ich es nicht ein wenig Schade finde, dass das Thema der Herz-Transplantation selbst bei der Hauptfigur Molly komplett ausgespart wurde.... All die vielen Fragen und Probleme, die Risiken usw. aus diesem Zusammenhang wurden weggelassen; es klingt alles ein wenig danach, als wenn es "keine große Sache" sei, was natürlich nicht stimmt. Aber vielleicht ist das gerade das Positive: die Konzentration auf die Zeit danach und das Menschliche im Gegensatz zum Technischen. Nachdem ich mich damit arrangiert hatte, konnte ich mich wieder voll auf die Geschichte fokussieren - und mein Fazit zu Aufbau und Verlauf sind positiv.

Die Figuren sind interessant gezeichnet und zu allen kann ich eine Verbindung aufbauen. Spannend, wie völlig unterschiedlich eine jede ist und wie alle Varianten abgedeckt sind. Selbst die negativen Eigenschaften, wie Jamies offensichtliche Übertreibungen oder Lügengeschichten erscheinen irgendwie charmant; ich mag grundsätzlich jeden einzelnen - was nicht heißt, dass ich einige Figuren lieber mag als andere. ;)
Am meisten berührt es mich, wie Alex und Connor leiden und wie Connor mit dem Verlust seiner Mutter umgeht: Er leugnet ihren Tod und rechnet fest mit ihrer Rückkehr. Da Connor insgesamt viel zu reif für sein Alter scheint und sich immer mehr in sich zurückzieht, tut er mir unendlich leid. Oftmals treibt mir dieses Schicksal Tränen in die Augen. Demgegenüber steht Molly, die unglaublich positiv mit ihrem Schicksal umgeht und offenbar einfach nur glücklich mit ihrem neuen Herzen ist. Selbst die Albträume, Schlaflosigkeit und ähnliches werden zwar erwähnt, scheinen Molly jedoch nicht besonders herunterzuziehen. Dies erscheint mir dann ein wenig zu fantastisch zu sein und fernab der Realität; hier hätte ich mir etwas mehr Spielraum gewünscht.


Alex "Forschungen" über das Thema der "zellulären Erinnerung" fand ich sehr interessant; ich hatte davon schon gehört. Nachdem er sich zunächst auf seine Gedanken an und um Lisa versteift hatte, gelingt es ihm mehr und mehr, sein Schicksal anzunehmen und sich der Realität zu stellen; auch für Connor kann er zunehmend der Vater sein, den Connor braucht. Insofern macht er die größte Entwicklung durch.

Zuletzt Ich muss zugeben, dass ich einigermaßen verstimmt vom Ende bin!
Während die komplette Geschichte ja das Thema "Organspende" sehr positiv darstellt und alle schwierigen Fragen und Themen überwiegend ausklammert - und mich dabei trotzdem fesseln und in den Bann ziehen konnte - fand ich den großen Showdown mit Connors Verschwinden und der abenteuerlichen Suche nach ihm mit HInweisen aus Träumen und der schnellen Rettung aus dem tosenden Meer fernab jeglicher Realität und geradezu märchenhaft. Das war mir einfach too much - und der wirklich positive Eindruck ist zerstört. Schade!

So bleiben letztlich - trotz der schönen Unterhaltung - nun doch nur noch 3,5 Sterne übrig. Ich bin aber sicher, dass viele Leserinnen das anders bewerten und nicht so kritisch sehen.

Bewertung vom 21.11.2021
Berg, Eric

Die Blankenburgs / Die Porzellan-Dynastie Bd.1


ausgezeichnet

Die Porzellanmanufaktur der Familie Blankenburg feiert ihr 150jähriges Bestehen, als die Weltwirtschaftskrise, die im "Schwarzen Freitag" 1929 ihren Höhepunkt findet, auch sie betrifft: Das Familienoberhaupt Adalmar und sein Schwiegersohn Richard begehen Selbstmord, als das Vermögen durch den Börsencrash verloren ist. Seine Töchter Ophelie und Elise, die sich bisher nicht um geschäftliche Angelegenheiten gekümmert haben, sehen sich plötzlich großer Verantwortung gegenüber. Und dass auch noch ein unehelicher Sohn Adalmars auftaucht, macht es nicht besser. Während sie versuchen, zu retten, was kaum noch zu retten ist, gewinnen die Nationalsozialisten immer mehr Einfluss - in der Politik, im Alltag und im Leben der Blankenburgs ....

Eric Berg, das Pseudonym des höchst erfolgreichen deutschen Schriftstellers Eric Walz, legt mit "Die Blankenburgs" den Auftakt zu einer neuen Familiensaga vor. Im Mittelpunkt stehen in diesem Band die Erben des Magnaten Adalmar Blankenburgs, Besitzer einer Frankfurter Porzellanmanufaktur., die vor der großen Herausforderung stehen, die Firma nach der großen Weltwirtschaftskrise zu retten und damit ihr eigenes Schicksal, das aller Familienangehöriger und der zahlreichen Mitarbeiter. Historisch korrekt, wunderbar recherchiert und sehr emotional beschrieben, stellt Berg heraus, welche Rolle die ersten "Braunhemden" spielen, die verzweifelte hungernde Arbeitslose auf ihre Seite ziehen, immer mehr Macht gewinnen und so auch immer größeren Einfluss auf die Firma und die Familie Blankenburgs nehmen. Dass Blankenburg mit ihrem größen Wettbewerber, der Manufaktur Löwenstein fusioniert und Elise auch privat dem jüdischen Besitzer näher kommt, führt so natürlich nur vordergründig zu einer Entspannung, sondern birgt neuen Konfliktstoff.
Wer sich heute fragt, wieso die Nationalsozialisten in kürzester Zeit einen derart großen Einfluss bekommen konnten, wieso sie solchen Zulauf hatten, findet in dieser Geschichte viele Antworten. Selten habe ich eindrucksvoller über diese schreckliche Zeit gelesen!

Der Schreibstil gefällt mir gut und korrespondiert mit den verschiedenen Figuren. Diese sind mehrdimensional geschildert und entwickeln sich im Laufe der Handlung weiter - dass dies nicht immer einen sympathischen Blick auf sie zeigt, liegt wohl in der Natur der Sache. Die Perspektiven wechseln häufig zwischen den einzelnen Familienmitgliedern, was ein vollumfängliches Bild der ganzen Familie zeichnet.

Jedem Kapitel, die allesamt recht lang sind, vorangestellt, ist immer ein kurzer Abriss der politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, was ich als sehr gelungen empfinde. Auch hilft es, die zeitliche Abfolge besser einzuschätzen, da der Autor auf genaue Zeitangaben über seinen Kapiteln verzichtet und des öfteren kleinere oder größere Zeitsprünge vorhanden sind, bis es 1936 zum fast schon folgerichtigen Abschluss dieses Bandes kommt.

Wenngleich ich das Buch nicht unbedingt als spannungsgeladen bezeichnen würde, hat es mich vollumfänglich in seinen Bann gezogen durch seinen dezidierten Blick auf die schlimmen Fakten und die schonungslose Offenlegung der menschlichen Abgründe.

Insgesamt war die Geschichte in ihren fast 500 Seiten vollgepackt mit Figuren, ihren Motiven, den Handlungen und Verflechtungen. Man mag darüber diskutieren können, ob es notwendig war, auch noch die chinesischen Triaden miteinzubeziehen oder das Thema "Opium" mit seiner Geschichte und seinen Auswirkungen, die beide fast ein eigenes Buch verdient hätte, jedoch auch hier eine wichtige Rolle spielen.

Hilfreich bei den vielen Figuren war das Personenverzeichnis bzw. der Stammbaum, wenngleich eine zu frühr Beschäftigung hiermit auch etwas spoilern dürfte. Wirklich sympathisch war mir nur Tante Arabella, doch konnte ich mich in viele Handlungen der Figuren hineinversetzen - aus der Zeit heraus gesehen (!) - und empfand sie als authentisch.

Das Nachwort mit einer geschichtlichen Einordnung rundet das Buch ab.

Für mich ein äußer

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Bewertung vom 14.11.2021
Eder, Rebekka

Die Schokoladenfabrik - Die Tochter des Apothekers / Die Stollwerck-Saga Bd.1


sehr gut

Anna Sophia, Tochter eines Apothekers, hilft diesem in der Apotheke, berät abseits der Schulmedizin viel in Sachen "Heilpflanzen" und stellt ihre eigenen Kräuterbonbons her. Als der Geselle ihres Vaters um ihre Hand anhält, stellt sie jedoch seine Motive in Frage und verdächtig ihn, ihren Vater zu vergiften, um die Apotheke zu übernehmen. Denn auch Franz Stollwerck möchte Anna Sophia zur Frau nehmen ....

Rebekka Eder hat es sich zum Ziel gemacht, die Geschichte der berühmten Firma Stollwerck auf unterhaltsame Weise ihren Lesern näherzubringen. Doch hier gibt es ein kleines Manko, denn der vorliegende gesamte 1. Band handelt noch in keinster Weise auf seinen 656 Seiten von Schokolade im Allgemeinen, sondern diese taucht erstmals auf der letzten Seite auf - und so muss ich zugeben, dass meine diesbezügliche Erwartungshaltung enttäuscht wurde.

Nichtsdestotrotz ist die Saga gut und flüssig geschrieben, so dass ich nur so durch die Seiten flog. DIe wechselnden Erzählperspektiven brachten verschiedene Sichtweisen zum Ausdruck und rundeten die Geschichte ab, verwirrten jedoch auch manchmal ein bisschen, weil sie teilweise doch sehr von der eigentlichen Geschichte abwichen.
Dass Rebekka Eder wahnsinnig viele Themen in ihr Werk eingebracht und mit viel Liebe kleinste Details ausgearbeitet hat, bringt zahlreiche eigene kleine Spannungslinien hervor, die ich mit großem Interesse verfolgt haben; allerdings hätte man hier auch manchmal etwas straffen können, um die eigentliche Geschichte voranzutreiben und den roten Faden nicht aus den Augen zu verlieren.

Der Schausplatz Köln im Jahr 1838 wird überaus lebhaft und anschaulich dem Leser vorgestellt und ich konnte mich sehr gut in das Setting hineinversetzen. Interessant waren hier auch die Geschichten vom Bau des Kölner Doms und der beteiligten Arbeiter. Überhaupt kommt das Lebensgefühl des 19. Jahrhunderts in seinen verschiedenstens Formen sehr schön zum Ausdruck und auch literarische Anklänge sind zu finden - hierin liegt die große Stärke der Saga!

Ein wenig überfordernd empfinde ich die große Anzahl an Figuren; neben den Haupt-Protagonisten erfahren wir viel über weitere Personen, die fast schon ein eigenes Buch verdient hätten wie beispielsweise Anna Sophias Schwester. Glücklicherweise findet sich am Ende des Buches ein Personenverzeichnis, das auch Hinweis darauf gibt, welche Figuren historisch real und welche der Fantasie der Autorin entspringen; mir gefällt es sehr zu wissen, wenn ich aus einem Buch tatsächliche Historie lernen kann.
Allerdings tat ich mich ein wenig schwer mit einzelnen Figuren; mit keiner konnte ich wirklich uneingeschränkt mitgehen, es gibt wirklich viele "Bösewichter" und Franz fand ich absolut unsympathisch. Anna Sophia ist auch nicht die "starke Frau", als die ich sie erwartet hatte, sondern einfach noch zu naiv und verrennt sich gerne in Dinge.

Alles in allem hat mir das Buch Vergnügen bereitet und mein Interesse an den Folgebänden geweckt, denn ich möchte nun unbedingt wissen, wie es nun zu den wirklichen Anfängen der Firma Stollwerck gekommen ist!

Wer sich nicht allzu sehr auf die Kerngeschichte der Stollwerck-Familie versteift, sondern Interesse an einem mitreißend gezeichneten Bild Zeitgeschichte hat, wird mit diesem Buch voll auf seine Kosten kommen - mir hat es jedenfalls sehr viel Freude bereitet!
Ich vergebe ein "sehr gut" (was vier Sternen entspricht).

Bewertung vom 07.11.2021
Korten, Astrid

Die Dornen der Stille (eBook, ePUB)


sehr gut

Als Alex Martin bei der Polizei erscheint, um einen (weiteren) Mord zu verhindern, gerät er schnell selbst in Verdacht, seine Freundinnen auf brutale Art ermordet zu haben, denn sein Tagebuch, das er vorlegt, lässt die Ermittler auf ihn schauen.

Astrid Korten hat wieder einmal einen höchst anspruchsvollen Psychothriller vorgelegt: Auch, wenn sie unprätentiös das Leben ihrer Figur Alex Martin beschreibt, muss man als Leser sehr aufpassen, die vielen Andeutungen und Hinweise zwischen den Zeilen nicht zu verpassen - und wird dennoch von einem unvermuteten Ende überrascht.

Die Haupt-Figuren Alex und sein "Bruder" David sind authentisch und mehrdimensional geschildert und es gibt ständig Neues zu entdecken; wirklich greifbar wurden und blieben sie niemals und das Rätsel vergößerte sich zusehends.

Wenngleich ich auch anfangs etwas Schwierigkeiten hatte, mit Alex und der Geschichte warm zu werden, zog mich die Autorin immer mehr in den Bann und verführte zu zahlreichen Gedankenexperimenten, so dass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen mochte.

Der gewohnt flüssige Schreibstil war teilweise wohl gewollt unterbrochen, um die Brüche in den Gedanken und Handlungen der Protagonisten anzudeuten, die den Leser zutiefst verstören.

Astrid Korten ist wieder einmal ein unter die Haut gehender Psychothriller gelungen, der aus der Masse heraussticht und damit besonders lesenswert ist.

Bewertung vom 13.10.2021
Benecken, Burkhard;Reinhardt, Hans

Inside Strafverteidigung


ausgezeichnet

Burkhard Benecken und Hans Reinhardt sind Strafverteidiger aus vollem Herzen. In gemeinsamer Kanzlei im Ruhrgebiet tätig, bieten sie Rechtsbeistand in allen Rechtsgebieten und stehen regelmäßig mit besonders medienwirksamen Fällen oder Prominenten im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit - häufig mit der Frage "Wie kann man so eine Person denn noch verteidigen?" Mit ihrem neuen Buch "Inside Strafverteidigung" geben die hoch qualifizierten Juristen einen Einblick in ihren Arbeitsalltag und ihre Strategien, ein möglichst gutes Ergebnis für den Beschuldigten zu erreichen. Die dabei geschilderten Fälle aus ihrer Praxis sind dabei nicht nur "True Crime" und dem interessierten Leser oftmals aus den Medien bekannt, sondern geben aufschlussreiche Hintergrundinformationen fungieren als Beispiele zu den aufgestellten Thesen.

Eines ist natürlich gewiss: Burkhard Benecken und Hans Reinhard sind als erfolgreiche Anwälte Meister des Wortes und nicht zuletzt auch der Manipulation! Geschickt verstehen sie es, den Leser auf ihre Seite zu ziehen und so beginnt das Buch gleich mit dem Fall des "falschen Sittichs", dem zu Unrecht der Pädophilie beschuldigten Familienvaters, dem durch die geschickte Verteidigung ein falsches Urteil - und noch schlimmere als die schon entstandenen Nachteile - erspart blieben; was aufzeigt, dass ein Tatverdacht nicht gleichzusetzen ist mit Schuld. Doch auch brutale Mörder zählen zu ihren Klienten, was ihnen den Titel "Advokaten des Bösen" eingebracht hat. Hier ist es den Anwälten ein Bedüfnis, aufzuzeigen, dass das Beistehen eines Beschuldigten kein Gutheißen der Tat ist; allerdings hat jeder Verdächtige eine effektive und faire Verteidigung verdient, denn dieses ist ein grundlegender Gedanke unserer Rechtstaatlichkeit. Und als "Hüter unserer Verfassung" möchten sie gesehen werden und mit den Vorurteilen gegen ihren Berufstand aufräumen, was ihnen in weiten Teilen sehr gut gelingt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Perspektive in der Verteidigung eine einseitige ist und die Anwälte nicht nur das hohe Gericht, sondern hier auch den Leser auf ihre Seite zu ziehen versuchen, und das will ich keinesfalls als Kritik verstanden sehen. Dieses Buch ist eben eine Ode an den Beruf des Strafverteidiger - dass unser Staat gerade auch durch solch gewiefte Anwälte immer mehr von einem Täter- zu einem Opferstaat abrutscht, ist ein anderes Thema, für das es hier keinen Raum gibt. Auf jeden Fall lässt sich nach der Lektüre das Deutsche Rechtssystem und seine Umsetzung als ein Segen ansehen!

Auch, wenn das Buch als "Sachbuch" gelistet ist und Benecken und Reinhardt häufig Fachsprache verwenden sowie die entsprechenden Rechtsnormen zitieren (diese sind meist als Fußnoten angegeben und stören den Lesefluss in keinster Weise), ist die Publikation unterhaltsam und gut und flüssig zu lesen; die "True Crime" Fälle untermauern die geschilderten Argumente und veranschaulichen die Aussagen. Beim Lesen ertappte ich mich häufiger dabei, dass mir die ein oder andere Sache bereits aus der Presse bekannt war, und ich fand es überaus spannend, diese nun aus einer anderen Sichtweise als durch die Journalisten dargestellt zu bekommen. Für meinen Geschmack hätten diese Rechtssachen durchaus etwas ausführlicher und in weiteren Aspekten geschildert werden dürfen, da sie bei mir mehr Fragen ausgelöst denn Antworten gegeben haben, was aber durchaus auf meine große Wissbegierde in diesem Bereich zurückzuführen ist; gerade zum Ende hin geht es Schlag auf Schlag und ich war versucht, im Internet weiter nachzuforschen.

Herr Benecken und Herr Reinhardt, Sie sind vom Vorwurf des Bösen freigesprochen, sofern die Seite des Staatsanwaltes, die mir versagt blieb, keine Einwände erhebt!

Bewertung vom 18.09.2021
Jacobsen, Steffen

Schach mit dem Tod


gut

David Adler, Elektroingenieur und damit mit einem gewissen technischen Verständnis, wird vom englischen Geheimdienst zusammen mit seinem Onkel Niels Bohr nach Los Alamos geschickt, um dort bei der Entwicklung der Atombombe zu spionieren. Schnell wird er zum persönlichen Assistent von Oppenheimer und erhält Zugang zu allen wichtigen Informationen. Doch offenbar hat auch die Sowjetunion ihre Finger im Spiel ....

Steffen Jacobsen erzählt mit leisen Tönen und sehr unaufgeregt faszinierende Geschichte; hat doch die Entwicklung der Atombombe nicht nur den Zweiten Weltkrieg mit ihren beiden Abwürfen auf Hiroshima und Nagasaki beeinflusst, sondern die Welt insgesamt verändert. Die Schreibweise konnte mich durchaus in ihren Bann ziehen, doch leider kam für mich wenig echte Spannung auf; nicht zuletzt, weil vieles nur zwischen den Zeilen erzählt wurde und der Schwerpunkt nicht auf einem atmeberaubendem Thriller liegt.

Mit großem Interesse habe ich die hier geschilderten, aus der Zeit heraus gut bekannten historischen Personen Bohr, Oppenheimer und viele weitere Wissenschaftler verfolgt, sowie oder insbesondere das geheime Leben in Los Alamos. Hier lag auch für mich der interessanteste Aspekt des Buches, denn wer möchte nicht mehr wissen über das so bedeutsame Manhattan-Projekt, das fernab der Zivilisation in der amerikanischen Wüste stattfand?! Dabei verzichtete der Autor zum Glück auf detaillierte Beschreibungen der Atomphysik, so dass auch für einen Laien keine Verständnisprobleme auftraten.
Erstmals wurde mir so bewusst, dass den Bomben "Little Boy" und "Fat man" unterschiedliche physikalische Gesetznäßigkeiten und Elemente zugrunde liegen.

Die Figuren und ihre Motive waren sehr gut ausgearbeitet und haben mir viel Freude bereitet; nur die weilbliche Hauptfigur war mir zu klischeehaft. Bedeutsam empfand ich auch die Interessenskonflikte zwischen Politik und Wissenschaft.

Insgesamt ein gutes Buch, das jedoch hinter meinen (zugegebenermaßen großen) Erwartungen zurück blieb.