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gagiju
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Kaiserslautern

Bewertungen

Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 11.05.2021
Arbuthnot, Leaf

Warten auf Eliza


ausgezeichnet

Das Buch hat mir sehr gut gefallen, wie schade, dass es zunächst noch keine weiteren von Leaf Arbuthnot gibt.

Es ist keine der üblichen Geschichten mit der Handlung "2 sehr unterschiedliche Menschen aus verschiedenen Generationen treffen sich und werden zu besten Freunden", ein Thema, das in letzter Zeit in Büchern und Filmen reichlich strapaziert und oft nicht sehr glücklich umgesetzt wurde.

Leaf Arbuthnot erzählt die Geschichte anders, ohne Kitsch, ohne Klischees, ohne spektakuläre Fallhöhen. Im Mittelpunkt stehen die beiden Frauen und ihre Leben, ihre Stärken und Schwächen, ihr Ängste und Sehnsüchte. Der ruhige Sprachstil passt dazu, dass die beiden sich langsam annähern und dennoch für sich bleiben. Sie lernen voneinander, aber sie betrachten sich auch mit einer gesunden Distanz.
Das ist sehr schön geschildert, liest sich leicht und flüssig.

Ich hätte mich gerne ab und zu zu den beiden Frauen dazu gesetzt, in den Garten oder vors Fenster, ein Tässchen Lapsang Souchong getrunken und mit ihnen geplaudert.

Ein Hauch von Melancholie liegt über der Geschichte, dennoch erfüllt sie mich beim Lesen mit sanftem Optimismus und Hoffnung.

Ein wirklich schönes Buch, das ich bestimmt nochmal verschenken werde.

Bewertung vom 23.04.2021
O'Connor, Nuala

Nora Joyce und die Liebe zu den Büchern


gut

Ich habe mich sehr auf das Buch gefreut, da ich generell gerne Romanbiografien über Frauen lese, die an der Seite berühmter Männer eher ein Schattendasein führen, obwohl die Männer wahrscheinlich nicht den Grad von Berühmtheit erreicht hätten, wenn eben jene Frauen ihnen nicht den Rücken vor den "profanen Alltäglichkeiten des Lebens" frei gehalten hätten. Das klingt nach einem Klischee, war aber in der Vergangenheit wohl häufig wirklich so.

Über Nora Joyce wusste ich vor dem Lesen des Buches nicht viel, James Joyce's Bücher fand ich immer sehr schwierig zu lesen.

Nora geht es, was letzteres betrifft, ebenso. Generell liest sie, wenn überhaupt, gerne leichte bis seichte Literatur. Ihren Mann bewundert sie unendlich, ist und bleibt aber sehr weit von seinem geistigen Niveau entfernt, was aber sowohl sie als auch ihn nicht im mindesten zu stören scheint.

Insofern finde ich den Titel des Buches irreführend; die Liebe zur Literatur hat nur James.

"...er schreibt schon fleißig an etwas Neuem, wovon er sagt, es wird wie kein anderes je geschriebenes Buch. Das glaube ich ihm gern, denn wenn er mir daraus vorliest, ist es für mich ein einziges Kauderwelsch, nichts als Babygeplapper."

Nora kümmert sich um ihre Kinder, versucht, Freundschaften zu schließen, Essen und Geld zu beschaffen, betrachtet die Dinge des Lebens recht einfach und pragmatisch.

"Jim Joyce ist meine Liebe, aber er ist mir auch eine Plage am Herzen und für meinen Geist ein heikles Rätsel."

Oft ist sie wütend über James' Saufgelage, seine Weigerung, sich mit der - finanziellen und sonstigen - Realität auseinanderzusetzen, die permanenten Umzüge, seine Launen. Dennoch weicht sie meist nicht von seiner Seite, verehrt ihn geradezu, strengt sich unendlich an, ihm sein Wolkenkuckucksheim gemütlich einzurichten.

""Sie sind aber optimistisch, Nora". Ich seufze. "Nein, eigentlich nicht, Clotilde. Ich bin ihn nur gewohnt."... Ihn gewohnt, von ihm gequält und in ihn verliebt, alles drei."

Erotik wird als lebenslanges starkes Bindeglied zwischen den beiden geschildert; hier gefiel mir oft am Anfang des Buches die primitive Sprache nicht. Aber je näher man Nora "kennen lernt", desto leichter verzeiht man ihr das.

Ich habe mich trotz der relativ einfachen Sprache, die mich am Anfang nicht so recht gepackt hat, ganz gut hinein gelesen in das Buch und wollte dann schon wissen, wie es ihr und ihm und den Kindern und der ganzen Familie weiter ergeht.

Insgesamt vergebe ich drei bis 4 Sterne.