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Sternzauber
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Düren

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Insgesamt 167 Bewertungen
Bewertung vom 29.06.2023
Imlau, Nora

Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?


sehr gut

Wertvolle und anregende Geschichte über Gefühle

Bevor ich irgendetwas von meiner Meinung zur Qualität dieses Bilderbuches sage, möchte ich betonen, wie toll und wichtig ich es finde, dass es ein solches Buch, das die Bedürfnisse und Verhaltensweisen von sehr feinfühligen und sensiblen Kindern thematisiert und in den Vordergrund stellt, gibt!! Meiner Meinung nach wird immer noch viel zu viel auf die „Norm“, auf den Durchschnitt geschaut und all die wunderbaren Besonderheiten und Einzigartigkeiten werden oft nicht berücksichtigt – deshalb finde ich solche (Bilder-)Bücher enorm wertvoll!!

„Was weinst du denn so viel, kleines Krokodil?“ von Nora Imlau erzählt vom keinen Krokodil, das sehr viel weint und zwar nicht nur aus Traurigkeit, sondern auch vor Schreck, aus Wut, aus Freude, wegen Mitleid, aus purem Glück, wenn es sich wohlfühlt, Streit hat… Es weint immer dann, wenn es große Gefühle verspürt und nicht alle in seiner Umgebung gehen achtsam mit diesem Ausdruck um. Doch zum Glück ist da Papa Krokodil, der sein kleines Krokodil ernst nimmt und unterstützt, so dass es mit all seinen Tränen und Gefühlen über sich hinauswachsen kann!

Ich bin ganz begeistert davon, dass Tränen in dieser Geschichte als „völlig in Ordnung“ und als „normaler Ausdruck“ angesehen werden, ihnen sogar Stärke innewohnt und von „Indianer weinen nicht“ Gott sei Dank keine Rede ist. Tränen sind einfach der Ausdruck von Gefühlen, genau wie das Lachen, das Runzeln der Stirn usw. so dass den Kindern hier ein positives Gefühl dazu vermittelt wird. „Denn ganz egal, ob sie es sollen, die Tränen rollen, wie sie wollen!“ wird erklärt und deutlich gemacht, dass weder große noch kleine Krokodile diese verstecken müssen. Ein wunderbarer Ansatz!!

Die Bilder von Lisa Rammensee sind wunderschön, liebevoll und ausdrucksstark gestaltet und dabei zudem kindgerecht bunt ohne grell und überfrachtet zu wirken. Besonders wichtig finde ich die bildliche Darstellung der Gefühle und die ist wirklich gut gelungen. Sprachlich wird die Geschichte in Reimform dargeboten, was noch mal einen ganz eigenen Reiz und (Vor-) Lesespaß beinhaltet.

Als Lesealter wird auf dem Buchrücken ab 24 Monate angegeben, was ich als zu früh empfinde. Das Thema ist meiner Meinung nach noch viel zu abstrakt und komplex, als dass Kinder diesen Alters diese Geschichte wirklich verarbeiten können. Und auch die Texte sind meiner Ansicht nach zu lang, so dass die Aufmerksamkeitsspanne der Kinder für den Umfang noch nicht ausreicht. Dennoch kann es den Kindern bestimmt Freude bereiten die einzelnen Tätigkeiten des kleinen Krokodils zu begleiten und wenn sie dann älter sind, wird ihnen auch der Inhalt und dessen Bedeutung bewusst werden.

Besonders wertvoll finde ich dieses Buch auch für Kindergruppen, um besondere Verhaltenswiesen zu erklären und Unterschiedlichkeit im Umgang mit Gefühlen zu thematisieren. Wichtig finde ich in jedem Fall beim Erleben dieser Geschichte, dass Kinder intensiv und behutsam von Erwachsenen begleitet werden, ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle Gehör finden und die Verschiedenheit angesprochen wird – denn nicht nur Tränen können ein Ventil sein, auch andere Gefühlsäußerungen! Toll gefunden hätte ich es, wenn dieser Ansatz noch erwähnt worden wäre, um das Thema universeller und mit noch mehr Identifikationsmöglichkeiten für die Kinder darzustellen.

Ein weiterer Pluspunkt ist meiner Meinung nach das angehängte Nachwort für Erwachsene, welches den Vorlesenden noch mal auf anderer Ebene deutlich macht, wie „normal“, sinn- und wertvoll Tränen sein können, warum manches Kind sehr viel weint, ein anderes einen anderen Ausdruck für seine Gefühle gefunden hat und wie wir damit umgehen können.

Für mich eine wertvolle Geschichte, um ins Gespräch zu kommen und Gefühle – egal welcher Art und Ausdrucksform auch immer – wertschätzen zu lernen!

Bewertung vom 21.06.2023
Thilo

Lenny Hunter - Die magische Sanduhr (Bd.1)


sehr gut

Wunderschöne Gestaltung mit toller, aber ausbaufähiger Geschichte!

Das großformatige Bilderbuch „Lenny Hunter – Die magische Sanduhr“ von THILO und Silvio Neuendorf wartet mit wunderschönen Bildern auf! Sie sind in realistischem Stil gezeichnet, sehr detailreich, aber nicht überladen und auch die Farbgestaltung finde ich sehr gelungen. Besonders angetan haben es mir die ausdrucksstarken Gesichter der tierischen ProtagonistInnen, sowie die abwechslungsreich aufgebaute Seitengestaltung.

Ganz besonders faszinierend finden meine Nichte und ich zudem, dass es auch tolle Besonderheiten gibt: so ist der Brief von Opa Romulus „abgedruckt“, sein Notizbuch der größten Geheimnisse ist vorhanden und es kann darin geblättert werden und eine Klappe offenbart beim Umschlagen das Geheimnis des Wasserfalls…. Das Cover bietet neben den bereits gelobten Illustrationen außerdem tolle und aufwendige Veredelungen, die auch haptisch erlebbar sind. Und die Vorsatzpapiere sind auch noch gestaltet! Sie liefern zusätzliche Informationen zum Inhalt und sind wie Pinnwände aufgebaut.

In der Geschichte geht es um die drei Freunde Lenny Hunter, Marvin und Cleo, die zur „Mystery Crew“ werden und versuchen mit Hilfe des alten, aber ganz besonderen Flugzeugs Rusty, die magische Sanduhr zu retten. Diese ermöglicht es dem Besitzer die Zeit einen Moment zurückzudrehen und es wäre unaussprechlich gefährlich, wenn diese in die Fänge der Verbrecherbande „Rote Pfote“ gelangen würde, die ihr bereits auf der Spur sind … Ob die drei Abenteurer das wertvolle Artefakt in Sicherheit bringen können?

Die sprachliche Darstellung der Geschichte gefällt mir sehr und ich mag vor allem die eingebauten Wortspielereien, die das Lesen (auch für Erwachsene mit Sprachaffinität) zusätzlich würzt. Allerdings muss ich gestehen, dass ich das angegebene Lesealter mit drei Jahren viel zu früh finde, da die Geschichte meiner Meinung nach zu komplex und textlich zu lang ist um Kinder diesen Alters glücklich zu machen. Ich würde das Buch für ältere Kinder einsetzen, denn diese sind zusätzlich auch bereits in der Lage die einzelnen Aspekte der Geschichte zu hinterfragen uns Andeutungen aufzufassen.

Beim Vorlesen ist mir aufgefallen, dass meine Nichte häufiger Hintergrundfragen gestallt hat, ganz in der Geschichte involviert war und richtig mitgefiebert hat – wirklich toll! Allerdings merkte man auch, dass es ihr manchmal ein wenig zu schnell ging und sie gerne noch einen Moment verweilt und mehr aus dem Text erfahren hätte, bevor es weiter ging. Zum Beispiel wäre es bei der Szene in der Zentrale von Vorteil gewesen, wenn es dort eine kleine „Verschnaufpause“ und mehr Vorbereitungszeit für die Abenteurer gegeben hätte. Generell hat die Geschichte ein sehr hohes Erzähltempo, viele Ortswechsel und Details, so dass es ihr meiner Meinung nach gut getan hätte, wenn den einzelnen Handlungen mehr Raum zugestanden worden wäre.

Aus pädagogischer Sicht finde ich es gut, dass die Schurken zwar bösartig dargestellt werden, jedoch keine direkte Gewalt gezeigt wird. Das Ende, von dem ich hier nicht zu viel verraten möchte, ist für mich dagegen etwas fragwürdig und zu offen gestaltet.

In der gesamten Gestaltung bin ich von diesem Buch sehr begeistert, die Geschichte an sich hat für mich jedoch einzelne Punkte, die ausbaufähig sind und sie ist meiner Meinung nach eher für Kinder ab dem Vorschulalter geeignet – ich wünsche allen jungen und älteren AbenteurerInnen viel Spaß bei der Lektüre!

Bewertung vom 19.06.2023
Perbandt, Anna

Frühlingstöchter / Das Pensionat am Holstentor Bd.1


ausgezeichnet

Starke Frauen, große Gefühle und eine Zeitreise!

Da ich Lübeck als Stadt sehr liebe, hat mich das Holstentor auf dem Titelbild neugierig gemacht und ich muss sagen, dass mir das Cover mit dem natürlich matten Papiereinband und dem glänzend hervorgehobenen Titel sehr gefällt. Einzig die durchs Meer laufenden Mädchen passen in ihrem Tun nicht wirklich zum Inhalt, in ihrer Konstellation jedoch schon.

Denn die Geschichte handelt von 4 Mädchen – Grafentochter Nora, Kaufmannstochter Agnes, Senatorentochter Lotte und Stipendiatin Fanny – die sich 1899 im Pensionat am Holstentor kennen lernen und Freundinnen werden. Als „Frühlingstöchter“ schwören sie sich gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt und erleben, neben dem Alltag im Pensionat, der sie auf das gesellschaftliche Leben und die damit einhergehenden Erwartungen vorbereiten soll, zwischenmenschliche Abenteuer. Eine Verbündete und Vertraute finden sie in der jungen und unkonventionellen Lehrerin Gesche Petersen, die jedoch ebenfalls mit den Tücken der damaligen Zeit zu Kämpfen hat….

Mich haben die Beziehungen, Schicksale und gesellschaftlichen Voraussetzungen in dieser Geschichte sofort erreicht und berührt. Ich mag die Personen, die teilweise sehr charakterstark und individuell, teilweise an die damaligen Erwartungen angepasst gezeichnet werden und die dadurch eine spannende Dynamik in den Beziehungen verursachen. Sie wirken auf mich authentisch, wenn ich auch nicht in der Lage bin einzuschätzen, wie realistisch die Verhaltensweisen und Voraussetzungen wirklich dargestellt sind. Nichtdestotrotz bekomme ich als Leserin einen guten Einblick in die ganz andersartige Welt um 1900 und konnte, wie in einer Zeitmaschine, ganz in das Geschehen eintauchen, was mir sehr gefallen hat.

Immer wieder erschreckend finde ich dabei die Tatsache, dass, obwohl die Zeit der Geschichte „nur“ 120 Jahren zurück liegt, ein ganz anderes Bild der Gesellschaft und vor allem der Frau herrschte. Wie anders waren doch die Möglichkeiten, Voraussetzungen und Erwartungen und wie glücklich können wir uns heute schätzen, dass sich so viel geändert hat, wenn auch leider immer noch nicht überall von Gleichberechtigung gesprochen werden kann… Solche „Erkenntnisse“ schätze ich an historischen Romanen sehr!

Die sprachliche Ausdrucksweise der Autorin hat mir ebenfalls sehr zugesagt, denn der Text liest sich flüssig und sehr angenehm, ist gut strukturiert und ansprechend. Gefallen hat mir auch sehr, dass die Geschichte sowohl auf der Ebene der jungen Mädchen spielt und von deren Erfahrungen, Bedürfnissen und Sehnsüchten berichtet, als dass durch Gesche Petersen und Noras Familie aber auch Erwachsene ProtagonistInnen eine wichtige Rolle spielen und Einblicke gewähren.

Wissen sollten alle potentiellen LeserInnen vielleicht noch, dass es sich bei diesem Buch um den ersten Band einer Reihe handelt und die Geschichte quasi „mitten im Geschehen“ endet. Im Herbst wird dann der zweite Teil erscheinen, der sicherlich mehr über das weitere Leben der Roman-Personen verraten wird – ich freue mich schon sehr darauf!

Mich hat diese Geschichte in eine ganz andere Zeit mit ganz anderen Lebensentwürfen und –Voraussetzungen entführt und ich habe das sehr genossen! Mir hat das Buch eine tolle Lesezeit geschenkt und ich kann es allen LeserInnen empfehlen, die Lust auf starke Frauen-Geschichten, eine Zeitreise und große Gefühle haben!

Bewertung vom 31.05.2023
Damonte, Lene

PS. Über Apulien leuchtet die Liebe


ausgezeichnet

Starke Gefühle, italienisches Paradies und ein Neubeginn!

Dieses Buch ist verführerisch! Es verführt zur Sehnsucht nach Apulien, dazu das tolle südländische Licht kennen lernen zu wolle, dazu sich zu verlieben und zu tollem italienischen Essen sowie zu Gastfreundschaft und Neuanfängen!

Die Geschichte erzählt von Rosa, die ihre große Liebe Lenni verloren und der die Trauer regelrecht den Boden unter den Füßen weggezogen hat. Sie kommt im Alltag nicht mehr zurecht, zieht sich aus dem sozialen Leben zurück und kann auch ihrer Arbeit als selbstständige Keramikerin nicht mehr nachgehen. Doch dann entdeckt sie bei einer Freundin eine Postkarte aus Apulien und reist dorthin, um ihrer seelischen Last und all den Erinnerungen ein Stück weit zu entkommen. Zum ersten Mal fühlt sie sich wieder etwas leichter, lernt neue Menschen kennen und öffnet sich dem Leben gegenüber, das ihr sowohl einen ganz besonderen Mann, als auch neue Möglichkeiten für ihre Kreativität bietet…. Doch kann sie sich darauf einlassen?

Rosa war mir von Anfang an sympathisch und auch die anderen Charaktere dieser Geschichte haben sich sehr schnell in mein Leserherz geschlichen. Es ist der Autorin meiner Meinung nach sehr gut gelungen ihren Figuren Leben einzuhauchen und ihre Gefühle authentisch zu beschreiben. Aber auch die Landschaften, das italienische Lebensgefühl und die verlockenden Speisen haben mich absolut erreicht und fühlten sich für mich sehr echt an – wobei ich gestehen muss, dass ich noch nie in Italien war! Die Geschichte hat mir aber große Lust gemacht das zu ändern und Apulien auch selber zu besuchen!

Den locker leichten Schreibstil von Lene Damonte mag ich sehr und sie versteht es schöne Beschreibungen und Vergleiche in den Text einzuflechten. Ebenso findet sich die ein oder andere Weisheit und ganz besonders berührt hat mich folgende Aussage einer Oma, die im Sterben liegt und ihrem Enkel die Scheu davor nimmt, sein Leben trotzdem zu genießen: „Weißt du, Emilio, am glücklichsten macht es mich, wenn du glücklich bist. Geh für mich raus in die Stadt, tanze für mich, singe, esse das beste Essen und liebe. Sei fröhlich, aber nimm mich immer im Herzen mit. Sei für mich glücklich, dann bin ich es auch.“

Das Cover hat mich ehrlich gesagt nicht so ganz überzeugt, denn das Bild ist mir zu grafisch und gradlinig, zu stark in der Farbgebung. Gerne mag ich dagegen das natürlich matte Papier.

Mich hat die Geschichte wirklich erreicht. Ich mag den Tiefgang und die Verführungskunst des Textes und ich empfehle sie gerne allen LeserInnen, die Lust auf einen Neuanfang in Apulien haben!

Bewertung vom 17.05.2023
Fajembola, Olaolu;Niminde-Dundadengar, Tebogo

So schlafe ich! Und wie schläfst du?


ausgezeichnet

Vielfältige, diverse und stimmungsvolle Einschlafgeschichten

Das Pappbilderbuch „So schlafe ich! Und wie schläfst du?“ hält eine Fülle von unterschiedlichsten Einschlafsituationen und –Ritualen bereit, in denen sich sicherlich viele Kinder wiederfinden werden. Es ermöglicht jedoch nicht nur die Identifikation mit bekannten Erlebnissen, sondern schenkt zudem neue Erkenntnisse und die Erweiterung des eigenen Gedankenhorizonts.

Dazu sind im Buch 5 Geschichten zu der allabendlichen Situation rund um das Zubettgehen versammelt, die jedoch ganz unterschiedliche Szenarien beschreiben. Von einem Video-Telefonat mit Oma und Opa, dem Vorlesen oder Fernsehen, Baden, Spielen, Planeten gucken, Piraten werden oder gemeinsamen Essen kochen ist da die Rede und die handelnden Personen sind genauso vielfältig wie die Rituale selber. So werden verschiedene Hautfarben und Familienkonstellationen, Arbeitseinteilungen und Wohnsituationen gezeigt und auch die Vorlieben sind nicht nur stereotyp und geschlechterspezifisch verortet, sondern individuell.

Der Text ist ansprechend und gut verständlich in kurzen Sätzen gehalten. Für gerade zweijährige Kinder liegt er mit seiner Länge meiner Erfahrung nach im oberen Level, bietet somit jedoch auch noch Anreize für ältere Kinder. Besonders toll finde ich, dass jede Geschichte mit dem Satz „So schlafe ich! Und wie schläfst du?“ beendet wird. Dies bietet anregende Sprechanlässe und Vergleichsmöglichkeiten, aber auch ein verlässlich rituell gestaltetes Ende der Geschichte, an dem sich die Kinder orientieren können. Zudem werden sie mit einbezogen und direkt angesprochen, so dass sich die Kinder gesehen fühlen dürfen.

Die Bilder sind farbenfroh und detailreich, aber nicht überladen und bieten somit die perfekte Basis für den Text. Die Menschen sind wertschätzend gestaltet und wunderbar individuell dargestellt, die einzelnen Szenen liebevoll ausgeschmückt und die Stimmung ist harmonisch gezeichnet. Eine bunte Kinderwelt, in der die jungen LeserInnen bestimmt Bekanntes, aber auch spannend Neues entdecken können! Bereits das schöne Cover fängt die Individualität der Geschichten und Personen ein und bietet somit einen tollen Einstieg ins Buch.

Mich hat „So schlafe ich! Und wie schläfst du?“ in seiner wertschätzenden Diversität, Individualität und in seiner liebevollen Gestaltung wirklich überzeugt und ich kann mir gut vorstellen, dass die Geschichten viele Kinder auf sehr angenehme Weise in den Schlaf begleiten werden!

Bewertung vom 17.05.2023
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


ausgezeichnet

Spannende Zeitgeschichte wunderbar verpackt!!

Auf dieses Buch hat mich die stimmungsvolle Farbgestaltung des Covers aufmerksam gemacht und auch, wenn ich anfangs mit dem Bild der drei windzerzausten Frauen auf einem Schiff nichts anfangen konnte, so kann ich diese Szene nach der Lektüre einordnen und verstehen. Ganz besonders gut gefällt mir der Klappentext, denn er fängt den Zauber des Fotografierens und die Bedeutung, die dieses im Roman einnimmt, wunderbar ein.

„Das Licht im Rücken“ von Sandra Lüpkes erzählt die Geschichte der Firma und der Familie Leitz von 1914 bis 1945, spart aber auch Weggefährten und das Zeitgeschehen nicht aus. Im Fokus stehen die Entwicklung, der Einsatz und die Vermarktung der Leica-Kamera, die ganz neue Möglichkeiten der Fotografie bietet und somit viel Zeitgeschehen festhält. Aber auch die persönlichen Schicksale der Menschen kommen nicht zu kurz und bilden das lebendige Setting der Fotografie.

Die Gestaltung des Buches gefällt mir ausgesprochen gut, denn der Vorsatzbereich ist mit realen Fotos der damaligen Zeit gestaltet und im Anhang erfährt der Leser sogar, was darauf zu sehen ist. Außerdem ist jedem neuen Leseabschnitt eine Seite mit dem Bild des entsprechenden Leica-Modells vorangestellt, sowie eine Doppelseite mit einer Weltkarte, die die Verbreitung der Leica veranschaulicht. Das sind für mich wunderbare Ergänzungen zum Text, die mich noch tiefer in die Geschichte hineingezogen und das Geschehen realer haben werden lassen. Dazu zählt auch das Nachwort der Autorin, in dem sie den Roman mit den realen Geschehnissen verknüpft und im Personenregister auch nochmals detailliert aufzeigt, welche Charaktere, Handlungen und Eigenschaften der Realität entsprungen sind und welche ihrer Kreativität.

Der Schreibstil von Sandra Lüpkes tut sein übriges, um ein sehr angenehmes Leseerlebnis zu ermöglichen, denn sie schreibt flüssig, realitätsnah und lebendig. Besonders gefallen haben mir ihre wunderschönen Vergleiche und poetischen Einflechtungen, die so eingebracht sind, dass sie sich wunderbar in den Text fügen und weder aufgesetzt, noch übertrieben wirken, sondern dem Geschriebenen eine anziehende Qualität verleihen.

Die Charaktere der Geschichte sind alle sehr authentisch, lebensnah und ihren Eigenschaften entsprechend gezeichnet, wirken jedoch nicht eindimensional, sondern zeigen Verhalten, die ihren Denkweisen entsprechen. Viele waren mir zudem sehr sympathisch, andere erlebte ich als absolut „fehlgeleitet“ vom vorherrschenden Nazigedankengut und das Zusammentreffen sehr gegensätzlicher Einstellungen hat oft für Spannung gesorgt.

„Aus Sicht der Piloten mag richtig sein, was sie tun. Doch nimmt man alles Zusammen – die ganze Welt, die Menschheit, die Schöpfung -, ist Krieg immer und unumstößlich ein furchtbarer Fehler.“ Nicht nur dieses Zitat von Seite 434 hat mir gezeigt, wie aktuell und tiefgründig diese Geschichte ist! Es erschreckt mich immer wieder aufs Neue, wie wenig lernfähig die Menschheit anscheinend ist und ich frage mich, wie es möglich ist, dass wir einige Jahrzehnte später wieder in einer Welt leben, in der alles aus den Fugen gerät….

Sehr nah an der historischen Realität, spannend, anregend und trotz aller schwierigen Geschehnisse auch wirklich schön, hat „Das Licht im Rücken“ mir eine wunderbare Lektürezeit geschenkt!

Bewertung vom 08.05.2023
Brauer, Antonia

Das Mädchen im Zitronenhain


ausgezeichnet

Neues Leben und die große Liebe im Grandhotel Fasano am Gardasee

Was für ein stimmungsvolles und einladendes Cover! Da kommen doch gleich Sehnsucht nach Italien und Sonne in mir auf, ohne dass das Bild für meinen Geschmack zu kitschig gestaltet wäre. Der Buchtitel passt meiner Meinung nach jedoch nicht wirklich gut zur Geschichte, denn ohne den Untertitel würde ich nie auf die Idee kommen, worum es wirklich geht.

Die Geschichte spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen, im Mittelpunkt steht aber immer Viktoria Neuhofer. Als LeserInnen erfahren wir Begebenheiten aus Viktorias Kindheit im Bombenhagel des zweiten Weltkriegs, richtig los geht die Geschichte aber, als Vicki nahezu erwachsen ist, ihr Kunststudium absolviert und eine Reise an den Gardasee ins Grandhotel Fasano gewinnt. Dort verbringt sie eine wunderschöne Zeit mit ihrer Freundin und lernt den Sohn des Hoteldirektors, Antonio Baur, kennen, in den sie sich unsterblich verliebt…

Dieses Buch erzählt aber neben der Liebesgeschichte der beiden auch die Geschichte einer sehr starken Frau, die mutig für ihre Ideen und Wünsche kämpft, die hart arbeitet und ihren eigenen Weg geht. Mir hat es sehr viel Freude gemacht Vickis Werdegang und Entwicklung mit zu verfolgen, ihren Mut zu bewundern und ganz in die Geschichte einzutauchen. Das Buch hält sowohl tolle italienische Urlaubstage, zauberhafte Momente zweier Liebender, harte Schicksalsschläge, familiäre Beziehungsgeflechte und grauen Alltag für alle LeserInnen bereit – viele Facetten eines spannenden Lebens!

Ich mag sie als Charakter sehr gerne und finde, dass es der Autorin gut gelungen ist ihre Gefühle und Beweggründe zu beschreiben. Aber auch Antonio ist mir sehr schnell ans Herz gewachsen, ich mag Vickis Freundin Waltraud, ihre recht altmodisch verwurzelten Eltern und ihren Professor, der unermüdlich an sie glaubt und sie bestärkt. Lediglich mit Antonios Mutter konnte ich nicht warm werden, da sie die typische „Schwiegermutter-Hexe“ ist, die aber im ganzen Gefüge der Geschichte ein gutes Gleichgewicht herstellt.

Es gab zwischendurch Momente beim Lesen, in denen mir die Geschichte etwas zu positiv erschien und ich nicht der Meinung war, dass das Erzählte noch realistisch sei. An späterer Stelle hatte ich dann plötzlich das Gefühl, dass man so viel Pech und Unglück doch gar nicht auf einmal anziehen kann und im Endeffekt hat sich das Geschehen für mich wunderbar ergänzt, so dass ich es als sehr stimmig erlebt habe.

Der Schreibstil von Antonia Brauer hat mir gut gefallen. Flüssig und leicht liest sich ihr Text und das passt hervorragend zum mediterranen Flair am Gardasee. Toll finde ich außerdem, dass es am Ende des Buches noch einen Anhang gibt, in dem die Autorin über reale Ausgangspunkte und Hintergründe zu ihrer Geschichte berichtet und uns einen kleinen Einblick in die Entstehung dieser gewährt.

Mir hat „das Mädchen im Zitronenhain“ eine schöne Lesezeit geschenkt und ich kann es allen LeserInnen empfehlen, die sich für einige Zeit an den Gardasee träumen und dabei eine spannende Lebensgeschichte begleiten möchten!

Bewertung vom 29.04.2023
Schlosser, Antonia;Kestler, Katharina;Heudorfer, Katharina

Bergfreundinnen


ausgezeichnet

Vielfältige Bergliebe aus unterschiedlichsten Blickwinkeln spannend und berührend beleuchtet

Das Cover von „Bergfreundinnen“ zeigt genau diese – die Bergfreundinnen und bergvernarrten Frauen Katharina Kestler, Antonia Schlosser und Katharina Heudorfer. Ich mag es sehr, dass mir die Autorinnen gleich auf den ersten Blick vorgestellt werden und die Umgebung zeigt ebenfalls gleich worum es geht: die Berge! Es ist in meinen Augen ein sehr ansprechendes und attraktives Cover mit locker und freundlich aussehenden Bergfreundinnen - ich habe mich gleich eingeladen gefühlt mit diesen dreien die Bergwelt zu erkunden.

Und das habe ich in diesem Buch wirklich sehr umfassend getan! Dabei geht es in den Texten sowohl um rein praktische Informationen, Bergsport und fundiertes Bergwissen, als auch um all die vielen und vielfältigen Gefühle, die einen Menschen mit und in den Bergen erwarten können. Ich habe viel über die Lust und den Frust bei Neuanfängen gelernt, habe Bergverrückte bei den unterschiedlichsten Sportarten literarisch begleitet, aber mich auch der Angst und dem Tod am Berg gestellt. Dieses Buch greift zudem zutiefst weibliche Themen wie die Menstruation und die Mutterschaft auf, die im Hinblick auf die Bergwelt beleuchtet werden.

In vielen unterschiedlichen Themenbereichen gibt es jeweils Erfahrungsberichte, Interviews mit Experten, Tipps und einiges mehr. Mir hat diese bunte Mischung sowohl des Inhalts, als auch der Präsentationsformen sehr zugesagt und auch, wenn es um Wissen und Erfahrungen geht, habe ich mich stets gut unterhalten gefühlt. Ich mag die Schreibweisen der drei Autorinnen sehr, denn sie ist grundsätzlich sehr locker und aus dem Leben gegriffen, aber nie kantig oder „dahin geschnoddert“. Bei ernsten Themen passt sich auch die Wortwahl entsprechend an ohne künstlich zu wirken und generell wohnt allen Texten eine große Authentizität, Offenheit und Ehrlichkeit inne, die ich als Leserin sehr schätze. Außerdem gibt es einen Bildteil mit wunderschönen Outdoor-Aufnahmen.

Manches hat mich wirklich sehr berührt und oft war ich ganz sprachlos vor lauter Bewunderung den Menschen gegenüber, die den beschriebenen Mut auf- oder die Leistung erbracht haben. In dieser Form hätte ich damit nicht gerechnet und war sehr positiv überrascht. Überhaupt hat mich dieses Buch erstaunlich stark in seinen Bann gezogen und ich hatte eine sehr intensive Zeit mit all den erwähnten Menschen in den Bergen der ganzen Welt!
Dieser rund 300 Seiten starker Band bietet für jeden etwas, der sich für Berge und das Leben in und mit diesen interessiert und ich kann es nur wärmstens empfehlen, wenn man Lust darauf hat, vielleicht auch noch mal neue Seiten kennen zu lernen oder tiefer in die Materie einzutauchen!

Bewertung vom 26.04.2023
Behr, Markus

Straßenmusik


ausgezeichnet

Persönlichkeitsentwicklung vor dem Hintergrund schillernder Musik

Was für ein geniales Cover! Die Seifenblasen schillern in allen Farben des Regenbogens und spiegeln damit all die Facetten, die (Strassen-)Musik bieten kann. In ihnen sind aber auch die Grachtenhäuser Amsterdams zu erkennen, wo die Geschichte zu einem großen Teil spielt, und es gibt im Text eine weitere Verbindung zu den magisch-bunten Gebilden, die ich an dieser Stelle jedoch nicht verraten möchte. Mich hat dieses Bild gleich für sich eingenommen und dafür gesorgt, dass ich das Buch unbedingt lesen wollte!

In der Geschichte bilden Chiara und Jonas den Mittelpunkt des Geschehens. Sie begegnen sich im Zug auf der Reise nach Amsterdam, wohin sie, unabhängig voneinander, unterwegs sind, weil sie in ihren jeweiligen Leben gerade Brüche und Orientierungslosigkeit bedrängen. In der Stadt begegnen sie sich wieder und nach einem missglückten Start in den Kontakt zueinander, beginnen sie gemeinsam Straßenmusik zu machen, was für Beide viel verändern wird…

Wer eine harmonische Geschichte mit in sich ruhenden Personen sucht, der ist in diesem Buch fehl am Platz, wer sich aber auf sperrig ungewöhnliche Charaktere einlassen kann und Spaß an Figuren hat, die vielschichtig, etwas bis vermehrt „strange“ und sehr mit sich selber beschäftigt sind, der wird hier auf jeden Fall fündig! Keine langweiligen Ja-Sager und angepassten Mitläufer. In dieser Geschichte suchen junge Menschen nach ihrem eigenen Weg, erkunden verschiedene Möglichkeiten und versuchen (unterbewusst) eigene Verhaltensmuster zu überwinden.

Manchmal ist das auch für den Leser/die Leserin anstrengend und nicht immer waren mir die Charaktere oder ihre Verhaltensweisen sympathisch, aber die Geschichte regt dadurch auch zum Nachdenken und zum Hinschauen an und es hat mir trotzdem viel Spaß gemacht dieses Buch zu lesen!

Der Schreibstil von Markus Behr passt dabei gut zum Geschehen, denn teilweise klingt seine Stimme etwas rau und kantig, aber es gibt auch zartere Momente und schöne Vergleiche. Die Dialoge waren mir teilweise zu „spleenig“, aber auch das harmoniert gut mit den Charakteren und Geschehnissen und im Gesamteindruck ist es damit wieder ansprechend für mich.

Toll finde ich, dass Markus Behr in seiner Geschichte, die 215 Seiten umfasst, sehr viele Themen der Persönlichkeitsentwicklung, der Vorlieben und Abneigungen, der Beziehungen mit und zu anderen Menschen und des eigenen persönlichen Ausdrucks unterbringt. Verbindendes Element ist dabei immer die Musik, die in meinen Augen wunderbar beschrieben und eingebracht wird. Ich konnte im Text fühlen, wie die Töne, wie der musikalische Ausdruck, wie der Rhythmus auf die ProtagonistInnen wirkt und wie das Musikerlebnis verbindet.

Eine ungewöhnliche und sehr musikalische Geschichte, die die harmonischen Töne, aber auch die Disharmonien in zwischenmenschlichen Beziehungen beleuchtet und die junge Menschen bei der Suche nach sich selbst begleitet. Mir hat dieses Buch eine anregende Lesezeit beschert!

Bewertung vom 16.04.2023
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


ausgezeichnet

Bücherheilung in leisen Tönen

Ich liebe grundsätzlich Geschichten über alles rund ums Buch und so hat mich das Cover von „Die Tage in der Buchhandlung Morisaki“ von Satoshi Yagisawa gleich angesprochen. Ich mag die warme Ausstrahlung der abgebildeten Buchhandlung genauso wie die harmonischen Farben und toll finde ich auch, dass die japanischen Schriftzeichen im Bild beibehalten wurden.

Die Geschichte erzählt von der jungen Japanerin Takako, die in eine Lebenskriese gerät und bei ihrem Onkel im Antiquariat Morisaki unterschlüpft. Sie hat mit Büchern überhaupt nichts am Hut, lernt aber überraschenderweise nach und nach dennoch die heilende Kraft dieser „Papierfreunde“ kennen…

Dieses Buch, das das Debüt des Autors ist, ist in Japan ein absoluter Bestseller und ich könnte mir gut vorstellen, dass es auch bei uns viele begeisterte LeserInnen finden wird! Ich mochte die leichte, klare und schnörkellose Sprache Satoshi Yagisawas, denn der Text ließ sich unglaublich flüssig und zügig lesen. Ich wurde ganz in den Fluss der Geschehnisse hineingezogen und wollte oft nur wiederwillig wieder auftauchen.

Für mich passt seine Sprache gut zu meinen (ehrlicherweise sehr geringen) Vorstellungen der japanischen Kultur, denn ich stelle mir die Menschen in Grundzügen als zarte, leise und eher zurückhaltende Charaktere vor. So habe ich auch die Geschichte empfunden, denn sie kommt ohne Drama aus, obwohl es nicht an großen Gefühlen fehlt und sie „plätschert“ irgendwie leise vor sich hin. Dabei ist sie jedoch keineswegs langweilig oder eintönig! Eher zart und „vorsichtig“, selbst in großen Momenten. Ich weiß selber nicht, wie der Autor das macht, aber so habe ich die Lektüre empfunden.

Ein wenig Zeit brauchte ich um mich einzufinden, denn zu Beginn hatte ich manchmal das Gefühl, dass mir die Handlungen und vor allem die Gefühle der ProtagonistInnen zu oberflächlich beschrieben waren, aber mit der Zeit ist genau das für mich angenehm und zur unverwechselbaren Stimme Satoshi Yagisawas geworden. Seine Charaktere sind teilweise sehr vielschichtig (vor allem Tante Momoko) und etliche Handlungen oder Wendungen bleiben ein wenig rätselhaft, bzw. sie werden nicht bis ins Letzte analysiert und zerpflückt.

Ich mag dieses Buch sehr, habe es gerne gelesen und empfehle es für LeserInnen, die Geschichten über Bücher und die leisen Töne lieben!