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B. S.

Bewertungen

Insgesamt 187 Bewertungen
Bewertung vom 30.03.2023
Meta, Ermal

Morgen und für immer


ausgezeichnet

Poetische und schmerzhafte albanische Lebensgeschichte

4.5 von 5 Sternen

Viel Geschichte und viele Themen werden auf den über 500 Seiten in "Morgen und für immer" von Ermal Meta auf eine fesselnde und sehr berührende Art und Weise behandelt.
Es ist ein bewegendes Buch, das einen noch über die Seiten hinaus begleitet. Es ist eine lesenswerte Geschichte voller Schönheit, Wärme und Poesie, aber auch voller Grausamkeit und Traurigkeit.

"Morgen und für immer" erzählt eine harte, dramatische, schmerzhafte und vor allem emotionale Geschichte, die im Winter 1943 zur Zeit des 2. Weltkrieges in Albanien beginnt. Partisanen kämpfen gegen die deutsche Besatzung, darunter sind auch die Eltern des zu dem Zeitpunkt siebenjährigen Protagonisten Kajan, der bei seinem Großvater Betim lebt. Als sie den deutschen Deserteur Cornelius aufnehmen, weiß Kajan noch nicht, dass dies sein Leben für immer verändern wird. Cornelius weckt in Kajan die Liebe zur Musik und bringt ihm das Klavierspielen bei. Nach dem Ende des Krieges scheint das Leben des Protagonisten in sicheren Bahnen zu verlaufen und verspricht eine glänzende Zukunft, doch in dem von der kommunistischen Diktatur beherrschten Albanien und dem durch den Kalten Krieg zweigeteilten Europa ist nichts so, wie es scheint. Hinter jeder Ecke lauern Schatten und Gefahren, die Kajans Schicksal in unvorhersehbare Bahnen lenken werden. Vom kommunistischen Regime in Albanien nach dem 2. Weltkrieg bis 1991 folgt man dann gebannt Kajan nach Nachkriegsdeutschland und in die DDR. Von dort in das Amerika der 1960er-Jahre und dann schließlich wieder nach Albanien. Was Kajan über die Jahrzehnte hinweg begleitet, ist die Liebe zur Musik.

Mit einem hohen Tempo erzählt, taucht man in das ereignisreiche und von schweren Schicksalsschlägen geprägte Leben von Kajan und parallel dazu in geschichtliche Ereignisse des letzten Jahrhunderts, insbesondere in Bezug zum albanischen Regime, ein. Kajans Leben ist ein Leben voller Überfälle, Gewalt, Liebe, Tod, Verrat und glücklichen Momenten. Es ist eine Geschichte voller Wendungen, die sich wie eine spannende Familien- Liebesgeschichte und auch teils wie ein Spionagethriller liest. Der poetisch angehauchte und emotionale Schreibstil lassen einen direkt in die ergreifende Handlung eintauchen, die auch noch auf den letzten Seiten nicht aufhört, einen das Herz zu brechen, um es dann wieder auf wunderschöne Art und Weise zusammenzusetzen.
Musik, Liebe zu den eigenen Wurzeln, Freundschaft, Familie, Blutsbande, Krieg, Verrat - das alles sind Themen, die in dem Roman zur Sprache kommen. Die Ereignisse, die beschrieben werden, sind teils grausam und nur schwer zu ertragen, und wenn man sich vorstellt, dass es wirklich passiert ist, wird es nur noch schlimmer.
Bedingt durch die Anzahl von Ereignissen und Charakteren fehlt es manchen Handlungsstrang etwas an Tiefe, worunter die Handlung im Ganzen jedoch nicht leidet. Besonders der bildhafte Schreibstil weiß zu verzaubern, unter dem Kajan und die anderen Charaktere zu Leben erweckt werden.

Insgesamt ist "Morgen und für immer" ein Buch, das eine ununterbrochene Abfolge von Freude, Trauer und Spannung, dieselben Emotionen, die den Protagonisten in seinem Leben begleiten, ist, das abrupt von Freude zu tiefstem Leid übergeht, fast wie eine Achterbahn. Es lässt einen eintauchen in einen Teil der Geschichte, der nicht jedem bekannt ist, besonders der letzte Teil ist bei Weitem derjenige, der mich am meisten beeindruckt hat. Ein Roman, der in Bezug auf Sprache, Inhalt, Beschreibung und Charakterzeichnung, abgesehen von kleinen Schwächen auf ganzer Linie überzeugen kann.

Bewertung vom 30.03.2023
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


gut

Ausdrucksstark und nichtssagend zugleich

2,5 von 5 Sternen

Für mich ist "Keine gute Geschichte" von Lisa Roy leider keine gute Geschichte.
Die ersten Seiten begangen für mich noch vielversprechend, doch mit zunehmender Seitenanzahl ließ meine anfängliche Begeisterung an der durchaus spannenden Geschichte, die sich mit einem Milieu beschäftigt, das man literarisch nicht so häufig begegnet.

Die 33-jährige Arielle Freytag hat es geschafft, aus dem sozialen Brennpunkt Katernberg in Essen herauszukommen und als Social-Media-Managerin in Düsseldorf Karriere zu machen. Doch ihre Depressionen führen zu einem Aufenthalt in der Psychiatrie. Als sie wieder zu Hause ist, bekommt sie einen Anruf, dass ihre Oma in Essen Hilfe braucht. Also kehrt Arielle nach 12 Jahren wieder in den Ort ihrer Kindheit zurück, der mit einem schweren Trauma verbunden ist. Denn als sie sechs Jahre alt ist, verschwindet ihre Mutter spurlos. Ohne nennenswerte seelische Unterstützung aus dem familiären und sozialen Umfeld musste sie mit dem Verlust alleine klarkommen. Da Vater unbekannt und Mutter verschwunden, wächst sie bei ihrer Oma auf, die eigentlich nur für ein Dach über den Kopf und für Essen sorgte, so ist das Verhältnis von Arielle zu ihrer Oma nicht das herzlichste. In Essen angekommen, kommen nach und nach Erinnerungen an ihre Mutter hoch und sie beginnt sich zum ersten Mal richtig mit ihren Verlust auseinanderzusetzen. Zeitgleich verschwinden zwei kleine Mädchen aus dem Stadtviertel.

Aus der Ich-Perspektive Arielles erzählt, lässt die Protagonistin einen schonungslos, direkt und reichlich zynisch einen an ihrem Leben und ihren Gedanken teilhaben, was sie nicht unbedingt sympathisch erscheinen lässt. So wirkt der Roman jedoch lebensecht und zeigt auf, dass die Herkunft einen nie so richtig loslässt. Man fühlt sich beim Lesen direkt in den sozialen Brennpunkt Katernberg versetzt.

Der authentisch wirkende und flüssig zu lesende Schreibstil war aber auch das Einzige, das mir gut am Roman gefallen hat. Die Handlung und die Charakterbeschreibung konnten mich nicht so ganz für sich begeistern. So hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, dass ich weiß, was die Autorin mir sagen will bzw. was sie darstellen will, richtig gefühlt habe ich es jedoch nicht.

Insgesamt fehlte es mir an Tiefe besonders in Bezug auf Arielles Beziehungen im familiären, sexuellen und freundschaftlichen Bereich. Auch wirkten die anderen Charaktere im Vergleich zu Arielle blass und teils schablonenhaft.
Zudem habe ich mir von der Handlung mehr erhofft, insbesondere das abrupte und zu vage Ende hat mich enttäuscht. Ebenso wurden die verschiedenen Handlungsstränge teilweise nur sehr oberflächlich behandelt, sodass am Ende mehr Fragen als Antworten zurückblieben.
So blieb bei mir nach Beenden der ca. 240-seitigen Lektüre das Gefühl einer inhaltlichen und emotionalen Leere zurück.

Eine Fokussierung der Handlung auf einige wenige Themen hätten dem Roman sicherlich gutgetan. So wurde das Potenzial für eine ausdrucksstarke Keine Happy End Geschichte über eine soziale Aufsteigerin nicht vollständig ausgeschöpft und es blieb eher eine nichtssagende Geschichte.

Bewertung vom 30.03.2023
Kimmig, Sophia

Lebendige Nacht


sehr gut

Faszinierender Einblick in die Welt bei Nacht

In "Lebendige Nacht" schafft es die Autorin und Wildtierbiologin Sophia Kimmig kurzweilig, informativ und leidenschaftlich, die Leser*innen in die faszinierende Welt der Nacht zu entführen.

Auf ca. 240 Seiten stellt die Autorin nicht nur verschiedene nachtaktive Tiere wie z. B. Bilche, Fledermäuse oder Eulen genauer vor, sondern erläutert auch interessante Naturphänomene rund um die Nacht. Sie liefert dabei interessante Fakten und Kenntnisse über Flora und Fauna und geht auch auf die Bedeutung der Nacht für den Menschen ein und dessen ambivalentes Verhältnis zu den dunklen Stunden des Tages. So wird auch auf die evolutionäre Entwicklung des Lebens bei Nacht sowie die Bedrohung dieses durch Lichtverschmutzung eingegangen.

Dank kurzer Kapitel und des lockeren, für ein Sachbuch leicht zu lesenden und verständlichen Schreibstils fliegt man nur so durch die Seiten.
Private Erlebnisse der Autorin und Beschreibungen ihrer Forschungstätigkeiten verleihen dem Text zudem noch eine persönliche Note.

Lediglich hätte ich mir insgesamt mehr Bilder der vorgestellten Tiere und eine ansprechendere Präsentation dieser gewünscht. Passend zum Thema sind die Bilder in Schwarz-Weiß, jedoch hätten Farbbilder für mehr lebendig gesorgt.
Auch wäre an manchen Stellen Schau- bzw. Infokästen hilfreich gewesen.

Nichtsdestotrotz ist "Lebendige Nacht" ein lesenswertes Sachbuch über die nächtliche Flora und Fauna, das zum Nachdenken anregt und einen vor Augen führt, wie wichtig Natur- und Umweltschutz ist.

Bewertung vom 30.03.2023
Meffire, Samuel;Kittstein, Lothar

Ich, ein Sachse


sehr gut

Schonungslos ehrliche Lebens- und Zeitgeschichte

Erzählt auf zwei Zeitebenen gewährt der Afrodeutsche Samuel Meffire einen schonungslos ehrlichen und intimen Einblick in sein ereignisreiches Leben, das von Höhen und Tiefen geprägt ist. Gleichzeitig ist "Ich, ein Sachse", ein teils erschreckendes Porträt über Hass, Gewalt und Rassismus in der neudeutschen Geschichte.

1970 wird Samuel Meffire als der jüngere Sohn eines Kameruners und einer Deutschen geboren. Schon seine Geburt ist von einem schweren Schicksalsschlag geprägt, nämlich den frühen und nie aufgeklärten Tod seines Vaters. Schon früh muss er auf eigenen Beinen stehen, da sich seine vom plötzlichen Tod ihres Ehemanns geprägte Mutter nicht wirklich um ihn kümmert. So folgt man Meffire durch seine Kinder- und Jugendjahre, begegnet seiner ersten Liebe bis er Polizist wird. Dank einer Kampagne wird er als erster Schwarzer Polizist in Ostdeutschland bekannt. Doch nach dem Aufstieg folgt der harte Fall. Man glaubt es kaum, dass er es danach wieder auf die Beine schafft, aber der Erzählstrang in der Gegenwart mit seinen Töchtern beweist das Gegenteil.

Neben der äußerst interessanten Lebensgeschichte wird man auch Zeuge düsterer deutsch-deutsch Zeitgeschichte. Die Schilderungen des erlebten Hasses, Rassismus und der Gewalt ist einfach nur krass und nur schwer zu tragen.

Bedingt durch die Fülle an guten wie schlechten Erlebnissen in Meffires Leben kommen manche Lebensabschnitte etwas zu kurz, besonders zum Ende hin. Gerne hätte ich noch mehr über sein Leben erfahren, denn lesenswert ist die Biografie allemal. Sie liest sich wie ein spannender Roman und gewährt zutiefst persönliche Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt Meffires verbunden mit deutscher-deutscher Geschichte.

Bewertung vom 05.03.2023
Moutier, Lucien

Farus-Chroniken I - Schwarzrot (eBook, ePUB)


weniger gut

Oberflächlicher Mix aus Fantasy und Erotik

"Schwarzrot" ist ein Buch, das laut Beschreibung eine spannende Dark-Fantasy-Romance zu sein scheint, doch dem Anspruch für mich kein bisschen gerecht wird. Weder kann die Liebesgeschichte mit ihren erotischen Szenen überzeugen, noch die spärliche Fantasy-Handlung.

Die Handlung klingt zunächst noch interessant und vielversprechend:
In einer mittelalterähnlichen Welt leben Menschen und Xerks, die das Aussehen von Raubtieren annehmen können. Als Sain, ein junger Xerk-Jäger, auf den verletzten Deejen, einen Xerk trifft und Deejen statt ihm zu töten, das Leben mit seinem Blut rettet, bleibt dies für beide nicht folgenlos. Beide kommen sich nicht nur platonisch näher, sondern werden auch in den Kampf Mensch gegen Xerk gezogen.

Der Beginn hat noch mein Interesse wecken können, doch mit zunehmender Seitenlänge verlor ich dieses jedoch immer mehr.
Gründe hierfür waren neben der wenig ausgereiften und glaubhaften Handlung vor allem der oberflächliche und ungelenke Schreibstil sowie die fehlende Tiefe in Bezug auf Charakter- und Handlungsbeschreibung. Zu keinen Zeitpunkt konnte ich mir die beschriebene Welt oder die Personen wirklich vorstellen.
Besonderes Manko waren hierbei die fehlende Beschreibung der Gedanken- und Gefühle der Personen, was in einem Roman mit Erotik und Romantik als Inhalt fatal ist. So lassen sich die erotischen Szenen am besten als mechanisch und emotionslos beschreiben. Stimmung bzw. Gründe für die gegenseitige Anziehung waren nicht spürbar.
Die Tiefe, die in der Charakterdarstellung fehlte, fehlte auch in der Handlung. Teilweise las sich der Roman eher wie ein erster Entwurf anstatt einer fertigen Fassung.
Das Interesse für die weiteren Bände wurde bei mir so nicht geweckt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.02.2023
Céspedes, Alba de

Aus ihrer Sicht


sehr gut

Starkes Porträt der gesellschaftlichen und politischen Situation im frühen 20. Jahrhundert in Italien

In "Aus ihrer Sicht" von Alba de Céspedes erzählt die Ich-Erzählerin Alessandra fesselnd von ihrem Leben, ihrer großen Liebe zu Francesco und wie sie sich zunehmend des Schicksals bewusst wird, wie Frauen durch das sie umgebende und beherrschende Patriarchat in eine unsichtbare und stumme Rolle gedrückt werden.

Der Roman ist in Form von langen Memoiren der Ich-Erzählerin und Protagonistin Alessandra Corteggiani verfasst, die von persönlichen und auch geschichtlichen Ereignissen berichten. Wie der Titel schon andeute, gibt Alessandra "aus ihrer Sicht" die italienische Geschichte der Jahre zwischen Faschismus, Widerstand und Wiederaufbau wieder, wie auch ihre persönliche Geschichte.
Zu Beginn des Buches wird man Zeuge der Kind- und Jugendjahre von Alessandra, die geprägt sind Erzählungen ihrer Mutter. Die Mutter, die aus Liebe Selbstmord beging und deren Schicksal die Tochter nicht wiederholen will.
Nach deren Tod wird Alessandra von ihrem Vater in ein abgelegenes Dorf in den Abruzzen zu Verwandten geschickt. Anstatt sich dort zu einer sich dem Mann unterwerfenden Frau zu entwickeln, wie vom Vater erhofft, kämpft sie dafür, dass ihr der gleiche Respekt wie den Männern entgegengebracht wird.
Nachdem der Krieg ausgebrochen ist, kehrt sie zurück zu ihren Vater und verliebt sich in ihre große Liebe Francesco, einen antifaschistischen Professor, den sie heiratet. Doch ihre Liebe steht unter keinem guten Stern.

Auch wenn man dem Roman in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt, ist seine Darstellung über die italienische Gesellschaft, das Korsett der Ehe und das Verhältnis der Geschlechter zueinander zeitlos. Ein poetischer und zugleich scharf analysierender Schreibstil lassen einen direkt in die Gedanken- und Gefühlswelt von Alessandra sowie in damalige Zeit eintauchen. Alessandras Darstellung lebt von ihrem sensiblen Charakter und der ihr inne wohnenden Stärke. Ihre Gedanken und Gefühle sind von großer Intensität, Sehnsucht, ihrer Suche nach der idealen Liebe, Widersprüchlichkeiten, Frustrationen und der Weigerung, sich anzupassen, bis zu den extremen Konsequenzen, geprägt.
Die Geschichte lebt von der authentischen Beschreibung Alessandras sowie der damaligen gesellschaftlichen, politischen und sozialen Situation.
Von Beginn an entwickelt die Handlung eine gewisse Sogwirkung, die trotz mancher Längen nicht nachlässt.


"Aus ihrer Sicht" ist nicht nur ein stark und gefühlvoll erzählter tragischer Liebesroman sowie eine Geschichte über den italienischen Widerstand in einem, sondern auch eine Sozial- und Milieustudie sowohl des Italiens des frühen 20. Jahrhunderts und der Menschen, die dort lebten, als auch der Beziehungen zwischen den beiden Geschlechtern und der Rolle der Frau in einer männerdominierten Welt damals.
Es ist ein Roman voller Schönheit, Liebe in all ihrer verschiedenen Facetten und erlebten Grausamkeiten, der einen nicht so schnell loslässt, wenn man sich auf ihn einmal eingelassen hat.

Bewertung vom 21.02.2023
Boks, Aron

Nackt in die DDR. Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat


sehr gut

Persönlich gefärbtes Künstlergemälde

Bevor der Lektüre von "Nackt in die DDR" war mir Willi Sitte kein Begriff. Nach Beenden des gut geschriebenen und informativen Sachbuches über den Maler und dem Menschen mit all seinen Widersprüchen und politischen Ansichten dahinter kann ich mir nun ein differenziertes und persönliches Bild von Willi Sitte und seiner Familie machen.

Gleich von Anfang an hat der Autor, der Urgroßneffe Sittes ist, es geschafft Interesse für die persönlich gefärbte Geschichte des Künstlers und seinen Lebensweg von der Kunstschule zur Zeiten des 2. Weltkrieges bis hin zu seinem Leben und Wirken in der DDR zu schaffen.
Ein Gemälde von Sitte, das Aron Broks Großmutter den Autor zeigt, ist der Ausgangspunkt der Recherche über ein Familienmitglied über das vergleichsweise wenig bekannt ist bzw. wenig geredet wird.
Was hat es damit auf sich?
Genau diese Frage wird im Verlauf des locker und angenehm zu lesenden Sachbuches versucht zu beantworten. Gespickt mit persönlichen Erinnerungen des Autors erfährt man nicht nur mehr über den Künstler Sitte, der Grund für das Buch, sondern auch über die DDR und das Leben in der DDR.
Fußnoten und logisch gut gegliederte ubd aufgebaute Kapitel zeugen von einer tiefergehenden und gründlichen Recherche.

"Nackt in die DDR" ist ein Sachbuch über einen Künstler aus der DDR, das mich besonders durch seine guter Mischung aus persönlicher Erzählung und sachlichen Informationen überzeugen konnte.
Für alle, die sich für die DDR und Kunst interessieren, lesenswert.

Bewertung vom 14.02.2023
Kent, Kathleen

Der Weg ins Feuer


gut

Thriller im Drogenmilieu auf Sparflamme

Die Drogenfahnderin Betty Rhyzyk hat, nachdem sie von einer rücksichtslosen und brutal agierenden Sekte entführt wurde, Probleme, wieder in ihr altes Leben zurückzufinden. Bei ihr zu Hause führt ihre Schreckhaftigkeit und ihr aufbrausendes Verhalten dazu, dass ihre Beziehung zu ihrer Frau Jackie sehr leidet. Auf der Arbeit wird sie zu einem Schreibtischjob verdonnert und sie soll eine Therapie machen, obwohl sie lieber auf der Straße unterwegs wäre und das Dallas Police Departement bei der Jagd nach einem brutalen Mörder eines mexikanischen Drogenkartells zu unterstützen. Wären das alles noch nicht genug Probleme für Betty, bereitet ihr Partner Seth ihr auch Sorgen. Er scheint selbst zunehmend in die Drogenabhängigkeit abzurutschen und korrupt geworden zu sein. Betty, am Rande eines Nervenzusammenbruchs beschließt selbst zu ermitteln und auf eigene Faust auf Verfolgungsjagd im Drogenmilieu von Dallas zu gehen und selbst aktiv gegen die korrupten Polizisten vorzugehen.

Drogen, Korruption und eine interessante Protagonistin hatten das Potenzial, das "Der Weg ins Feuer" ein guter Thriller werden könnte. Trotz eines gut zu lesenden und stimmungsvollen Schreibstils sowie einer spannenden Handlung, die für einen schnellen Lesefluss sorgen konnte der Thriller mich jedoch nicht so fessel wie erhofft. Nach dem spannenden Einstieg verliert die Handlung sich teilweise zu sehr in den endlosen Problemen (Probleme mit ihrem Liebesleben, ihrem Arbeitspartner, ihrem Vorgesetzten auf der Arbeit, Alkoholkonsum, alte und neue körperliche und seelische Verletzungen) von Betty, wodurch die Spannung leidet.
Dem Spannungsbogen abträglich ist auch ziemlich viele Krimi- bzw.- Thriller-Klischees verwendet werden, wie z. B. eine toughe Polizistin mit schwieriger Vorgeschichte und Gegenwart, was sich auf ihr Urteilsvermögen auswirkt, ein verdächtiger Partner oder zu viel Alkohol. Hinzu kommt, dass Betty ziemlich viele unüberlegte und riskante Entscheidungen trifft, die der Glaubwürdigkeit des Thrillers keinen Gefallen tun.

Trotz der oben genannten Schwächen handelt es sich um einen kurzweiligen und durchaus fesselnden Thriller, bei dem Fans des ersten Bandes nicht enttäuscht sein werden.

Bewertung vom 31.01.2023
Sinan, Marc

Gleißendes Licht


sehr gut

Poetisch erzählte deutsch-türkisch-armenische Familiengeschichte

Marc Sinan verarbeitet in seinen ersten Roman "Gleißendes Licht" auf bildgewaltige und eindringliche Art und Weise Teile seiner eigenen Autobiographie sowie den Völkermord an den Armeniern.

Erzählt wird diese deutsch-türkisch-armenische Familiengeschichte sprunghaft.über verschiedene Zeitebenen und Generationen hinweg, der man dank des atmosphärischen und sprachgewaltigen Schreibstils von Anfang an gebannt folgt. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist der Komponist Kaan, der Sohn einer türkischen Mutter und eines deutschen Vaters ist. Als ihm eines Tages die Erinnerung an seine armenische Großmutter, die ihre ganze Familie durch den Völkermord an den Armeniern verloren hat und so zur Waise wird, überkommt, taucht man ihn die türkisch-armenischen Vergangenheit ein und wird Zeuge, wie seine Großmutter ihre Familie durch den Völkermord verliert und wie Kaans Großvater durch ebenjenes schreckliche Ereignis zu Reichtum gelangt. Ein ständiger Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit lässt ein vielschichtiges und überzeugendes Gesamtbild der einzelnen Familienmitglieder sowie die Spuren, die der Massenmord an den Armeniern in der Familie hinterlassen hat, entstehen.
Sprachlich durchaus anspruchsvoll werden hierbei auch surreale und mythische Elemente miteinander verwoben, deren Bedeutung nicht immer auf den ersten Blick gleich ersichtlich wird. Auch Kaans Rachefantasien gegenüber den türkischen Präsidenten gegen Ende des Buches ließen mich mit mehr Fragen als Antworten zurück, konnten jedoch meinen überwiegend positiven Eindruck des Romans nicht schmälern.

Mit "Gleißendes Licht" ist Marc Sinan eine lesenswerte und stimmungsvolle Familiengeschichte gelungen, die eine poetische und teils surreale Komposition aus Politik, Kultur, generationenübergreifendes Trauma und seinen Folgen sowie interessante Charakteren ist.
Eine literarische Verarbeitung des Völkermordes an den Armeniern, die bis auf kleinen Schwächen, überzeugen kann.

Bewertung vom 21.01.2023
Benrath, Nora

Wehrlos


sehr gut

Wenn das eigene Kind verschwindet - fesselnd und beklemmend erzählt

"Wehrlos" von Nora Benrath startet gleich mit einer Horrorvorstellung für Eltern. Mareike "Mieke" ist mit ihrer vierjährigen Tochter Nele auf dem Kinderspielplatz, wo Nele Verstecken mit zwei anderen Kindern spielt. Im Laufe des Spiels nimmt wird Nele von einem leicht älteren Mädchen vom Spielplatz weggelockt, in ein Auto gezerrt und betäubt. Als Mieke merkt, was passiert ist, ist es schon passiert. Nele ist verschwunden und die Suche der herbeigerufenen Polizei rund um Ben Andersen bleibt zunächst ohne Erfolg. Als später eine männliche Leiche und eine Kinderleiche gefunden werden, lüften sie nach und nach das Geheimnis um das Verschwinden von Nele. Währenddessen macht sie Mieke selbst auf die Suche nach ihrer Tochter und bringt sich dadurch selbst in Gefahr.

Nüchtern aber packend zugleich wird die Geschichte rund um Nele aus der Perspektive von Ben, Mieke, Nele aber auch den Entführern und anderen handelnden Personen erzählt. Besonders die Kapitel aus Sicht der Entführer und von Nele sorgen für leichte Gänsehaut. Der atmosphärisch düsterer Schreibstil trägt ebenso zu einem beklemmenden Gefühl beim Lesen bei.
Nach einem starken Anfang nimmt in der Mitte die Spannung etwas ab um sich dann zum Finale hin wieder zu steigern.
Neben dem Thema Kindesentführung spielt auch das Thema soziale Medien eine wichtige Rolle in dem Thriller, insbesondere die Darstellung des Lebens der eigenen kleinen Kinder durch die Eltern auf den Social-Media-Platformen ohne dass sich die Eltern viel Gedanken darüber machen, welche Folgen das für die Kinder haben kann. In dem Fall hier schlimme, auch wenn für Neles Verschwinden noch andere Gründe hinzukommen.

Alles in allem ist "Wehrlos" ein fesselnder, atmosphärischer und leicht sozialkritischer Thriller mit kleinen Schwächen, der besonders durch das schreckliche Thema Kindesentführung sowie seinem punkten kann.