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Frechdachs

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Insgesamt 167 Bewertungen
Bewertung vom 10.01.2023
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

Unus pro omnibus, omnes pro uno - Das Trio Infernale bestehend aus Carl, Isi und Artur in einer sehr zerbrechlichen Zeit

Der Schriftsteller und Drehbuchautor Andreas Izquierdo entführt den geneigten Leser im aktuellen Roman "Labyrinth der Freiheit" in den Schmelztiegel Berlin jenseits der oft viel zitierten Goldenen Zwanziger des vorigen Jahrhunderts.

Das Buch ist gleichzeitig Abschluss der "Wege der Zeit"-Trilogie mit den vorherigen Bänden "Schatten der Welt" und "Revolution der Träume". Mir war dieser Umstand vor dem Lesen nicht so bewusst und ich als diesen Schlussband dann standalone, ohne die vorherigen Bände zu kennen und kam durchweg gut zurecht.

Izquierdo fokussiert hier im Erzählstrang die frühen 20er-Jahre des vorigen Jahrhunderts, als die (deutsche) Welt im Umbruch lag und bereits die dunklen Vorboten des sich dann anschließenden Dritten Reiches zeigten. Die atmosphärischen Eindrücke der verschiedenen Szenerien im Buch sind unheimlich gut getroffen. Auch in die Hauptprotagonisten sowie die anderen Handelnden konnte ich mich schnell und gut einfinden und mich mit ihnen identifizieren.

Der Schreibstil von Izquierdo holte mich als Newbie in der "Wege der Zeit"-Reihe aber auch sehr gut ab und lies mich in die Story komplett eintauchen.

Abseits des damaligen Glamours (für die ja quasi die Goldenen Zwanziger allseits bekannt sind) in der Berliner Metropole lässt der Autor dann bewusst den Blick auch auf die matte Seite der Medaille schweifen und thematisiert dann eben auch beispielsweise die heraufziehende Inflation und deren Auswirkungen wie die Verelendung oder auch die damals aufziehenden Schatten der sich danach anschließenden NS-Diktatur.

Auf jeder einzelnen Seite spürte ich persönlich das Herzblut, das in diesem sehr gelungenen Werk steckt. Bei mir lief auch sehr schnell das Kopfkino an und ich begleitete quasi dann das Trio Infernale bestehend aus Carl, Isi und Artur Seite an Seite auf ihrem nicht immer geradlinigen Weg durch das Chaos der damaligen Zeit.

Summa summarum ein toller und vor allem intensiver Roman, dessen Protagonisten ich sehr schnell ins Herz schloss. Mein allererstes Buch des Schriftstellers Andreas Izquierdo und ganz sicherlich nicht mein letztes!

Bewertung vom 02.01.2023
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Eine ergreifende Erinnerung an die Bergbautradition in der erzgebirgischen Region rund um das Schlematal

Kati Naumann erschafft in ihrem aktuellen sehr atmosphärischen Roman "Die Sehnsucht nach Licht" eine richtig tolle Mischung aus geschichtlichen Zeitzeugnissen vermischt mit der Geschichte einer fiktiven Familie, die sich über Generationen hinweg dem Bergbau verschrieb.

Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist dabei geographisch das im Erzgebirge gelegene Schlematal und die fiktive Dynastie der Bergbaufamilie der Steiners.

Als Leser bekommt man sehr eindrücklich eine Idee über den Aufstieg und Fall des Bergbaus in der dortigen Region. In der Handlung selbst durchlebt man dabei alle Höhen und Tiefen mit.

Obwohl ich bis dato noch kaum richtig tiefe Berührungspunkte zum Bergbau hatte, schaffte es das Buch mich in kürzester Zeit dann an sich zu binden. Es dauerte für mich alleine durch die genauen Beschreibungen nicht lange, mich mit den Handelnden wie auch der eigentlichen Story zu identifizieren.

Das Kopfkino lief eigentlich bereits beim kurzen Prolog an und riss bis zum Buchende hin nie ab.

Man taucht ein in eine fast vergessene sehr harte Arbeitswelt unter Tage, in die des traditionsreichen Bergbaus, und bekommt on top noch viel rund um die fiktive Bergmanndynastie der Familie Steiner mit.

Bei jeder einzelnen Seite merkt man die Akribie der Recherche und die Passion der Autorin Kati Naumann solche längst vergangene Industriezweige dann wieder zum Leben zu erwecken. Mir gefiel diese Art Roman von alles Anfang sehr gut.

Der ausgeklügelte Spannungsbogen bewegt sich zwischen dem aktuellen Zeitgeschehen und der Vergangenheit. Ich persönlich fand vor allem die Details zur Historie des Bergbaus im Schlematal dann durchweg interessant und sehr spannend erzählt.

Der Roman wurde für mich deshalb sehr schnell zum echten Pageturner.

Mir gefielen die unzähligen Anknüpfungspunkte zur Realität, die dann unsere deutsche Geschichte greif- und erlebbar machen, auch wenn sie nicht immer ganz leichte Kost sind. Das Buch dient mir daher als Anknüpfungspunkt, um mich gerade in Sachen Bergbau dann noch weiter über das Buch hinaus zu informieren. Bis dato hatte ich dazu fast überhaupt noch kaum Berührungspunkte gehabt. Das Buch und die darin Handelnden haben mich dahingehend eines Besseren belehrt.

Gerade solche Bücher sind es, die mir lange im Gedächtnis bleiben werden und in mir weiter arbeiten werden.

Einfach ein riesengroßes DANKE für dieses tolle Werk und die damit einhergehende Unterhaltung.

Summa summarum erschafft hier Kati Naumann auf schlappen 416 Seiten ein unverrückbares Denkmal für alle Bergmänner im erzgebirgischen Schlematal, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens die tief verborgenen Bodenschätze unter Tage abgebaut und uns allen für unseren ganzen wirtschaftlichen Fortschritt ans Licht gefördert haben.

Bewertung vom 21.12.2022
Henk, Maria

Als Rangerin im Politik-Dschungel


weniger gut

Tausche für vier Wochen Berliner Politikbubble gegen den wilden afrikanischen Busch

Die Autorin Maria Henk lädt Interessierte in ihrem Roman "Als Rangerin im Politik-Dschungel - Wie ich in der afrikanischen Wildnis die deutsche Politik verstehen lernte" ein, für ein Mini-Sabbatical von vier Wochen mit ihr nach Botswana zu reisen und dort einer Rangerausbildung beizuwohnen.

Die Idee, den Job in Deutschland hinzuschmeissen oder eine Auszeit in Afrika zu verbringen und vielleicht auch eine Rangerausbildung zu absolvieren ist so neu wirklich nicht.

Wie Henk selbst anfangs im Buch anmerkt hat sie ein bestimmtes Buch auf eben diese Weinidee (ne keine Schnapsidee - das damalig konsumierte Getränk war Wein) gebracht. Ich tippe mal ganz frech und unverfroren auf "Frühstück mit Elefanten" von Gesa Neitzel. Auf diesen Spuren möchte Maria Henk dann eben innerhalb ihrer sehr begrenzten vier Wochen dann im afrikanischen Botswana wandeln.

"Ich will raus in die Natur, rein in die afrikanische Wildnis. Ich will in ein Leben eintauchen, in dem man sich auf nichts anderes verlassen kann als auf seine Instinkte. Ein Leben ohne Terminpläne, ohne Stress, ohne Regeln. Ein Leben mit Vogelgezwitscher statt Handyklingeln."

Das vorherige Buchzitat gibt einen Teil der hehren Ziele von Maria Henk vor Beginn ihres Abenteuertrips wieder.

Maria schaut dann natürlich erst mal komisch aus der Wäsche, als sie merkt auf was sie sich da eigentlich eingelassen hat. Sehr früh morgens aufstehen und den Tieren der Nacht nachspüren steht dann eben unter anderem auf dem durchgetakteten Stundenplan für angehende Ranger.

Das Buch bzw. die Erzählungen des Er- und Durchlebten hielten mich immer irgendwie in gewissem Abstand zur Protagonistin und zur Handlung selbst.

Die Beschreibung von Botswana selbst und der dortigen Flora und Fauna klangen für mich persönlich leider zu arg nach Reiseführer und Wikipediawissen. Allerdings muss ich auch dazu anmerken, dass ich ein echter Natur-/TIer-/Wildlife-Dokunerd bin und viele Details zu den Tieren wie auch eben zu Flora und Fauna dann leider bereits kannte und für mich die Beschreibungen keine wirklichen neuen Erkenntnisse bereit hielten.

Ich erwartete eigentlich eher eine detailliertere Beschreibung der Ausbildung zum Ranger und vielleicht nur hier und da dann Parallelen zur deutschen Politikbubble. Müsste ich es gewichten halten sich die Episoden zwischen der afrikanischen Rangerausbildung und den gezogenen Parallelen zur Politikwelt nahezu die Waage. Mein Gefühl sagt sogar, dass Afrika fast etwas unter geht und zu wenig präsent ist. Diesen Umstand finde ich persönlich dann sehr schade. Ich hätte mir mehr persönliche Erfahrungen von Henks Buschabenteuer in Afrika erwartet.

Das Buch liest sich zwar insgesamt sehr kurzweilig, mir persönlich fehlten aber mehr persönliche Emotionen sowie Erlebnisse und vor allem auch mehr Einblicke in den angehenden Rangeralltag. Ich fühlte mich persönlich wenig mit der Geschichte von Henk verbunden und ich wähnte mich auch kaum mittendrin im beschriebenen Geschehen. Wer einmal anfängt wird das Buch nach meiner Meinung in einem Rutsch gut durchlesen können.

Summa summarum leider für mich persönlich ein Buch als kleiner Snack für zwischendurch, das allerdings keinen bleibenden Eindruck hinterlassen wird.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.12.2022
Haigh, Tara

Die Wiege der Hoffnung


sehr gut

Mut, Hoffnung, Liebe und Courage in Deutschlands dunkelster Stunde

Die Autorin Tara High nimmt uns in ihrem neuen Roman "Die Wiege der Hoffnung" mit in ein Setting anno 1935, als die Juden bereits in Deutschland sich immer mehr Repressalien ausgesetzt sahen und offen ausgegrenzt wurden.

Alleine nur der bildhafte Schreibstil machte es mir persönlich sehr leicht, mich auf die Handlung einzulassen.

Getragen wird die Story von dem gelungen angelegten Charakter der Apothekertochter Luise, die alles im Sinn hat, aber die elterliche Apotheke nicht wirklich weiter führen möchte.

Zum eigentlichen Plot des Buches möchte ich dann gar nicht mehr verraten und verweise hier nochmals auf den Teasertext des Buches.

Insgesamt beschreibt Tara High die damaligen Umstände sehr eindrücklich in ihrem Buch. Verbunden mit der beginnenden Liebelei zwischen Luise und Emilio nimmt die Handlung dann richtig Fahrt in Richtung Italien auf.

Beim Lesen ertappte ich mich immer wieder selbst, was ich wohl an Luises Stelle getan hätte.

Summa summarum bietet "Die Wiege der Hoffnung" gute Unterhaltung in einem geschichtsträchtigen Setting der NS-Zeit, das uns allen die damaligen schlimmen Umstände nochmalig vor Augen führt und uns allen eine Mahnung sein sollten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2022
Sträter, Torsten

Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen


ausgezeichnet

Best of Torsten Sträter

In seinem sehr kurzlaunigen Buch "Du kannst alles lassen, du musst es nur wollen" präsentiert Torsten Sträter, der Akrobat der Wörter wie auch der genialen Abschweifungen, quasi ein Best of seiner bisherigen kabarettistischen Darbietungen.

Für mich waren leider sehr viele erzählte Episoden dann leider nicht neu gewesen, da ich diese bereits im TV bzw. live miterleben konnte.

Mich persönlich hat das Buch deshalb leider nicht komplett abgeholt, da ich immer die Auftritte von Sträter in meinen Gedanken hatte. Mir fehlte quasi die fast unerlässliche Mimik und Gestik zu seinen geistigen Ergüssen.

Das Gesamtkunstwerk Torsten Sträter gefällt mir persönlich dann in Wort und Bild dann sehr viel besser.

Ich mag seine exzellente Beobachtungsgabe und auch seine Abschweifungen und Exkurse in seinen Erzählungen.

Wer Sträter bereits verfolgt hat, entdeckt hier im Buch leider nur wenig neue Episoden. Kennt man die mitunter absurden Pointen des Comedians Sträter noch nicht kann das Buch sehr erquickend sein.

Bewertung vom 04.11.2022
Vochezer, Angelique

Omi, ich bin jetzt vegan!


gut

Solide vegane Hausmannskost, die Kindheitserinnerungen wecken soll

Die Autorin Angelique Vochezer kocht sich mit ihrer Oma Ingeborg in ihrem aktuellen Kochbuch "Omi, ich bin jetzt vegan!" durch insgesamt 74 verschiedene vegane Gerichte, die an die Kindheit erinnern sollen.

Nach meiner persönlichen Meinung richtet sich das vegane Kochbuch wohl am ehesten an Kochanfänger bzw. Personen, die ihre bis dato normale Ernährung auf die vegane Lebensweise umstellen.

Nach einer außergewöhnlich ausführlichen Einleitung, in der Vochezer unter anderem ihre persönlichen Gründe für ihre Ernährungsumstellung sehr authentisch darstellt kommt das Kochbuch dann endlich zum eigentlich wichtigen Inhalt, den lukullischen Rezeptideen.

Die Rezepte sind mir durchweg fast zu wenig raffiniert und decken wirklich fast ausschließlich die Schiene der soliden Hausmannskost ab und sind mir persönlich zu einfach und simpel.

Viele Gerichte, wie zum Beispiel viele der im Buch enthaltenen Suppenideen oder auch die Salate, sind ja bereits von Haus aus vegan. Hier hätte ich mir dann vielleicht eher Neuinterpretationen gewünscht bzw. gänzlich neue vegane Rezeptideen.

Sobald Fleischersatz zum Einsatz kommt, greift die Autorin dann leider im Supermarkt immer wieder ins Kühlregal und entnimmt eine Packung veganes Hack. WIESO?

Gerade hier erwarte ich eigentlich, dass dieser Fleischersatz dann nicht großindustriell zusammengerührt ist, sondern vielleicht das Substitutprodukt dann zuhause selbst kreiert wird.

Den Rezepten würden nach meiner Meinung auch ungefähre Zubereitungs-/Garzeiten sowie Kalorienangaben gut tun.

Alles in allem hat mich persönlich dieses vegane Kochbuch leider nicht vom Hocker gerissen. Mir fehlen eindeutig die Inspiration und Wege neue leckere vegane Gerichte zu entdecken.

Bewertung vom 03.11.2022
Skalietska, Yeva

Ihr wisst nicht, was Krieg ist


ausgezeichnet

Wenn ein sinnloser, barbarischer und menschenverachtender Angriffskrieg einfach so die eigene Kindheit zerstört

"24. Februar – ich werde mich mein Leben lang an diesen Tag erinnern! An meinen letzten Tag zu Hause. Den Tag, an dem der Krieg begann."

"Ich bin ein Kind aus der Ukraine, mein Name ist Alena, ich bin zwölf Jahre alt und alles, was ich will, ist Frieden und wieder zu Hause sein!"

So äußern sich am Ende des Buches Kostja und Alena, zwei Freunde von Yeva über ihr ganz persönliches Seelenleben während dieses barbarischen russischen Angirffskrieges, der den Zivilisten und den Schwächsten der Gesellschaft nur unendliches Leid und Tod bringt.

Die 12-jährige Ukrainerin Yeva Skalietska legt uns in ihrem Buch "Ihr wisst nicht, was Krieg ist - Tagebuch eines jungen Mädchens aus der Ukraine" ihre Gedanken, Ängste aber auch Hoffnungen seit Kriegsbeginn in der Ukraine offen.

Mir fällt es sehr schwer hier für dieses Buch die wahrscheinlich richtigen Worte zu finden.

Bei mir persönlich stellte sich sehr schnell Gänsehaut beim Lesen ein.

Wir werden aktuell zwar tagtäglich alleine durch die Nachrichtenberichterstattung in den Printmedien und im TV geradezu mit Eindrücken zum barbarischen Ukrainekrieg überschüttet, aber irgendwie, so habe ich zumindest das Gefühl, hat man sich an diese professionelle Kriegsberichterstattung bereits zu sehr gewöhnt oder vielleicht ist man auch einfach mit der ganzen Situation auch einfach nach wie vor überfordert und der Kopf macht dann sehr schnell dicht.

Das Zeitzeugendokument der noch sehr jungen Autorin wirkt dahingehend ganz anders auf mich. Hier wird aus Kinderaugen und -mund berichtet und das Erlebte für all unsere Nachkommen dann hoffentlich konserviert.

Es schildert sehr eindrücklich, wie der Krieg urplötzlich dann doch über die Ukraine und ihre Einwohner hereinbricht.

Einige der folgenden Buchzitate geben kurze Einblicke darauf.

"Bis in die frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 ist mein Leben normal."

"Wir klammern uns an die Hoffnung, dass der Albtraum irgendwann vorbei ist."

"Ich kann mich nicht mehr an meine alten Träume und Ziele erinnern oder an all die Dinge, die mir mal wichtig waren."

"Jede Minute, jede Sekunde festhalten. Es könnte die letzte sein."

"Ich träume davon, eines Tages wieder ein Zuhause zu haben."

"Vor dem Krieg hatte ich meine kleinen Sorgen, aber jetzt weiß ich, wie glücklich ich war."

"Ich hoffe, alles wird irgendwie gut – aber das kann nur ein Wunder Gottes machen."

Durch die sehr eindrücklichen und häufig sehr emotionalen Schilderungen von Yeva Skalietska wird man, ob man will oder nicht, in ihr persönliches Seelenleben hineingezogen.

Was macht es mit friedfertigen Zivilisten, wenn über Nacht der russische Aggressor einen brutalen menschenverachtenden Angriffskrieg über den Zaun bricht und nichts als Leid über das eigene Land bringt?

Man bekommt beim Lesen eine Idee davon, wie schwer es ist abzuwägen, ob man sein angestammtes Zuhause fluchtartig verlässt und damit alles Gewohnte zurücklässt oder ob man sich weiter diesem Terror und der akuten Gefahr von Bombardements und Luftangriffen aussetzt.

Yeva Skalietska gibt dem kriegerischen und meschenverachtenden Verbrechen von Wladimir Putin ein Gesicht und verleiht der ukrainischen Zivilbevölkerung durch ihr persönliches Kriegs-Tagebuch eine starke Stimme.

Die unterschiedlichen Emotionen und Gefühlswelten, die durch die Tagebuchaufzeichnungen transportiert werden, vermag kein kurzer TV-Bericht einzufangen.

"Wer einen Krieg überlebt, wird nie wieder sein wie früher. Man kann wieder lernen, sich zu freuen und das Leben zu genießen, aber anders – immer mit dem Gedanken: »Heute ist ein Tag ohne Krieg.«"

Bereits jetzt ist dieses Buch für mich ein Zeugnis unserer Geschichte und darf NIEMALS in Vergessenheit geraten, damit es uns als Mahnmal dient und uns allen hoffentlich in naher Zukunft solche schrecklichen Ereignisse erspart bleiben mögen.

PS: Wenn der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz über den "Sozialtourismus" schwadroniert, dann empfehle ich ihm von ganzem Herzen, zuvor dieses sehr persönliche Kriegstagebuch zu lesen und hoffe, dass er seine populistischen Äußerungen zukünftig besser überdenkt.

Bewertung vom 01.11.2022
Bergmann, Renate

Ihr könnt doch noch nicht satt sein!


ausgezeichnet

Futtern wie bei Großmuttern - Oma Renate tischt leckere Gerichte aus Kindheitstagen auf

Die Oma Renate Bergmann war mir vor diesem Buch noch überhaupt kein Begriff. Nun bin ich großer Fan ihr.
Im aktuellen Buch "Ihr könnt doch noch nicht satt sein!" präsentiert die Online-Oma Renate (aka Torsten Rohde) leckere Gerichte aus Omas gutbürgerlicher Küche.
Da wurden bei mir dann mehr als Kindheitserinnerungen wach.
Zurück in die Vergangenheit katapultierten mich dann Gerichteklassiker wie beispielsweise Eier in Senfsoße, Spinat mit Spiegelei, Toast Hawaii, Linsensuppe, Erbsensuppe, Grießbrei, Dampfnudeln, Milchreis, Kohlrouladen, Hühnerfrikassee oder andere lukullische Spezialitäten, die vielleicht bereits längst in den Hintergrund geraten sind.
Insgesamt hält das "Oma-Kochbuch" ein buntes Potpourri an schmackhaften Gerichten bereit. Für jede Tageszeit und jeden Anlass hält das Werk einige passende Rezepte parat.
Da bleibt kein Magen leer - ein kleiner Nachschlag ist sicherlich auch jeweilig drin.
Die persönliche Note der Oma Renate hält über ihre handschriftlichen Anmerkungen Einzug ins Buch. Darüber musste ich persönlich dann mehrmals schmunzeln.
Oma Renate ist natürlich auch gesprächig und so hält sie den ein oder anderen Tipp oder Trick auch parat, um die Gerichte dann nochmals zu verfeinern.
Alles in allem eine tolle kulinarische Zeitreise zurück zu Omas Zeiten, als Gerichte noch nicht hip sein mussten sondern einfach nur lecker schmeckten.

Bewertung vom 25.10.2022
Laestadius, Ann-Helén

Das Leuchten der Rentiere


ausgezeichnet

Auf den Spuren des indigenen Naturvolks der Samen im hohen Norden Europas
Die Autorin Ann-Helén Laestadius nimmt uns in ihrem Buch "Das Leuchten der Rentiere" mit in den hohen Norden Europas zum letzten indigenen Stamm der Samen.
Die schwedische Journalistin und Autorin Laestadius ist selbst gebürtige Sámi und entstammt einer Rentierhalterfamilie. Diese sehr enge Verbindung mit der samischen Kultur und deren Traditionen merkt man dem Werk dann Seite für Seite an.
Das Cover gibt vielleicht einen kleinen (verzerrten) Vorgeschmack auf den eigentlichen Inhalt des Buches.
Für mich ist es sehr magisch gehalten.
Die rastende Rentierherde in der Weite der Winterlandschaft und eine magische Lichtstimmung mit Polarlichtern am Himmel.
Zur Story selbst möchte ich gar nichts spoilern sondern verweise hier auf den Klappentext des Buches.
Wer sich auf das Buch einlässt, wird unumwunden in die Story rund um die junge und kleine Sámi Elsa hineinkatapultiert.
Ich wurde sehr schnell mit den Handelnden und dem Plot selbst warm.
Wer jetzt vielleicht aufgrund des freundlich wirkenden Covers denkt, es wäre ausschließlich ein Wohlfühlroman, der täuscht sich jedoch gewaltig.
Schlussendlich wird im Roman das harte und karge Leben des indigenen Stammes der Samen beschrieben und mit einer dramatischen Story verknüpft.
Ich selbst hatte viel zu romantische Vorstellungen vom Leben hoch oben im Norden. Das Buch öffnete mir dann sehr gut die Augen über die Lebensweise, die Kultur, die Traditionen und auch die Bräuche des samischen Stammes.
Das Buch wirkt vor allem durch seine tiefgängige dramatische Erzählweise und der authentischen Schilderung der vielschichtigen Probleme, mit denen sich die Samen dann in ihrem normalen Alltag konfrontiert sehen (z.B. Tötung von Rentieren, der offene Hass gegen die Samen, Selbsttötungen etc.).
Mit ihrem Buch macht Laestadius das letzte indigene Volk im hohen Norden dann für alle Interessierten sichtbar. Sie thematisiert das harte Leben und die Konflikte zwischen den Samen und der anderen schwedischen Bevölkerung in authentischer Art und Weise.
Für mich enthält das Buch ein sehr starkes Plädoyer für mehr Toleranz untereinander und gleichzeitig verleiht es dem indigenen Volk der Samen eine starke Stimme, die endlich gehört werden möchte.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.10.2022
Kolee, Nestor T.

Der Junge im Fluss


ausgezeichnet

Wieviel Ben steckt in Dir? - "Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung" (Heraklit)

Mit seinem zweiten Werk "Der Junge im Fluss - Über die Suche nach dem eigenen Ich" legt Nestor T. Kolee abermals ein sehr tiefgründiges Werk vor, das zum Nachdenken und Philosophieren über das eigene Leben und die eigenen Sichtweisen anregt.

Der ganz besondere fast schon philosophische Schreibstil hatte mich, wie bereits beim Vorgängerbuch "Der Junge, der auf einem Esel ritt", gleich wieder sofort in den Bann gezogen. Der Leseflow kam bei mir super schnell auf.

Magisch, fast mystisch mäandert die Geschichte rund um Bens Schicksal wie ein Fluss so dahin - ganz nach dem altbekannten Sprichwort "Panta rhei - Alles fließt!". Eingangs des Buches erschlossen sich mir zwar noch nicht sofort alle Details, aber die einzelnen Fäden versponnen sich dann ziemlich schnell und auch nachhaltig zu einem starken Tau zusammen.

Die Metapher rund um den Fluss ist wirklich gut gelungen. Das Wasser fließt, komme was wolle. Wer wollte nicht einige Dinge korrigieren vielleicht auch bewahren, die unwiederbringbar geschehen sind.

Insgesamt lief das Buch bei mir während dem Lesen quasi wie ein Film im Kopf ab.

Wie bereits das letzte Buch öffnete auch dieses mir sehr gut die Augen und lässt mich einige eigene Verhaltensweisen reflektieren und hoffentlich zukünftig besser meistern.

"Der Junge im Fluss" ist aus meiner persönlichen Sichtweise noch sehr viel tiefgründiger geschrieben als das vorherige Werk.

Ich denke, ich werde das Buch nach kurzer Zeit noch ein weiteres Mal lesen, denn auf den "ersten Rutsch" habe ich vielleicht doch hier und da manche Eindrücke dann nicht komplett mitgenommen.

Mich lässt das Finale im Buch noch nachdenklicher zurück als ich eigentlich bereits eingangs des Buches vermutete.

Für mich birgt die Story dann so viele Facetten in sich, über die es sich nachzudenken lohnt (z.B. der große Kreislauf des Lebens, die eigene Vergänglichkeit, Umgang mit Verlust und Trauer etc.).

"Der Junge im Fluss" macht Mut aber auch Hoffnung, gibt einem Geborgenheit und enthält ein starkes Plädoyer nur in diesem jetzigen einzigartigen Augenblick zu leben.

Ein echter Kolee eben!