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JohnnyZombie

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Insgesamt 121 Bewertungen
Bewertung vom 26.01.2023
Bekono, Simone Atangana

Salomés Zorn


ausgezeichnet

Salomé hat das Gefühl, ihr Leben endgültig in den Sand gesetzt zu haben. Nicht nur im Gefängnis ist sie gefangen, sondern auch im Strudel ihrer Erinnerungen an mit ihrer Familie verbrachte Tage in ihrem Haus in den Niederlanden oder bei der Verwandtschaft in Kamerun und Rassismuserfahrungen in der Schule.

Das Buch liest sich sehr persönlich. Wir lernen Salomés innerste Gedanken kennen, ihre Ängste, Selbstzweifel und natürlich auch ihre Wut. Der Schreibstil, der in der Ich-Perspektive gehalten ist, und die prägnanten Sätze unterstreichen das. Vor allem die Szenen, in denen sie träumt oder Halluzinationen im Fieberwahn hat, haben mich sprachlich beeindruckt, weil die Sprache auch der Logik dieser Situationen gefolgt ist.

Stück für Stück dringen Salomé und wir zum Kern der Sache vor, dem Grund, warum sie eingesperrt worden ist. Und auch diese Szenen sind von ihrer persönlichen Einschätzung geprägt, nicht von der einer neutral beobachtenden Person. Wir bekommen mit, wie sie es sich fast anders überlegt hätte, wie sie es dann doch nicht auf sich sitzen lassen konnte, und dass sie es nicht bereut.

Aber auch die anderen Mitglieder ihrer Familie lernen wir kennen, samt ihrer Reaktionen zu Salomés Verhaftung. Sie sind allesamt realistische Figuren mit ihren Schwächen, die die Geschichte umso realer erscheinen lassen, ebenso wie die anderen Insassinnen im "Donut", wie das Gefängnis genannt wird.

"Salomés Zorn" nähert sich schwierigen und allumfassenden Themen, wie Rassismus, Ausgrenzung und dem Gefängnis-System, auf sehr persönlicher Ebene und macht ihre Auswirkungen dadurch umso deutlicher. Ein eindrücklicher und berührender Roman, der einen auch durch sein offenes Ende noch lange begleiten wird.