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SusanK
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Osnabrück

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Insgesamt 240 Bewertungen
Bewertung vom 07.05.2023
Villard, Sophie

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Anlässlich der 10. Weltausstellung in Paris im Jahr 1889 hat der erfolgreiche Ingenieur Gustave Eiffel ein Ziel: er will aus Stahl das höchste Bauwerk der Welt errichten, das gleichzeitig als Eingangstor zur Ausstellung dienen soll. Als sein Privatsekretär überraschend verunfallt, bestimmt Eiffel kurzerhand seine älteste Tochter Claire zu seiner Sekretärin und Vertrauten. Sie übernimmt mit großem Mut und viel Geschick diese anspruchsvolle Aufgabe, doch gleichzeitig liegt ihr auch das Wohlergehen ihres kleinen Sohnes Robert und ihr Eheglück mit dem ersten Ingenieur Eiffels, Adolphe Salle, am Herzen. Und so hängt alles vom Erfolg des ehrgeizigen Projektes ab, für den die Familie mit ihrem Privatvermögen haftet und nicht nur die Pariser Künstlerszene einen Feldzug gegen die Errichtung des Kolosses aus Stahl führt ....

Nach Peggy Guggenheim und Madame Exupery widmet sich die die Autorin, die unter dem Pseudonym Sophie Villard schreibt, nun mit "Mademoiselle Eiffel" der nächsten starken Frau, deren Name uns so vertraut erscheint und deren Leben und Schaffen uns doch so fremd ist. Und Villard macht uns mit ihren Büchern deutlich, dass es sich auch in schweren Zeiten lohnt, seinen Träumen zu folgen.

Die Autorin hat sehr gut und umfassend recherchiert und erzählt aus der Sicht von Gustave Eiffels Tochter die Geschichte der Erbauung des Pariser Wahrzeichens, des Eiffelturms; der zur Zeit seiner Erbauung das höchste Bauwerk der Welt und durch seine moderne Bauart und die Stahlkonstruktion überaus umstritten war. Dabei erwarten die Leser*in nicht nur viele interessante Fakten und Informationen über dieses wohl jedem bekannte Bauwerk, sondern auch zahlreiche berühmte Persönlichkeiten aus Kunst und Wissenschaft, wie z.B. Jules Verne, Alexandre Dumas, Guy de Maupassant, Charles Garnier, Vincent van Gogh, Henri Toulouse-Lautrec, Thomas Edison, Gottlieb Daimler und weiteren.

So vermittelt die Romanbiografie ein gutes Stück Zeitgeschichte und lässt den Alltag kurz vor der vorletzten Jahrhundertwende lebendig werden. Sophie Villard schreibt flüssig, leicht, bildhaft und emotional und lässt ihre Leser*Innen tief eintauchen in die Geschichte. Auch, wenn wir natürlich wissen, dass der Eiffenturm trotz aller Widerstände rechtzeitig fertig wurde und die Familie Eiffel nicht bankrott ging, ja, der Turm sogar trotz der zunächst geplanten 20 Jahre immer noch steht, und damit die Spannung etwas gemindert ist, war das Buch ein echter Pageturner für mich. Ich fühlte mich einfach entführt in eine andere, spannende Welt.

Sophie Villard beschreibt Claire Eiffel als eine intelligente, warmherzige Frau, die keinesfalls eine Karrierefrau war, sondern sich - wie auch wir modernen Frauen - aufreibt zwischen ihrer Arbeit, dem Turm auf der einen Seite und ihrer Familie auf der anderen. Sie kämpfte nicht nur für das Bauwerk, sondern auch für das Glück ihrer Familie und ist in ihrer Mehrdimensionalität eine faszinierende Frau, die auch heute noch ein Vorbild sein kann. Und wenn die Autorin Claire Worte in den Mund legt, dass sie sich danach sehnt, einmal alleine in einem Cafe zu sitzen und hofft, dass dieses kleine Glück den Frauen späterer Generationen vergönnt sein wird, lässt sich erkennen, dass Emanzipation notwendig ist und wir schon ein gutes Stück weiter sind - wenn auch immer noch allerhand zu tun bleibt bis zur Gleichberechtigung.
Ebenfalls die anderen Personen und Figuren des Buches konnten mich vollauf begeistern in ihrer stimmigen Ausarbeitung.

Und auch, wenn das Thema "Liebe" nicht nur im Untertitel immer mal wieder anklingt, verkommt diese Romanbiografie nicht zu einer kitschigen LIebesschnulze.

In einem Nachwort gibt die Autorin ergänzende Informationen und grenzt die tatsächliche Realität von den fiktiven Elementen ab, die diese Geschichte erst zu einer stimmigen Unterhaltung machen - was dieses Buch dann auch perfekt abrundet.

"Madame Eiffel und der Turm der Liebe" konnte mich vollauf begeistern; Information und Unterhaltung sind auf perfekte Weise zusammengewachsen und ich freue mich auf weitere Werke der Autorin über Frauen, über die es sich lohnt, mehr zu erfahren und die uns ein Vorbild sein können!

Bewertung vom 07.05.2023
Hausladen, Simone

Minestrone um Mitternacht


gut

Clara ist engagierte Sous Chefin in einem Restaurant; ihr Job, ihre Beziehung zu Franklin und ihre Freundschaften sind eingefahren und sie sehnt sich nach Aufregung und Abwechslung, als sie zufällig nachts Viktor kennenlernt. Bereits als regelmäßigen Gast hatte sie ihn Mr. Dreamy getauft, und obwohl er sich Kunstdieb und -fälscher herausstellt, bricht sie alle Brücken hinter sich ab und unterstützt ihn in seinen kriminellen Machenschaften. Viktor ist genial, doch einer ist besser: Sein Bruder Gabriel, der für Interpol nach Künstdieben sucht .....

Simone Hausladen hat mit "Minestrone um Mitternacht" einen durch und durch kulinarischen Krimi erschaffen , bei dessen Lektüre den Leser*Innen das Wasser im Munde zusammenläuft, wenn Clara in der Küche ihre ambitionierten Gerichte erschafft. Jedes Kapitel ist mit dem Namen eines (italienischen) Gerichts überschrieben, und hierfür finden sich alle Rezepte im Anhang des Buches. Passend dazu ist das Titelbild wunderschön gestaltet und fällt sofort ins Auge.

Die Autorin schreibt flüssig, erzählend und leicht und der recht kurze Krimi mit 207 Seiten ist schnell gelesen. Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den psychosozialen Verstrickungen der Figuren und Claras Kochkunst, weniger auf Kriminalfällen, die Spannungskurve bleiebt flach.

Die Figuren, auch neben Clara und Viktor, erscheinen mir allerdings ein wenig künstlich und sehr klischeehaft, und lange haderte ich mit den Handlungen der oft naiv bis planlos und unvernünftig wirkenden Hauptperson. Erst auf den zweiten Blick erschließen sich die emotionalen Sehnsüchte und die darauf folgenden, für Außenstehende schwer nachvollziehbaren, Handlungen. Hier gefällt mir auch, wie Simone Hausladen den (uns allen grundsätzlich bekannten?) Mr. Dreamy schonungslos entlarvt und am Ende eher als AlbtraumMann dastehen lässt. Und ist es nicht begreiflich, dass jemand einmal dem langweiligen und sich gehen lassenden Lebenspartner, dem ständig abwesenden, sich selbstüberschätzenden Chef oder den nervigen, um sich selbst kreisenden Freunden die Meinung sagen möchte?

Insgesamt hat mich der Kulinarische Krimi gut unterhalten und es machte Spaß, etwas neben dem Mainstream zu lesen.

Bewertung vom 07.05.2023
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


ausgezeichnet

Hedwig Eva Maria Kiesler wird 1914 in Wien geboren; ihre Familie ist jüdischer Abstammung, aber nicht sehr eng mit dem Glauben verbunden. Trotz behüteter Kindheit feiert sie schon bald große Erfolge am Theater an der Wien, wo der reiche und überaus einflussreiche Waffenfabrikant Fritz Mandl auf sie aufmerksam wirbt und um sie wirbt. In Anbetracht der sich abzeichnenden politischen Situation rät ihr Vater zur Heirat, in der Annahme, Mandl könnte sie vor den Nazis und den Antisemiten schützen. So konvertiert Hedwig zum Christentum und stimmt 1933 der Heirat mit dem nach außen charmanten Mächtigen zu. Fritz Mandl entpuppt sich schnell als eifersüchtiger und gewalttätiger Ehemann, der sich zwar mit der wunderschönen Frau schmückt, sie ansonsten jedoch in einem goldenen Käfig einsperrt und brutalst misshandelt, ohne ihre zweiffellos vorhandene Intelligenz zu schätzen. 1937 gelingt ihr die Flucht über London nach Los Angelos und sie schafft aufgrund ihrer Schönheit und mit geschickten Verträgen einen kometenhafter Aufstieg im Filmgeschäft. Doch Hedy Lamarr, wie sie sich auf Anraten des MGM-Bosses Mayer nun nennt, wird von Schuldgefühlen geplagt: Hätte sie ihre als "Einzige Frau im Raum" mit Mussolini, Hitler und anderen Faschisten erlangten Informationen nicht nutzen müssen, um Menschenleben zu retten? So macht Lamarr sich daran, eine der großen Sorgen der Deutschen für die Gegner zu lösen und entwickelt eine Funksteuerung für Torpedos ... dch niemand will ihr zuhören.

Seit 2016 verfolgt Benedict ein Projekt, in welchem sie in historischen Biografien die besonderen Leistungen von Frauen thematisiert. Nach "Frau Einstein", "Lady Churchill" und "Mrs Agatha Christie" widmet sie sich in ihrem neuen autobiografischen Roman Hedy Lamarr, die vielen als schönste Frau der Welt und einer der größten Filmstars Hollywoods bekannt ist, deren wissenschaftliche Tätigkeit und ihre Erfindungen, die noch heute Einfluss auf technische Entwicklungen haben und sich in zahlreichen drahtlosen Geräten wiederfinden, jedoch völlig unbekannt sind.

In dem autobiografischen Roman, der durch seinen lebendigen Schreibstil und eine große Spannungskurve besticht, beschränkt Marie Benedict sich auf die Jahre 1933 bis 1942 der erst 2000 in Florida verstorbenen "starken Frau im Schatten der Weltgeschichte", denn diese Jahre waren für Hedy Lamarr prägend und zeigen die Entwicklung ihrer ganze Persönlichkeit und ihres Charakter sowie ihre Fähigkeiten auf. Mich hat sehr beeindruckt, wie sie sich entwickelt hat, wie die Dramen ihres Lebens sie geprägt und stärker gemacht haben. Einfach schrecklich, wie eindimensional die Rolle der Frau vor 100 Jahren gesehen wurde und wie sträflich derzeit mit den Frauen an sich und mit wirklich großen Erfindungen umgegangen wurde, nur, weil einer Frau so etwas nicht zugetraut wurde!!!!

Ganz nebenbei zeichnet Benedict ein lebendiges Bild der Gesellschaft und der Geschehnisse vor und während des Zweiten Weltkrieges und das Geschehen rund um den Faschismus auf. Deutlich wird dabei auch, wie die lange Zeit vorherrschende Annahme, so schlimm könne es doch gar nicht werden und das oppurtunistische Verhalten etlicher Politiker zu dem tatsächlichen GRauen führen konnte. Geschichtsunterricht auf die beste Art!

Marie Benedict hat mit diesem Buch der großartigen und fast vergessenen Hedy Lamarr ein würdiges Denkmal gesetzt und einen spannenden, dramatischen und zugleich lehrreichen Roman geschrieben. Hervorragende fünf Sterne - unbedingt lesen!

Bewertung vom 10.04.2023
Leonard, Susanna

Die Radfahrerin


ausgezeichnet

In einem Bostoner Herrenclub gehen im Jahr 1894 zwei Geschäftsmänner eine waghalsige Wette ein: Niemals würde eine Frau es schaffen, auf einem Fahrrad, mit nichts als Wechselunterwäsche und einem Revolver im Gepäck und ohne Geld, Geschenke und Spenden die Welt zu umrunden. Durch Zufall hört die 24jährige Anna Kopchovsky von dem ausgeschriebenen Preisgeld, und enttäuscht von ihrem gläubigen Ehemann Max, der mehr Zeit in der Synagoge als mit Geldverdienen verbringt um die drei KInder zu ernähren, der beengten Wohnsituation mit der Familie ihres Bruders und ihren Träumen von einem besseren Leben, beschließt sie, die Reise ins Ungewisse anzutreten. Gesponsort von einem Mineralwasserunternehmen, ändert sie ihren Namen in Annie Londonderry und erlebt viele Abenteuer, Lebensgefahren und die Liebe ....

Anhand der wahren Geschichte um die historisch belegte Anna Kopchovsky hat die Autorin Susanna Leonhard einen spannenden Abenteuerroman mit einigen fiktiven Elementen über eine starke Frau geschrieben: Annie, die von ihrem ärmlichen Leben erdrückt und von großen Träumen getrieben wird und trotz aller bestehenden Zweifel ein schier unvorstellbares Wagnis eingeht. Dabei versteht Susanne Leonhard, die Zerrissenheit der Hauptfigur, ihre Motive und ihren bemerkenswerten Mut zum Ausdruck zu bringen. Ihre Hauptfigur besticht durch Komplexität, Mehrdimensionaltität und Authentizität sowie durch ihre große Entwicklung im Laufe der Zeit. Aber auch die Nebenfiguren sind anschaulich und nachvollziehbar geschildert. Gefallen hat mir auch, dass Annies Schwächen schonungslos aufgezeigt werden; insbesondere ihre Neigung, in eigener Sache zu lügen und wilde Geschichten zu erfinden.
Ob man Annies Handeln immer nachvollziehen kann? Ich finde, auch ohne es gutzuheißen: ja - auch, wenn es sicher eine harte Entscheidung war, ihre Kinder vorübergehend zu verlassen, was gerade ihre älteste Tochter Molly ihr niemals verzeihen konnte. Dieser Konflikt nimmt ebenfalls einen wichtigen Raum ein.

Interessanterweise ist die eigentliche Reise Annies nicht der alles überstrahlende Teil dieses Buches; gerade die Hintergründe und die Motive treten stark hervor, was ich zu schätzen wusste um mir ein umfassendes Bild dieser Person zu machen, auch, wenn ich durchaus gerne noch mehr von Annies Heldentaten gelesen hätte, so spannend fand ich die Geschichte von Anfang an - und doch kaum vorstellbar, wie eine junge Frau gerade auch in Asien dieses Experiment überstehen konnte!

Die Autorin schreibt so bildhaft, flüssig und spannend, dass ich das Buch in einem Rutsch gelesen habe.

Susanna Leonhard ist ein großartiger Roman über eine starke Frau gelungen, die trotz aller Widerstände ihren Weg geht und dabei die Rolle der Frau im endenden 19. Jahrhundert völlig neu schreibt. Wie sie - aus praktischen Erwägungen - Hosen trägt, sich einen Liebhaber gestattet, alleine reist, all dies ist zu der Zeit eigentlich undenkbar und dennoch tatsächlich geschehen.
Eher nebenbei zeichnet Leonhard ein Stück Zeitgeschichte und lässt ihre Leser einiges lernen.

Abgerundet wird der Roman durch ein Personenverzeichnis am Anfang und ein NAchwort, in dem die Autorin Fiktion und Wirklichkeit voneinander abgrenzt.

Mich hat dieses Buch in jeder Hinsicht begeistert (fünf Sterne) und ich wünsche mir mehr solcher Bücher über starke Frauen, die leider - oftmals zu Unrecht - in Vergessenheit geraten sind!

Bewertung vom 29.03.2023
Johannsen, Anna

Enna Andersen und die verlorene Zeit


gut

Enna, leitende Beamtin in der Abteilung für Cold Cases, nimmt Urlaub, um den 20 Jahre zurückliegenden Mord an ihren Eltern aufzuklären, insbesondere, da der verurteilte Mörder noch immer seine Unschuld beteuert.Die Spuren führen sie zurück in die Anwaltskanzlei, in der ihr Vater damals arbeitete und noch weiter in die DEutsche Geschichte .....

"Enna Andersen und die verlorene ZEit" ist bereits der fünfte Fall um die Hauptkommissarin Enna Andersen und ihr Oldenburger Team. Obwohl der Band grundsätzlich einen abgeschlossenen Fall enthält und Vorkenntnisse nicht zwingend erforderlich sind, bin ich sicher, dass das Buch angenehmer zu lesen ist, wenn man die Figuren bereits kennt. INsbesondere die Vielzahl an Namen und die Verflechtungen haben mir einiges an Mühe bereitet und Fragen aufgeworfen.

So konnte ich auch nicht wirklich Zugang zu der toughen Hauptkommissarin finden; sie blieb mir seltsam fremd. Und auch in die Beziehungen - nicht nur innerhalb ihres Teams - musste ich erst lange einarbeiten.

Dass es kein Lokalkolorit gab, empfand ich durchaus als angenehm.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen.
Trotz einiger Spannung hat das Buch auch immer wieder seine Längen, wobei ich es durchaus realistisch fand, wie lange Anna völlig im Dunkeln tappte und erst spät ein roter Faden erkennbar wurde. Der Fall an sich gefiel m ir gut und führte zu einem runden Ende.

INsgesamt ein schöner Krimi, der LUst auf weitere Bücher der Autorin macht. Ich vergebe 3,5 Sterne.

Bewertung vom 26.03.2023
Fuchs, Katharina

Der Traum vom Leben


ausgezeichnet

Die 17jährige Luise ist auf einem armen Bauernhof in Ostfriesland aufgewachsen, wo harte Arbeit und Verzicht selbstverständlich sind. Eher zufällig lernt sie den Beruf einer Friseurin, wo sie einfühlsam auf ihre Kundinnen eingeht und sehr beliebt ist. Als sie einen regionalen Frisurenwettbewerb gewinnt, wird der alternde Starfriseur Hammer auf sie aufmerksam; und wegen einer unglücklichen LIebe folgt sie ihm auf die große Herbstmodenschau nach Paris. Durch Zufall springt sie für ein ausgefallenes Model ein - und wird bald selbst zum aufsteigenden Star in der Welt der Supermodels .....

Katharina Fuchs schreibt in ihren Romanen (Unser kostbares Leben, Lebens Sekunden, Neuleben, Zwei Handvoll Leben)

von starken Frauen, die ihren eigenen Weg gehen und beschreibt dabei auch detailliert die jüngere Vergangenheit.

In ihrem Roman "Der Traum vom Leben" nimmt sich die Autorin die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor und führt ihre Leser*Innen in die Welt der Supermodels, der großen Modenschauen und in ein schillerndes Paris. Dabei werden viele Details genau geschildert ud zahlreiche Erinnerungen geweckt.

Ein großes Augenmerk setzt Katharina Fuchs darauf, die diametralen Unterschiede zwischen dem arbeits- und entbehrenungsreichen Leben inauf einem kleinen ostfriesischen Hof und dem schillernden Schein der Pariser Modewelt aufzuzeigen. Beide Teile haben mir gleichermaßen gut gefallen.

Insbesondere Luise macht eine wahre Heldenreise durch. Als naives Mädchen vom Lande kann sie sich, trotz ihres jungen Alters, alleine in der Fremde immer besser zurechtfinden und ihren eigenen Weg finden und gehen. Aber auch die weiteren Figuren sind bildhaft und genau gezeichnet, so dass ich schnell meinte, alle selbst zu kennen und Sympathien und Antipathien geweckt wurden. Besonders ans Herz gewachsen ist mir dabei der nordafrikanische Koch Aydin, der in Paris kein einfaches Leben hat und Luise treu zur Seite steht.

Fast nebenbei ist zu lesen von den großen Mode-Labels, den hippen Designern und großen Stars wie Naomi, Claudia, Linda usw., bei dem beim Lesen sofort Bilder vor dem geistigen Auge erscheinen.

Natürlich spielt auch das Thema "LIebe" eine Rolle; allerdings nimmt sie keinen allzu großen Raum ein.

Auch, wenn im Klappentext vermerkt ist, dass diese Geschichte auf dem Leben echter Personen basiert, darf man nicht vergessen, dass es eine fiktive Geschichte ist und manchmal wie ein modernes Märchen anmutet. Trotz mancher Rückschläge gelingt es der unerfahrenen "Landpomeranze" Luise, Fuß zu fassen in dieser Scheinwelt der Mode und trotz aller Widrigkeiten - wie nicht zuletzt ihrer großen Narbe, die ihr eine Kuh mit ihrem Horn zugefügt hat - zu einem umjubelten Star zu werden. Eher nebenbei verbalisiert Katharina Fuchs die Schnelllebigkeit des Business, den Konkurrenzkampf, Lügen und Intrigen, Hunger, Bulimie, Magersucht, Knebelvertäge, Alkohol und Drogen sowie Verschuldung und Elend.

Die flüssige Schreibweise und vielen Bilder, die die Autorin zeichnet, machen das Buch zu einem Lesegenuss und echten Pageturner, den ich mit Vergnügen gelesen habe. Ich freue mich schon auf das nächste Buch dieser Autorin über starke Frauen ihrer Zeit,

Bewertung vom 05.03.2023
Eldering, Frank

GENESIS (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Als im Mai 1291 die Hafenstadt Akkon, letzte Bastion der Kreuzfahrer im Nahen Osten, nach sechswöchiger Belagerung und erbitterten Kämpfen von dem ägyptische Mamluken-Sultan al-Aschraf Chalil eingenommen wird und ein entsetzliches Gemetzel alle verbleibenden christlichen Einwohner tötet, kann sich der Ritten des Deutschen Ordens, Wilhelm von Bolanden, auf die letze Galeere flüchten. Seine Mission: geheime, als häretisch eingestufte Papyrusrollen nach Konstanz dem Abt Manfred von Gerbrand zu bringen und einen geheimen Bund wieder auferstehen zu lassen. Verfolgt wird er dabei nicht nur von einem muslimischen Meuchelmörder, der seinem Sultan die geheimen Schriften bringen soll, sondern auch von Kadinal de Lucca, der durch die Offenlegung der Schriften das Christentum bedroht sieht. In Venedig nimmt der fanatische Inquisitor de Lucca von Bolanden gefangen und bringt ihn nach Rom, wo ihm der Tod droht, doch der Benediktiner Ordensschwester Ariana gelingt es, ihn aus dem Kerker zu befreien, und gemeinsam bestehen sie viele Abenteuer auf ihrer wilden Flucht durch Italien, über die Alpen nach Basel und weiter nach Koblenz zur Erfüllung der Mission.

"Genesis" ist der Auftakt der historischen Confluentes-Trilogie des niederländischen Autors Frank Eldering, der ausgezeichnet und umfassend recherchiert hat und die bekannten historischen Fakten in eine mitreißende Abenteuer-Geschichte einbindet, in der schließlich auch LIebe entsteht. Die historischen Personen und wichtige dokumentierte Details werden vom Autor im Anhang erklärt und runden die erdachte Geschichte ab.

Der flüssige Schreibstil und die hochspannende Verfolgungsjagd sowie das Rätsel um die geheimen Papiere machen das Buch zu einem wahren Page-Turner, den ich nicht mehr aus der Hand legen mochte. Der Spannungsbogen zieht sich auf hohem Niveau durch das komplette Buch bis zu einem befriedigendem Ende. Ein besonderes I-Tüpfelchen war dabei die dem Roman zugrunde liegende theologische Idee, die erst im Laufe der Geschichte immer deutlicher wird, den Streit der monotheistischen Religionen beizulegen: Das "Confluentes" im Namen der Trilogie bezieht sich nämlich nicht nur auf den historischen Namen der Stadt Koblenz ("Castellum apud Confluentes" oder deutsch „Kastell bei den Zusammenfließenden“ Flüssen Rhein und Mosel), sondern auch auf ein Zusammenfließen von Christentum, Judentum und Islam, das sicherlich kaum im Sinne der katholischen Kirche sein kann.

Treue und Pflichtbewusstsein, auch unter Lebensgefahr, Liebe und Hass, Fanatismus und religiöser Übereifer finden sich in den Figuren wieder.
Diese sind bildhaft und mehrdimensional gezeichnet und Wilhelm von Bolanden und Ariana von Hane wuchsen mir schnell ans Herz, während der fanatische und schlaue Inquisitor schlichtweg die Kritik an der Kirche verkörpert. Spannend ist auch der Assassine Raschid, der interessanterweise zwischen seinem Auftrag und seinem Herz agiert und nicht ausschließlich der eiskalte Meuchelmörder ist. Die aufkommende LIebe zwischen den Flüchtenden Arina und Wilhelm habe ich auch als keineswegs störend in dieser abenteuerlichen Geschichte empfunden, sondern passte harmonisch in den Kontext.
Ergänzt werden könnte durchaus ein Personenverzeichnis mit einer Kennzeichnung der fiktiven und der historischen Personen, um leichter den Überblick zu erhalten.

"Genesis" ist eine gelungene Kombination aus historischem Roman, Abenteuerroman und Thriller (und ein wenig Liebensgeschichte) und hat mir großes Lesevergnügen bereitet. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung in dem zweiten Teil "Vermächtnis" der Confluentes-Trilogie.

Bewertung vom 10.02.2023
Melley, Tom

Der dunkle Erbe


ausgezeichnet

Als Richard Löwenherz, König von England und Herrscher über das angevinische Reich im April 1199 überraschend stirbt, streiten zwei mögliche Thronfolger um sein Erbe: sein 12jähriger Neffe Arthur I., Herzog der Bretagne, unter dem Einfluss seiner Mutter Constanze, und sein Bruder John Lackland (zu deutsch Johann Ohneland). Während sich Arthur mit Philipp II., König von Frankreich, verbündet, wird John von William Marshall, dem wohl besten Ritter seiner Zeit, unterstützt, der durch seinen großen Einfluss John zu seinem großen Erbe verhilft. Doch Williams Hoffnung auf Frieden wird bitter enttäuscht, denn der unberechenbare John stürzt England in einen desperaten Krieg gegen Arthur und vor allem gegen den mächtigen Philipp. Dabei verlässt er sich auf William Marshall, dessen schier unerschütterliche Treue zu den fünf Königen der Plantagenets, denen er diente, durch Johns Verhalten ernsthaft in Frage gestellt wird ....

Tom Melley hat sich in seinem literarischen Werk auf die Zeit des Hochmittelalters konzentriert und legt mit seinem inzwischen bereits vierten historischen Roman um den dunklen Erben John Lackland seinen wohl herausragensten aus einer Serie von außergewöhnlichen Romanen vor. Melley hat umfassend und akribisch recherchiert und es gelingt ihm, die schier unzähligen historischen Fakten und Verwicklungen so aufzuarbeiten und mit fiktiven Elementen zu verbinden, dass eine spannende Erzählung entstanden ist, die einem roten Faden folgt und den Leser trotz einer großen Zahl an Personen, Daten und Fakten gut folgen lässt. Hilfreich sind hierbei aber auch die Landkarten und das Personenverzeichnis zu Beginn des Buches und abschließend ein klärendes Nachwort des Autors.

Tom Melley pflegt einen flüssigen Schreibstil, der durch den stellenweise einfließenden Wortwitz und Sarkasmus gewürzt wird.
Die Erzählperspektive wechselt zwischen John und William - und kurzen Einschüben weiterer Protagonisten - was zu Beginn eines jeden Kapitels angegeben ist jeweils mit Ort und Zeit des Geschehens, so dass der Leser gut durch das Epos geleitet wird und ein umfassendes Bild erhält. Und obschon der Werdegang ja bereits feststand, gelingt es Tom Melley durch seine fesselnden Beschreibungen der Intrigen und Alliancen und der Auseinandersetzungen die Spannung hoch zu halten.

Wenn der Name "Richard Löwenherz" wohl noch jedem bekannt sein dürfte - nicht zuletzt durch seine Rolle in den Geschichten um Robin Hood - so sind seine designierten Nachfolger und auch der Ritter und Earl of Pembroke I., William Marshall doch den meisten von uns wenig vertraut. Melley gelingt ist, alle prägnant in all ihren Charaktereigenschaften zu beschreiben und vor den Augen seiner Leser zum Leben zu erwecken. Bereits bei Richard I. wird deutlich, dass dieser nicht der König war, als der er in der Kunst oft legendenhaft verklärt worden ist, sondern ein verantwortungsloser und egoistischer König. Als sein jüngster Bruder, ein Muttersöhnchen, der stets im Schatten seiner Brüder stand, ohne Geld und Titel, überraschend sein großes Erbe antritt, wird schnell deutlich, dass er den Erwartungen nicht gerecht werden kann; wir lernen ihn kennen als machthungrigen, in politischen Dingen unerfahrenen und glücklosen, sexbesessenen Säufer, der lediglich William Marshall und seiner Mutter Eleonore von Aquitanien vertraut. Gerade seine innere Zerrissenheit und sein unüberlegtes Handeln stellt der Autor gnadenlos zur Schau und fand damit die Erklärungen für viele Handlungen, die auf den ersten Blick wenig nachvollziehbar erscheinen.

Neben dem titelgebenden "dunklen Erben" stellt William Marshall jedoch die eigentliche Hauptfigur dieses Romans dar. Er ist der erste und beste aller Ritter, mit einer unerschütterlichen Treue zu seinem - jeweiligen - König, seinen Verbündeten ein guter Freund, seiner Ehefrau in Liebe verbunden, im Kampf nahezu unschlagbar, - und dennoch ein Mensch mit Fehlern, von dem man unbedingt mehr lesen möchte.

Tom Melley bietet mit diesem durchaus politischen historischen Roman auf unterhaltsamste Weise einen bildgewaltigen Geschichts"Unterricht", der die Streitigkeiten der Herrscher nachvollziehbar werden lässt, die Verflechtungen und Entwicklungen kohärent erklärt und nicht so schnell in Vergessenheit geraten wird. Leider ist nach knapp 500 Seiten und nur fünf Jahren von Johns Regentschaft dann schon Schluss; da birgt die HIstorie doch noch einiges an Potential. Bitte noch ganz viel mehr davon!

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