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Frau M. aus M.
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Magdeburg

Bewertungen

Insgesamt 118 Bewertungen
Bewertung vom 06.07.2022
Martin, Stefanie H.

Virginia und die neue Zeit / Die Liebenden von Bloomsbury Bd.1


ausgezeichnet

Virginia und Vanessa
"Die Liebenden von Bloomsbury" ist der erste Roman der Trilogie über die Frauen in der Bloomsbury-Gruppe. Da die Autorin sehr viele historische Quellen nutzen konnte, ist die Geschichte, die in den Jahren 1903 bis 1909 in London spielt, sehr nah an den tatsächlichen Geschehnissen. Im Mittelpunkt stehen die Jugendjahre von Virginia Stephens, die später als Virginia Woolf bekannt wurde. Sie ist jedoch ohne ihre ältere Schwester Vanessa nicht denkbar, die mutig ziemlich eigensinnige Entscheidungen für sie beide forciert hat. Vanessa beschützt sie und kümmert sich um Virginia, die immer wieder mit heftigen psychischen Problemen zu kämpfen hat. Nach dem Tod des Vaters, werfen die Schwestern die damals noch üblichen viktorianischen Gepflogenheiten ab und beginnen ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen. Zusammen mit ihren beiden Brüdern gründen sie eine Wohngemeinschaft in einem nicht besonders vornehmen Viertel. Dort treffen sie auch regelmäßig ihre feinsinnigen Freunde zu wöchentlichem Gedankenaustausch. So ganz können sich die gesellschaftlich privilegierten Herrschaften dann aber doch nicht den gesellschaftlichen Zwängen entziehen. Frauen dürfen nicht studieren, Homosexualität ist ein absolutes Tabu und von Frauen wird erwartet, dass sie sich einen Ehemann suchen. Als Vanessa heiratet und einen Sohn bekommt, gerät Virginia immer mehr unter Druck, ebenfalls zu heiraten.
Der Roman ist die reine Lesefreude. Die Figuren sind sehr einfühlsam und authentisch gestaltet. Man kann den damaligen Zeitgeist sehr gut nachfühlen. Dieses Buch wird sicher sehr viele Leser finden. Ich freue mich schon auf Band 2 und 3.

Bewertung vom 27.06.2022
Grue, Anna

Tod im Trödelladen


ausgezeichnet

Anne-Maj lässt nicht locker
Dies ist im Grunde ein gemütlicher dänischer Familienroman. Anne-Maj ist gerade Rentnerin geworden. Sie lebt mit ihrem Dackel Mortensen allein und hat zu ihrer Tochter und zu ihrer zehnjährigen Enkelin ein sehr inniges Verhältnis. Um noch eine Aufgabe im Leben zu haben, arbeitet Anne-Maj ehrenamtlich im örtlichen Trödelladen. Ihre Kollegen sind ebenfalls alle im Ruhestand und teilweise schon wirklich sehr betagt. Deshalb findet auch niemand etwas dabei, als kurz hintereinander drei der Mitarbeiter versterben. Anne-Maj hat jedoch ein Bauchgefühl und informiert die Polizeit. Die ist jedoch nicht davon zu überzeugen, irgendwelche Ermittlungen anzustellen. Man findet es normal, dass ein alter Mensch einfach plötzlich verstirbt. Anne-Maj lässt die Sache keine Ruhe und sie hält Augen und Ohren offen, um die Sache aufzuklären. Es gelingt ihr schließlich durch ihre Beharrlichkeit, die Polizei dazu zu bewegen, zumindest den letzten Fall genauer zu untersuchen. Sie ist inzwischen ziemlich besessen von dem Drang, die Todesfälle aufzuklären, dass sie weiterhin auch eigene Ermittlungen anstellt. Dabei stößt sie tatsächlich auf sehr interessante Zusammenhänge, verstrickt sich aber auch ziemlich und bringt sich auch schließlich selbst in Lebensgefahr.
Der Roman ist ein lockerer und teilweise humorvoller Lesestoff. Die Charaktere und ihre Beziehungen untereinander sind sehr authentisch gestaltet. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt.

Bewertung vom 20.06.2022
Di Paolo, Paolo

Und doch so fern


ausgezeichnet

Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben
Der Roman "Und doch so fern" ist ein wunderbar gelungener Roman zu einem sehr schwierigen, mit Tabus belasteten und oft leidvollen Thema. Es wird die Geschichte von drei Frauen erzählt, die Anfang der 80er Jahre in Rom leben. Sie sind ungeplant schwanger. Ihre jeweilige Lebenssituation ist jedoch gerade gar nicht geeignet, ein Kind zu bekommen und groß zu ziehen. Die drei Frauengestalten sind sehr authentisch und ehrlich gezeichnet.
Luciana ist Ende zwanzig. Ein Quickie mit einem eben erst kennengelernten Mann, dem Iren, hat eine Schwangerschaft zur Folge.
Valentina ist erst 17. Sie erlebt ihre erste Liebe mit einem Klassenkameraden. Sie ist mit der Situation sehr allein gelassen. Ihrem Freund kann sie sich nicht anvertrauen. Ihre Eltern empfinden sie als Schande, machen ihr Vorwürfe und bevormunden sie.
Cecilia lebt auf der Straße. Eine kurze Affäre mit dem Imbissbudenverkäufer bringt ihr die Schwangerschaft.
Sehr gut finde ich, das die Väter mit in das Geschehen eingebunden sind. Es wird klar, dass auch sie nicht in der besten Position sind, ein Vater für das kommende Kind zu sein. Auch diese Figuren sind sehr authentisch und sehr plastisch gestaltet.
Im letzten Kapitel wird aufgedeckt, dass der Autor hier seine eigene Geschichte verarbeitet. Ich bin rundum begeistert von diesem Buch. Es ist spannend von der ersten bis zu letzten Seite. Die Zuversicht, der liebevolle Optimismus und das ehrliche Verständnis für die Entscheidung der Frauen, haben mich sehr berührt.
Ich wünsche diesem Buch sehr viele Leser.

Bewertung vom 08.06.2022
Kalisa, Karin

Fischers Frau


ausgezeichnet

Museumsgeschichte
Mia Sund ist Sachverständige für alte Textilien. Eines Tages bekommt sie ein vermeintliches Exemplar der legendären pommerschen Fischerteppiche auf den Tisch. Es unterscheidet sich von den ihr bisher bekannten Stücken, die in Braun- und Grautönen geknüpft sind, durch eine besondere Farbgebung: Der Teppich besteht ausschließlich aus Grüntönen. Ist er echt oder eine Fälschung? Ich musste mich mit dem Schreibstil von Karin Kalisa erstmal anfreunden. Im Verlauf des Lesens gefielen mir die Gedankengänge der Protagonistin jedoch immer besser. Sie muss sich mit der Vergangenheit des Textils beschäftigen und kommt automatisch auch mit ihrer eigenen Vergangenheit, die sie verdrängt, in Kontakt. Ja, sie kommt mit sich selbst in Kontakt, denn die Geschichte, die sich hinter dem ungewöhnlichen Teppich verbirgt, erzählt von Nina, die viele Ähnlichkeiten mit Mia hat. Beide Frauen sind Fremde im Fischerdorf, beide sind sehr eigenwillige Charaktere, beide haben eine ungewöhnliche Vergangenheit. Mia findet viele Fakten und füllt die verbleibenden Lücken der Geschichte mit viel Phantasie.
Das Ende des Romans erschien mir dann etwas sperrig. Ich habe nicht verstanden, warum noch weitere Figuren in den Roman hineingeflochten worden sind.
Die Geschichte der pommerschen Fischerteppiche ist heute kaum noch über die Region hinaus bekannt. Um so interessanter finde ich es, dass sie in diesem wunderbaren Roman ein Denkmal bekommen hat.

Bewertung vom 22.05.2022
Dusy, Tanja

Salate zum Sattessen


ausgezeichnet

Salate satt
Dies ist ein wunderschönes kleines Büchlein. Es fühlt sich gut an und auch die grafische Gestaltung inklusive der Fotos ist sehr gut gelungen. Jedem Rezept ist auf einer Doppelseite Raum gegeben. Es gibt einfache Salate, und komplexere Rezepte und exotische Kreationen. Ich habe mehrere Rezepte ausprobiert und mich genau an die Anleitung gehalten. Ich wählte den grünen Nudelsalat mit Schinken, den griechische Salat mit Hähnchen und den Kartoffelsalat mit Speck. Alle Zutaten waren leicht zu bekommen. Die Zeitangaben waren nah an der Realität und so war es ein sehr entspanntes Arbeiten. Sehr schön finde ich auch die kleinen Tipps, die bei jeden Rezept mit eingeblendet sind. Die Ergebnisse waren sehr köstlich. Dann wagte ich mich auch an den orientalischen Couscous-Salat und den Panzanella-Brotsalat. Auch diese Salate schmeckten sehr gut. Und tatsächlich sind auch alle satt geworden, was bei uns nicht selbstverständlich ist, da wir alle richtig gute Esser sind.
"Salate zum Sattessen" bringt das Thema auf den Punkt. Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 04.05.2022
Clement, Jennifer

Auf der Zunge


ausgezeichnet

Was ist Traum und was ist echt?
Tatsächlich ist es eine "Sehnsuchtshymne", die Jennifer Clement hier geschrieben hat. Die Frau des Anwalts, welcher sich über die Jahre zu einem fleischgewordenen Paragrafen entwickelt hat, steigt aus dieser Ehe aus. Sie hat es satt, brav zu sein und zu funktionieren. Sie will Leidenschaft, Nähe und unwägbares Leben. "Mein Körper schreit nach Ungehorsam." S.51 Sie ist seit vielen Jahren Bibliothekarin und hat sehr viele Bücher gelesen. "Ich bin voller Erinnerungen an Dinge, die mir nicht passiert sind." S.107 Während sie durch die Straßen von New York streift, lässt sie ihren Gedanken und Gefühlen freien Lauf. Sie macht viele Beobachtungen und begegnet vielen verschiedenen Männern, die Phantasien in ihr auslösen. "Was ist Traum und was ist echt?" S.77 Darin spiegelt sich die Sehnsucht nach Nähe, Sinnlichkeit, nach einem Partner und echtem Leben. Es fällt auf, dass sie sehr passiv ist und sich immer nur durch die Männer existent fühlt. Sie sagt "Ich bin das Feuer des Feuerwehrmannes. Ich bin das Fleisch des Fleischers" usw. Sie begreift sich selbst nicht als etwas Eigenständiges.
"Auf der Zunge" ist ein wunderbarer Roman mit sehr poetischer Sprache. Er offenbart die innersten Gedanken der Protagonistin. Ihnen zu folgen bedeutet auch, den eigenen innersten Gedanken zu begegnen. Wunderschön sind die sprachlichen Bilder, die teilweise auch sehr erotisch sind. "Was können wir wissen und was werden wir nie wissen?" S.95
Ich wünsche diesem Buch ganz viele Leser.

Bewertung vom 29.03.2022
Knobloch, Nicole;Knobloch, Christian

Im Labyrinth der Nerven


ausgezeichnet

Menschen mit besonderen Bedürfnissen
Das Arztehepaar Dr. Nicole und Christian Knobloch erzählen populärwissenschaftlich aufbereitet 30 Geschichten von Patienten in ihrer Praxis. Für sie besteht ihre Arbeit darin, sich mit Menschen auseinanderzusetzten und nicht mit Fällen. Das macht die beiden sehr sympatisch. Mit sehr viel Geduld, Verständnis und Respekt wird jeder Patient an- und ernstgenommen. Der Leser erfährt, wie schwierig es teilweise ist, herauszufinden, was genau dem Patienten fehlt, Nicht alles ist über die Apparatemedizin abzubilden. Und nicht jeder Patient kann ausdrücken, was ihn schmerzt. Im Anschluss an die Fallgeschichte wird jeweils in einem Infokasten der fachliche Hintergrund laiengerecht erläutert. Mich hat sehr beeindruckt, dass neurologische Symtome manchmal auch Hinweise auf eine ganz andere Erkrankung wie beispielsweise Diabetes oder einen Tumor sein können. Den aktuellen Bezug zu dem neuen Phänomen Corona finde ich ebenfalls sehr wichtig. So hat sich mein Verständnis für das oft benutzte Wort "Nervenkostüm" sehr erweitert.

Da gerade neurologische und psychiatrische Erkrankungen früher stark tabuisiert waren und immernoch eher Unsicherheit und Ablehnung im Umfeld hervorrufen, ist dieses Buch ein sehr wichtger Beitrag zur Aufklärung. Solche Störungen können jeden treffen. Die Geschichten zeigen, dass es für sehr viele Fälle Behandlungs- und Heilungsmöglicheiten gibt. Dass leider nicht alle Geschichten ein Happy End haben, wird jedoch auch nicht verschwiegen.

"Im Labyrinth der Nerven" ist unterhaltsam und informativ. Ein schöner Lesestoff.

Bewertung vom 12.03.2022
Kucher, Felix

Vegetarianer


ausgezeichnet

Diefenbach - Maler und Lebensreformer
"Vegetarianer" ist eine Romanbiografie des Malers Carl Wilhelm Diefenbach, der Ende des 19. Jahrhunderts lebte. Der Schutzumschlag gefällt mir sehr gut. Die satten Spinatblätter auf dem abgwetzten Bretterhintergrund präsentieren diese Geschichte ziemlich passend. Diefenbach propagierte eine völlig andere Lebensweise, da er erkannte, dass viele der Zivilisation geschuldete Gewohnheiten belastend für die Gesundheit der Menschen sind. Auch die "Ignoranz der Doktoren und die Gier der Pillendreher" sind ihm ein Dorn im Auge. Er wollte eine ganz neue Richtung einschlagen. Rohkost, Nacktheit, Naturheilmittel sollten für den neuen Menschen der Zukunft Grundlagen des Lebens sein. Diefenbach lebte kompromisslos nur das, was er selbst für richtig befand. Auch verbrachte er viel Zeit damit, auf den Straßen der Stadt lange Reden zu halten, um die Menschen zu bekehren. Seine Ideen steckten damals noch sehr in den Kinderschuhen. Es gelang ihm, zeitweise einige Jünger um sich zu scharen, aber einen große Durchbruch erreichte er nicht. Diefenbach sah sich selbst als den großen Meister, dem die anderen Menschen zu folgen hatten. Er stand in keinem geistigen Austausch mit anderen Gleich- oder Ähnlichgesinnten. Diefenbach war ein ziemlicher Egozentriker und wohl kein besonders angenehmer Zeitgenosse. Ständig hatte er Geldsorgen und auch mit seiner Frau und den Kindern gab es jede Menge Ärger. Oft wurde die eine oder andere Katrastrophe erst im letzten Moment abgewendet.
Der Roman zeigt eine streitbare Persönlichkeit, die geradezu besessen ist von ihren Ideen und doch stets auch dem bestehenden gesellschaftlichen Umständen Rechnung tragen muss. Der Sprachstil passt ins Ende des 19. Jahrhunderts und macht die Figur Diefenbachs sehr plastisch. Es hat mir sehr gefallen, den Maler Diefenbach näher kennenzulernen und zu sehen, dass seine Themen immernoch sehr aktuell sind.

Bewertung vom 24.02.2022
Thomas, Claire

Die Feuer


ausgezeichnet

Kurze Atempause
Den Einband , bestehend aus einem feuerroten Pappeinband und einem Schutzumschlag, auf dem eine Frauenfigur aus lauter Flammen zu sehen ist, finde ich sehr schön. Auch die Geschichte ist genial. Schauplatz ist Melboure in Australien. Die Heldinnen sind drei Frauen, die unabhängig voneinander und mit verschiedenen Absichten ins Theater gehen und das Stück "Glückliche Tage" von Samuel Beckett ansehen. Darin geht es um eine fünfzigjährige Frau namens Winnie, die in ihrem Leben feststeckt. Im ersten Akt ragt nur ihr Oberkörper aus dem Bühnenboden, im zweiten Akt schaut nur noch ihr Kopf heraus.
Draußen toben Buschfeuer, die Stadt ist in Rauch gehüllt. Margot ist eine siebzigjährige Professorin. Sie hat ein Theater-Abo und ist regelmäßig hier. Ivy ist Anfang vierzig und Kunstmäzenin. Sie wird in der Pause Kontakte pflegen. Summer ist 23 und Schauspielschülerin. Sie arbeitet als Platzanweiserin in dem Theater. Alle drei Frauen sind sehr mit Dingen beschäftigt, die sozusagen in ihrem Inneren lodern, so dass sie dem Stück nicht die ganze Aufmerksamkeit schenken können. Vielmehr flechten sich ihre Gedanken ins Geschehen auf der Bühen hinein. In der Pause begegnen sich die drei. Es stellt sich heraus, dass Ivy eine frühere Schülerin von Margot ist. Jede Person wird einzeln beleuchtet. Sehr persönliche Überlegungen, Gefühle und Erlebnisse zeichnen die Figuren sehr präzise.
Für die Schilderung der Pausensituation hat Claire Thomas einen Stilwechsel gewählt. Die Heldinnen werden zu Akteurinnen in einer Schauspielszene.
Im zweiten Akt haben sich die Gedanken geändert. Die Pausen-Begegnung hat interessante Impulse ausgelöst. Im Gegensatz zu Winnie stecken unsere drei Damen nicht mehr fest, sondern gehen hinaus zurück ins Leben, um zu tun, was ihnen wirklich wichtig ist.
"Die Feuer" von Claire Thomas ist ein durch und durch gelungenes Buch, das ich gern weiterempfehle.

Bewertung vom 17.02.2022
Herzig, Anna

Die dritte Hälfte eines Lebens


ausgezeichnet

Blut und Seelen vergiftet
"Die dritte Hälfte eines Lebens" von Anna Herzig ist ein ganz wunderbares Buch. Es erzählt die Geschichte des fiktiven österreichischen Dorfes Krimmwing, in dem man es schwer hat, wenn man sich seinen Mechanismen und der damit verbundenen Monotonie nicht unterordnet. Die Gemeinschaft ist überfordert mit Dingen, die nicht in ihren engen Rahmen passen. Mit dem Rathbauer, der gern eine Frau wäre, können sie nichts anfangen. Der dunkelhäutige Steinlachner Seppi samt seiner ledigen Mutter macht ihnen wohl sehr viel Angst. Auch die übergewichtige Liesl mit den drei Brüsten ist für sie kaum zu ertragen. Mit sehr originellem Sprachstil wird erzählt, wie die vier von der Dorfgemeinschaft gedemütigt und ausgegrenzt werden. Auch Sympathisanten werden nicht geduldet. Und doch überleben sie alle irgendwie und sind verstrickt miteinander und auch mit den Dorfbewohnern. So hängen die Geächteten doch fest am Dorf bzw. werden vom Dorf festgehalten. Sie könne sich nicht befreien, um vielleicht andernorts ein glücklicheres Leben zu suchen. Die Dorfbewohner treiben ihr Verhalten auf die Spitze. Sie sind völlig ohne Empathie für die Geschmähten. Der Seppi, dem "der kleine Schmerz" sowieso schon sein Leben lang von der Mutter eingeimpft wurde, überlebt das nicht. Vieles wird nur angedeutet. Man muss sehr genau hinhören und sich auch seinen Teil dazu denken. Die beiden Kapitel des Buche haben die Überschriften "Was man gehört hat" und "Was die Leute sagen". Die Verwirrung, die hier und da entsteht ist das Ergebnis. Man muss aufpassen, dass man den Gerüchten nicht auch auf den Leim geht. Die Lisl beispielsweise soll angeblich als Striptease-Tänzerin im Vladorama auftreten. Im späteren Text kommt heraus, dass sie dort nur gelegentlich kellnert.
Es ist ein sehr schönes kleines Büchlein, das man gern zweimal lesen kann, um noch besser zu verstehen.