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Eternal-Hope
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Insgesamt 103 Bewertungen
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Bewertung vom 03.06.2024
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


sehr gut

Was würde passieren, wenn alle Frauen die Arbeit niederlegen würden?

Mareike Fallwickl kann schreiben. Richtig, richtig gut. Jede Formulierung punktgenau, wunderschöne Sprachbilder, vielschichtige, lebensnahe und sich weiter entwickelnde Charaktere, spannende Szenen. Dazu richtig interessante Themen, mit einem Gespür für den aktuellen Zeitgeist und für die Themen, die dran sind und weh tun. Damit ist die Autorin so viel mehr als eine Schriftstellerin, sie ist auch eine politische Aktivistin, und das wird in ihren Büchern spürbar. Feminismus liegt ihr ganz besonders am Herzen, das war auch schon in ihren bisherigen Werken so. Und es sind wichtige Themen, die sie anspricht. In diesem Buch geht es unter anderem um die bezahlte und unbezahlte, oft unsichtbare und wenig wertgeschätzte Care-Arbeit von Frauen.

Die Autorin entwirft ein Szenario, in dem Frauen beginnen, vor Erschöpfung diese Arbeit - und sich selbst - niederzulegen. Ein stiller Protest, ohne Plakate, ohne Parolen, ohne ausgesprochene Forderungen... die Frauen liegen einfach still auf dem Boden, anfangs vor einem Krankenhaus, später auch an vielen anderen Orten. Und sie schließen sich zusammen, zu einem solidarischen Frauenkollektiv, das füreinander da ist, miteinander wohnt, kocht, die Kinder versorgt, einander beschützt und tröstet. Während gleichzeitig draußen in der Welt immer mehr zusammenbricht, weil all die Frauen und ihre Care-Arbeit fehlen. Und was passiert dann, wird der stille Widerstand und das Verweigern der Frauen einfach so akzeptiert?

Dieses Szenario erleben wir abwechselnd durch die Augen von drei miteinander lose verbundenen Personen: der jungen Influencerin Elin, der barmherzigen und unerschütterlich bis nah an den eigenen Zusammenbruch im Krankenhaus die Stellung haltenden Krankenpflegerin Ruth und des prekär beschäftigten, um sein Überleben kämpfenden jungen Mannes Nuri, Sohn einer Sri-Lankerin und eines Einheimischen. Und wir lernen auch so einige andere interessante Menschen, hauptsächlich Frauen, im Roman kennen.

Das Buch beschäftigt sich außerdem mit der ständigen Unsicherheit, die Frauen im öffentlichen Raum erleben müssen, mit diversen Formen von psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt von Männern gegen Frauen, mit Klassismus und sozialer Marginalisierung, mit alten und neuen Frauenbildern, verschiedenen Vorstellungen von Emanzipation und Feminismus, Staatsgewalt und Missbrauch dieser und vielem mehr. Was diese Themen angeht, ist das Buch vielschichtig, sehr intelligent konstruiert und regt zum Denken an. Auch emotional wird es sicher noch alle nachhallen.

Einen Stern Abzug gebe ich für das doch sehr einseitig und klischeehaft-negativ geprägte Männerbild, das in dem Buch vermittelt wird. Es kommen nur vereinzelt "gute" Männer vor, die selbst marginalisiert und dadurch kritisch sind, wie Nuri, oder sich aus anderen Gründen mit den Frauen solidarisieren und diese unterstützen. Die Mehrheit der Männer wird aber als jähzornig, ständig am Rande eines Gewaltausbruchs wandelnd, ignorant für alles außer die eigene Lebenswelt, narzisstisch und selbstverliebt, selbstdarstellerisch und gleichzeitig ziemlich minderbemittelt dargestellt (Männer, die in Massen von Leitern fallen und sich mit der Axt ins Bein hacken oder sich beim Kochen mit heißem Wasser verbrühen, nur weil keine Frauen mehr da sind, um sie bei der Arbeit zu unterstützen). Das reißt auch ein einzelner Nuri für mich nicht raus, und das war mir deutlich zu einseitig und eindimensional, hier hätten das Buch und die Autorin noch Potential zur Entwicklung und Differenzierung... dann könnten dieses und weitere Bücher auch noch viel mehr Menschen emotional mitnehmen.

Bewertung vom 18.04.2024
Mochizuki, Mai

Das Mondscheincafé Bd.1


sehr gut

Das "Mondschein-Café" ist ein nettes kleines Büchlein für zwischendurch. Es liest sich leicht und schnell, vermittelt eine zauberhafte, positive Stimmung und entführt in eine andere Welt. Der Umschlag ist sehr hübsch gestaltet und fühlt sich hochwertig an, es sind auch einzelne Elemente grafisch und haptisch hervorgehoben (der Mond, die Fenster, die Tafel vor dem Café...).

Es geht um verschiedene Menschen in Japan, Männer und Frauen, die an Wendepunkten ihres Lebens stehen, mit sich und der Welt hadern oder etwas bereuen... und plötzlich und überraschend zu einem Besuch des Mondscheincafés eingeladen werden. Das Mondscheincafé wird von Katzen in Menschengröße betrieben, es erscheint immer zu Vollmond an verschiedenen Orten und die Besucher bekommen dort individuell maßgeschneiderte köstliche Desserts und Getränke angeboten und dazu ihr Horoskop gedeutet.

Bei der Horoskopdeutung handelt es sich - obwohl es sich um eine japanische Autorin handelt und auch der Schauplatz des Buches in verschiedenen japanischen Städten spielt - um eine nach westlicher Astrologie. Beispielsweise geht es um die Auswirkungen des rückläufigen Merkurs, von Sonnenstellung und Aszendent und von verschiedenen Planeten in verschiedenen Häusern.

Die Astrologie zieht sich durch das Buch und ist ein wichtiges Kernthema, noch deutlicher als der japanische Mythos der Katzen, die den Menschen, die sie gut behandelt haben, etwas zurückgeben wollen, mit dem das Buch beworben wird.

Daraus schließt sich auch schon, wem ich das Buch empfehlen kann: Menschen, die sich nicht nur für eine nette kleine Lektüre angesiedelt in Japan interessieren, sondern auch der Astrologie zumindest nicht komplett kritisch gegenüberstehen.

Wer von dieser gar nichts hält und auch in einem fiktiven Roman nichts darüber lesen möchte, wird sich mit diesem Buch eher keinen Gefallen tun. Gleichzeitig ist es aber für Astrologie-Interessierte auch keine wirkliche Einführung in diese, dafür bleiben die besprochenen Themen zu einzelfallhaft und gehen zu wenig in die Tiefe.

Vom Konzept her hat das Buch ansonsten ein bisschen Ähnlichkeit mit dem davor erschienenen, ebenfalls japanischen, Bestseller "Frau Komachi empfiehlt ein Buch", in dem es ebenfalls um Menschen geht, die an Wendepunkten ihres Lebens einen Rat bekommen (dort durch Bücher, hier durch die astrologische Analyse der Katzen), die ihnen hilft, etwas zu verändern.

Im Vergleich zu jenem Buch liest sich das Mondscheincafé deutlich schneller und leichter, bleibt mehr an der Oberfläche, und es werden nur wenige Aspekte aus dem Leben der vorkommenden Personen vorgestellt. Damit haben die Figuren und die Handlung nicht sonderlich viel Tiefe, es ist aber eine nette und angenehme Unterhaltungslektüre und hinterlässt eine angenehme Stimmung, deshalb vier von fünf Sternen.

Bewertung vom 30.03.2024
Kilubi, Irène

Du bist mehr als eine Zahl


ausgezeichnet

"Du bist mehr als eine Zahl" von Irène Kilubi ist ein Sachbuch, das ich so richtig verschlungen habe. Es liest sich locker-flockig-angenehm und ist gleichzeitig tiefgründig, professionell und sehr spannend!

Es hat mich von der ersten Seite an mit seiner optimistischen, inspirierenden Botschaft angesteckt. Frau Kilubi hat als Kind aus einer Familie mit Fluchterfahrung schon früh sehr viel Verantwortung übernehmen müssen, so hat sie z.B. schon als Volksschülerin ihre Mutter mit Übersetzungstätigkeiten im Umgang mit Behörden oder Ärzten unterstützt. Dadurch hat sie schon früh die notwendigen Skills entwickelt, um dann als junge Erwachsene schon in ihren 20ern sehr verantwortungsvolle Positionen in großen Unternehmen übernehmen zu können - und ist genau da mit dem Thema konfrontiert worden, dass ihr aufgrund ihres jungen Alters erst einmal nicht von allen so viel zugetraut wurde und sie sich mehr beweisen musste als andere.

Auch von Diskriminierungserfahrungen auf ihrem Weg hat sie sich schon als Kind nicht unterkriegen lassen und hat beispielsweise als Zehnjährige nach einer ersten diskriminierungsbedingten Abweisung selbständig und ohne ihre Mutter den Direktor eines zweiten Gymnasiums besucht und überzeugt, sie in die Schule aufzunehmen. Hut ab vor dieser Resilienz und diesem Glauben an sich selbst und die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten!

Vor diesem Hintergrund setzt sich Frau Kilubi mit Leidenschaft und Herzblut für ihr Anliegen ein: dass es auch gesellschaftlich und in Unternehmen und Institutionen wichtig sei, Menschen nicht nur aufgrund ihres Alters zu beurteilen, sondern den ganzen Menschen zu betrachten, mit all seinem Potential. Dabei gelingt es ihr hervorragend, den Spagat zwischen Berücksichtigung der Individualität jedes Einzelnen und trotzdem Sensibilisierung für die möglichen Gemeinsamkeiten einer Generation zu schaffen und damit beide Seiten zu verbinden.

Gleichzeitig regt sie auch im Buch durch Fragen und praktische Übungen immer wieder zur Reflexion der eigenen Glaubenssätze an, z.B.: Wenn viele Medien auf einmal eingesetzt und schnell zwischen diesen gewechselt wird und sich jemand davon überfordert fühlt, muss das zwangsläufig mit dem Alter der Person zu tun haben? Vielleicht fühlen sich ja viele, und auch jüngere, davon überfordert?

Frau Kilubis persönliche Gedanken werden professionell durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien, Stimmen aus ihrer Community, Fallbeispiele und Anregungen für praktische Übungen und innovative Konzepte ergänzt (z.B. Reverse Mentoring - auch Jüngere können Mentor*innen für Ältere sein, speziell in den Bereichen, in denen sie ihnen individuell voraus sind).

Das Buch ist für alle empfehlenswert, die sich differenziert mit den Themen Individualität und individuelle Potentiale, Altersgruppen und -generationen, Altersdiskriminierung und Generationentraining auseinandersetzen möchten und die sich für einen weiten, vielfältigen Blickwinkel auf das Thema interessieren.

Ganz besonders möchte ich das Buch allen ans Herz legen, die beruflich mit diesen Themen zu tun haben, etwa im Personalbereich, denn es sensibilisiert nicht nur für das Thema, sondern enthält auch viele praktische Anregungen, die im Unternehmensumfeld ausprobiert oder umgesetzt werden können, z.B. zu den Themen Jobcrafting, Shadow Board, Mentoring & Reverse Mentoring, Appreciation of Wisdom, neue Arbeitsmodelle, Werte und vieles mehr.

Im Sinne der Inklusion aller - auch derer, denen die verwendeten Generationsbezeichnungen sowie die modernen, englischen Fachbegriffe zu dem Thema noch nicht so geläufig sind - enthält das Buch außerdem am Ende eine Beschreibung der typischen Merkmale der beschriebenen Generationen sowie ein umfangreiches Glossar.

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