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Hoelzchen

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Insgesamt 125 Bewertungen
Bewertung vom 29.08.2024
Pierre, Marie

Schwestern im Geiste / Das Pensionat an der Mosel Bd.2


ausgezeichnet

1911: Pauline ist immer noch Leiterin des Mädcheninternats in Diedenhofen. Eine neue Lehrerin stößt zum Lehrerinnen-Team: die junge Irin Rhona O´Meally. Sie bereichert mit ihrer direkten Art den Unterricht und die Schülerinnen mögen sie sehr und haben sie sofort ins Herz geschlossen. Doch schon nach kurzer Zeit plagen Pauline Zweifel, ob es die richtige Entscheidung war, diese Lehrerin einzustellen. Auch wenn man Pauline eine friedliche Zeit gönnen würde, so bleibt es lebhaft im Pensionat und auch der preußische Hauptmann Erich von Pliesnitz muss immer wieder eingreifen und Pauline aus so manch einer Misere helfen. Mobbing unter den Schülerinnen, Diebstähle, Einbrüche, Schmierereien an Wänden und Liebeskummer, im Internat ist immer etwas los.
„Schwestern im Geiste“ ist der zweite Band vom „Das Pensionat an der Mosel“. Ich würde anraten, vorab den ersten Band zu lesen, auch wenn der Roman in sich abgeschlossen ist. Marie Pierre ist eine Meisterin darin, historische Hintergründe gekonnt mit Unterhaltungsliteratur zu verknüpfen. So habe ich auch in diesem Roman wieder einiges über die politischen Umstände in der Grenzregion Frankreich/Deutschland lernen dürfen und über die Spannungen, die es Anfang des 20. Jahrhunderts dort gab. Diese Hintergründe lassen mich vieles besser verstehen und sind auch heute noch von großer Bedeutung. Der Roman ist spannend und kurzweilig geschrieben. Das eigene Lesetempo wird dadurch angetrieben und die 550 Seiten waren schnell gelesen. Die sympathische Protagonistin Pauline bekommt viele, unterschiedliche Charaktere an die Seite gestellt. Eine Lieblingsfigur kann ich nicht ausmachen, denn alle sind gleichermaßen interessant und vielschichtig. Es gibt abwechslungsreiche Handlungsstränge und die kurzen Kapitel lassen keine Langweile aufkommen. Zudem ist nichts vorhersehbar und so manch ein Überraschungseffekt stellt sich ein und ruft ein Aha-Erlebnis hervor. Genau das erwarte ich von einem guten Buch und Marie Pierre ist es auch hier wieder außerordentlich gut gelungen. Ich bin gespannt wie die Geschichte im dritten Band ausgehen wird. Ob Pauline und Erich zueinander finden werden?

Bewertung vom 16.08.2024
Yarros, Rebecca

Weil ich an dich glaube - Great and Precious Things


ausgezeichnet

Camden kommt nach 10 Jahren Kriegseinsatz in Afghanistan wieder nach Hause. Er folgt dem Ruf seines Vaters, der an Alzheimer leidet. Zwar kümmert sich Camdens Bruder Alexander um ihn, doch es gibt Unstimmigkeiten mit einer Patientenverfügung, die Camdens Vater gerne aufsetzten möchte. Alexander ist dagegen und Camden will seinen Vater in seinem Anliegen unterstützen. In Alba angekommen, trifft Camden auf Willow. Sie war die Freundin seines verstorbenen Bruders, an dessen Tod sich Camden schuldig fühlt. Willow und Camden fühlen sich zueinander hingezogen, waren sie doch schon in ihrer Kindheit Freunde. Doch die Familien und Freunde reagieren ablehnend auf diese Verbindung und für Camden tun sich immer mehr Probleme auf.
Was für ein tolles Hörbuch. Für mich war es der erste Roman von Rebecca Yarros und zu Beginn war ich skeptisch, da der Klappentext vordergründig auf eine Liebesgeschichte von Mitte Zwanzigjährigen vermuten ließ und ich mit 57 Jahren vielleicht nicht unbedingt der Zielgruppe angehöre. Aber ich bin restlos überzeugt und finde, dass dieses Buch wirklich generationenübergreifend ist. Ich habe vieles vernachlässigt um dieses Hörbuch zu hören, so gefesselt war ich von dem Gehörten. Einen großen Anteil daran haben auch die beiden Hörbuchsprecher. So übernimmt Martin Krah Camdens Part und Lisa Cardinale spricht Willow. Die Stimmen passen perfekt und durch die abwechselnden Sprecher hört man gerne zu. Dieser Roman ist so viel mehr als eine Liebesgeschichte, die allerdings wunderbar erzählt wird. Mit allen Höhen und Tiefen und ich habe es den beiden Protagonisten so sehr gewünscht, dass sie zusammenkommen werden. Einen großen Raum nimmt in diesem Buch auch das Thema Patientenverfügung ein. Die Autorin schafft es, ihre Leserschaft auf dieses so wichtige Thema hinzuweisen und regt zum Nachdenken an. Wir alle, ob alt, ob jung, müssen uns damit beschäftigten. Ferner gibt Rebecca Yaaros auch den amerikanischen Soldaten eine Stimme, die wie Camden hier, in Afghanistan eingesetzt waren und in der amerikanischen Gesellschaft auf eine vorgefertigte Meinung treffen und mit Vorurteilen zu kämpfen haben.
Dieser Roman ist eine tolle Mischung zwischen gesellschaftskritischen Themen und einer Liebesgeschichte, die aber keineswegs kitschig ist. Für mich steht jetzt schon fest, dass ich weitere Hörbücher von Rebecca Yarros hören werde.
Eine absolute Hörempfehlung: 5 Sterne.

Bewertung vom 16.08.2024
Stephan, Kati

Aussicht auf ein neues Morgen


sehr gut

1976: Trude wohnt bereits in Ost-Berlin. Sie arbeitet als Sekretärin fürs Post- und Fernmeldewesen, da ziehen in ihre Dreier-WG Hanna und Babs ein. Die beiden kommen aus der Provinz und die Großstadt ist ein neues Terrain für sie. Hanna wird auf dem Postamt im Fernsehturm arbeiten und Babs ist Briefzustellerin. Schnell werden die drei Freundinnen und auch Männerbekanntschaften lassen nicht lang auf sich warten. Doch damit fangen dann die Probleme an, denn die Staatssicherheit hat ihre Augen und Ohren überall.
Kati Stephan nimmt uns mit diesem Roman in eine vergangene Zeit. Auch nach vielen Jahren der Wiedervereinigung, finde ich es wichtig, dass sich diesem Thema angenommen wird. Trude, Hanna und Babs sind sympathische junge Frauen. Sie stehen für Frauen, wie es sie damals sicherlich viele gegeben hat. Mit ihren Träumen und dem hadern der Staatspolitik, doch eigentlich haben sie sich mit allem arrangiert. Kati Stephan schildert in kurzen Kapiteln Ereignisse aus deren Leben. Leider bleibt sie mit den Schilderungen etwas zu oberflächlich, so vermittelt das Gelesene eine Aneinanderreihung von Geschehnissen. Gern hätte man hier mehr in die Tiefe gehen können. Auf 271 Seiten versucht die Autorin so viel wie möglich reinzupacken, vielleicht wären mehr Seiten anzuraten gewesen. So schnell wie es begann, war es auch wieder zu Ende. Ich blieb ein bisschen unbefriedigt zurück.
Der Schreibstil gefällt mir gut, er ist klar und deutlich. Kati Stephan schreibt strukturiert und dem Inhalt angepasst

Bewertung vom 16.08.2024
Giuliano, Serena

Luna


ausgezeichnet

Lunas Eltern haben sich vor vielen Jahren getrennt, da war Luna noch im Teenager Alter. Ihr Vater blieb in Neapel, Luna zog mit ihrer Mutter nach Mailand. Es gab keinen Kontakt mehr zum Vater. Nun ist dieser schwer erkrankt und Luna reist nach Neapel, in die Stadt ihrer Kindheit und Jugend.
„Luna“ von Serena Giuliano ist ein Roman, der nachdenklich stimmt, uns aufrüttelt und das eigene Handeln überdenken lässt. Es gibt Zeiten im Leben eines jeden, da muss man auch von seinen Prinzipien abweichen. Die Protagonistin Luna war mir von Beginn an sympathisch und der moderne, zum Teil lustige Schreibstil der Autorin, ließ mich sofort in das turbulente Leben Neapels eintauchen. Serena Giuliano schafft es, uns die Menschen näher zu bringen, mit all ihren Schwächen und Eigenarten. Auch die Szenen im Krankenhaus sind wunderbar bildlich beschrieben und ich konnte mir das alles sehr gut vorstellen. Tatsächlich musste ich häufig schmunzeln und mich beschlich der Gedanke: genauso stelle ich es mir in Italien vor. Doch es gibt auch ruhige Momente und man erkennt, irgendetwas liegt Luna auf dem Herzen, sie ist mit sich nicht im Reinen. Gern würde man ihr zurufen, Hilfe anbieten und man hofft, dass sie ihren Frieden finden wird.
Die Kapitel sind kurz, die Autorin behält das Wesentliche im Blick, ein entspannter Lesefluss stellt sich von Anfang an ein. Das Buchcover ist wunderschön zart gestaltet und passt perfekt zum Inhalt.
Der Roman ist ein kleines Juwel und hat zurecht den Prix des Lecteurs U 22 erhalten.

Bewertung vom 16.08.2024
Lombardo, Claire

Genau so, wie es immer war


sehr gut

Endlich ein neuer Roman von Claire Lombardo. Da ich ihr Debüt „Der größte Spaß, den wir je hatten“ mit großem Vergnügen gelesen habe, hatte ich große Erwartungen an diesen Roman. Allerdings bin ich mit „Genauso, wie es immer war“ nicht 100% warm geworden. Nicht sofort stellte sich ein Lesefluss bei mir ein. Zu Beginn war mir nicht ganz klar, auf was das ganze hinauslaufen wird. Doch nach ca. 250 Seiten sprang der Funke über und mich hatte ein Lese Sog ergriffen. Die Protagonistin Julia ist nicht unbedingt eine Sympathieträgerin. Sie hat einen schwierigen Charakter, doch im Laufe des Romans kann man erahnen, was sie geprägt hat. Der Leserschaft wird schon einiges abverlangt, denn die vielen Zeitsprünge können verwirrend sein und lassen sich nicht immer sofort einordnen. Hier wären Kapitelüberschriften mit Jahresangaben sehr hilfreich. Die Geschichte selbst hat mich sehr angesprochen und ist für mich auch absolut nachvollziehbar (vielleicht auch, weil ich im ähnlichen Alter der Protagonistin bin). Ich finde der Autorin ist es sehr gut gelungen, die zwischenmenschlichen Töne aufzuzeigen. In einer Ehe und Partnerschaft gibt es nicht nur rosige Zeiten. Routine schleicht sich ein und nicht selten entwickeln Frauen nach der Geburt eine Depression. Die Geburt eines Babys verändert alles und die Partner müssen sich neu finden. Besonders gut getroffen sind meiner Meinung nach auch die Verhaltensweisen von Teenagern und jungen Erwachsenen, bei diesen Passagen musste ich oft schmunzeln und konnte nur zustimmend nicken. Claire Lombardo beschreibt den ganz normalen Wahnsinn einer Partnerschaft und Familie und sie geht dabei sehr in die Tiefe, was man schon am Buchumfang ablesen kann. Das Buchcover ist sehr passend, denn es zeigt einen amerikanischen Vorort. Auch wenn das Setting in den USA spielt, so könnte ich es auch durchaus hier nach Deutschland verordnen. Familie ist nicht immer einfach und Familie heißt auch nicht, dass man sich automatisch nah ist und zueinander hingezogen fühlt. So viele Wahrheiten stecken in diesem Roman und letztlich habe ich auch dieses Buch von Claire Lombardo wieder sehr genossen. Lediglich das Ende hat mir überhaupt nicht gefallen, zu verwirrend. Das hätte es nun wirklich nicht mehr gebraucht und hat mich tatsächlich fragend zurückgelassen.

Bewertung vom 04.08.2024
Hennig von Lange, Alexa

Vielleicht können wir glücklich sein


sehr gut

Dies ist nun der dritte Band der Trilogie und ich empfehle, die beiden Vorgängerromane zuerst zu lesen. Wieder begeben wir uns in zwei Zeitebenen und zwei Handlungsstränge. Isabell hat nach dem Tod ihrer Großmutter Klara die über einhundert von Klara besprochenen Kassetten gehört. Klara hat hierauf ihr Leben geschildert. Mittlerweile ist das letzte Kriegsjahr angebrochen und die Einschläge rücken sprichwörtlich näher. Klara trägt die Last für ihre vier kleinen Kinder ganz allein, denn ihr Mann Gustav ist nach wie vor im Kriegseinsatz. Immer wieder erinnert sie sich an Tolla, das jüdische Mädchen, welches sie jahrelang umsorgt hat. Sie ließ sie fort gehen, um sie in Sicherheit zu bringen. Schmerzlich muss Klara erfahren, dass ihr das nicht gelungen ist. Isabell hat durch diese Aufnahmen einen ganz anderen Eindruck von ihrer Großmutter bekommen. Das Bild der Großmutter hat sich verändert. Isabell ist es wichtig, auch ihrer Familie dieses Bild näherzubringen und so ist es an ihr, die Trauerrede für die Trauerfeier zu formulieren. Aber nicht nur das treibt Isabell um, sie stellt sich die Frage, ob sie glücklich mit ihrem Leben ist und auch die Gedanken an Tolla lassen sie nicht los.
Auch dieser Roman hat mich wieder berührt und mir ist diese Mal so richtig bewusst geworden, was die Frauen und Mütter in den Kriegsjahren eigentlich geleistet haben. Es erscheint fast unmöglich und doch ist es gelungen. Mir gefällt, dass die Autorin in diesem Band mehr Bezug auf Isabell nimmt und somit einen Vergleich der Generationen vornimmt. Ich habe das Gefühl, dass das Verhältnis zwischen den Zeitebenen ausgeglichener ist und wir auch mehr über Isabell erfahren. Das Romanende war mir zu abrupt, das ging mir dann doch zu schnell. Hier hätte ich mir mehr Informationen über Gustavs Heimkehr und den Umzug in den Westen gewünscht. Mir ist klar, dass die Trilogie die Geschehnisse im Nazi-Deutschland aufzeigen soll, doch haben wir soviel über Klara erfahren, da wäre es wünschenswert gewesen, auch über den Neuanfang nach Kriegsende zu erfahren. Nach drei Büchern ist Klara mir schon ans Herz gewachsen.
Der Schreibstil von Alexa Henning von Lange ist auch hier wieder modern und flüssig und ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Das Buchcover ist perfekt, denn es hat einen Wiedererkennungswert Der Roman regt zum Nachdenken an und es ist nach wie vor wichtig, die Erinnerungen wachzuhalten. Diese wunderbare Trilogie trägt dazu bei.

Bewertung vom 04.08.2024
Spence-Ash, Laura

Und dahinter das Meer


ausgezeichnet

Die 11jährige Beatrix wird 1940 von ihren Eltern von London in die USA geschickt. Das Leben in England ist nicht mehr sicher und so soll sie einige Monate bei der völlig fremden Familie Gregory verbringen. Diese haben zwei Söhne, die neun und dreizehn Jahre als sind. Der Beginn ist für Beatrix nicht einfach, das Leben in den USA ist anders als in England, die Gregorys sind wohlhabender im Vergleich zu Beatrix Eltern, doch die Gregorys sind herzlich und schon bald ist sie für die Gastfamilie wie eine Tochter bzw. Schwester. Am Ende bleibt sie bis zum Kriegsende in den USA und auch danach bleibt man in Kontakt.
„Und dahinter das Meer“ ist ein bewegender und gefühlvoller Roman von Laura Spencer-Ash. Es dauerte einige Kapitel, bis ich mich auf ihren Schreibstil und den Aufbau des Romans einlassen konnte. Die Kapitel sind kurz und die jeweils im Mittelpunkt stehende Person trägt die Überschrift. Am Anfang sind es einige Namen, die zuzuordnen sind und mir fehlte die Tiefe und der Schreibstil erschien mir distanziert. So als ob es nur eine Aneinanderreihung von Menschen und Ereignissen sei. Aber dann kippte es irgendwann und mich hatte der Sog dieses wundervollen Romans erfasst. Laura Spencer-Ash schafft es hervorragend die Stimmungen zu vermitteln und die Protagonistinnen und Protagonisten zu zeichnen. Auf eindrucksvolle Weise erfährt die Leserschaft, was der Krieg außer Zerstörung und Leid noch mit sich bringt. Die menschlichen Zwischentöne werden sehr harmonisch abgebildet. Letztlich umfasst der Roman eine Zeitspanne von mehr als zwei Jahrzehnten und wir begleiten Beatrix beim Erwachsenwerden. Viel passiert in dem nur 368 Seiten umfassenden Roman und die Autorin behält das Wesentliche im Auge und verliert sich nicht in Belanglosigkeiten. Nicht wird beschönigt, auch Verluste, die das Leben mit sich bringt, werden nicht verschwiegen. Das Buchcover hätte nicht passender gewählt werden können, denn das Meer spielt in diesem Roman eine wichtige Rolle. Das Ende erscheint mir stimmig und nach anfänglichen Schwierigkeiten hat mir das Buch sehr gut gefallen und ich kann es auch voller Überzeugung weiterempfehlen.

Bewertung vom 24.07.2024
Mahler, Nico

Bella Famiglia (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Geschichte wird abwechselnd in zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen spielt sie in den 1960er Jahren. Sofia ist Erzieherin in einem Kinderheim, sie hat sich von ihrem Mann getrennt und die einzige Freude in ihrem Leben ist der wöchentliche Besuch in Lorenzos Eissalon. Die zweite Handlungsebene spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie beschreibt das harte Leben Lorenzos Familie und wie es dazu kam, dass das italienische Eis seinen Weg nach Österreich und Deutschland fand. Zum Ende verknüpfen sich beide Geschichten.
Leider ist dem e-book kein Nachwort beigefügt, so kann ich nur Vermutungen anstellen. Die Handlung und die Protagonisten sind fiktiv, doch der eigentliche Weg des Eises entspricht in groben Zügen historischen Fakten. Viele der ersten Eishersteller kamen tatsächlich aus dem Zoldo Tal in den Dolomiten und trugen zur Verbreitung von Speiseeis in Nordeuropa bei. Sehr anschaulich wird dieser Weg auch im Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven dargestellt, welches auch eine Migrationsabteilung hat. Wem dieser Roman also nicht ausreicht, ist dort gut aufgehoben.
Dieser Roman ist also eine Kombination zwischen Fiktion und realen Hintergründen. Leider stellte sich bei mir nicht sofort ein Lesefluss ein. Ich brauchte ein wenig, um mich auf die Geschichte einzulassen, denn diese beiden Stränge ergaben für mich erstmal keinen Sinn. Zumal mir Sofias Geschichte zu farblos und belanglos erschien. Bis zum Ende habe ich zu Sofia keinen Zugang gefunden, hier fehlte mir die Tiefe. Hingegen der historische Teil sehr gelungen ist. Der Autor gewährt Eindrücke das harte Leben der Dorfbewohner und gibt diesem Part die nötige Tiefe. Das Romanende erschien mir auch zu gewollt, es gab zu viele Zufälle und dann ging alles sehr schnell. Alles in allem eher unrealistisch.
Der Schreibstil von Nico Mahler ist modern und flüssig und gefällt mir gut. Die Kapitellängen sind angemessen und das Buchcover spiegelt den Zeitgeist wider. Trotz einiger Schwächen gibt es von mir 4 Sterne.

Bewertung vom 24.07.2024
Georg, Miriam

Im Nordwind / Nordwind-Saga Bd.1 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Da ich gerne historische Romane lese, das Buchcover und der Klappentext mich neugierig machten, wurde dies mein erster Roman von Miriam Georg. Ich bin restlos begeistert. Die Autorin verknüpft geschickt mehrere Handlungsstränge miteinander.
1913: Alice, die Protagonistin, ist eine Arbeiterin aus Hamburg. Sie wird von ihrem Mann immer wieder aufs heftigste geschlagen. Alice will sich nicht wie andere Frauen mit ihrem Schicksal zufriedengeben und möchte sich von ihrem Mann scheiden lassen. In der Sozialsprechstunde trifft sie auf den jungen Rechtsanwalt John, der ihren Fall übernehmen wird. Doch eins ist klar, einfach wird es nicht. Denn die Gesetzte sind auf der Seite des Mannes. John entstammt einer einflussreichen Bankiersfamilie Hamburgs. Hanseaten durch und durch. Auch besitzen sie Anteile an der Holsten Brauerei. Doch auch in dieser Familie läuft nicht alles harmonisch und Probleme tun sich auf. Geschickt lässt die Autorin Rückblenden auf Alices Kindheit einfließen, hier müssen sich Dinge zugetragen haben, die den Verlauf der Geschichte bestimmen. Doch sie verrät ihrer Leserschaft nicht zu viel. Der Spannungsbogen steigert sich von Seite zu Seite. Besonders gut gefällt mir der Schreibstil mit der gewählten Ich-Erzählform, dass schafft Nähe zu den Personen. Der Roman ist eine hervorragende Milieustudie und spiegelt den Zeitgeist wider. Frauenreichte gab es praktisch nicht, aber man spürt, die Zeit ist reif für Veränderungen. Die unterschiedlichen Handlungsstränge machen den Roman sehr abwechslungsreich und ich ließ mir kaum Pausen, so gefangen genommen hat mich dieser Roman. Wie gut, das Teil 2 und somit der Abschluss, bereits im Oktober 2024 erscheinen wird. Ich bin sehr neugierig wie es weitergehen wird und Band 1 ist dann noch frisch im Kopf.
Mit diesem Roman hat mich Miriam Georg komplett abgeholt und eine neue Leserin gewonnen. Ihre Vorgängerroman werden nun auch den Weg zu mir finden.

Bewertung vom 17.07.2024
Maguire, Roisin

Mitternachtsschwimmer


ausgezeichnet

Nach einem Schicksalsschlag kehrt Evan seiner Familie den Rücken. Er braucht Abstand und möchte eine Woche in der Abgeschiedenheit der nordirischen Küste verbringen. Doch aus wenigen Tagen werden mehr. Ein Virus hält die Welt in Atem und ein Lockdown wird verhängt. Kontakte zu den Dorfbewohnern entstehen, auch zu Grace, seiner Vermieterin. Sie hat einen ganz speziellen Charakter. Evan wird klar, dass er sein Leben ändern muss und unerwartet bringt seine Frau den gemeinsamen Sohn zu ihm. Luca ist acht Jahr und taub. Vater und Sohn haben sich entfremdet und müssen sich wieder aneinander gewöhnen. Grace ist nicht ganz untätig daran, dass es ihnen gelingen wird.
Ein wunderschöner, leiser Roman von Roisin Maguire. Sofort taucht man ein, in die raue Küstenlandschaft Irlands. Landschaftsbilder entstehen im Kopf, dazu die natürlichen Charaktere der Protagonisten. Ein gelungenes Setting. Allen voran Grace, die Mitternachtsschwimmerin. Unerschrocken und verwurzelt mit diesem Ort, willensstark und kämpferisch. Im Gegensatz dazu Evan, der jedoch im Verlauf der Geschichte eine lebensbejahende Veränderung durchmacht.
Beide sind mir am Ende zu guten Freunden geworden und ich bin ein bisschen traurig, dass ich sie nun verlassen muss. Der Roman hat mich komplett abgeholt und der moderne und klare Schreibstil hat mich durchs Buch getragen.
Ein absolutes Lesehighlight in diesem Jahr.