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SternchenBlau

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Insgesamt 162 Bewertungen
Bewertung vom 08.01.2020
HERKUNFT
Stanisic, Sasa

HERKUNFT


ausgezeichnet

Die Drachen der Erinnerung

Wow! Obwohl es um die ganz großen Themen geht, wie Identität, Demenz und Krieg, liest sich „Herkunft“ mit einer unglaublichen Leichtigkeit. Ich bin durch die Seiten geflogen. Saša Stanišić erzählt die Geschichte in Erinnerungshäppchen, die sich schnell weglesen, sein Sprachwitz und die pointierten Anekdoten machten das Buch für mich zu einem Vergnügen. Stanišić spielt mit der Sprache wie auf einer ausgefeilten Klaviatur. Und die Herkunft? Es ist weder seine Mutter-, noch seine Vatersprache, es ist SEINE Sprache.

„Heimat, sage ich, ist das, worüber ich gerade schreibe. Großmütter. Als meine Großmutter Kristina Erinnerungen zu verlieren begann, begann ich, Erinnerungen zu sammeln.“

Es ist eine Liebeserklärung an die Großmutter und ein sprachliches Fest. In dieser Schönheit stockte mir wieder der Atem, weil da war wieder der Krieg (im früheren Jugoslawien), der sich aus dem Leben derer, die ihn erleben mussten, nie heraus subtrahieren lässt. Es gibt Erinnerungen meiner Mutter, die hat sie mir so erzählt, dass sie sich für mich wie meine eigene anfühlen, wie sie als knapp 3jährige an der Treppe zum Luftschutzkeller steht. Ein merkwürdiges Gefühl, ich weiß, dass war nicht ich, aber so fühlt es sich an, als hätte ich das erlebt.

Nun das absolut Verblüffende: Saša Stanišić erzählt seine „Herkunft“ so intensiv, so nahbar, so authentisch, dass sich seine Erinnerungen wie meine anfühlen. Ich war in Višegrad und ich bin mit seiner Großmutter auf einen Berg gestiegen. Ich habe Drachen gesehen. Wenn Stanišić beschreibt, wie sein Sohn etwas sagt, dann schiebt sich darüber das Bild meines Sohnes, fast im gleichen Alter ist, diese Sätze sagen. Stanišić Geschichte ist Teil der Herkunft dieses Landes hier, der Bundesrepublik Deutschland, weil er Teil dieses Landes ist, weil Migration Teil dieses Landes

„Wie schön ist das denn? Alle Menschen der Welt wertschätzen! Wie einfach es klingt.“

Beim Lesen folgt man Stanišić und nie weiß man, was „stimmt“ von diesen Erinnerungen. Aber der Autor würde nie behaupten, dass er es selbst ganz genau wüsste:

„Eine Geschichte gibt es dazu. Was an ihr wahr ist und was nicht, kann ich nicht sagen.“

Das Buch ist sicherlich nichts für Menschen, die eine Fakten ganz „ordentlich“ erzählt bekommen möchten. Nichts für Menschen, die glauben, es gäbe keinen Zweifel in Bezug auf die Erinnerung, die denken, Authentizität würde bedeuten, dass man etwas Eins zu Eins abbilden könnte. „Herkunft“ ist Literatur, keine persönlichen Annalen des Autors. Dass Stanišić dies so transparent offen legt, erzählt so viel über Literatur und auch die Herkunft an sich. Wer sind wir als Menschen, wie können wir überhaupt so etwas wie Herkunft konstruieren?

Dies ist nicht zuletzt eine politische Frage und „Herkunft“ ist nicht zuletzt ein politisches Buch, wenn es die Parallelen aufzeigt von den aufkommenden nationalistischen „Bewegungen“ in Jugoslawien damals und den Wahlsiegen von „rechtspopulistischen“ Parteien heute.

„Heute ist der 29. August 2018. In den letzten Tagen haben tausende in Chemnitz gegen die offene Gesellschaft in Deutschland demonstriert. Migranten wurden angefeindet, der Hitler-Gruß hing über der Gegenwart.“

Herkunft lässt sich nie verstehen ohne die Gegenwart und so nimmt er immer wieder auch Bezug auf das Heute. So habe ich Stanišić kennengelernt, als Autor, der sich klar gegen rechts positioniert, später auch gegen die Relativierung von Handke. Trennung von Werk und Autor? „Herkunft“ beweist, dass dies eh nie möglich ist. Ich hatte etwas Angst sein Buch zu lesen, weil ich den Autor so schätze. Es gibt keinen Grund dafür. „Herkunft“ hat mich restlos begeistert, wehmütig und wunderschön:

„Ich glaube, dass es wenig Schlimmeres gibt, als zu wissen, wo man hingehört, aber dort nicht sein zu können.“

Fazit
Ich könnte noch so viel mehr Stellen zitieren, die mich bis ins Mark berührt haben. Aber lest bitte selbst! Begeisterte 5 von 5 Sternen.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.01.2020
Vicious - Das Böse in uns / Vicious & Vengeful Bd.1
Schwab, V. E.

Vicious - Das Böse in uns / Vicious & Vengeful Bd.1


sehr gut

Sehr spannend und mit ambivalenten Held:innen zeigt V. E. Schwab die Schattenseiten von Superkräften.

Die Schattenseiten von Superkräften

„Von EOs zu hören oder an sie zu glauben waren zwei verschiedene Dinge, und an Elis Tonfall konnte er nicht ablesen, zu welchem Lager sein Freund gehörte. Und auch nicht, zu welchem Lager Victor Elis Meinung nach gehören sollte, was die Antwort um einiges schwerer machte.“

EOs, in „Vicious“ von V. E. Schwab sind das ExtraOrdinäre Menschen. In anderen Geschichten würde man sie Superheld:innen nennen, aber Schwab zeigt in erster Linie die düsteren Seiten solcher Kräfte und gerade deswegen hat mir der Roman sehr viel Spaß gemacht.

Toll gelungen ist für mich der Aufbau der Geschichte. Schwab springt dafür ziemlich in der Zeit hin und her, dabei immer total natürlich und nachvollziehbar. Manche Entwicklungen habe ich zwar geahnt, durch den Aufbau blieb ich beim Lesen weiterhin total gespannt. 

Die Protagonist:innen fand ich alle sehr interessant, ja, mochte ich sogar fast alle. Wie aber schon der Klappentext nahelegt, sind alle nicht per se sympathisch. Das zeigt sich schon ganz zu Anfang:

„Eli brauchte nur zu lächeln. Und Victor nur zu lügen. Beides erwies sich stets als erschreckend wirkungsvoll.“

Das muss man mögen, ich persönlich finde das sogar hin und wieder richtig klasse, weil ich gerne in den Kopf von ambivalenten und bösen Figuren schlüpfe. Und die Autorin gestaltet sie geschickt, so dass sie immer noch Identifikationspotential bietet – und nicht nur, weil ein Hund gerettet wird (frei nach dem Motto „Save the cat“ des Drehbuchratgebers von Blake Snyder).

Die Männer-Figuren stehen etwas mehr im Vordergrund als die Frauen- und es gibt auch mehr Männer. Gleichzeitig haben die zwei Frauen die interessanteren extraordinären Fähigkeiten und Selina stellt zudem die Machtstrukturen auf den Kopf. Und die Frauen haben definitiv mehr Durchblick:

„„Hast du ein Cape?« »Machst du dich über mich lustig?« »Du stehst wohl eher auf Masken.« »Worauf willst du hinaus?«, fragte er, als sie vor ihrem Gebäude standen. »Jedenfalls bist du der Held«, sie suchte seinen Blick, »deiner eigenen Geschichte.«“

„Vicious“ erzählt außerdem schon mit der Grundidee der Rivalität von Victor und Eli, wie toxisch eine Männerfreundschaft sein kann. Und wenn die Backstory der Figuren angerissen wird, erzählt die Autorin abwesende Eltern und nicht nur abwesende Mütter. 

Ich hatte aber halt etwas mehr Fantasy-Elemente erwartet, stellenweise kam stand mir der Crime-Anteil mit den Polizeiaspekten zu sehr im Vordergrund. Dazu hatte ich am Anfang ein paar kleinere Probleme, vor allem, u.a. weil mir die Faktenlage viel zu dünn erschien, warum die beiden Wissenschaftler sich überhaupt erstmal auf das Experiment einlassen. Und da hätte es für mich auch etwas schneller zur Sache kommen können. Aber auch da hat mich die Geschichte gut mitgenommen, das ist aber der Grund, warum ich 4 Sterne vergebe und keine 5. „Vicious“ habe ich dennoch mit Begeisterung gelesen, den Triel dahinter mochte ich sehr.

„Vicious“ hat viel für ein wundervolles Lesevergnügen: Victors Eigenheit, wie er mit den Selbsthilferatgebern seiner Eltern umgeht, ist eine ironische Selbstbetrachtung auf Literatur im Allgemeinen. Und viele Abschnitte sind toll formuliert:

„Noch war Victor mit ihrer Ausdrucksweise nicht ganz vertraut. Aber vermutlich handelte es sich um widerwillige Zustimmung, eine vorpubertäre Version von »okay!« oder »meinetwegen«. Die Wanduhr zeigte kurz vor neun.“

Fazit

Sehr spannend, so konnte ich „Vicious“ zum Ende hin nicht gar mehr aus der Hand legen. Für mich ist der Roman in erster Linie ein Thriller, die übersinnliche Note ist die Wucht, hätte noch mehr im Vordergrund stehen können. Ich empfehle „Vicious“ gerne weiter, freue mich schon auf Band 2 „Vengeful“, der am 29. April 2020 erscheinen soll, und vergebe sehr gute 4 von 5 Sternen. 

Bewertung vom 06.01.2020
King Eddi und der fiese Imperator
Riley, Andy

King Eddi und der fiese Imperator


ausgezeichnet

Schokolade fürs Volk: Klischees von Gut und Böse auf die Spitze getrieben und ein toller Comic-Stil brachten uns ganz viel zum Lachen.

Humorvoll und auf den Punkt

„Die Burg eines guten Königs ist aus Steinen in warmen Farben errichtet. (...) Die Burg eines bösen Imperators sieht völlig anders aus. Sie ist immer höher als breit. Sie ist aus schartigen schwarzen Steinen errichtet und steht auf einem hohen, eckigen Felsen.“

„King Edddi und der fiese Imperator“ spielt ausgezeichnet mit diversen Klischees aus Geschichten und wir haben dabei so viel gelacht. Vieles funktioniert super als Metapher für Gesellschaft und Politik, ein großes Lesevergnügen für Jung und Alt. Und die vielen Comic-Illustrationen bringen das zusätzlich mit viel Humor auf den Punkt.

Mein Sohn (fast 8) ist ein großer Star Wars-Fan, daher war Imperator im Titel schon mal ein gutes Argument. Mit dem Imperator aus Star Wars hat Nurbison hier nicht so viel zu tun, oder auch wieder alles, weil er in vieler Hinsicht eine Persiflage auf alle Bösewichte ist, die wir durch Literatur und Film so kennen. Ich sage nur die hohe Burg, das fiese Lachen, der universelle Machtanspruch. In Eddi-Land ist aber zunächst mal alles gut, der kindliche König investiert sein Taschengeld in Schokolade fürs Volk, dazu hat er sogar eine ziemlich coole Maschine bauen lassen. Aber dann geht Eddi das Geld aus und Imperator Nurbison, der über das Nachbarland herrscht, sieht seine Chance gekommen. Besonders hat mir gefallen, dass seine Unterdrückung fies und gemein ist, aber kindgerecht bleibt. Wenn er über den Menschenhügel läuft, der für seine Rede gebildet werden musste, zieht er sich erstmal seine spitzen Schuhe aus, um sich NOCH spitzere Schuhe anzuziehen.

King Eddi hat neben Komik und Ironie durchaus auch Satire-Anteile und viele tiefe Wahrheiten sind darin versteckt. Leider, leider auch die, dass man mit aufblasbaren Spielzeugwaffen, um niemand zu verletzen, leider nicht gegen den Volkssturm ankommt (mein Pazifisten-Herz blutet). Dann gibt es da das Mädchen, dass alle Eddi-Land-Bewohner vor dem Imperator warnt, aber niemand nimmst sie ernst. Und am Ende will dann niemand zugeben, dass das Mädchen die ganze Zeit Recht hatte. Mein Kind war beim Einschlafen richtig fix und fertig, warum die anderen Bewohner das nicht erkennen:

„Warum sehen die nicht, dass das nur eine verkleidete Kuh ist und kein Drache?“

Die Frage ist berechtigt. Bedenkt man den Brexit, die Trump-Wahl oder den Aufstieg der Rechtspopulisten und Co. anderenorts ist das nicht mehr so abwegig. Das Buch erzählt aber auch, dass man die, die einem am Herzen liegen, nicht im Stich lässt, denn King Eddi möchte für seine Untertanen kämpfen und in kein anderes Land fliehen. Obwohl, so berauschend ist deren Auswahl auch nicht:

„‚Das Dreimal-täglich-Gemüseland. Das würde dir bestimmt gefallen.‘ King Eddi war sich da nicht so sicher. ‚Das Hausaufgabenland? Das Land des ewigen Nieselregens?’“

Eine tiefere Analyse für Kinder über Diktator ist mit „Fitz Fups muss weg“ möglich.

Alterseinschätzung

Toll gefallen hat mir auch das diverse Figuren-Personal. Einzig, dass sich über die Rundlichkeit der Hofnärrin lustig gemacht wird, fand ich schade.

Die Schrift ist groß gesetzt und mit vielen Comic-haften Illustrationen ergänzt, so dass man schon von einem Comic-Roman sprechen kann, und erfahrene Erstlesende das Buch super schon eigenständig lesen können (circa ab 2. Klasse). In dem Alter lässt es sich aber auch auch gut vorlesen. Noch jünger werden vermutlich sonst manche Jokes noch nicht verstanden.

Fazit
„King Eddi und der fiese Imperator“ ist eine witzig-ironische Geschichte, die Klischees von Gut und Böse auf die Spitze treibt. Wir hatten total viel Spaß beim Lesen und vergeben 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 04.01.2020
Unsere eigene Weihnachtsgeschichte
Langen, Annette;Tolman, Marije

Unsere eigene Weihnachtsgeschichte


ausgezeichnet

Zauberhaft: Zwei Geschwister erfinden ihre eigenes Krippenspiel.

„Ich bin doch die Maria!“

Das Krippenspiel fasziniert Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Eine Geschichte, die wir eigentlich alle kennen, wird uns in immer neuen Varianten vorgeführt. Annette Langen fügt mit „Unsere eigene Geschichte“ nun eine weitere, zauberhafte Variante in Buchform hinzu.

Die Geschwister Mia und Jona spielen gemeinsam die Weihnachtsgeschichte nach. Sehr niedlich ist, wenn der jüngere Jona immer wieder die Abläufe vergisst oder die „Maria“ im Spiel als Mia anspricht.
„Da wispert die Maria: ‚Klopf, klopf.‘ ‚Ach ja!‘, ruft der kleine Josef und macht schnell: ‚Klopf, klopf!‘“
Ganz toll finde ich da vom Gender-Bild auch, dass Mia die Führung übernimmt. Das ist bei Mädchen-Figuren ja leider immer noch nicht selbstverständlich.

Das Zauberhafte an dem Bilderbuch ist, dass es die kindliche Sicht mit den überlieferten Bibel-Schilderungen mischt. So wird die Geschichte etwas vereinfacht und gleichzeitig auf den Kinderblick fokussiert. Der Weg nach Bethlehem ist beschwerlich, die Felsen, vor denen die beiden Kinder laufen, sind daher in Schwarz-Weiß gestaltet. Die Flut an Schafen, die Einsamkeit des Stalls, das Jesuskind ist ein Hase, der im Stall gesessen hat.

Die Bilder von Illustratorin Marije Tolman sind künstlerisch mit einer kindlichen Note (ohne kitschig zu sein, was mir da immer ganz wichtig ist). Obwohl die Bilder auf den ersten Blick recht schlicht wirken, bieten sie ganz viel Raum für Entdeckungen und Interpretationen.

Was mir sehr gut gefallen hat: Unter den drei Königen findet sich eine Frau, was ich großartig finde. Das könnten die Eltern und der Großvater sein, die die Kinder hier wieder abholen. Das ist aber auch leider die einzige Stelle, wo ich Bedauern empfinde: Denn unter den Königen findet sich dafür keine einziger mit dunklerer Hautfarbe, das finde ich schade.

Zauberhafte Weihnachtsinterpretation, die das Weihnachtsfest aus kindlicher Sicht interpretiert. 4,5 von 5 Sternen, die ich gerne aufrunden.

Bewertung vom 04.01.2020
Nellie Bly
Attadio, Nicola

Nellie Bly


sehr gut

Spannende Biografie über eine faszinierende Frau. Erzählt toll von Blys Chuzpe, aber weniger von den patriarchalen Strukturen dahinter.

Von Chuzpe und weniger von Strukturen

Von Nellie Bly hatte ich irgendwann kurz im Studium gehört, als Vorreiterin im investigativen Journalismus.Und dann habe ich kürzlich in der wundervollen „Bitch Doktrin“ von Laurie Penny von ihr gelesen. Daher wollte ich diese Biografie unbedingt lesen.

Autor Nicola Attadio gelingt es wirklich mir das faszinierende Leben dieser Frau sehr lebhaft zu schildern. Attadio zeigt die verschiedenen Stadien von „Blys“ Leben. Bly ist übrigens ein Pseudonym, sie wurde 1864 als Elizabeth Jane Cochran geboren. Alle Stationen ihres Lebens werden in die gesellschaftspolitischen Vorgänge der Zeit eingebunden. Der Autor leitet ziemlich geschickt durch die verschiedenen Aspekte der (amerikanischen) Geschichte, die für Blys Leben eine Rolle spielten. (Nur seine Namensflut in unterschiedlichen Varianten sorgte bei mir manchmal für Verwirrung.)

Bly ging in ihren Rollen auf und so kämpfte sie nicht nur in ihren Texten für die unterdrückten Frauen und die Arbeiterschicht. Bei ihren Recherchen hat sie Härten in Kauf genommen, die ich heute noch nicht durchstehen möchte, wie sich in einer „Irrenanstalt“ für Frauen, wie das damals leider noch hieß, auf der New Yorker Blackwell’s Island einliefern zu lassen oder alleine um die Welt zu reisen. Hut ab vor Mary Bly und ihrer Chuzpe! Und diesen Respekt vermittelt der Attadio auch sehr toll.

Aber gerade bei den Brüchen in ihrer Biografie hätte mir eine noch tiefere Analyse gefallen. Attadio schildert die zwar auch und auch gut. Aber irgendwie fehlte mir dann doch etwas. In Attadios Biografie geht Bly letztendlich fast immer wieder als diejenige hervor, die sich wieder aufrappelt und (fast immer) wieder obsiegt. Ja, das soll Mut machen, und ist auch wichtig kämpferische Frauen zu zeigen, weil Frauen in der Geschichte (wie auch Personen anderer marginalisierter Gruppen) noch zu wenig dargestellt wurden. Aber vielleicht wünsche ich mir weniger das Narrativ der „starken Frau“ und bedient Attadio unabsichtlich mit der Struktur des Buches.
Da verstehe ich dann nicht, warum Bly, als sie die Firma ihres verstorbenen Mannes leitet, ihren Geschäftsführer und Geliebten so milde behandelt, nachdem er sie im große Geldsummen betrogen hat. Auch hier bleibt mit die Erklärung im Buch zu oberflächlich. Eine andere Leerstelle ist das Schicksal der Frauen, die Bly auf Blackwell’s Island getroffen hat. Natürlich gibt das die Faktenlage nicht her, aber Attadio nimmt sich halt auch an anderer Stelle die Freiheit, ein wenig zu fabulieren.

Alle Kapitel werden nämlich mit einer Introspektive eingeleitet, in der ein imaginäres Du die geheimsten Gedanken von Nellie Bly ausspricht. Ich mag solche Forme in Sachbüchern durchaus, hier gefiel mir der Stil allerdings nicht so gut, der irgendwie zu manieriert auf mich wirkte. Und die Passagen machten für mich Bly etwas kleiner, weil hier so ihre kindliche, emotionale Seite betont wurde, aber nicht in Form eines selbstreflektierten Ichs. Stattdessen wurde es hier zur Fremdzuschreibung, und die Deutungshoheit hätte ihr besser selber zugestanden, selbst, wenn es ein literarisches Ich gewesen wäre.

Vielleicht ist mir in der Konsequenz nicht genügend mitgedacht, was Feminismus bedeutet. Oder wie Laurie Penny es sagt:
„Eine Frau durfte die Ausnahme zur Regel sein, solange die Regel unangetastet blieb. Nellie Bly durfte nicht zu der epochalen Autor aufsteigen, die sie gut hätte sein können.“

Fazit
Attadios Biografie über diese faszinierende Frau habe ich sehr gerne gelesen, auch, wenn es für mich ein paar Abstriche gab. 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 04.01.2020
Kein Weihnachten ohne Puddingschuhe! / Emmi & Einschwein Bd.4
Böhm, Anna

Kein Weihnachten ohne Puddingschuhe! / Emmi & Einschwein Bd.4


ausgezeichnet

Das Einschwein stimmt uns hier auf ganz wunderwonnige Weihnachten ein. Witzige Fabelwesen und tolle Botschaften zum Fest.

Wunderwonnige Weihnachten mit Fabelwesen

In einer fabelhaben Stadt, in der jeder zu seinem 10. Geburtstag ein Fabelwesen bekommt, ist da überhaupt noch Platz für weihnachtlichen Zauber und die dazugehörigen Wesen? Oh ja, bei Autorin Anna Böhm auf jeden Fall, und so ist ihr auch der Weihnachtsband „Emmi & Einschwein – Kein Weihnachten ohne Puddingschuhe“ wieder ganz wundervoll gelungen.

Von 3 Generationen für fabelhaft befunden

Wir sind Fans von Wichtelstadt, Emmi und vor allem von ihrem Fabelwesen Einschwein. Mittlerweile Fans sogar in drei Generationen, weil wir diesen Band gemeinsam mit der Oma gelesen haben, die sich ebenfalls köstlich amüsiert hat. Den Weihnachtsband versteht man also auch hervorragend, ohne dass man die vorherigen Bände gelesen hat. Meine Mutter ist sehr schnell in die Einschwein-Welt und ihre Gesetzmäßigkeiten eingestiegen.
Mein 7,5jähriger Sohn und ich kannten vorher bereits die ersten beiden Bände und bei Emmi & Einschwein geht es neben den vielen, vielen witzigen und phantasievollen Einfällen auch immer um ernstere Themen, wie Mobbing, und die Autorin hält dabei doch immer die Balance zu einem witzigen wie einfühlsamen Kinderbuch.

Schöne Erkenntnisse

Der Weihnachtsband nimmt sich nun keine so ganz schweren Themen vor, gibt den Leser*innen aber auch einige tiefe Einsichten mit auf den Weg. Zum Beispiel, gibt es ein Gerücht, dass durch eine Art „Stille Post“ entstanden ist. Hier müssen Emmi und Einschwein dieses Gerücht auf Glaubwürdigkeit und Plausibilität überprüfen und dies können Kinder in Zeiten von „Fake News“ und „Hate Speech“ gar nicht früh genug lernen – bevor dann die sozialen Medien auf sie einprasseln.
Weihnachten ist das Fest der Liebe und der Besinnlichkeit, naja, wenn man nicht gerade der Hektik und dem Trubel verfällt. Das spielt alles in diese fabelhafte Geschichte mit rein und, dass Effizienz nicht alles ist. (Und natürlich mit einem effektiv wunderwonnigen Weihnachten überhaupt nichts zu tun hat.)
Und dann ist da noch die Sache mit dem Wünschen: Was ist eigentlich ein guter Wunsch? Was ein großer? Und welche Wünsche lassen sich leicht und welche schwer erfüllen?

Neue, witzige Fabelwesen

Auch im Weihnachtsband durften wir wieder eine ganze Menge neuer Fabelwesen kennenlernen (ihre Vielfalt ist wieder eine schönes Plädoyer für mehr Diversität): Zuallererst lernen wir natürlich die Weihnachtswichtel, denen Emmi und Einschwein bei einem ganz großen Problem helfen können. Nur eine WichtelIN hat mir noch gefehlt. Aber da die Wichtel ein Bisschen etwas Minionartiges haben und Böhm viele tolle Mädchen- und Frauenfiguren hat, ist das schon irgendwie okay. Am meisten hat uns von diesen neuen Figuren der Stänkerer gefallen. Er hat auch – zusammen mit dem Einschwein und Emmi – den allerschönsten Weihnachtswunsch. Nein, mehr verraten wir nicht. Am Ende gibt es ein vollumfängliches Happy End, und Einschwein bekommt sein wunderwolliges Weihnachten.

Fantastisch zum Vorlesen

Anna Böhm hat in ihren Büchern tolle Sprachspiele und die Autorin schöpft wieder aus ihrem großen Ideenschatz, der schon die vorherigen Bände so besonders gemacht hat. Rhythmus und Klang von Böhms Sprache eignen sich wundervoll zum Vorlesen.
In 24 Kapiteln lässt sich das Buch grundsätzlich auch als Adventskalender lesen, obwohl das nirgends extra vermerkt ist. Das hätten wir allerdings nicht durchgehalten, weil wir dafür die Geschichte viel zu spannend fanden. Zum Abschluss findet man das Backrezept für Einschweins „Zimtwünsche“, weil es uns Menschen ja leider an der kulinarischen Magie mangelt.

Fazit

5 von 5 Zimtwünschen für dieses tolle Einschwein-Weihnachtsbuch, das wir zum Lesen und Verschenken wunderwonnig empfehlen möchten.

Bewertung vom 20.12.2019
Der Weihnachtosaurus und die Winterhexe / Weihnachtosaurus Bd.2 (4 Audio-CDs)
Fletcher, Tom

Der Weihnachtosaurus und die Winterhexe / Weihnachtosaurus Bd.2 (4 Audio-CDs)


ausgezeichnet

Mit der Winterhexe und dem Weihnachtosaurus geht es auf (…SPOILER)-Reise. Findet es heraus, rasant und witzig!

Verhextes Weihnachten

Mein fast 8jähriger Sohn meint:

Nachdem der erste Band so schön war, wollte ich auch unbedingt den zweiten hören. Ich fand bei der Winterhexe das Geheimnis so toll, aber was das Geheimnis ist, verrate ich natürlich nicht. Ich hab super verstanden, was die Figuren gemacht haben und warum. Ich fand schön, dass Brenda selber gemerkt hat, dass sie ihre gemeine Idee nicht machen darf, aber trotzdem ist es zu spät und der ganze Ärger geht los.
Am Anfang war die Geschichte ein bisschen langsam, danach kam sie wieder richtig in Schwung. Die Reise mit der Winterhexe fand ich so schön gemacht und total spannend. Und das Ende war so schön.
Mir hat wieder ganz toll gefallen, wie das Buch vorgelesen wurde. Und dabei ist mir gar nicht aufgefallen, dass jemand anderes das Hörbuch gesprochen hat als noch beim ersten Band.
Ich finde, man muss für dieses grandiose Hörbuch 5 Sterne geben.

Meine Erwachsenen-Meinung:

Nachdem beim ersten Band schon ein Cross-Over aus Weihnachten und Dino gut super funktioniert hat, kombiniert Tom Fletcher bei Band 2 nun hier auch… nein, ich darf es nicht schreiben, was hier kombiniert wird. Sonst würde hier gaaaanz lautes Spoiler-Fiepen losgehen. Aber das eben dieses Fantasy-Element dazu gekommen ist – und wie Tom Fletcher dies durchexerziert, so spannend und neu, das hat mir am Allerbesten gefallen.

Wir kannten ja schon den ersten Band und zu Anfang der „Winterhexe“ werden die wichtigsten Aspekte für Neueinsteigende sehr anschaulich wiederholt. Mir war das fast schon zu ausführlich, weil die Geschichte erst ab der Hälfte so richtig in Fahrt kommt. Aber schon bis dahin gibt es viele überbordende witzige Ideen, so dass wir der Geschichte dennoch gebannt gelauscht haben. Ein paar Kleinigkeiten fand ich nicht ideal eingefädelt, so gibt es zwei unterschiedliche magische Dinge, mit denen man sich jeweils Sachen wünschen kann. Innerhalb der Geschichte macht das Sinn, beim Zuhören habe ich mich dann etwas gewundert. Und an ein, zwei Stellen habe ich gegrübelt, wie das nun mit Band 1 zusammenpasst.

Die Fallhöhe ist wie schon beim ersten Band wieder seeeeehr groß. Es geht um wirklich böse Machenschaften und diesmal ist sogar Weihnachten als Ganzes in Gefahr. Eine große Aufgabe steht also für William, den Held im Rolli, und Brenda an, und mir hat besonders gefallen, wie Brenda diesmal geschildert wird. Ängstliche Kinder könnten sich aber vielleicht gruseln. Auf alle Fälle fügt sich am Schluss alles so wundervoll und harmonisch ineinander, dass uns ganz weihnachtlich warm um Herz wurde.

Martin Baltscheit hat die Geschichte gekürzt eingelesen. Wir lieben ihn als Sprecher und er liest genauso gut wie Simon Jäger den ersten Band. Die verstellten Stimmen sind bei beiden grandios und sogar ähnlich angelegt und treffen den Kern der verschiedenen Figuren. Nur Musik wie in Band 1 gab es nicht in Chorform, aber Baltscheit trällert die Lieder auch alleine sehr hübsch!

Fazit:

Eine tolle, rasante Weihnachtsgeschichte mit dem einzigen Weihnachtosaurus der Welt, und ab der Mitte auch wieder richtig atemlos. Wenn dann endlich die ….-Reise (nein, hört selbst) mit der Winterhexe losgeht. Band 1 hat mir noch besser gefallen, daher vergeben ich 4 von 5 Sternen. Mit den 5 Sternen von meinem Sohn ergibt das 4,5 Sterne. Mein Sohn votiert nachdrücklich fürs Aufrunden und wir vergeben eine große Lese-/Hör-Empfehlung!

Bewertung vom 18.12.2019
Die besten Weihnachtskekse
Aust, Johanna

Die besten Weihnachtskekse


ausgezeichnet

Augenweide und Gaumenschmaus

Dieses Buch beweist, dass ökologischer Anspruch und edles Design trefflich Hand in Hand gehen können: Der dunkelrote Leinenrücken, die Goldschrift auf dem Cover, das alles ist klimapositiv und Cradle-to-Cradle. Und durch die matten Oberflächen wirkte das Buch auf mich nochmal viel hochwertiger hochwertiger, weil die Druckqualität so richtig toll zum Tragen kommt. Ich finde „Die besten Weihnachtskekse – 111 himmlische Rezepte“ von Johanna Aust allerdings so schön, dass ich es bei mir Chaotin nicht zum Backen in die Küche legen werde, weil ich da keine Fett- und Zuckerflecken drin haben möchte.
Die Fotos der fertigen Weihnachtsplätzchen sind wunderschön und mir gefällt, dass sie manchmal kleine „Macken" haben und damit selbstgemacht aussehen und nicht wie vom Konditor. Eine Augenweide.

Die Rezepte
Das Buch fängt mit einer kleinen Einführung zu den unterschiedlichen Teigformen an, da waren noch die eine oder andere Neuigkeiten für mich dabei, obwohl ich ja doch schon einige Zeit backe. Dann schließen die 111 Rezepte an. Meine Highlight vom ersten Durchblättern sind die Schoko-Punsch-Tropfen, die Mangostangen und die Lebkuchen-Windstangen. Die witzigste Idee finde ich die Sepplhütchen, die genauso aussehen, wie sie heißen – und die vor allem auch nicht kompliziert umzusetzen sind. Allerdings bin ich mal gepannt, wie die grünen Apfelschlangen mit der Schokolade geschmacklich harmonieren werden. Generell ist das fast das „neumodischste“ Rezept.
Insgesamt gefiel mir die Auswahl sehr gut. Es gibt allerdings recht viel Spritzgebäck im Vergleich zu etwas wenig Leb- und Pfefferkuchen bzw. Rührteige. Aber das ist eher eine Sache der Vorlieben. Zum Schluss gibt es die experimentelleren Rezepte, ohne dabei aber völlig kompliziert zu werden, dass man sie nicht mehr backen könnte. Den Rosenblütenzucker für die Rosenblütenkipferl habe ich leider noch nirgends im Laden gefunden und werde ich vermutlich bestellen.
Und dann sind mir immer mal wieder Kleinigkeiten aufgefallen: Was ist beispielsweise Punschglasur? Kaufe ich die fertig im Laden (kenn ich allerdings nicht) oder rühre ich da Zuckerguss mit Punsch an. Bei einem Rezept ist Kaffee angegeben, aber nicht, wie viel Pulver. Diese Sachen kann man sich aber meiner Meinung nach ohne größere Probleme selbst erschließen.

Kleiner Back-Test
Mein Sohn hat sich ganz klassisch die Vanille-Kipferl als erstes Rezept ausgesucht. Ich kenne, dass bei Vanillekipferl explizit immer Bourbon-Vanille-Zucker empfohlen wird oder echte Vanille, das war hier jetzt nicht, ich habe aber trotzdem Bio-Vanille-Pulver genommen. Den Vorschlag, den Mürbteig mit raumwarmer Butter zu kneten, war etwas ungewohnt, aber ich fand, dass der Teil schneller homogen wird. Zwischendrin haben wir ihn dann aber beim Verarbeiten gekühlt und die Kipferl sind beim Rollen etwas aufgebrochen, aber vermutlich hätten wir sie auch kleiner rollen müssen. Aber mein Sohn war an dem Tag für Größe zu haben.
Geschmacklich sind sie ganz toll geworden, das könnt Ihr auf dem Foto, das ich anhänge, aber natürlich leider nicht sehen. Auf alle Fälle ein echter Gaumenschmaus!

Fazit
Ich vergebe für dieses wunderschöne, ökologische Weihnachtsbuch 4,5 von 5 Sternen. Einiges war mir nicht sofort beim Lesen klar, das kann man sich aber meiner Meinung nach ohne größere Probleme selbst erschließen. Wegen des tollen ökologischen Ansatzes und des wunderschönen Designs runde ich total gerne auf 5 Sterne auf und vergebe sehr gerne eine Empfehlung für dieses gelungene Backbuch.

Bewertung vom 18.12.2019
Feuerfalle Kran / Echte Helden Bd.1
Habersack, Charlotte

Feuerfalle Kran / Echte Helden Bd.1


ausgezeichnet

Weil Ben dazugehören will (und gemobbt wird), denkt er sich die abenteuerlichsten Geschichten aus. Das geht schief… Spannend und lehrreich!

Der Alptraum aller Eltern

Mein knapp 8jähriger Sohn meint:

Ich habe gelernt, wie gefährlich Lügen sind. Das soll man eh nicht machen, aber Ben sagt dann immer noch größere Lügen. Und dann kommt er nicht mehr raus, weil das dann ein ekliges Geheimnis wird. Auf dem Kran wird es sehr spannend, fast schon gruselig. An der Auflösung gefällt mir, dass Ben etwas gelernt hat.
Dann geht es auch darum, dass man nicht irgendwas macht, nur, damit einen die anderen Kinder mögen oder man von ihnen nicht geärgert wird.
Das Buch fand ich also sehr spannend und auch lehrreich und ich finde, viele Kinder sollten es lesen. Ich vergebe 5 von 5 Sternen.

Meine Erwachsenen-Sicht:

Bierflaschen und Zigaretten, auf Baustellen spielen und Mobbing, das sind alles Sachen, von denen man als Eltern hofft, dass die Kinder nicht damit anfangen oder konfrontiert werden. Aber ich finde es toll, wenn sie bei so einem spannenden, wie oftmals auch witzigen Buch wie „Echte Helden – Feuerfalle Kran“ lernen können, wie gefährlich so etwas ist oder wie gemein. Wie mein Sohn schon meint: Ein lehrreiches Buch, ohne, dass es so daher kommt.

Ben möchte gerne mehr dazu gehören, immer wieder wird er auch von Leon und anderen Jungs aus seiner Klasse geärgert. Unter anderem darum denkt er abenteuerliche Geschichten aus. Manchmal sind die auch richtig gemein, wie wenn er über Raja redet, das deutsch-russische Mädchen in seiner Klasse. Und irgendwann steht er dann auf einem brennenden Kran.

Mir gefällt, dass Ben viel von einem Antihelden hat. Beim Lesen kann man klar verstehen, warum er das macht. Er will einfach nicht mehr das Mobbing-Opfer sein und er bekommt zu wenig Aufmerksamkeit als das Sandwich-Kind in der Familie.

Die Autorin beobachtet die Zwischentöne so toll und formuliert dann so witzig:

„Ben drehte sich um und starrte seinen Vater an wie eine böse Erscheinung. Er hätte nicht entsetzter aussehen können, wenn plötzlich ein leibhaftiger Zombie vor ihm aufgetaucht wäre. Auf dem Hut seines Vaters wippten zwei Margeriten.“

Und weil eines zum anderen führt, steht Ben schließlich in einer lebensbedrohlichen Situation, die fast ein Drittel des Buches einnimmt und von brenzlig zu noch brenzliger zu brandgefährlich wechselt. (Die anwachsenden Flammen von Illustrator Nikolai Renger verbindlichen das.) Gerade weil Charlotte Habersack das so spannend und nachdrücklich schildert, bleibt bei den Kindern sicherlich hängen, dass manche Sachen einfach zu gefährlich sind, um sie auszuprobieren. Oder zu gemein. Wir haben richtig mitgefiebert.

Es sind so ein paar Sachen, die sich summiert haben, dass es für mich 4 Sterne sind und keine 5. Im Buch gibt es eine starke Unterscheidung zwischen Jungs und Mädchen. Die einen machen den groben bis gefährlichen Unfug, die anderen kreischen und weinen bei den blutigen OP-Geschichten bzw. laufen in Rosa rum. Als Ausnahme wird hier nur Raja geschildert und sie kommt auch nur als Nebenfigur vor. Und dann wird hier nur von „Ausländern“ geschrieben, das ist der Geschichte geschuldet, aber dann bleibt halt eher der unsaubere Begriff „Ausländer-Feindlichkeit“ hängen. Und am Ende hat mir die dringend nötige Entschuldigung von Ben an Rajas Vater gefehlt.

Wir haben das Buch auf alle Fälle sehr gerne gelesen und das wird nicht das letzte Buch der Autorin bleiben. Die „Bitte nicht öffnen“-Reihe steht schon länger auf unserer Wunschliste.

Fazit:
Woah, das macht mein Sohn hoffentlich nie nach. So sieht er das auch. Charlotte Habersack erzählt spannend von wichtigen Themen. Weil wir richtig mitgefiebert haben, vergeben wir 4,5 von 5 Sternen. (Mein Sohn hat sehr auf die Durchschnittswertung und für die Aufrundung gekämpft.)