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Buecherundschokolade

Bewertungen

Insgesamt 144 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2023
Sinan, Marc

Gleißendes Licht


sehr gut

Vielleicht hatte ich falsche Erwartungen. Erwartet hatte ich einen Roman, der sich anhand von Familiengeschichte mit dem Völkermord an den Armeniern auseinandersetzt. Bekommen habe ich eine deutsch-türkisch-armenische Familienaufstellung.

Der Komponist Kaan, Sohn eines Deutschen & einer türkischen Mutter, reist für ein Stipendium nach Istanbul & wird dort von der Geschichte seiner Familie eingeholt, die ihn nicht mehr loslässt. Da ist sein Großvater Hüseyin, der einst ein Haselnussimperium führte, nur um später allen Reichtum zu verlieren. Oder die geliebte Großmutter Vahide (die Einzigartige), die 1916 als Waise von einer muslimischen Familie adoptiert wurde, tatsächlich aber das Kind armenischer Eltern ist. Weiterhin Kaans Mutter Nur, eine starke Persönlichkeit, die Kaan um jeden Preis assimilieren will. Und natürlich Kaan selbst, ein bisschen alter ego des Autors Marc Sinan, selbst erfolgreicher Gitarrist & Komponist. Kaan macht im Laufe des Romans eine Wandlung durch. In Rückblenden springen wir von der Jetztzeit in Istanbul in seine Kindheit im Deutschland der 80er, Verwandtschaftsbesuche in der Türkei, & in die 1940er zum erfolgreichen Großvater. Und auch ins Jahr 1915 als der Völkermord an den Armeniern beginnt.

Allerdings kommt der Völkermord nur am Rande vor (am Anfang wird der Leser schockiert Zeuge, wie armenische Kinder ins Meer geworfen werden & dann ist das Thema für 150 Seiten verschwunden). Dennoch ist er die Triebfeder für Kaans Handeln & führt in am Ende auf Abwege.

Über den Völkermord, der 1915 mit dem Befehl des türkischen Innenministers zur Deportation von rund zwei Millionen Armeniern in die mesopotamische Wüste begann, hätte ich mehr erfahren wollen. Wobei viele Armenier es gar nicht bis in die Wüste geschafft haben, weil sie in ihren Dörfern ermordet – erschossen, ertränkt, erschlagen, an Kreuze genagelt - wurden.

Insgesamt muss ich das Buch aber loben, es handelt sich um eine gut geschriebene Familiengeschichte & ein Spannungsbogen war durchaus vorhanden.

Bewertung vom 17.02.2023
Shireen, Nadia

Teds und Nancys total verrücktes Abenteuer / Grimmwald Bd.1


sehr gut

Das Cover hat sofort unser Interesse an diesem Kinderbuch geweckt. Knallig gelb mit blauer Schrift zeigt es die beiden Füchse, die auch die Hauptfiguren von Grimmwald sind, nämlich den flippigen Ted und die taffe Nancy. Gemeinsam erleben die beiden große Abenteuer, nachdem sie vor eine diabolischen Katze in den Grimmwald fliehen müssen. Dort treffen sie auf einigermaßen irre Waldbewohner und besagte Katze spielt natürlich auch noch eine große Rolle. Sowohl die Zeichnungen als auch die Texte sind witzig und sehr gelungen. Die britische Autorin Nadia Shireen schafft sehr originelle Charaktere und macht dieses Kinderbuch auch für Erwachsene durchaus vergnüglich. Es handelt sich um den ersten Band einer Serie und man darf gespannt auf die Fortsetzung sein. Wir wurden gut unterhalten und können dieses Buch klar empfehlen.

Bewertung vom 12.02.2023
Mr. Tan;Miss Prickly

Aus dem Weg, ihr Kröten! / Die schreckliche Adele Bd.5


ausgezeichnet

Adele ist wirklich kontrovers, düster und krawallig, nicht wirklich für Kinder, aber umso lustiger für die Eltern. Die kurzen Strips aus dem Leben des rothaarigen Mädchens handeln von ihrem fiesen Streichen gegen Eltern, Mitschüler, Katze und sind schon ziemlich schlimm. Adele ist das, was man einen Kotzbrocken nennen muss. Eigentlich mag sie niemanden. Naja für ihre Eltern macht sie eine Ausnahme. Ihr Feindbild sind vor allem der Club der Malibu-Barbies und auf die hat sie es in diesem Band massiv abgesehen. Gemeinsam mit ihrem imaginären Geisterfreund Magnus (1789 geköpft) und ihrem sehr gefährlichen Beißhamster und ein paar zwangsrekrutierten Kindersoldaten erklärt sie den Blondinen den Krieg. Am besten haben mir die Zeichnungen gefallen, die mit wenigen Stilmitteln sehr ausdrucksstark ausgeführt sind. Mr. Tan und Miss Prickly sind einfach ein sehr gutes Team. Daher eine Empfehlung für Fans lustiger Comickost, die frech und dunkel daherkommt.

Bewertung vom 12.02.2023
Mr. Tan;Miss Prickly

Die Liebe lieb' ich nicht / Die schreckliche Adele Bd.4


ausgezeichnet

Adele ist wirklich kontrovers, düster und krawallig, nicht wirklich für Kinder, aber umso lustiger für die Eltern. Die kurzen Strips aus dem Leben des rothaarigen Mädchens handeln von ihrem fiesen Streichen gegen Eltern, Mitschüler, Katze und sind schon ziemlich schlimm. Adele ist das, was man einen Kotzbrocken nennen muss. Eigentlich mag sie niemanden. Naja für ihre Eltern macht sie eine Ausnahme. Und in den neuen Mitschüler Ludwig hat sie sich auch ein bisschen verliebt. Gemeinsam mit ihrem imaginären Geisterfreund Magnus (1789 geköpft) und ihrem sehr gefährlichen Beißhamster. Am besten haben mir die Zeichnungen gefallen, die mit wenigen Stilmitteln sehr ausdrucksstark ausgeführt sind. Mr. Tan und Miss Prickly sind einfach ein sehr gutes Team. Daher eine Empfehlung für Fans lustiger Comickost, die frech und dunkel daherkommt.

Bewertung vom 08.02.2023
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

In Sibir erzählt Sabrina Janesch eine berührende Geschichte über Identität & Ankommen, über Erinnerung & Vergessen.

Der 9-jährige Josef Ambacher wird 1941 mit seiner Familie in die kasachische Steppe verschleppt, auf dem Weg stirbt sein kleiner Bruder, die Mutter verschwindet in einem Schneesturm. Ihr „Verbrechen“ ist ihre deutsche Herkunft, die Nazis haben die Sowjetunion überfallen. In „Sibir“ wie sie das mal eisige, mal brütend heiße Land nennen, kämpft die Familie ums Überleben, stößt auf Misstrauen & Hass gegen „die deutschen Nazis“ & findet doch Hilfe bei anderen Menschen die kaum mehr haben. Denn fast alle in dieser Elendssiedlung, in der Erdhütten die Regel sind, wurden selbst verschleppt, gehören Minderheiten im Sowjetreich an, sind Stalin suspekt: Russlanddeutsche, Finnen, Karatschaier, Kalmücken, Tschetschenen, Inguschen, Balkaren, Krimtataren. Und alle haben (berechtigterweise) Angst davor im Gulag zu enden.

Doch Josefs Leben in der Weite Kasachstans ist auch aufregend. Mit seinem kasachischen Freund Tachawi erlebt er zahllose Abenteuer & so erzählt dieses Buch auch die Geschichte eines Aufwachsens unter ungewöhnlichen Umständen. 1955 werden Ambachers schließlich frei gelassen & landen als „Heimkehrer“ im niedersächsischen Mühlheide.

Erzählt wird in dem Roman auch die Geschichte Leilas, Josefs Tochter. Aus ihrer Perspektive erleben wir den Umbruch Anfang der 90er, als plötzlich in großer Zahl Deutschstämmige aus der zerfallenden Sowjetunion in Mühlheide ankommen. Die seit Jahrzehnten dort lebenden „Altsibirier“ sind gespalten, Mitleid & ängstliche Abscheu (auch vor dem eigenen Schicksal) prägen das Klima. Doch Josef hat eine klare, sehr kasachische Antwort: Gastfreundschaft. Die Ereignisse spülen aber unterdrückte Erinnerungen nach oben…

Sibir ist ein wahnsinnig gut geschriebenes Buch, das kaum jemanden kalt lassen wird. Mehr als eine Stelle hat uns zu Tränen gerührt. Sabrina Janesch gelingt es meisterhaft das Schicksal der Betroffenen zu schildern & gleichzeitig einen sehr spannenden Abenteuerroman zu schreiben. Ein klare #empfehlung für dieses tolle Stück #literatur

Bewertung vom 06.02.2023
Eliopoulos, Christopher;Meltzer, Brad

Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Martin Luther King Jr.


ausgezeichnet

Martin Luther King Junior kennt mal als mutigen Kämpfer für die Rechte der afroamerikanischen Bevölkerung. Sein Engagement veränderte die USA und die Welt. Für seinen unermüdlichen, friedlichen Einsatz erhielt er den Friedensnobelpreis. In diesem Comic aus der Serie Jede*r kann die Welt verändern - Ich bin … wird seine Geschichte für Kinder verständlich und schön illustriert erzählt. Die Serie hat uns schon mit Einstein begeistert, aber die Ausgabe über Martin Luther King Jr. ist noch besser gelungen. Das Buch bietet tolle Bilder und auch die Texte sind einfühlsam und doch für Kinder verständlich. Etwas verwundert waren wir darüber, dass das tödliche Attentat auf ihn ganz ausgespart wurde, da es ja auch zur Geschichte gehört. Beim Comic über Malala hat man das anders (besser) gelöst und sehr zurückhaltend auch diesen gewalttätigen Aspekt erzählt. Dennoch eine der besten Comicreihen für Kinder, die wir bei uns im Regal stehen haben und daher eine klare Empfehlung für dieses Buch.

Bewertung vom 01.02.2023
Kafka, Franz;Ueckert, Charlotte

Forschungen eines Hundes, Der Bau


ausgezeichnet

Franz Kafka lesen wir beide sehr gerne, wahlweise Der Proceß & Das Schloss zählen sogar zu unseren Lieblingsbüchern.

Beide Geschichten sind im besten Sinne kafkaesk & greifen zudem das beliebte Motiv der Schilderung aus tierischer Perspektive auf. In „Forschungen eines Hundes“ berichtet ein alter Hund von seinem lebenslangen, erfolglosen Streben nach Antworten zum Wesen der Hundeschaft. Ausgangspunkt für ihn: Woher nimmt die Erde ihre Nahrung?
Auffällig an der Geschichte ist, dass Hunde auftreten - etwa auch schwebende Lufthunde & Musikhunde - aber Menschen in der Geschichte fehlen. Hier liegt auch die Wurzel der Erkenntnisprobleme des Hundes: Er kann den Menschen und seine Auswirkungen auf die Hundewelt nicht erkennen.

Noch besser hat uns aber die zweite (fragmentarische) Erzählung „Der Bau“ gefallen. Hier folgen wir einem Tier (ein Dachs?) bei seinen Streifzügen durch seinen riesigen, verzweigten Bau, den es stetig zu perfektionieren versucht. Zunächst ist es noch sehr zufrieden mit seinem Werk, das u.a. einen großen Vorratsraum namens „Burgplatz“ enthält. Getrieben von seiner Angst vor Fressfeinden, erlebt man sodann aber wie das Tier von einer immer größeren Paranoia ergriffen wird. Insbesondere ein nicht einzuordnendes Geräusch spielt dabei eine große Rolle.

Beide Erzählungen sind sprachlich & stilistisch hervorragend & haben uns Vergnügen bereitet.

Mit addiert ca. 150 Seiten Text ist dieses Buch auch ein Beitrag zu #kurzebändezumwochenende & eine schöne Empfehlung nicht nur für Kafka-Fans.

Besonders hervorzuheben ist die bibliophile Ausstattung dieses Bandes der Reihe Perlen der Literatur, die sich auf moderne Klassiker konzentriert. Freunde von Leinen, Kalligraphie und künstlerische Buchgestaltung kommen voll auf ihre Kosten.

Bewertung vom 22.01.2023
Troll

Das Geheimnis der Frau Purpur / Detektiv Parzival Po Bd.1


sehr gut

Das Cover ist ein Hingucker: ein Po-Gesicht trinkt mit einem Hamster Tee in einem Büro. Und schon sind wir mittendrin in Detektiv Parzival Pos Welt. Der von Troll (Pseudonym des japanischen Duos Yoko Tanaka und Masahide Fukasawa) erfundene Ermittler trifft in den beiden Fällen dieses kleinen Comic-Bandes auf zwei knifflige Rätsel, die er mit seinem
Scharfsinn löst. Positiv stechen vor allem die klar japanisch konotierten Zeichnungen Fukasawas hervor, die uns sehr gut gefallen haben. Auch die Stories an sich waren - zwar nicht unfassbar - originell, aber durchaus unterhaltsam. Auch die Verarbeitung des schmalen, gebundenen Bandes, der im dtv Verlag erschienen ist, überzeugt als hochwertig. Alles in allem für Kinder auf Grund der Rätsel empfehlenswert und für erwachsene Leser durchaus unterhaltsam und schön zum Durchblättern.

Bewertung vom 18.01.2023
Volksgut

ministeps Fingerspiele für Klitzekleine - ab 9 Monate


ausgezeichnet

Schon das Cover ist zauberhaft illustriert mit einer Ente und einem Schaf auf einer Picknickdecke. Auch der Inhalt dieses Kleinkinderbuchs aus der Reihe Ministers konnte uns vollauf überzeugen: Kinderreime von „Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen“ bis hin zu „Fährt ein Schiffchen übers Meer, wackelt hin und wackelt her“ begeistern die Eltern und die Kleinsten zusammen mit vielen bunten, fröhlichen Bildern. Segelnde Frösche, gärtnernde Schafe und Pflaumen essende Enten runden das Buch optisch schön ab. Zu jedem Reim gibt es Hinweise für Fingerspiele z.B. die Finger abzählen beim Pflaumenreim, usw. Das Buch ist ein lustiger Anreiz für schöne Reimspiele mit den Kleinen und hat uns Freude gebracht. Daher eine Empfehlung für dieses liebevoll und hochwertig gestaltete Buch für Kleinkindee aus dem Ravensburger Verlag.

Bewertung vom 08.01.2023
Köhlmeier, Michael

Frankie


ausgezeichnet

Das Leben des 14-jährigen Ich-Erzählers Frank Thaler ändert sich grundlegend, als sein Großvater nach 18 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird.

Wer ist dieser Mann, vor dem seine Mutter Angst zu haben scheint? Was hat er getan? Sein Verhalten gegenüber „Frankie“, wie er ihn beharrlich nennt, schwankt zwischen Versuchen der Vereinnahmung und Gewalt aus nichtigem Anlass. Er fasziniert und stößt den Jungen gleichzeitig ab.

Schließlich schenkt er Frankie eine Pistole und setzt damit eine ungeahnte Eskalationsspirale in Gang…

Michael Köhlmeier erzählt gekonnt die Geschichte eines durchschnittlichen Wiener Teenagers, der vermeintlich in die Fänge eines dämonischen Ex-Knackis gerät (so zumindest der Klappentext).

Doch was ich mich beim Lesen gefragt habe:

Wie vertrauenswürdig ist Frankie, der Ich-Erzähler eigentlich?

Er tut jedenfalls alles, um sich in ein gutes Licht zu rücken. Mustergültiger Sohn einer alleinerziehenden Mutter (kocht für sie, legt ihr Zettelchen mit netten Sachen hin…), kluges Kerlchen (Dokus auf 3Sat, reflektiertes Denken, altkluge Sprache), ein kleines bisschen könnte man ihn vielleicht als Außenseiter empfinden. Aber hinter dieser Fassade spürt man eine gewisse Dunkelheit hervorschimmern, die man nicht so richtig einordnen kann. Eine Neugier auf das Abseitige oder doch schon mehr?

Der Roman hat mich sehr gefesselt, an seinen besten Stellen musste ich an die roman durs von Georges Simeon denken, vielleicht gepaart mit einem Coming-of-Age-Roman. Die Handlung konnte überraschen, was der Klappentext kaum hätte vermuten lassen. Lesende, die sich eine klare Auflösung aufgeworfener Fragen wünschen, werden hier allerdings auf Granit beißen.

Insgesamt sehr gute Unterhaltung. War es am Ende vielleicht sogar ein Thriller? Je ne sais pas. Aber auf jeden Fall ist Frankie von Michael Köhlmeier eine klare Empfehlung wert.