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Hoelzchen

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Insgesamt 132 Bewertungen
Bewertung vom 16.10.2024
Recchia, Roberta

Endlich das ganze Leben


ausgezeichnet

Marisa wird in den 50er Jahren schwanger und von ihrem Verlobten sitzengelassen. In Italien ein Skandal zu dieser Zeit. Marisas Eltern suchen einen Mann für sie und schlagen ihr Stelvio vor. Die Liebe entwickelt sich, sie heiraten und bekommen Kinder. In den 80er Jahren kommt ihre 16jährige Tochter ums Leben. Die Ehe der beiden bekommt durch diesen Schicksalsschlag Risse und die beiden entfremden sich. Auch Marisas Nichte Miriam zieht sich immer mehr zurück, doch die Familie ist blind und erkennt nicht Miriams Leid. Doch zum Glück trifft Miriam Leo, eine Zufallsbekanntschaft. Leo entdeckt eine tiefe Zuneigung zu Miriam und er will ihr helfen, damit sie körperlich wieder auf die Beine kommt. Was er dann in Gang setzt, ist für die gesamte Familie Ansaldo von großer Bedeutung.
Roberta Recchia reiht sich mit ihrem Debüt „Endlich das ganze Leben“ in die großen, italienischen Besteller der vergangenen Jahre ein. Für mich haben italienische Romane immer einen ganz besonderen Reiz, denn häufig versprühen sie einen speziellen Charme. So auch in diesem Buch. Roberta Recchia nennt die Dinge beim Namen, ganz unaufgeregt schildert sie die Geschehnisse und doch spürt man eine tiefe Betroffenheit. Während der Lektüre setzt ein Gefühl von Ohnmacht ein und man stellt sich die Frage des eigenen Handelns. Wieviel Schmerz kann ein Mensch aushalten. Das er es kann, zeigt uns die Autorin ganz deutlich, aber auch welche Konsequenzen es hat, wenn Menschen nicht miteinander reden. Voller Emotionen leiden wir mit Miriam, wollen sie retten, sie aufrütteln. Im Laufe des Romans sind mir alle Personen ans Herz gewachsen und die Weiterentwicklung ihrer Wesen hat mich sehr beeindruckt. Sprachlich bedient sich die Autorin eines flüssigen und modernen Schreibstils. Die Übersetzerin Christiane Burkhardt hat eine hervorragende Arbeit geleistet. Der Lesefluss stellte sich sofort ein und das Buch wurde an einem Wochenende von mir durchgelesen. Die Mischung ist perfekt, eine Familiengeschichte mit Krimiähnlichen Anteilen. Ich hoffe sehr, dass wir von dieser Autorin noch mehr zu lesen bekommen.
Dieser Roman verdient eine Leseempfehlung: 5 Sterne.

Bewertung vom 10.10.2024
Sahler, Martina

Dunkle Wälder, ferne Sehnsucht / Wolgasiedler Bd.2


ausgezeichnet

Und weiter geht es mit der Wolga-Saga. Dies ist der zweite Teil um die Schwestern Klara, Christina und Elenora. Nur noch Klara wohnt in Waidbach, in dem Ort, wohin es die drei Schwestern nach ihrem Fortzug aus Deutschland verschlagen hat. Klara ist mittlerweile 22 Jahre alt, sie ist verheiratet und hat zwei Töchter. Eines Tages macht sie eine ungeheuerliche Entdeckung und die Schatten der Vergangenheit holen sie ein. Doch alles wird gut und das Leben geht weiter. Ihre Schwester Eleonra lebt mit ihrer Familie mittlerweile in Saratow. Nach anfänglichen, entbehrungsreichen Jahren in Waidbach, genießt die Familie nun einen sehr guten Lebensstandard und ihr Mann Matthias ist beruflich sehr erfolgreich. Lediglich ihr Tochter Sophia vermisst Eleonora. Diese studiert mittlerweile in St. Petersburg und ist dort sehr glücklich. Dorthin hat es auch die dritte Schwester hingezogen: Christina. Christina ist nach wie vor mit allen Wassern gewaschen und ist immer darauf bedacht, die eigenen Vorteile zu genießen. Aber sie hat nicht mit ihrer verhassten, unehelichen Tochter Alexandra gerechnet, die versucht, ihr das Leben schwer zu machen.
Gleich mit den ersten Seiten war ich wieder im Lesefluss und es ist spannend zu lesen, wie es den Deutschen, die den Ruf der Zarin Katharina die Große gefolgt sind, weiter ergangen ist. Empfehlenswert ist es auf alle Fälle, vorab den ersten Teil zu lesen, damit man die Geschichte besser versteht. Wie man es von der Autorin Martina Sahler kennt, schreibt sie modern und strukturiert. Die Kapitel tragen Überschriften mit Ortsangaben und Jahreszahlen, so dass man dem Geschehen gut folgen kann. Das Personenverzeichnis zum Romanbeginn hilft, eine Zuordnung vornehmen zu können. Denn die Zahl der Protagonisten ist groß, da kann man schon mal den Überblick verlieren. Mir gefällt nach wie vor die Verknüpfung von geschichtlichen Ereignissen mit fiktiven Handlungen. Es ist gut vorstellbar, dass sie die Ereignisse so abgespielt haben könnten. Das Nachwort der Autorin unterstützt diese Annahme. Für mich ist dieser Roman mehr als Unterhaltung, denn er erweitert mein Wissen. Die Gründe der Auswanderung werden gut abgebildet und verdeutlichen die Situation, wie wir sie heute noch in einigen Regionen Russlands vorfinden: Russlanddeutsche, die ihre Sprache und Traditionen pflegen. Die Ursprünge finden wir hier in diesen Romanen von Martina Sahler.
Ich bin schon sehr gespannt auf den Abschluss dieser Trilogie.

Bewertung vom 10.10.2024
Mosel, Katharina

Wattlichter


ausgezeichnet

Nele (55) arbeitet seit über 30 Jahren als Erzieherin in einem Kindergarten. Mit ihrem Mann Bert, führt sie eine glückliche Ehe und die gemeinsame Tochter studiert in Berlin. Sie hat nie daran einen Gedanken verschwendet Hamburg zu verlassen, doch plötzlich ist ihr alles zu viel, die Arbeit im Kindergarten, die Großstadt. Ihre beste Freundin und Arbeitskollegin überredet sie zu einer Auszeit auf Sylt. Nele verliebt sich sofort in diese Insel und plant ihr Leben zu ändern. Ihr Mann Bert reagiert gereizt und die Harmonie kommt ins Schwanken, zumal sich auch für ihn berufliche Veränderungen ergeben. Außerdem gerät Nele in die Beziehungskrise eines Kindergartenkindes, alles Dinge die kein Mensch braucht. Aber Nele bleibt stark, behauptet sich und geht ihren Weg.
„Wattlichter“ ist für mich der erste Roman der Autorin Katharina Mosel. Sofort sprang der Funke über und mich hat Neles Leben von Beginn an begeistert und es hat mir großen Spaß gemacht, sie auf ihren Weg zur Selbstverwirklichung zu begleiten. Da ich im ähnlichen Alter der Protagonistin bin, war mir vieles vertraut. Angefangen von der Müdigkeit im Berufsleben, die Beziehung zu studierenden Töchtern und natürlich auch das routinierte Eheleben. Der Roman bildet das Leben authentisch ab und oft hatte ich das Gefühl im Gespräch mit Freundinnen zu sein. Alle Begebenheiten und Orte konnte ich mir sehr gut vorstellen und da ich in der Metropolregion Hamburg wohne, ist es wie ein nach Hause kommen. Mehr geht wirklich nicht. Der moderne und flüssige Schreibstil runden das Lesevergnügen ab. Lediglich mit der Namensgebung hadere ich: mit Silke, Jochen und Uwe assoziiere ich Menschen der Generation aus den 1960er Geburtsjahrgängen, Nele hingegen klingt mir zu modern für eine 55jährige. Das ist aber auch der einzige Kritikpunkt, den ich habe.
Die Syltliebe der Autorin hat sich auf mich übertragen und ich muss dieser wunderschönen Insel unbedingt bald mal wieder einen Besuch abstatten. Ich bin mir sicher, dass es so der gesamten Leserschaft ergehen wird.
Ich spreche für „Wattlichter“ eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 03.10.2024
Helford, Anna

Herbstschatten / Season Sisters Bd.3 (2 MP3-CDs)


gut

Dies ist der dritte Teil der Season Sisters. Und da mir die Geschichten um Spring und Summer schon sehr gut gefallen haben, war ich sehr neugierig, wie es nun dem Nesthäkchen Autumn ergehen wird.
Autumn lebte bislang mit ihren unkonventionellen Eltern auf dem familieneigenen Bauernhof. Dank Spring und Summer kommt es nun zu einem Neuanfang. Dieser macht erforderlich, da Autumn woanders wohnen wird und sich beruflich ein neues Standbein suchen muss. Durch Zufall stößt sie dabei auf die bis dahin völlig unbekannten Familienhintergründe ihrer Eltern. Bislang vermuteten die Season Schwestern, dass es keine Familienangehörige mehr gäbe. Autumns Spur führt nach Deutschland. Wie auch schon in den beiden anderen Teilen, gibt es zwei Zeitebenen. Ein Handlungsstrang spielt in der Gegenwart, einer in der Vergangenheit. Die Handlung in der Vergangenheit beginnt in den 1850er Jahren und spielt in der Moselregion Deutschlands. Wie zu erwarten, geht es auch hier wieder um Liebe und Intrigen, aber auch Morde werden verübt. Im Mittelpunkt des Geschehens war damals eine Mathilda. Mit ihrer Recherche gelingt es Autumn eine Verbindung zu ihrer eigenen Familiengeschichte herzustellen.
Die Muster in dieser Buchreihe wiederholen sich und dieser Teil ist meiner Meinung nach der schwächste. Die Geschichte ist vorhersehbar und es beschleicht mich der Eindruck, dass der Autorin die Ideen ausgehen und irgendetwas konstruieren musste, damit es eine Geschichte um Autumn gibt. Irgendwie war das alles nicht aufeinander abgestimmt. Zu schnell ging es mir auch mit der Entwicklung Autumns vom grauen Mäuschen zur bestimmenden Person. Wirklich schade, denn die Idee der Verknüpfung von Gegenwart und Vergangenheit gefällt mir gut und wurde in den ersten beiden Teilen auch gut umgesetzt.
Ich habe diesen Roman als Hörbuch gehört und die Sprecherin leistet gute Arbeit. Es machte Spaß ihr zuzuhören. Für die schwache Geschichte kann sie nichts. Für diesen Roman kann ich leider nur 3 Sterne vergeben, aber ich bin gespannt auf den vierten Band und Winters Geschichte und hoffe auf ein starkes Ende.

Bewertung vom 03.10.2024
Tambrea, Sabin

Vaterländer


ausgezeichnet

Der Schauspieler Sabin Tambrea bringt uns mit seinem Buch “Vaterländer“ seine eigene Autobiographie näher. Der Roman ist in drei Teile gegliedert und beginnt in den 1980er Jahren. Sabin kommt mit seiner Mutter und älteren Schwester im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland. Die Familie kommt aus Rumänien und Sabins Vater ist während einer Konzertreise im Westen geblieben. Im ersten Teil beschreibt der Autor seine Kindheit und Jugend in Deutschland, dann im zweiten Romanteil, steht sein Großvater im Mittelpunkt. Wir erfahren von seinem Leben in den 1940er und 1950er Jahren. Der Kommunismus hält Einzug in Rumänien und das Leben ist hart, vor allen Dingen dann, wenn man Widerstand leistet. Der letzte Romanteil umfasst das Leben von Sabins Vater, einem Musiker. Wie er auf Sabins Mutter trifft (auch eine Musikerin) und das entbehrungsreiche Leben in Rumänien wird beschrieben.
Ich habe mich für die Hörbuchfassung des Romans entschieden, welche vom Autor selbst eingesprochen wurde. Seine ruhige Stimme und sanfte Art, verleihen dem Hörbuch einen wahren Hörgenuss. Sofort springt der Funke über und man mag gar nicht mehr aufhören, seinen Schilderungen zu lauschen. Die Sortierung der einzelnen Abschnitte ist perfekt gewählt. Sabin Tambrea ist ein bekannter Schauspieler und ich war sehr neugierig über sein Leben zu erfahren. Tambrea wird oft in melancholischen Rollen besetzt und so wird die Vermutung suggeriert, dass er ein introvertierter Charakter ist. Das Hörbuch lehrt uns, dass er es als Kind faustdick hinter den Ohren hatte, oft musste ich beim Hören schmunzeln. Der zweite Teil des Hörbuchs erwischte mich dann eiskalt, denn ich war schockiert über die Geschehnisse in Rumänien zu hören. Bislang wusste ich zu wenig über dieses Land, vor allen Dingen über die Situation während und kurz nach dem 2. Weltkrieg. Tatsächlich brauchte es ein bisschen, bis ich mich eingehört hatte, was vielleicht auch an den vielen Namen lag, dem zu folgen, ist in der Hörbuchfassung vermutlich schwieriger im Vergleich zum geschriebenen Wort. Der dritte Teil veranschaulichte dann nochmal ganz deutlich, was es hieß in Rumänien zu leben. Die damalige Mangelwirtschaft ist auch aus anderen osteuropäischen Ländern bekannt, doch ich war wirklich entsetzt von den Korruptionen und Machenschaften der Politik zu hören. Sabin Tambrea tut gut daran, uns die Augen zu öffnen. Es ist nicht nur sein Leben, welches er uns offenbart, es ist ein Stück Zeitgeschichte mehrerer Generationen. Wie ich in einem Interview erfahren habe, zeigt das Buchcover seine Eltern, was für eine persönliche und berührende Geste.
Ich kann diesen Roman wirklich nur jedem empfehlen, besser kann Geschichte nicht vermittelt werden.

Bewertung vom 03.10.2024
Herold, Theresa

Als wir nach den Sternen griffen


ausgezeichnet

Mit diesem Roman reisen wir zurück ins Jahr 1989. Die Unzufriedenheit in der DDR wächst und die Einwohnerinnen und Einwohner werden mutiger. Einigen von ihnen gelingt im Sommer 1989, die Flucht in die Botschaft der BRD in Prag. Auch Tobias, ein junger, alleinerziehender Vater aus Halle, hört von diesen Geschehnissen. Seit seine Frau Doreen Republikflicht begangen hat, steht er stets im Visier der Stasi. Kurzerhand beschließt er mit seiner vierjährigen Tochter auch die Reise nach Prag zu wagen. Auch er verschafft sich Zutritt in die Botschaft. Dort lernt er die junge Botschaftsangestellte Judith kennen und zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe Zuneigung. Immer mehr DDR-Bürgerinnen und Bürger finden Zuflucht in der Botschaft. Am Ende sind es tausende die dort ausharren und auf die Ausreise in die BRD hoffen. Die Situation wird immer unzumutbarer und die BRD setzt alle Hebel in Bewegung um eine Lösung herbeizuführen. Dann endlich besucht Außenminister Genscher die deutsche Botschaft in Prag und erlöst alle Beteiligten mit dem Satz der in die Geschichte einging. Wird es für Tobias und Judith eine Zukunft geben?
Die Autorin Theresa Herold hat es mit ihrem neuen Roman sofort geschafft, mich zu fesseln. Die Lektüre ist spannend und abwechslungsreich geschrieben und obwohl man den Ausgang der Geschichte kennt (abgesehen von der Liebesgeschichte) ist man neugierig, wie die einzelnen Entwicklungsschritte sich ergeben. Eine aufregende Zeit für uns alle, egal ob Ost- oder Westbürger. Ich war damals Anfang zwanzig und habe im Westen gelebt. Natürlich verfolgte man die Ereignisse und war über die Medien informiert. Tatsächlich habe ich mir damals überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Zustände damals in der Botschaft geherrscht haben müssen. In der Nachbetrachtung ist es logisch, dass die hygienischen Zustände, die Schlafsituationen und die Bereitstellung der Versorgung allen Beteiligten viel abverlangten. Das zeigt dieser Roman in aller Deutlichkeit und Umfang. Mit Tobias und Judith hat die Autorin zwei sympathische Protagonisten geschaffen und je nach Kapitel wird die Situation aus deren Sicht geschildert. Tobias Beweggründe lassen sich gut nachvollziehen und auch Judiths Gedanken sind authentisch dargestellt. Der Roman schafft ein gutes Gleichgewicht, es wird nie kitschig. Theresa Herold bietet uns eine tolle Kombination zwischen Unterhaltung und historischen Ereignissen. Es macht einfach großen Spaß, dieses Buch zu lesen. Das Buchcover zeigt die Zuflucht in die Botschaft und ist passend gewählt. Lediglich mit dem Titel hadere ich ein wenig.
Vor 34 Jahren feierten wir die Wiedervereinigung und es ist gut, dass es immer wieder Neuerscheinungen von Romanen gibt, die uns an die Vergangenheit erinnern und somit auch jüngeren Generationen Geschichte in unterhaltsamer Form zugänglich gemacht werden kann.

Bewertung vom 03.10.2024
Sahler, Martina;Wolz, Heiko

Kasino


ausgezeichnet

Das bekannte Autorenteam Martina Sahler und Heiko Walz versteht sich auf historische Romane. Der neue Roman versetzt die Leserschaft ins Jahr 1847. Die junge Claire Engel möchte gerne Croupière in der Spielbank in Baden-Baden werden. Doch die Zeit ist noch nicht reif dafür. Man gibt ihr eine Stelle als Garderobenfrau im Casino. Durch ihre freundliche und umsichtige Art gewinnt sie schnell neue Freunde und auch eine Liebesbeziehung zu einem Mann bahnt sich an. Dann plötzlich ist ihr großer Tag gekommen und sie darf am Roulettetisch arbeiten, doch Missgunst seitens der Kollegen kommt auf und das Auftauchen ihres Bruders bringt ihr Ansehen in Gefahr.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie ideenreich das Autorenduo daherkommt. Als Schauplatz haben sie nun also das mondäne Baden-Baden gewählt. Auch wenn heute der Glanz von früher vermutlich verschwunden ist, so ist die Stadt mit Casinos verknüpft, wie keine andere in Deutschland. Noch meine Eltern sprachen mit Ehrfurcht über Baden-Baden. Umso schöner, einen Roman über dieses Städtchen zu lesen. Martina Sahler und Heiko Walz schaffen es, uns die Geschichte der Stadt und das Flair, welches herrschte, näher zu bringen. Hintergründe und Entstehung werden anschaulich beschrieben. Verpackt in einem Unterhaltungsroman um die sympathische Protagonistin Claire Engel. Eine Frau, die ihrer Zeit voraus ist und die willensstark an ihren beruflichen Plänen festhält und ein modernes Leben führen möchte. Der Roman lässt sich sehr gut lesen. Man findet einen modernen, flüssigen Schreibstil mit kurzen Kapiteln, die abwechslungsreich sind. Man merkt dem Roman nicht an, dass ein Duo dahintersteckt. Es gibt keine Brüche und der Text ist geschmeidig. Informativ ist auch das Nachwort und ein weiterer Teil ist in Planung. Ich freue mich darauf.
Für die Leserschaft dieses Genres ganz klar eine Leseempfehlung.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.09.2024
Peters, Caroline

Ein anderes Leben


sehr gut

Ein anderes Leben ist das Debüt der Schauspielerin Caroline Peters, welche ich sehr schätze und somit auch neugierig auf diesen Roman war. Erzählt wird das Leben von Hanna. Sie kommt in den 1930er Jahren auf die Welt, verliert im Krieg ihren Vater und flüchtet mit Mutter und Geschwister in den Westen. Als Studentin hat sie neben ihrem Freund aus Kindheitstagen noch zwei weitere Freunde. Diese drei Männer werden im Laufe ihres Lebens ihre Ehemänner und von allen bekommt sie eine Tochter. Die jüngste Tochter ist die Erzählerin dieser Geschichte. Sie lässt uns teilhaben an das Familienleben, welches man wohl als unkonventionell bezeichnen kann. Hanna ist in ihrem ganzen Leben auf der Suche, vielleicht ist sie auch der Zeit voraus, aber in ihrem Verhalten ambivalent. Mal modern, mal konservativ. Einfach haben es Männer und Töchter nicht mit ihr. Bewundernswert, dass alle gut miteinander auskommen. Die Väter bleiben Freunde, auch die vielen Großelternpaare verstehen sich, sie bilden eine große, harmonische Familie.
Die Ich-Erzählerin springt in ihrer Erzählung in den Zeitebenen hin und her, so dass es der Leserschaft nicht immer leicht gemacht wird, den roten Faden zu behalten. Dennoch lässt sich der 240 Seiten umfassende Roman gut lesen und Caroline Peters behält das Wesentliche im Auge. Beim Lesen reflektiert man automatisch die eigene Familiengeschichte, denkt über Verluste nach und erkennt Parallelen. Das farbenfrohe Buchcover verrät nicht viel und regt zum Nachdenken an: das Leben als Seifenblase, die irgendwann platzt? Wie dem auch sei. Ich hatte eine gute Lesezeit und empfehle das Buch gerne weiter.

Bewertung vom 08.09.2024
Inden, Charlotte

Im Warten sind wir wundervoll


gut

Romane mit historischen Bezügen aus der Nachkriegszeit, gehören zu einem meiner Lieblingsgenres. Immer wieder bin ich überrascht, wie vielfältig die Geschichten sein können. In diesem Roman lese ich nun zum ersten Mal von den „War Brides“. So nannte man die Frauen, die sich hier in Deutschland in einem amerikanischen Soldaten verliebten und denen die Amerikanische Regierung erst nach einiger Zeit ein Visum gewährte, um in die USA einzueisen und dann innerhalb kürzester Zeit zu heiraten. Um solch eine Geschichte geht es in erster Linie in diesem Roman, der zwei Handlungsstränge aufweist. In der Vergangenheit geht es um die junge Studentin Luise Adler, die sich in einem amerikanischen Soldaten verliebt. Als seine Dienstzeit in Deutschland endet und er zurück in die USA muss, hoffen die beiden auf ein schnelles Wiedersehen, aber die amerikanischen Behörden machen ihnen das Leben schwer. Schließlich ist es soweit und Luise darf als „War Bride“ in die USA reisen. Sie landet in New York am Flughafen, alle weiteren Frauen werden von ihren Verlobten abgeholt, nur Luise nicht. Ihr Verlobter Joseph Hunter ist nicht da. Flughafenangestellte nehmen Anteil an Luises Situation und unterstützen sie bei der Suche nach Joseph. In der zweiten Erzählebene reist Luises Enkelin 70 Jahre später von Deutschland nach New York. Dort will sie ihren deutschen Verlobten mit einem Besuch überraschen, denn er verbringt dort ein Auslandssemester. Auf dem langen Flug nach New York, beginnt sie ihrem Sitznachbarn Luises Geschichte zu erzählen und zwischen den beiden entwickelt sich schnell eine enge Vertrautheit.
Der Schreibstil von Charlotte Iden ist modern und recht einfach gehalten, leider fehlt mir die Tiefe. Vieles wird angerissen, aber es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Das ist wirklich schade, denn die Geschichte und ihre Protagonisten hätten mehr Potential gehabt. Ich habe den Roman im E-Book Format gelesen. Hier haben die Kapitel keine Überschriften. Lediglich eine Kombination von arabischen und römischen Zahlen. Hier wären Überschriften sehr wünschenswert und hilfreich oder zumindest Jahreszahlen. Ziemlich hilflos manövrierte ich mich durch das Buch, da nicht immer sofort klar war, in welcher Handlung man gerade steckte. So dauerte es auch, bis ich einen Zugang zum Buch fand. Das Buchcover ist wenig aussagekräftig, aber ganz ok. Das Nachwort der Autorin ist informativ und trägt zum Verständnis bei.
Leider hat mich der Roman in dieser Form nicht überzeugen können, so dass ich nur 3 Sterne vergeben möchte.

Bewertung vom 08.09.2024
Levensohn, Melanie

Der Morgen nach dem Regen


ausgezeichnet

Johanna ist Anfang sechzig und hat viele Jahrzehnte in New York gelebt und für die UN gearbeitet. Nun hat sie das Haus ihrer verstorbenen Tante geerbt und ist nach Deutschland zurückgekehrt. Ihre Tochter Elsa ist aus beruflichen Gründen von New York in die Niederlande gezogen. Johanna und Elsa hatten vor einigen Jahren ein Zerwürfnis und haben sich entfremdet und pflegen kaum noch Kontakt zueinander. Nun hat Elsa gesundheitliche Probleme. Sie braucht eine Auszeit und will sich in Deutschland im Haus ihrer Mutter erholen. Das Zusammentreffen reißt alte Wunden auf und die Stimmung ist schlecht. Es braucht lange, um wieder zueinander zu finden und klärende Gespräche führen zu können.
Was für ein Roman! Auch in der Nachbetrachtung bin ich immer noch tief berührt und meine Gedanken sind bei diesem Buch. Melanie Levensohn ist wirklich eine Meisterin darin, die Gefühle ihrer Protagonistinnen ohne wenn und aber aufzuzeigen. Häufig schlägt man sich beim Lesen von Romanen als Lesende auf die Seite einer Person und Sympathien dominieren in eine Richtung, doch hier ist es anders. Die Autorin schafft es, dass ihre Leserschaft Verständnis und Mitleid für beide Protagonistinnen aufbringt. Die Erzählungen über Johannas Tätigkeiten bei der UN sind brillant und ich hatte das Gefühl, bei den Einsätzen dabei zu sein. Ich habe sehr viel über diese Arbeit erfahren und danke der Autorin, dass sie uns daran teilhaben lässt. Mit diesem erworbenen Wissen, ist meine Wertschätzung für die Angestellten der UN nochmals gestiegen. Es gibt viele Stellen in diesem Roman, die unter die Haut gehen, berühren und traurig machen. Doch es gibt auch Hoffnung: es ist nie zu spät, Situationen zu ändern, egal in welcher Lage man sich befindet und wie immer stellt man fest: Reden hilft.
Johanna und Elsa sind mir sehr ans Herz gewachsen und ich hätte sie gerne noch ein bisschen länger begleitet. Das wunderschön gemalte Buchcover mit den fröhlichen Farben stimmt positiv und ist gut gewählt. Der Schreibstil der Autorin gefällt mir so gut, dass ich mir nun ihren Debütroman zulegen werde. Für „Der Morgen nach dem Regen“, auch der Titel ist sehr passend, wie man am Ende des Buches feststellen wird, gibt es von mir 5 Sterne.