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Buchkomet

Bewertungen

Insgesamt 51 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2025
Sommer, Tobias

Wer das Ende verrät


ausgezeichnet

Ein Krimi für Leseratten, Küstenfans und alle, die sich im Herbst gern mit einer Tasse Tee auf dem Sofa verkriechen, so würde ich Wer das Ende verrät von Tobias Sommer wahrscheinlich anteasern. Dieses Buch sticht charmant aus dem Cozy-Crime-Genre hervor: Ein leicht verschrobener Buchhändler mit Spürsinn, ein überforderter Dorfpolizist, ein merkwürdiger Einbruch und eine Kleinstadt, in der nicht alles ist, wie es scheint.

Moritz Wendtal ist nicht einfach nur Buchhändler, er ist eine Art Seelenklempner mit einem feinen Gespür für Menschen. Seine Buchhandlung, früher eine Apotheke, ist ein Zufluchtsort. Und als in Cruxdorf beim Bürgermeister eingebrochen wird, ohne Diebstahl, aber mit einer verstörenden Szene inklusive Tomatensaftdose und Gedichten, ist es Wendtal, der beginnt, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die Atmosphäre im Buch ist Top!. Man riecht förmlich die Nordseeluft und hört die knarrenden Dielen in der Buchhandlung. Cruxdorf wirkt wie ein Prototyp der norddeutschen Kleinstadt, inklusive skurriler Figuren: etwa der betagten Buchladen-Aushilfe oder dem überforderten Polizisten, dessen größte Stärke wohl seine Ahnungslosigkeit ist.

Die Figuren sind das Herzstück des Romans, eigen, aber durch und durch sympathisch. Der Fall entwickelt sich langsam, aber das passt zum Genre. Spannung entsteht durch Atmosphäre und Neugier, nicht durch Action. Das Finale überrascht mit einer gelungenen Wendung und bringt alles stimmig zusammen.

Tobias Sommer liefert mit Wer das Ende verrät einen klug erzählten, charmanten und leicht zugänglichen Cozy-Crime, der vor allem durch seine Figuren und das atmosphärische Setting überzeugt.

Wer Lust auf einen ruhigen, aber nicht langweiligen Krimi mit norddeutschem Flair, literarischen Zwischentönen und einem Hauch Skurrilität hat, sollte sich dieses Buch nicht entgehen lassen.

Bewertung vom 17.09.2025
Schüttler, A. L.

2081


sehr gut

Wenn man so viele Dystopien, in so kurzer Zeit liest, stumpft man ein bisschen ab. Die Zutaten ähneln sich: kaputte Welt, unterdrückendes System, rebellische Figuren. Konnte mich 2081 von A. L. Schüttler trotzdem begeistern? Ja, durchaus.

Die Geschichte spielt in einer Zukunft, in der die Erde durch die Klimakatastrophe unbewohnbar geworden ist. Die Menschheit hat sich in unterirdische Litho-Asylums gerettet: Tunnelsysteme, die Schutz bieten, aber auch gnadenlos den sozialen Status widerspiegeln. Der scheinbar einzige Ausweg: die Flucht zum Mars. Doch auch dort kein Zuckerschlecken, sondern neue (alte) Probleme. Die Gesellschaft ist in Sektoren unterteilt, streng reguliert, scheinbar perfekt, bis Gaia, unsere Hauptfigur, beginnt, hinter die Fassaden zu blicken.

Was wie ein Neuanfang wirkt, entpuppt sich als System mit alten Fehlern in neuem Gewand. A. L. Schüttler verbindet aktuelle Themen wie Klimakrise, soziale Ungleichheit, Kontrolle und Überleben zu einer düsteren, aber klugen Zukunftsvision. Es geht nicht nur ums große Ganze, sondern um das Menschliche im System: Angst, Macht, Anpassung, Hoffnung, oder das, was noch davon übrig ist.

Das Buch nimmt sich Zeit, seine Welt aufzubauen. Es gibt verschiedene Zeitstränge und Perspektiven, die sich langsam zu einem Gesamtbild fügen. Anfangs etwas sperrig, aber je tiefer man eintaucht, desto spannender wird es. Besonders gelungen: die Darstellung der Marsgesellschaft, strukturiert, durchdacht, aber auch nicht alles eitel Sonnenschein.

2081 ist fordernd, nachdenklich und streckenweise bedrückend. Es stellt nicht die großen Antworten in den Raum, sondern die richtigen Fragen. Das Finale ist klug, stimmig und genau richtig. Wie gesagt, nur der Einstieg war etwas zäh, ansonsten aber gut gelungen. Fans von (SciFi) - Dystopien können bedenkenlos zugreifen.

Bewertung vom 16.09.2025
Stroot, Marc

HIM - Liebe auf den zweiten Blick (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ich bin ja normalerweise nicht der größte Romance-Leser. Große Gefühle, Seelenverwandtschaft und Herzschmerz, das findet man hier eher selten. Aber manchmal braucht man eben doch mal was fürs Herz.

Die queere Lovestory rund um Lukas und Nico hat mir richtig gut gefallen. Es geht um zwei Männer, die auf den ersten Blick mitten im Leben stehen: mit Job, Familie, Beziehungen. Lukas lebt in einer toxischen Beziehung mit seinem Ehemann Thomas, der ist dominant, kalt, manipulativ. Die Art von Beziehung, in der man sich selbst Stück für Stück verliert, ohne es gleich zu merken. Auf der anderen Seite ist Nico, Familienvater, verheiratet und innerlich zerrissen. Zwischen Pflichtgefühl und dem Wunsch, endlich ehrlich zu sich selbst zu sein. Sein inneres Ringen mit seiner sexuellen Identität war für mich fast das stärkste Element der Geschichte. Es zeigt, wie viel Mut es braucht, sich selbst zu akzeptieren, wenn alles auf dem Spiel steht.

Das Schöne an diesem Buch ist, dass es keinen geradlinigen Weg gibt. Beide Figuren kämpfen um ihre Beziehungen, ihre Gefühle. Dabei machen sie nicht alles richtig. Die Annäherung zwischen Nico und Lukas ist süß und emotional. Man hofft, dass beide ihr Glück finden können. Doch es wäre keine Romance, wenn nicht noch ein Drama im Hintergrund warten würde, und genau das bekommen wir hier auch.

Einziger kleiner Kritikpunkt: Die Ehefrau von Nico bleibt mir leider etwas blass. Gerade in einer Geschichte, in der so viel auf dem Spiel steht, hätte ich mir gewünscht, auch ihre Perspektive etwas besser zu verstehen. Ihre Gefühle, ihre Unsicherheit, vielleicht auch ihre Wut oder Angst, das hätte dem Buch noch eine zusätzliche emotionale Tiefe gegeben. Aber ich verstehe auch, dass der Fokus hier klar auf Lukas und Nico liegt. Und als Romance funktioniert das Buch auch so sehr gut.

Unterm Strich ist HIM mehr als nur eine Liebesgeschichte. Es ist ein Roman über Selbstfindung, über das Ringen mit den eigenen Gefühlen und über das Überwinden von toxischen Beziehungen. Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.09.2025
Thomas, Alex

Totenbuch - Bloody Berlin


sehr gut

Rezension

Die ägyptische Mythologie hat mich schon immer fasziniert, klar also: Totenbuch – Bloody Berlin muss ich lesen. Ein Thriller / Krimi, der auf der Berliner Museumsinsel spielt, mit einem Mord direkt im Kuppelsaal vor der Nofretete? Klingt erstmal ziemlich vielversprechend. Und ja, das Setting ist auch richtig stark. Auch wenn ich nie dort war, hatte ich sofort Bilder im Kopf. Der Autor versteht es, eine leicht düstere und morbide Atmosphäre aufzubauen.

Allerdings: Wer hier einen knallharten Thriller erwartet, könnte enttäuscht werden. Das Buch wird zwar als Thriller verkauft, liest sich aber eher wie ein klassischer Kriminalroman mit einem Hauch Mystery. Weniger Nervenkitzel, mehr Ermittlungsarbeit. Dafür gibt’s zwei gut erzählte Handlungsstränge, einen in Berlin mit Kommissarin Niedlich und ihrem pensionierten Kollegen Böhm, und einen in London mit DCI Reeves. Zwei Mordfälle, scheinbar unabhängig, aber natürlich hängt alles zusammen. Die Auflösung ist rund, auch wenn es bis dahin ein paar Längen gibt.

Die Figuren haben mir überwiegend gut gefallen, vor allem Magnus Böhm. Kantig, ein bisschen grummelig, mit viel Persönlichkeit. Annetta Niedlich bleibt da etwas blass, was vielleicht daran liegt, dass ich den ersten Band nicht gelesen habe. Die Dynamik zwischen den beiden stimmt aber trotzdem. Weniger überzeugen konnte mich der Gegenspieler, da hätte ich mir einfach mehr Tiefe und Überraschung gewünscht.

Sprachlich ist das Buch eher sachlich gehalten. Kein großes Feuerwerk, aber gut lesbar. Die Einbindung der ägyptischen Mythologie war für mich das Highlight, spannend, gut recherchiert, aber ich hätte mir sogar noch mehr davon gewünscht.

Fazit? Solider Krimi mit starkem Setting, etwas Luft nach oben bei Tempo und Thrill. Eingefleischte Krimifans kommen auf ihre Kosten, wenn man die Erwartungen etwas anpasst.

Bewertung vom 09.09.2025
Snowley, John

2055: Die Rache des Wanderers


ausgezeichnet

Ich dachte erst, 2055: Die Rache des Wanderers wird ein klassischer dystopischer Sci-Fi-Thriller mit ein bisschen Action. Weit gefehlt. Was John Snowley uns hier auftischt, ist dann doch viel mehr. Im Kern geht es um die Frage, ob die Menschheit überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat.

Der Einstieg ist speziell: Adam und Eva, Gott, die Schlange. Und die These: der Mensch ist ein Fehler. Der perfekte Aufschlag für die eigentliche Story, denn die führt uns ins Jahr 2055, wo die Welt längst am Abgrund steht. Klimakatastrophen, Krieg, autoritäre Regime. Und ein dunkler Wanderer, der die Nase voll hat. Er will die Menschheit endgültig vernichten. Seine Waffe: ein junger Mann namens Anthony. Die, die sich ihm in den Weg stellen sollen: eine Gruppe Jugendlicher, Rekruten mit reichlich innerem Ballast. Im Zentrum: Joshua, ein stummer Außenseiter.

Snowley erzählt abwechselnd aus der Sicht der Jugendlichen und des Wanderers. Und die Kapitel des Antagonisten? Überraschend vielschichtig. Ich hatte stellenweise fast Sympathie. Die Gruppe rund um Joshua wächst langsam zusammen, mitten in der Härte einer Militärakademie. Vertrauen, Zusammenhalt, Widerstand, darum geht’s hier genauso wie um Schweigen als Schutz und Sprache. Joshua sagt nichts, aber wirkt trotzdem stark. Seine Figur ist, neben dem Wanderer, mein persönliches Highlight.

Einziger Kritikpunkt: Die realpolitischen Elemente fand ich etwas zu drüber. Fiktive Elemente hätten hier stärker gewirkt. Trotzdem: Konflikt ist ein richtig starker Auftakt. Düster, psychologisch, überraschend tief. Wie sagte eins Agent Smith aus Matrix so schön: „Der Mensch ist eine Krankheit, das Geschwür dieses Planeten. Ihr seid wie die Pest.“ Und die Frage bleibt: Ist der Mensch wirklich ein Parasit, oder doch noch zu retten? Leseempfehlung!

Bewertung vom 07.09.2025
Hofmann, Peter

Wo Norden ist (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Pawel schreibt Geschichten. Oder besser gesagt: er schrieb Geschichten. Die Worte, die ihn selbst einst getragen haben, sind einfach verschwunden und mit ihnen seine Fluchtwege aus der eigenen Vergangenheit. Wir begleiten einen Mann, der sich lieber Leben ausdenkt, als sein eigenes zu leben. Auf einem Spaziergang durch die Stadt trifft er Greg. Es ist ein zufälliges Kennenlernen, anfangs recht unspektakulär, aber Pawel merkt, da ist mehr. Die beiden Männer beginnen zu reden, erst über das Banale, dann über die Vergangenheit.

Was dann folgt, ist kein klassischer Liebesroman, sondern ein oft melancholischer Blick in ein Leben, das durchaus Narben trägt. Pawel erinnert sich zurück: an seine schwierige Kindheit in der DDR, an seine Eltern, die ihn eigentlich gar nicht wollten. An die Zeit in der Nationalen Volksarmee, die für jemanden wie ihn alles andere als einfach war. An all das, was ihn hart gemacht hat. Gefühle wie Liebe und Vertrauen, scheinen ihm fremd oder werden nachhaltig beschädigt.

Greg könnte mehr sein für Pawel, doch dieser tut sich schwer, Nähe zuzulassen. Immer wieder zieht er sich zurück, aus Angst, wieder enttäuscht zu werden. Angst, nicht genug zu sein. Peter Hofmann erzählt hier eine eindrückliche Geschichte, die voller Schmerz, Sehnsucht, aber auch Hoffnung ist. Und in allem schwingt die Frage mit, ob man Vertrauen und Liebe wieder lernen kann.

„Wo Norden ist“, ist dabei eine ruhige Geschichte, eine Geschichte über das Suchen und Finden, nicht nur eines anderen Menschen, sondern vor allem des eigenen Ichs. Ein Roman, der zeigt, warum Menschen Mauern um sich errichten, aber auch zeigen, dass es Menschen gibt, die diese Mauern zu Fall bringen können. „Wo Norden ist“ lässt dich genau darüber nachdenken. Und vielleicht auch ein bisschen fühlen, wo dein eigener Norden liegt.

Bewertung vom 05.09.2025
Groß, Oliver

Leichte Beute


sehr gut

Leichte Beute ist ein kompromissloser Actionthriller mit starkem Setting und hohem Tempo, der bestens unterhält, aber bei der Figurenzeichnung hinter seinen Vorgängern zurückbleibt.

Ich habe schon die ersten beiden Bände verschlungen, jetzt war ich gespannt, ob Band 3 da mithalten kann. Die Antwort: Ja, kann er! Auch wenn dieser Teil deutlich anders funktioniert als seine Vorgänger. Oliver Gross selbst beschreibt ihn als Hommage an die Actionhelden der 80er und 90er, wie Stallone, Schwarzenegger und Co. Und genau so liest er sich auch. Rasant, kompromisslos, actionlastig. Lukas Keller wird wieder in einen Fall gezogen, bei dem es um nicht weniger geht als Menschenhandel, Prostitution und eine skrupellose Organisation, deren Boss „Die Klinge“ heißt und von Rumänien aus operiert. Als die Journalistin Ronda Jeremies bei einer Recherche verschwindet, bittet ihre Kollegin Sophie Marx Keller um Hilfe und der gerät mitten hinein in einen Albtraum. Die Handlung zieht sofort an, das Tempo bleibt hoch, die Spannung ebenso.

Die schweren Themen werden dabei nicht plump erzählt, sondern mit dem nötigen Feingehfühl. Gleichzeitig kracht die Action ordentlich und man merkt dem Stil an, dass hier Stallone, Willis & Co. klar Pate standen. Für Fans von klassischen Actionthrillern ist das ein Volltreffer. Aber: Bei all dem Tempo bleiben die Figuren diesmal leider auf der Strecke. Weder Keller noch die Nebenfiguren bekommen die Tiefe, die ich aus den Vorgängern kenne. Das ist schade, denn genau das hat die Reihe bisher ausgemacht. Und dennoch: Der Schreibstil ist stark, das Setting überzeugend und die Story spannend bis zur letzten Seite.

Ein Thriller, der wie gemacht ist für eine Verfilmung, der sich irgendwo zwischen Bourne und Rambo einreihen würde. Und auch wenn ich mir für einen möglichen Band 4 wieder mehr Charakterzeichnung wünsche, hatte ich dennoch richtig Spaß mit diesem Buch. Absolut lesenswert, vor allem für Fans temporeicher Actionstreifen der 80er und 90er Jahre.

Bewertung vom 30.08.2025
Garbulski, Paul

Punch


ausgezeichnet

Man denkt bei einem Rummel zuerst an Zuckerwatte, kreischende Kinder, Fahrgeschäfte, die dir den Magen umdrehen, oder? Niemand von uns denkt auch nur ansatzweise an abgekämpfte Existenzen, blutige Fäuste und Menschen, die kaum noch wissen, wofür sie morgens aufstehen.

Der Roman Punch zeigt, wie es aussieht, wenn Menschen an Orten leben, die andere nur besuchen, um dem Alltag zu entkommen. Für die einen ist der Rummel Vergnügen, für die anderen ist er das, was zwischen ihnen und dem sozialen Absturz steht.

Da ist Adrian, der Boxer, der lieber in der Rummel-Show eins auf die Mütze kriegt, als zurück in die Ukraine zu gehen, um im Krieg zu dienen. Lena, die an ihrem Zuckerwattestand steht, den ganzen Tag rotiert und hofft, dass die Schicht endlich vorbei ist. Oder der kleine Leon, der in der Ringecke hockt und Adrian das Blut abwischt. Kinder in dieser Welt sind keine Zuschauer. Sie gehören dazu, übernehmen Aufgaben, wachsen zwischen Boxring und Spielautomaten auf.

Was Garbulski richtig gut hinkriegt: Er erzählt nichts, um irgendwelches Mitleid zu erzeugen. Keine Figur ist Opfer im herkömmlichen Sinne. Sie alle treffen Entscheidungen. Gute, mal falsche, manchmal vielleicht auch gar keine. Sie kommen klar, irgendwie. Er zeigt einfach, was ist. Und das reicht völlig. Der Autor schreibt auf den Punkt, keine unnötigen Ausschweifungen, kein literarischer Firlefanz. Da sitzt jeder Satz. Man ist mittendrin.

Man merkt beim Lesen, wie wenig Distanz zwischen dieser Welt und unserer ist. Du denkst, du liest über andere, aber erkennst plötzlich Dinge, die du selbst kennst. Ausgebrannt sein. Zu viel Verantwortung. Zu wenig Perspektive. Und trotzdem weitermachen. Nicht, weil man Hoffnung hat. Sondern, weil Anhalten keine Option ist.

Für mich eines der stärksten Bücher dieses Jahres. Must Read!

Bewertung vom 28.08.2025
Jones, Dan

Die Templer


ausgezeichnet

Die Templer: jeder kennt ihren Namen, aber kaum jemand kennt ihre Geschichte. Verschwörungsmythen ranken sich um die einst mächtigste Bruderschaft bis heute. Dan Jones bringt Ordnung ins Chaos der Legenden und zeigt, was wirklich dran war am berühmtesten Ritterorden des Mittelalters.

Das Buch erzählt, wie eine kleine Gruppe armer Ritter 1119 in Jerusalem einen radikalen Plan fasste: Pilger beschützen, notfalls mit Gewalt. Daraus wurde innerhalb weniger Jahrzehnte eine militärische Elite mit Einfluss von Schottland bis Zypern. Die Templer kämpften an vorderster Front im Heiligen Land, verloren aber auch bittere Schlachten gegen die Mamluken. Gleichzeitig bauten sie in Europa ein Finanznetzwerk auf, das seinesgleichen suchte: Kredite, Geldtransfers, Schatzverwaltung, selbst Könige liehen sich Geld von den Templern.

Doch der Erfolg wurde ihnen zum Verhängnis. Als das Heilige Land verloren ging und die politischen Gegner in Europa stärker wurden, kam der Fall. Frankreichs König Philipp IV. ließ 1307 den ganzen Orden verhaften, wegen angeblicher Ketzerei. Der Papst machte mit. Zwei Jahre später war der Orden Geschichte, ihr letzter Großmeister verbrannte auf dem Scheiterhaufen.

Dan Jones gelingt mit diesem Buch etwas, was viele historische Sachbücher nicht schaffen: Er beschreibt eine Zeit voller Spannung. Man kommt sich manchmal vor, als würde man einen Thriller oder dergleichen lesen. Ich konnte das Buch teilweise nur schlecht zur Seite legen. Das spricht ganz klar für Dan Jones, der hier keine starre Abhandlung präsentiert. Man lernt etwas. Man versteht Zusammenhänge. Wer auch nur ansatzweise etwas mit Geschichte anfangen kann, sollte definitiv diesem Buch eine Chance geben.

Bewertung vom 26.08.2025
Menger, Ivar Leon

Der Tower


ausgezeichnet

Was machst du, wenn plötzlich alles schiefgeht: Job weg, Freund weg, Wohnung weg und dir dann jemand ein Jahr mietfreies Luxusleben in einem Berliner Hightech-Tower anbietet? Klar, du sagst ja, oder? Genau das tut Nova in „Der Tower“ von Ivar Leon Menger. Anfangs wirkt alles wie die perfekte Rettung: stylisch, modern, komplett KI-gesteuert. Nur blöd, wenn die KI irgendwann anfängt, dein Leben zu bestimmen. Und du merkst: Du kommst hier nicht mehr raus.

Der Roman packt genau die Fragen aus, die sich viele gerade stellen: Wie viel Technik ist eigentlich noch gut für uns? Wann wird’s zu viel? Und was passiert, wenn das System plötzlich nicht mehr für dich arbeitet, sondern gegen dich? Nova gerät in einen Strudel aus Kontrolle, Überwachung und digitaler Abhängigkeit und du liest mit wachsendem Unbehagen, weil das alles gar nicht so weit weg wirkt.

Die Story zieht schnell an, manchmal vielleicht zu schnell, aber sie trifft einen Nerv. Keine langen Erklärungen, kein unnötiger Schnickschnack, einfach ein richtig guter, moderner Thriller mit einem Szenario, das gar nicht so futuristisch wirkt, wie man es gern hätte. Wer auf smarte Wohnungen steht, sollte sich danach vielleicht zweimal überlegen, wer da eigentlich wen steuert.

9/10