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Sophia

Bewertungen

Insgesamt 78 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2025
Espach, Alison

Wedding People


sehr gut

Phoebe Stone ist im Tiefpunkt ihres Lebens: ihr Mann hat sie verlassen und sie möchte ihrem Leben ein Ende setzen. Dafür fährt sie ohne Gepäck ins Cornwall Inn, einem schicken Hotel, in dem sie schon immer mal übernachten wollte. In der Lobby trifft sie auf eine Hochzeitsgesellschaft, die das komplette Hotel bevölkert - Phoebe möchte sich trotz anstehender Hochzeit nicht von ihrem Plan abbringen lassen. Im Aufzug trifft sie Lila, die Braut, die die perfekte Hochzeit plant - nichts darf dazwischen kommen. Umso irritierter ist sie, als sie Phoebe trifft und die ihr dann noch unvermittelt erzählt, dass sie sich im Hotel das Leben nehmen möchte. Lila setzt alles daran, das zu verhindern. Und bald findet Phoebe sich inmitten der Hochzeitsgesellschaft wieder. Wird sie ihren Plan doch noch in die Tat umsetzen oder lernt sie, das Leben und die neuen Menschen um sie herum zu schätzen und zu lieben?

Mich hat das Cover direkt angesprochen und da das Buch bereits auf Englisch ein großer Hype war, war ich umso gespannter auf die deutsche Ausgabe. Für mich wird es diesem Hype aber nicht ganz gerecht und ich hätte mir nach der Leseprobe mehr bzw. etwas anderes erhofft.
Das Buch unterteilt sich grob in die Tage der Hochzeitsgesellschaft, angefangen beim Ankommen bis zum Tag nach der Hochzeit. Der Erzählstil ist locker-leicht, Alison Espach findet einen besonderen Humor um mit Themen wie Suizid und Trauer umzugehen und diese nicht zu schwer und tragend für die Geschichte werden zu lassen. Das Absurde und Skurrile dieser gesamten Handlung inklusive der Hochzeitsgesellschaft bringt sie gekonnt auf den Punkt und übertreibt es an einigen Stellen auch damit. Überspitzt wirkt z.B. die erste Begegnung von Phoebe und Lila im Aufzug, als Leser folgt man dem Aufeinandertreffen gerne, weil trotz der Schwere der besondere Humor im Vordergrund steht.
Das Buch ist aus Phoebes Sicht, jedoch nicht aus der Ich-Perspektive geschrieben, was das Ganze abwechslungsreich macht, vielleicht hätte ich mir aber einige Kapitel aus der Sicht von Lila oder Gary, dem Bräutigam, gewünscht. Phoebe als Charakter konnte ich lange nicht greifen, sie entwickelt sich jedoch mit der Zeit immer mehr. Lila dagegen blieb mir als zweite Hauptfigur bis zuletzt fremd, sie erscheint meist wie die verwöhnte Prinzessin, die anderen müssen nach ihrer Pfeife tanzen und sie plant alles bis zur Perfektion. Oft ist sie aber unehrlich zu sich selbst und auch sie muss lernen, sich in der Hochzeitsgesellschaft und im Leben allgemein zurechtzufinden, ob Braut oder nicht.
Einige der Handlungen konnte ich oft nicht nachvollziehen, auch unwichtige Details werden oft in die Länge gezogen. Gerade am Anfang habe ich mich schwer getan, in die Geschichte hineinzufinden, denn sowohl Phoebe als Lila konnte man nicht wirklich einschätzen und auch die Nebenfiguren blieben mir oft zu blass. Das Buch lebt dafür von den Dialogen und Begegnungen der Charaktere, dieser herrlich-skurrile Humor zieht sich durch das gesamte Buch. Das Ende hat mich nicht komplett überzeugt, es hat aber zur Geschichte gepasst.

Alison Espach hat mit ihrem Roman sicherlich eine Geschichte verfasst, die zum Sommer und dem Leben passt, weil sie nicht die typische Romance-Story erzählt. Mit ihrem ganz eigenen Witz erzählt "Wedding People" vom Zusammentreffen unterschiedlicher Personen, die aber alle eint, dass sie lieber überall anders wären, nur nicht auf dieser Hochzeit. Für mich wurde es dem Hype darum nicht ganz gerecht, die skurrilen Dialoge und Ereignisse werten das Ganze aber auf, sodass es von mir eine Leseempfehlung gibt.

Bewertung vom 24.07.2025
Prödel, Kurt

Klapper


ausgezeichnet

Der sechzehnjährige Thomas, von allen nur "Klapper" gennant, weil seine Gelenke knacken, wenn er sich bewegt, ist ein Außenseiter und verbringt die gesamten Sommerferien vor dem Computer in seinem abgedunkelten Zimmer. Voller Hingabe erstellt er Maps für das Spiel "Counter Strike". Am ersten Schultag kommt Vivi, die "Bär" genannt werden möchte, neu in die Klasse. Resolut und selbstbewusst setzt sie sich neben Klapper. Zwischen den beiden entsteht ganz langsam eine Art Freundschaft und sie spielen und programmieren auch gemeinsam das Computerspiel, das Bär ebenso liebt. Trotz wachsender Freundschaft steuern die beiden auf ein Ereignis zu, dass das Leben von Klapper für immer verändern wird.

Das Cover hat mich total angesprochen, der Klappentext lässt allerdings nicht darauf schließen, was für eine gewaltige und tolle Geschichte sich dahinter verbirgt.
Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen: im Jahr 2011, als Klapper 16 Jahre alt ist und 2025, als er 30 ist. Diese Erzählweise gefällt mir sehr gut. Direkt zu Beginn wird der Leser ins Jahr 2025 geworfen, wo Klapper immer noch alleine vor dem Laptop sitzt. Schnell wird klar, dass in der Vergangenheit etwas passiert sein muss, denn Bär ist seit über 4800 Tagen nicht mehr mit ihrem Counter Strike-Account eingeloggt gewesen. Mit diesem Cliffhanger tauchen wir ein ins Jahr 2011 und begleiten Klapper in seinem Alltag. Und das beschreibt Kurt Prödel so detailliert und präzise, dass ich mich selbst oft wieder gefunden habe in den Beschreibungen, ich selbst war damals nur wenige Jahre älter als der Protagonist. Mit einer ganz eigenen Erzählweise zeichnet er einen Jugendlichen, wie es ihn überall auf der Welt gibt: den typischen Außenseiter, der nur vor dem Computer sitzt und mit ungewaschenen Haaren und Metalband-T-Shirts herum läuft. Man hat als Leser weder Mitleid mit Klapper, noch wirkt er unsympathisch, man verfolgt sein Leben einfach mit. Auch die Nebenfiguren wie seine und Bärs Eltern werden unglaublich gut und realistisch dargestellt.
Kurt Prödel hat seinen ganz eigenen Erzählstil, der sowohl zum Zeitgeist von damals als auch zu den Charakteren passt. Er baut gekonnt eine unglaublich realistische, aber auch sich stetig aufbauende Spannung auf. Die Freundschaft von Klapper und Bär ist oft einseitig von Klapper ausgehend, als Leser weiß man oft nicht so recht, woran man bei Bär ist.
Toll ist auch der für die 90er und 00er Jahre typische "Zitronenkrümeleistee", der als wiederkehrendes Element zur Freundschaft und der Geschichte gehört.

Kurt Prödel baut in seine Geschichte gekonnt viele wichtige Themen ein: Freundschaft, Erwachsenwerden, (toxische) Männlichkeit, aber auch psychische Probleme und Trauer werden hervorragend beschrieben. Gerade die Probleme im Elternhaus der beiden werden auf subtile Weise beleuchtet ohne ins Detail zu gehen.
Einzig der abgedruckte Kommentar Benjamin von Stuckrad-Barres unter dem Klappentext verrät meiner Meinung nach zu viel und hätte anders formuliert sein müssen um nicht zu spoilern.

"Klapper" ist ein unglaublich toller, gewaltiger Roman, man darf sich nicht von den jugendlichen Protagonisten abschrecken lassen. Ein toller Debütroman, unbedingt lesen!

Bewertung vom 22.07.2025
Moore, Liz

Der Gott des Waldes


ausgezeichnet

1961: der achtjährige Bear von Laar verschwindet im Naturreservat seiner Familie in den Adirondacks spurlos. Der Familie gehört das gesamte Naturreservat, in dem sie jeden Sommer ein Sommercamp für Jugendliche veranstalten. Die van Laars sind extrem reich, jedoch bleibt Bear trotz groß angelegter Suchaktion verschwunden. Mutter Alice zerbricht fast daran, Vater Peter, von Natur aus verschlossen, macht den Verlust mit sich selbst aus.
1975: die 13-jährige Barbara van Laar gilt als schwer erziehbares Kind. Sie ist die Tochter der van Laars und würde nur zu gerne ein Mal am Sommercamp teilnehmen. Diesen Sommer ist es soweit und die Leiterin des Camps, T.J. Hewitt, wird ein besonderes Auge auf sie haben, wie sie Mutter Alice verspricht. Doch am letzten Abend des Camps verschwindet auch sie spurlos. Wiederholt sich nun die Geschichte wie vor vierzehn Jahren? Zudem ist ein Serienmörder, der es auf junge Frauen abgesehen hat, aus dem Gefängnis ausgebrochen und auf dem Weg in die Adirondacks...

Ich kann nur sagen: wow! Das Buch hat mich komplett umgehauen und ist seinen Hype definitiv wert!
Liz Moore hat hier eine unglaublich dichte und spannende Geschichte geschaffen, die mehr ist als nur eine Gesellschaftskritik sondern ebenso Thriller und Familientragödie. Dazu tragen sowohl die Erzählweise als auch die Charaktere bei. Die Geschichte spielt in mehreren Zeitebenen und wird aus der Sicht mehrerer Personen erzählt. Das alleine macht das Ganze schon sehr lebendig und abwechslungsreich, die Kapitel sind gut strukturiert und man wirft die Charaktere und Zeitebenen beim Lesen nicht durcheinander. Außerdem werden die Figuren unglaublich gut und detailliert beschrieben, z.B. von Alice erfahren wir die Lebensgeschichte seit dem Kennenlernen von Peter.
Von Anfang an herrscht eine bedrohliche, kribbelnde und schwer greifbare Spannung, die das Lesen zum Genuss macht. Sie verdichtet sich immer weiter, man ahnt beim Lesen, dass ein oder mehrere schlimme Ereignisse passieren werden, aber immer, wenn ich dachte, ich habe die Geschichte durchschaut, schlägt sie eine ganz andere Richtung ein. Bis zur allerletzten Seite bleibt die Geschichte extrem spannend und unvorhersehbar.

Zudem gefallen mir die eingeflochtenen Themen besonders gut: die Rolle der Frau in der (damaligen) Zeit, zerrüttete Familienverhältnisse, Schuld und Trauerbewältigung sind nur ein paar wichtige Themen, die vorkommen. Die Atmosphäre ist stets fast mit den Händen greifbar, die Natur, die Personen und Gefühle werden so treffend und präzise beschrieben, dass man fast meint, man wär selbst im Camp zu Gast.

Für mich ein großes Highlight dieses Jahr, an dem man nicht vorbei kommt und das den Hype wert ist! Lasst euch nicht von den vielen Seiten abschrecken, es lohnt sich!

Bewertung vom 21.07.2025
Würger, Takis

Für Polina


ausgezeichnet

Hannes Prager wird allein von seiner Mutter groß gezogen, die in einer alten Villa auf dem Land beim älteren Heinrich Hildebrand wohnt. Mit Polina und ihrer Mutter, die ebenfalls alleinerziehend ist, verbringt Hannes den größten Teil seiner Kindheit. Er entdeckt das Klavierspielen für sich und komponiert sogar ein Stück nur für Polina. Die beiden werden jedoch getrennt und Hannes schlägt sich als Klavierträger durch. Immer wieder denkt er an Polina, aber die beiden können einfach nicht zueinander finden, so viel ist passiert. Er muss Polina wiedersehen, denn ihm bleibt nur die Musik und die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit.

Ich habe zuvor noch nichts von Takis Würger gelesen, werde mir aber noch die anderen Bücher von ihm vornehmen, denn dieses Buch hat mich total umgehauen!
Der Autor hat eine wunderbare Geschichte entworfen, die leise ist, aber genauso kraftvoll nachhallt. Mit leisen Worten und einer fast schon nüchternen Erzählweise zeichnet er eine Geschichte, die ein ganzes Leben umspannt - melancholisch, traurig und trotzdem voller Hoffnung.
Im Mittelpunkt steht Hannes, der ruhig und schüchtern ist und in einem ungewöhnlichen, aber unglaublich liebevollen Umfeld aufwächst. Durch ein tragisches Ereignis wird sein Leben auf den Kopf gestellt und auch die plötzliche Trennung von Polina setzt ihm zu. Man leidet beim Lesen mit, man hofft aber genauso mit ihm, dass am Ende alles gut wird. Auch die Nebenfiguren sind toll und detailreich gezeichnet und fügen sich perfekt in die Geschichte ein. Vor allem hat mir der Umfang des Zeitraums gefallen, in dem die Geschichte spielt, denn man verfolgt Hannes' Leben bis ins Erwachsenenalter, was ihn uns als Leser unglaublich nah bringt.
Takis Würger behandelt in seinem Roman viele Themen, die geschickt miteinander verwoben werden: Erwachsenwerden, Verlust, Trauer und Melancholie. Es zeigt, dass das Leben nicht geradlinig verläuft sondern Höhen und Tiefen hat, Schicksalsschläge und Rückschläge bereit hält. Das Ende hat mich ebenfalls überzeugt, es wird der Geschichte gerecht und passt zur zarten und trotzdem intensiven vorangegangenen Handlung.

Der Roman hat mich sprachlos zurück gelassen, er schafft eine ganz eigene und besondere Atmosphäre und hat mich mit seinem Gefühl und der tollen Erzählweise restlos begeistert. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 20.07.2025
Berman, Ella

Before we were innocent


sehr gut

Als Joni nach zehn Jahren vor Bess' Tür steht, stellt das Bess' Leben direkt auf den Kopf. Die beiden haben sich seit fast zehn Jahren nicht gesehen, denn im Jahr 2008 hat ein tragisches Ereignis die beiden auseinander getrieben. Joni und Bess waren zusammen mit Evangeline beste Freundinnen. Nach der Highschool wollten die drei einen letzten Sommer zusammen verbringen und sind nach Griechenland gereist, wo sie im leer stehenden Haus von Evangelines Eltern wohnen konnten. Die Stimmung kippte allmählich jedoch immer mehr und während einer ausschweifenden Party stürzt Evangeline einen Fels am Strand hinunter in den Tod. Bess und Joni verarbeiten den Verlust gemeinsam. Doch jede geht auf Dauer anders damit um und die beiden entfremden sich. Als Joni Bess nach zehn Jahren um ein Alibi bittet, kommen die Geister der Vergangenheit zurück und Bess muss sich erneut Schmerz und Erinnerungen stellen.

Das Cover ist toll gestaltet und lässt schon einiges auf die Geschichte schließen. Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen: 2008 und 2018, die sich mit jedem Kapitel abwechseln. Diese Erzählweise hat mir gut gefallen, denn es bringt Abwechslung in die Handlung und als Leser kann man so immer wieder die Charaktere mit dem zeitlichen Abstand vergleichen. Die Kapitel sind übersichtlich lang und in beiden Zeitebenen wird aus der Ich-Perspektive von Bess erzählt. Man bekommt beim Lesen so einen sehr guten Eindruck ihrer Emotionen und Erinnerungen, Joni dagegen als zweite Hauptfigur blieb mir bis zuletzt fremd, sie bleibt "die Geheimnisvolle", was auch den Reiz der Freundschaft ausmacht. Die Figuren sind allesamt gut gezeichnet und durch Bess bekommt man zwar einen subjektiven Eindruck der Freundschaft, aber man kann auch einige Handlungen und Ereignisse besser nachvollziehen. Denn ein zentrales Thema des Buchs ist für mich die Frage, inwieweit man seinen Erinnerungen und die Interpretationen daraus vertrauen kann - vor allem zehn Jahre später. Die Autorin greift dieses Thema sehr gut auf und verflechtet es in eine Geschichte, die mehr ist als nur ein Roman über Freundschaft: es geht um Trauer, Schmerz, (toxische) Freundschaften und oft hatte ich das Gefühl, von einem True-Crime-Fall zu lesen, weil sowohl die Ereignisse in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart miteinander zusammen hängen.
Ein großer Kritikpunkt sind für mich allerdings die Längen, die das Buch gerade in der ersten Hälfte hatte. Zu Beginn fiel es mir schwer, die Charaktere zuzuordnen, denn sowohl Bess' als auch Evangelines Familie spielen eine wichtige Rolle, die Nebenfiguren konnte ich in der Gegenwart noch nicht richtig einordnen. Zum Ende hin nimmt das Buch nochmal an Fahrt auf und die Handlung legt an Tempo zu. Das Ende hätte ich mir persönlich anders gewünscht, es passt aber zum Stil der Geschichte und zu den Charakteren an sich. Der Erzählstil ist trotz der Ich-Perspektive abwechslungsreich, die Autorin baut einige tolle Textstellen ein, die nachhallen und zum Nachdenken anregen.

Nicht umsonst wurde das Buch von "Reese's Book Club" empfohlen, ich kann es jedem empfehlen, der gerne in zwei Zeitebenen eintaucht und über Freundschaft, Erinnerungen und Trauer liest. Man sollte sich nicht vom zähen Anfangsteil abschrecken lassen, denn das Buch ist mehr als spannend und toll geschrieben.

Bewertung vom 04.07.2025
Middleton, Lia

Confession Room


gut

Willkommen im Confession Room! Auf dieser Internetseite können Benutzer anonym ein Geständnis ablegen. Die ehemalige Polizistin Emilia verfolgt gebannt dem Confession Room, denn ihre Schwester wurde vor einem Jahr getötet und der Täter wurde nie gefunden. Als eines Nachts ein Mord angekündigt wird, beginnt Emilia mit der Recherche und Suche nach den Drahtziehern der Seite. Es werden jedoch die beiden Leichen der angekündigten Opfer gefunden. Die Polizei kommt mit ihren Ermittlungen kaum weiter und als immer mehr Mordankündigungen eintrudeln, ist auch Emilia in immer größerer Gefahr...

Mich haben das Cover und der Klappentext direkt angesprochen. Die Idee eines anonymen Beichtforums fand ich düster und spannend zugleich. Emilia wirkt sympathisch, denn sie hat immer noch Schuldgefühle wegen des Mordes an ihrer Schwester. Die Kapitel sind kurz und übersichtlich, insgesamt ist das Buch in drei Teile aufgeteilt. Sehr interessant ist dabei der Mittelteil, der für mich auch am spannendsten gemeinsam mit dem Ende des ersten Teils war. Emilia als Hauptcharakter ist gut gezeichnet, die Nebenfiguren bleiben zu dünn und ohne Tiefe. An manchen Stellen hat mich die Handlung an Horrorbücher und -filme wie "Saw" erinnert. Ich lese sehr gerne Thriller, auch Düsteres, aber oft war die Handlung zu horrorreich und unrealistisch.
Die Frage, wann man Opfer und wann Täter ist, greift Lia Middleton hier gekonnt auf. Emilia und viele andere, die einen Menschen verloren haben oder die Gewalt erfahren haben, möchten sich natürlich an den Tätern rächen. Macht es sie mit der Androhung schon zum Täter? Die Grenzen von Gut und Böse verschwimmen hier.

Die Idee des Buchs ist nicht neu und allgemein wurde sie gut umgesetzt, mir hat jedoch der Wow-Effekt gefehlt und eine Wendung am Schluss, der mich leider nicht zufrieden stellen konnte. Fans von (Horror)Thrillern mit viel Düsternis werden sicherlich mit "Confession Room" gut bedient sein.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 03.07.2025
Evaristo, Bernardine

Blondes Herz


gut

Doris wird als Mädchen in England von ambossanischen Sklavenhändlern verschleppt und nach Aphrika gebracht um als Sklavin verkauft zu werden. Aphrika ist die Weltmacht und Europa komplett kolonialisiert. Sie erlebt die schlimmsten menschenunwürdigen Dinge auf dem Schiff "Neue Welt", auf dem sie mit hunderten Anderen ausharren muss. Als Sklavin bei einem reichen ambossanischen Händler bekommt sie eine Arbeit als Sekretärin - weit über dem durchschnittlichen Standard, den sie als Sklavin normalerweise bekommt. Sie plant jedoch ihre Flucht und landet auf einer Zuckerrohrplantage, auf der sie harte körperliche Arbeit verrichten muss. Wird sie ihren Fluchtplan nochmals aufnehmen um aus dieser Hölle zu entkommen?

In diesem Gedankenexperiment wird die Geschichte umgedreht: was wäre, wenn Afrika, im Buch als Aphrika beschrieben, die Weltmacht darstellt und alle Weißen versklavt werden? Die Grundidee gefiel und gefällt mir sehr gut, die Autorin führt hier einen provokanten Gedanken weiter. Sie zeigt die Grausamkeit und Menschenverachtung, die Menschen zu Eigentum abstuft - egal, welche Hautfarbe man hat oder woher man abstammt. Sie entwirft eine detailreiche und durchdachte Welt, die immer wieder Anspielungen auf Europa beinhaltet wie die Großstadt Londolo oder das Land Großambossanien.
Der Großteil der Geschichte wird aus Doris' Ich-Perspektive erzählt, was einen guten Einblick in die Gefühlswelt bietet und das Geschehen nahbar macht. Sehr interessant ist auch der Mittelteil, der mithilfe einer Pseudo-Wissenschaft erklärt, warum die Weißen einen geringeren Intellekt haben und die Schwarzen klar überlegen sind.

Die Geschichte konnte mich trotzdem emotional nicht wirklich erreichen. Doris bleibt dem Leser fremd und distanziert. Dazu trägt wahrscheinlich auch die oft nüchterne Schreibweise bei. Auch das "Denglisch" im letzten Drittel des Buches hat den Lesefluss gestört und wirkte zu bemüht und schwierig zu folgen.

"Blondes Herz" ist ein Roman mit einem tollen Gedanken, den die Autorin gekonnt weiter verfolgt und dabei wichtige Themen anschneidet. Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht ganz erreichen und es fehlte mir an emotionaler Tiefe.

3,5/5 Sternen

Bewertung vom 02.07.2025
McFadden, Freida

Die Kollegin - Wer hat sie so sehr gehasst, dass sie sterben musste?


sehr gut

Als Nathalie Farrell morgens ins Büro kommt, bemerkt sie sofort, dass ihre Kollegin Dawn Schiff nicht neben ihr sitzt. Was erstmal normal klingt, ist für Dawn normalerweise undenkbar: sie sitzt jeden Morgen um Punkt 8:45 Uhr an ihrem Schreibtisch, geht zur gleichen Zeit zur Toilette und isst zur gleichen Zeit. Als dann auch noch ein anonymer Anruf auf Dawns Firmentelefon eingeht, beschließt Nathalie kurzerhand, zu ihr nach Hause zu fahren und nach ihr zu schauen. Sie ahnt nicht, dass sie damit einige Dinge in Gang bringt, die das ganze Geschehen komplett ändern werden und auch sie gerät in einen Strudel aus Lügen und Anschuldigungen...

Ich hatte zuvor "Wenn sie wüsste" von Freida McFadden und war begeistert, vor allem von den Plot Twists und der Handlung. Auch mit "Die Kollegin" erzählt die Autorin erneut eine spannende Geschichte, die voller Wendungen ist.
Ich selbst arbeite auch in einem Büro und bereits nach wenigen Seiten stellt man sich selbst die Frage, wie gut man seine Kollegen eigentlich kennt. Gerade in Nathalies Büro bleibt alles anonymer, jeder hat sein Arbeitsplatz-Abteil und man kommt zu Meetings und vielleicht noch dem Lunch zusammen. Die Ausgangslage hat mir sehr gut gefallen, denn das Büro ist in einer klassischen Struktur aufgebaut, wie es sie millionenfach gibt.

Die Geschichte wird zum Großteil aus Nathalies Ich-Perspektive erzählt, was Dawn in einem noch seltsameren Licht erscheinen lässt. Zwischen den Kapiteln sind immer wieder E-Mails zu lesen, die Dawn verfasst hat, zum Großteil an ihre einzige Freundin Mia. Sie schildert darin, wie sie im Büro vor allem von Nathalie immer mehr gemobbt wird, sich aber kaum wehrt. Der Schreibstil bleibt somit angenehm und abwechslungsreich zu lesen, die Kapitel und der E-Mail-Verkehr im Wechsel bilden ein gutes Gerüst um die Spannung aufzubauen.
Schnell wird klar, dass in der Geschichte nichts so ist, wie es scheint. Man schwankt beim Lesen, wer die Wahrheit erzählt und was sich wie genau zugetragen hat. An manchen Stellen zieht sich die Handlung etwas und dreht sich im Kreis, schnell kann man Vermutungen anstellen und das Ende hat mich überrascht, aber es war nicht der große Knall, den ich erwartet hätte.

"Die Kollegin" ist ein spannender Thriller, der mit einer guten Ausgangslage, gut gezeichneten Figuren und einem abwechslungsreichen Schreibstil punkten kann. Für Freida McFadden-Fans ein absolutes Muss und auch alle anderen Thriller-Fans werden sicherlich Gefallen an dem Buch finden.

Bewertung vom 01.07.2025
Bilkau, Kristine

Halbinsel


gut

Annett ist Ende 40 und arbeitet in einer Kleinstadt an der Nordsee als Bibliothekarin. Ihre Tochter Linn ist Mitte 20 und engagiert sich für Umweltprojekte. Bei einem Klimavortrag in einem Hotel bricht sie zusammen und wird im Krankenhaus behandelt. Bei ihrer Mutter möchte sie sich von ihrem Burnout erholen. Annett hat nach dem frühen Tod ihres Mannes alleine für Linn gesorgt und alles versucht um ihr ein Studium zu ermöglichen. Anfangs möchte Linn nur eine Woche bleiben, daraus wird ein Monat und schließlich der ganze Sommer. Annett versucht, Verständnis für Linn aufzubringen und ihr zu helfen, wo sie kann, ist aber ebenso enttäuscht, dass sie sich so gehen lässt, wo sie einiges an Entbehrungen auf sich genommen hat um Linn ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen.

"Halbinsel" ist mein erster Roman der Autorin und ich wurde auf Buch aufmerksam als es den Preis der Leipziger Buchmesse 2025 bekommen hat. Die Ausgangslage klingt zunächst vielversprechend und nach einer spannenden Mutter-Tochter-Beziehung. Schnell wird jedoch klar, dass es vielmehr eine Aneinanderreihung von mehr oder weniger wichtigen Situationen ist.
Der gesamte Roman ist "in einem Stück" geschrieben ohne Kapiteleinteilungen und nur durch Absätze getrennt. Das hat mir öfters das Lesen schwer gemacht, denn irgendwann bin ich durcheinander gekommen, wie viel Zeit nun vergangen ist und wo man gerade steht, da die Geschichte auch in Rückblenden die Familiengeschichte erzählt. Dazu trägt auch der Erzählstil und die Perspektive bei: Annett erzählt aus der Ich-Perspektive und das bringt sie in den Fokus der Geschichte, lässt das Ganze aber auch eindimensional und einseitig wirken.

Die Beziehung von Annett und Linn wird erstaunlich wenig beleuchtet, Annett erzählt von ihrem Frust und ihrer Enttäuschung über Linns Zustand, aber es kommt kaum ein Gespräch zwischen den beiden zustande. Generell plätschert die Geschichte eher vor sich hin, Annett zieht sich zurück und scheut die Konfrontation mit ihrer Tochter, Linn bleibt wortkarg. Oft habe ich mich beim Lesen gefragt, wo die Autorin die Geschichte hinführen möchte, denn für mich hat die Handlung gefehlt. Es wird aus Annetts Leben erzählt, die Ehe mit ihrem Mann und dessen früher Tos und Linns Kindheit. Gleichzeitig passiert mir zu wenig und es kommt keine Aussprache oder Konfrontation vor.

Kristine Bilkau verwebt wichtige Themen in ihrem Roman wie Erwartungshaltungen, Leistungsdruck, unbewältigte Trauer und von allem Generationenkonflikte. Das gefällt mir an dem Roman sehr gut, die Figuren jedoch und die Handlung bleiben an der Oberfläche und bekommen zu wenig Tiefe. Für mich ein Buch für zwischendurch, dass mir aber nicht groß im Gedächtnis bleiben wird.

Bewertung vom 30.06.2025
Ota, Shiori

Das kleine Café der zweiten Chancen


weniger gut

Himari Misaki, einst Wunderkind am Klavier, kommt nach einem Unfall in England, wo sie auf ein Internat geschickt wurde, zurück zu ihrer Mutter nach Sapporo in Japan. Die Mutter hatte auf eine große Karriere ihrer Tochter gehofft, doch nun wird Himari auf eine normale Schule geschickt. Himari plagen große Ängste vor Mobbing an der neuen Schule, doch an ihrem ersten Schultag trifft sie auf ihrem Schulweg auf eine ältere Frau, die ihr mit Ratschlägen die Angst nehmen kann. Sie erwähnt auch ein Café, in dem sie sich mal treffen können, doch als Himari nach der Schule erneut bei der Frau vorbei schauen möchte, ist das Haus nicht mehr da. Kurzerhand fährt sie zu besagtem Café und erfährt dort, dass die beiden Besitzer den Kunden für 4 Minuten und 33 Sekunden in die Vergangenheit schicken können um zu einem Ereignis zurückzukehren, dass sie in der Gegenwart bereuen. Himari wünscht sich diese Möglichkeit auch für sich, doch das ist gar nicht so einfach.

Ich war sehr gespannt auf die Geschichte, weil ich die Idee und den Klappentext sehr interessant fand. Leider hat das Buch für mich nur wenig von dem spannenden Klappentext gehalten. Für mich war klar, dass das Café hier im Vordergrund der Handlung steht mit den Kunden und den Besitzern. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass Himari selbst den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte darstellt. Vielleicht etwas irreführend ist für Europäer auch die Bezeichnung "Student" im Klappentext, Himari ist Schülerin und geht noch in die Mittelstufe. Die Geschichte wird aus ihrer Ich-Perspektive erzählt, was dem Leser gut ihre eigene Geschichte näher bringt, aber von der eigentlichen Idee des Cafés abweicht.

Auch die "Regeln" des Zurückreisens im Café waren für mich nicht immer nachvollziehbar oder verständlich. Die Besitzer sind eigentümlich, aber waren mir noch am greifbarsten, Himari erscheint oft naiv und emotionslos, auch der Erzählstil konnte mich so leider nicht abholen. Andere Autoren wie Satoshi Yagisawa haben das meiner Meinung nach sehr viel besser geschafft und bringen trotz nüchternen Schreibstils die Emotionen gekonnt rüber.

Für mich war das Buch leider eher eine Enttäuschung, weil es mit dem Klappentext wenig gemein hat und eher ein Jugendbuch denn ein Wohlfühlbuch ist.

2,5/5 Sternen