Der Plot hat es in sich. „Schwüre, die wir brechen“ von Voosen/Danielsson ist nichts für schwache Nerven, da man die Szenerie der Tatorte sich wirklich bildhaft vorstellen und das Blut förmlich riechen kann. Doch das ist aus meiner Sicht nicht das Faszinierende, dass mit dem Thriller verbunden ist, sondern die ebenso fassettenreich gezeichneten beiden Hauptcharaktere, Svea Karhuu und Jon Nordh. Sie sind nach ihrem ersten gemeinsamen Fall nun als echtes Team zusammengewachsen und können sich nicht nur in Verhören, sondern auch im Gelände ausgezeichnet aufeinander verlassen. Beide haben verletzte Seelen, sind in ihrem Beruf und auch privat stark angeschlagen und wollen dennoch im Job stets funktionieren, auch wenn dieser neue Fall eindeutig nicht gesund für sie ist und sie privat dadurch in Schieflage geraten. Das nehmen sie in Kauf, denn es scheint zum Job zu gehören, dass die Familie hintenanstehen muss.
Spannend, mit hohem Erzähltempo geschrieben, verschiedene Zeitschienen und Orte verknüpfend, zur Schau stellen von Macht- und Geldgier, Manipulation und Unterwerfung, Rätsel und Sackgassen beinhaltend, hält dieser Thriller, wofür die beiden Autoren stehen: Schweden von der dunklen Seite, Taktieren, Verrennen, Aufdecken, eben Hochspannung von der ersten bis zur letzten Seite.
Dieser Roman ist eine Einladung, sich mit der koreanischen Sicht auf die Endlichkeit des Lebens zu beschäftigen. Klingt vielleicht etwas klitschig, mag die eine oder der andere nun denken, doch der Roman hat weit mehr als Herz-Schmerz zu bieten. In „Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei“ der koreanischen Autorin Lee Onhwa tauchen wir ein in die Lebensgeschichten von Menschen unterschiedlichen Alters, die alle in der Mitternachtskonditorei Gebäck nach alten koreanischen Rezepten kaufen.
In zarten Worten, tröstend und versöhnend, ohne Effekthascherei beschreibt Onhwa weltumspannende Tugenden wie Liebe, Verbundenheit auch außerhalb der Primärfamilie, Zusammenhalt, Bescheidenheit und Ehrwürdigkeit der Älteren. Die einzelnen Schicksale, Haltungen und Einstellungen der Menschen, die diese Tugenden mit Leben füllen, sind berührend und in ihrer gezeigten Verletzlichkeit außergewöhnlich. Das hat mich beim Lesen berührt und das Buch für mich zu einem Besonderem gemacht, auch gerade, weil spürbar ist, dass es in einem anderen Kulturkreis geschrieben wurde.
Das Lektorat bedarf noch einmal etwas Aufmerksamkeit, da es einige Druckfehler im Buch gibt. Auch hat mir die häufige Wiederholung eines Vergleichs zwischen Personen und Welpen und die Comic- oder Mangahafte Nutzung von geschriebenen „Hahahas“ für Lachen nicht gefallen. Dies steht aus meiner Sicht nicht im Widerspruch zu meiner Freude über Einblicke in einen fremden Kulturkreis. Wer mehr über koreanisches Gebäck erfahren möchte, findet im Buch ein Rezept und einen QR-Code dazu. Diese selbst erfahrbare Ergänzung zum Roman hat mich angesprochen.
„Die Verlorene“ von Miriam Georg, erschienen im Fischer Verlag, hat mich tief berührt. In leiser Sprache, ganz behutsam und eindrücklich schildert Georg eine Familiengeschichte, die in drei Zeitebenen stattfindet: An der Front an der Krim 1941 aus Sicht eines Soldaten, in den Kriegsjahren 1943 bis 1945 in Schlesien und im Heute 2019.
Ellen und Laura, Mutter und Tochter, müssen von Änne Abschied nehmen, die im Alter von 93 Jahren stirbt. Durch ihren Tod gelangen die beiden an rätselhafte Dokumente und Fotos, und finden in Ännes Haus ein Gemälde von ihr in jungen Jahren. Neugierig auf die Zusammenhänge und die Geschichte ihrer Großmutter macht sich Laura spontan alleine auf eine Reise nach Polen und in die Vergangenheit ihrer Großmutter, um mehr zu erfahren. Denn Änne hat ihnen beiden ihr gesamtes Leben lang nie von den Menschen in Schlesien und ihrem früheren Leben dort berichtet.
Dieser Roman über das entbehrungsreiche Leben im Krieg, Zwangsarbeit, Vertreibung und gleichzeitig grenzenlose Liebe, Erdulden und Aufopfern als Kitt zwischen Familienmitgliedern macht deutlich, warum miteinander reden und diese Erlebnisse teilen manchmal zu schmerzhaft ist und die Sicht auf die grausamen Erlebnisse des Kriegs immer eine sehr persönliche. Gleichzeitig erfahren wir auch durch Lauras und Ellens Fragen und ihre Irritationen, dass Schweigen den nachfolgenden Generationen Erfahrungen nimmt und Verständnis für das weitere Leben so schwerer aufgebaut werden kann.
Ich habe den Roman „Die Verlorene“ sehr gerne gelesen, weil die Charaktere liebevoll gezeichnet sind und ich so an ihren Erlebnissen rege teilnehmen konnte. Ich habe mit ihnen gelitten und gebangt, gehofft und mich gefreut. Die Wendungen, die der Roman nimmt, sind überraschend und daher spannend, denn mit jeder Seite wollte ich näher an die Lösungen der Rätsel kommen.
Kurzweilige Krimilesestunden genossen
Spannend zu lesen, flüssig geschrieben und mit interessanten Charakteren bestückt, so kann ich diesen kompakten Krimi – ein Thriller ist es für mich nicht, empfehlen. „Der Sommer, in dem der Himmel brannte“ von Andrea Voggenreiter wartet zudem mit einer Liebensgeschichte auf, die alles beinhaltet, was für ein kurzweiliges Lesevergnügen mit Kribbel notwendig ist.
Die Rezepte von Yelda Yilmaz in „Sofra - Die neue türkische Gemüseküche“ überzeugen durch viel Geschmack und Ideenvielfalt. Alle bisher ausprobierten Rezepte lassen kein Fleisch vermissen, denn sie stecken voller wunderbarer Aromen.
Das Vergnügen fing für mich schon beim Einkauf im türkischen Supermarkt an, wo alle mir halfen, die richtigen Zutaten (Ackerbohnen halbiert und Traubenmelasse) und den jeweils besten Hersteller zu finden. Sehr überzeugender Service! Ich habe die angegebenen Zutaten gekauft, wobei ich in Zukunft mehr auf Vorhandenes zurückgreifen werde.
Die Zutaten waren alle leicht zu bekommen und die Rezepte sind alle nachvollziehbar und leicht umzusetzen. Einzig der jeweilige Zeitaufwand für die Zubereitung erscheint mir bei den ausprobierten Rezepten doch hoch. Am Beispiel des Milchreises aus dem Ofen – unfassbar lecker und anders als gewohnt – kann man sich das gut vor Augen führen. Er benötigt in 2 x 40 min plus zum Schluss 6 min im Ofen immer etwas Aufmerksamkeit, da man ihn umrühren muss, damit er nicht anbrennt. Hat sich aber gelohnt, ihn zu machen.
Ich habe viele für uns ganz neue Gerichte ausprobiert wie das Bohnenmus mit gerösteten Kartoffeln, von dem alle am Tisch begeistert waren. Die Sesamkringel sind ebenfalls sehr gut angekommen, weshalb ich sie wieder backen werde. Mein Resümee zu „Sofra“ lautet daher: Vielen Dank für diese tollen Rezepte, die Sommerstimmung und Urlaubslaune beim Essen gezaubert haben.
Sarah Wyndham Lewis hat mit „Unsere Wildbienen“ ein wunderschönes Sachbuch über Wildbienen und was wir alle für den Erhalt der Arten tun können geschrieben. Ein Buch mit Substanz, das mir Freude gemacht hat zu lesen. Neben Informationen zu 25 exemplarischen Wildbienenarten, Bestäubung, Besträuber und Problemen finden sich zahlreiche Tipps zum Bienenfreundlich gärtnern, planen und pflanzen, die sich in jedem Garten leicht umsetzen lassen. Dabei werden besonders die Anfängerin und der Anfänger an die Hand genommen und Ratschläge zu pflegeleichten oder Standortgerechten Pflanzungen gegeben.
Mir haben vor allem die liebevoll gestalteten Fotos und Zeichnungen gefallen. Wenn man darüber hinwegliest, dass die Autorin sich hauptsächlich auf Großbritannien bezieht, was sowohl ein anderes Klima als auch andere Wildbienenarten bedeutet, ist das Sachbuch eine echte Bereicherung für Wildbienenfreund:innen. Die weiterführenden Informationen im Buch wurden für den deutschsprachigen Raum angepasst, jedoch auch mit einigen Bezügen zu Honigbienen, die nicht bedroht sind, weil die Imkerin und der Imker sich um sie kümmern. Hier gäbe es aus meiner Sicht Nachholbedarf seitens des Verlags. Den zahlreichen Tipps tut dies alles keinen Abbruch, sie sind Länderübergreifend umsetzbar.
„30 Pflanzen pro Woche“, herausgegeben von Katharina Seiser, verspricht stärkende Rezepte für ein langes gesundes Leben. Das Buch startet mit einer Einführung in das Thema Mikrobiom und Gesundheit und möchte als „Anstiftung zur Abwechslung“ verstanden werden. Durch die Aufnahme von möglichst vielen unterschiedlichen Pflanzen aus den Bereichen Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Vollkorn, Hülsenfrüchte, Kräuter und Gewürze stärken wir unser Immunsystem, um dank guter Unterstützung unseres Mikrobioms länger gesund zu bleiben.
Im schön gestalteten und übersichtlichen Infoteil zu den Pflanzen wird aufgeführt, wie die Gesamtauswahl der Pflanzen zustande kommt. Dabei hat diese Checkliste (für den Tag und die Woche), die auch lose und zum Downloaden dem Buch beiliegt, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Muss sie auch gar nicht haben, denn schnell entwickelt man beim Ausprobieren der Rezepte einen Ansporn, welche bunten Pflanzenzutaten außerdem auf den Teller wandern können – gilt es doch einen neuen gesunden und persönlichen Score zu knacken, nämlich mehr als 30 verschiedene Pflanzen in der Woche zu essen. Anfangs dachte ich, dass das vielleicht schwierig werden könnte, aber bei ausgewogener Ernährung und im Schnitt drei Rezepten aus dem Buch sind 30 Pflanzen pro Woche schnell erreicht. Jedes Rezept hat dazu einen Button, der Auskunft gibt, wie viele Pflanzen für das Rezept verwendet werden.
Gesund ist eine Sache, aber schmecken die vorgestellten kalten und warmen Gerichte auch und lassen sie sich gut zubereiten? Ich finde, dass alle Schritte zur Zubereitung gut erklärt, alle Zutaten gut zu beschaffen sind und auf jahreszeitliche Verfügbarkeit leicht Rücksicht genommen werden kann. Vielleicht ist die eine oder andere Gewürzmischung eine Anregung, sie kennen zu lernen oder durch etwas Vorhandenes zu ersetzen. Die ausprobierten warmen Gerichte wie Topinambur-Karotten-Pfanne, Aloo Gobi oder gefüllte Bratäpfel haben mich geschmacklich überzeugt. Ich bleibe dran, an meinem neuen Score!
Positivismus und innere Stärke
In ihrem Buch „Zuversicht“ vereint Katharina Afflerbach mehr als ein Dutzend wahrer Lebensgeschichten von ganz verschiedenen Menschen, die alle gemeinsam haben, dass sie trotz Schicksalsschlag, Angst oder Sorgen weitermachen und daraus gestärkt hervorgehen. Dabei ist das Buch kein Ratgeber im eigentlichen Sinne, keine Anleitung zum Glücklichsein, auch kein Buch, das ich in einem Rutsch auslesen konnte. Denn zu sehr haben mich die einzelnen Geschichten nachhaltig beeindruckt, berührt und wirkten noch lange nach.
Doch was ist Zuversicht eigentlich? Zuversicht ist das feste Vertrauen auf das Gute, das aus einer (schlechten) Situation heraus erwächst und die innere Kraft und der Positivismus, selbst den ersten Schritt dahin zu tun. Oder wie Afflenbach es selbst formuliert: „Unsere Schöpferkraft, mit deren Hilfe wir uns aufrichten und befreien können.“
Ich ziehe den Hut vor den mutigen Menschen, die trotz erlebtem Rassismus, der Flut 2021, Krankheit und Tod geliebter Menschen, Unfall, Umsiedlung ganzer Dörfer für den Kohleabbau, Arbeitslosigkeit und anderer harter Schicksalsschläge nicht den Mut verloren, sondern dank ihrer positiven Einstellung zum Leben neu angefangen haben. Dieses Buch tut gut, denn es vermittelt beim Lesen etwas von dieser kraftvollen Haltung. Es macht demütig und motiviert gleichzeitig, sich selbst Hilfe zu holen, Hilfe anzunehmen oder mehr Selbstwirksamkeit zu lernen.
Ein Volltreffer!
Was macht einen guten Krimi aus? Wenn man beim Lesen das Gefühl hat, gar nicht weit von der Realität entfernt zu sein, und das als beängstigend zu empfinden. „Finsteres Herz“ von Holger Karsten Schmidt ist so ein Krimi für mich. Temporeich, verschachtelt, mit mehreren Erzählsträngen und Zeitleisten jonglierend hat mich dieser Krimi in einen Plot verstrickt, der Sogwirkung hat. Mein Fazit: Es braucht gute ErmittlerInnen, um das Böse zur Strecke zu bringen, daher hoffe ich auf eine Fortsetzung.
Wunderbar, wie in „Frevel“ aus einzelnen Fäden ein Netz aus kunstvoll verflochtenen Erzählsträngen wird. Diesen historischen Thriller von Nora Kain (ich würde ihn eher als Krimi bezeichnen) habe ich verschlungen. Es geht um vermeintliche Ritualmorde, Verdächtigungen und Gerüchten, die wütende Bürger und Bürgerinnen zum Mob werden lassen und darin verwickelt den jungen Zeitungsredakteur Johann und Manon, die Tochter eines Rechtsmediziners, der sich mit dem neuen Zweig der Obduktion beschäftigt.
Die Zustände in den engen Gassen, den überbelegten Armenunterkünften und dem dazu im Gegensatz stehenden Bürgerhäusern, das abgeschirmte Judenviertel mit den dort herrschenden Beschränkungen des alltäglichen Lebens, sowie Berufsstände, die uns heute fast fremd sind, zeigen ein längst vergangenes Stadtbild, das den Rahmen der Erzählung bildet. Der zügige Erzählstil und die bildhafte und auf mich zeitlich authentisch wirkende Sprache haben es mir leicht gemacht, mich ins Jahr 1800 in Frankfurt zu versetzen. Da mir „Frevel“ gut gefallen hat, würde ich mich auf eine Fortsetzung freuen.
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