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Ceodaz

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Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 19.08.2025
Zweig, Stefan

Ungeduld des Herzens


sehr gut

Wenn Mitleid zerstört, was Liebe erhofft

Der junge Leutnant Anton Hofmiller wird in das Haus des reichen Lajos Kekesfalva zum Abendessen eingeladen. Dort begegnet er Edith, der Tochter des Hausherrn, die aufgrund einer Lähmung im Rollstuhl sitzt. Edith verliebt sich rasch und leidenschaftlich in Anton, doch seine Zuwendung entspringt nicht Gegenseitigkeit, sondern einem tragischen Missverständnis: Mitleid statt Liebe. Getrieben von Mitgefühl und Unsicherheit versucht er, ihr Hoffnung zu machen, ohne zu ahnen, welche Konsequenzen seine vermeintlich gut gemeinten Gesten haben werden. In einem unbedachten Moment verleugnet Anton ihre Beziehung – mit Folgen, die er weder erwartet noch verantworten kann.

Für mich war die Geschichte überraschend spannend. Ich war schnell in der Handlung gefangen und wollte unbedingt wissen, ob sich das Schicksal vielleicht doch noch zum Guten wenden würde. Besonders Edith hat mich tief berührt. Sie ist eine junge Frau mit klarem Verstand und einem offenem Herzen. Sie drückt ihre Gefühle direkt und ehrlich ehrlich aus, und ihre Sehnsucht nach Liebe ist greifbar. In ihr schlummert der tiefe Wunsch und die kleine Hoffnung, dass sie trotz ihrer körperlichen Einschränkung liebenswert sein kann. Die Spannung zwischen ihrer Verletzlichkeit und ihrer Entschlossenheit hat mich sehr bewegt.

Anton hingegen hat gemischte Gefühle in mir ausgelöst. Einerseits handelt er nicht in böser Absicht. Er scheint vielmehr überfordert und emotional unreif zu sein. Er erkennt lange nicht, dass er es mit einer jungen Frau und nicht mit einem Kind zu tun hat. Andererseits benutzt er immer wieder Mitleid als Ausrede, um sein Verhalten zu rechtfertigen. Ich habe mich oft gefragt: Ist es wirklich nur Mitleid? Oder genießt er nicht doch ihre Bewunderung, ihre Nähe und ihre Aufmerksamkeit?

Eine besonders tragische Figur war für mich auch Ediths Vater. Wie sehr er sich nach Glück für seine Tochter sehnt und wie sehr er an diesem Wunsch zerbricht, hat mich tief bewegt. Vom einst stolzen, erfolgreichen Mann ist kaum mehr als ein Schatten übrig, der alles tun würde, um seiner Tochter ein Stück Lebensfreude zu schenken.

Was Stefan Zweig hier erzählt, ist mehr als nur ein Liebesdrama. Es ist eine intensive Auseinandersetzung mit Schuld, Gewissen und menschlicher Schwäche. Und obwohl das Buch über 80 Jahre alt ist, wirkt es zeitlos. Besonders eindrücklich empfand ich, wie schmal er den Grat zwischen Mitleid und echter Zuneigung herausarbeitet. Die Frage, wie weit Mitleid gehen darf, ohne zur Demütigung zu werden, zieht sich wie ein dunkler Faden durch die Geschichte. Die Melancholie, die in jeder Zeile mitschwingt, ist so eindringlich, dass ich das Hörbuch kaum ausschalten konnte – nicht zuletzt wegen der großartigen Lesung von Robert Levin.

Der letzte Satz „Keine Schuld ist vergessen, solange noch das Gewissen um sie weiß“ hat sich mir eingebrannt. Er bringt das zentrale Thema des Romans – das moralische Ringen mit sich selbst – auf den Punkt. Selten hat ein Buch so viele Fragen in mir ausgelöst. Was ist Mitleid? Wann wird daraus Lüge? Und wie viel Verantwortung tragen wir für das, was wir fühlen – oder vorgaukeln zu fühlen?

Fazit:
„Ungeduld des Herzens“ ist ein psychologisch feinfühliger, tragisch-schöner Roman, der zum Nachdenken anregt. Auch über 80 Jahre nach seinem Erscheinen ist die Geschichte von Anton und Edith erschütternd aktuell. Wer psychologisch fein gezeichnete Literatur schätzt, wird hier ein intensives Lese- oder Hörerlebnis finden.

Bewertung vom 19.08.2025
Horn, Elizabeth

Flohmarkt der Träume – Ein Sommer an der Schlei (MP3-Download)


sehr gut

Alte Schätze, neue Gefühle

Toni liebt es, auf Flohmärkten nach kleinen Schätzen zu stöbern. In den alten Schleidörfern entlang des Fjords hat sie schon so manchen besonderen Fund gemacht. Auch dieses Mal hat sie Glück: Der sympathische Schreiner Leo überlässt ihr eine alte Holzschatulle mit Liebesbriefen – unter der Bedingung, dass sie ihm im Falle eines Fundwerts einen Anteil abgibt. Toni hält das Ganze für harmlos, denn sie glaubt nicht, Leo je wiederzusehen. Doch es kommt anders. Die Briefe bergen ein Geheimnis, das beide erneut zusammenführt und sie auf eine gemeinsame Spurensuche schickt. Dabei entwickelt sich zwischen Toni und Leo mehr als nur eine flüchtige Bekanntschaft – obwohl Toni eigentlich gar nicht bereit ist für eine neue Beziehung. Oder doch?

Die Handlung plätschert angenehm dahin, ohne aufzuregen, und ist daher ideal für entspannte Hörmomente zwischendurch. Zwar hatte ich mir gemessen am Klappentext etwas mehr inhaltliche Tiefe rund um die Briefe erhofft, doch letztlich dienen diese eher als Aufhänger. Sie wurden recht schnell als irrelevant abgetan und anschließend kaum mehr thematisiert. Das empfand ich persönlich als sehr schade.

Die Beziehung zwischen Toni und Leo ist von Anfang an von einer leisen Anziehung geprägt. Zwar kommen zwischen den beiden wiederholt Zweifel und Unsicherheiten auf, doch der Beginn ihrer Beziehung wird sehr idealisiert dargestellt und verläuft vorhersehbar. Die zweite Liebesgeschichte um Onkel Robert entwickelt sich hingegen in rasantem Tempo, bleibt in ihrer Tiefe aber eher vage. Dadurch wirkte diese zusätzliche Liebesgeschichte auf mich eher konstruiert. Wäre der Liebes-Fokus ausschließlich auf Toni und Leo gelegen, so hätte ihre Geschichte mehr Raum bekommen können. Das hätte der Geschichte mehr Authentizität und Intensität verliehen. So empfand ich die Beziehungsdynamiken leider eher oberflächlich und nicht wirklich emotional greifbar.

Was mich dagegen richtig begeistert hat, war das Setting. Die Flohmärkte, die Stände und ihre Besucher wurden so liebevoll und detailreich beschrieben, dass ich mich beim Hören regelrecht selbst über einen Markt schlendern sah. Ich bekam direkt Lust, wieder über einen echten Flohmarkt zu laufen und selbst nach besonderen Stücken zu stöbern. Auch Leos Zuhause hatte seinen ganz eigenen Charme. Es wurde so einladend beschrieben, dass ich mich dort sofort wohlgefühlt hätte.

Ein schöner Aspekt der Geschichte war für mich auch, dass Toni nebenbei an einem Liebesroman schreibt. Zwar steht das nicht im Zentrum, aber immer wieder greift sie zur Tastatur, um ihre Gedanken niederzuschreiben. So entstand der Eindruck, dass sich ihre eigene Geschichte und die fiktive Handlung, an der sie schreibt, beinahe parallel entfalten. Das war für mich ein stiller, aber gelungener erzählerischer Effekt.

Fazit:
„Flohmarkt der Träume“ ist ein Hörbuch, das mit seinem Setting, seiner Stimmung und seinem leichten Erzählfluss punktet. Die Geschichte ist vorhersehbar, stark idealisiert und ohne große Überraschungen, aber gerade deshalb angenehm unaufgeregt. Wer eine Geschichte zum Entspannen und Wegträumen sucht, ist hier gut aufgehoben – auch wenn es inhaltlich noch etwas mehr Potenzial gegeben hätte.

Bewertung vom 14.08.2025
Flaubert, Gustave

Madame Bovary


sehr gut

Zwischen Sehnsucht und Selbstzerstörung – ein zeitloses Drama

Emma Rouault, eine junge Frau voller romantischer Vorstellungen und Sehnsüchte, heiratet den gutmütigen Landarzt Charles Bovary in der Hoffnung auf ein erfülltes, liebevolles Leben. Doch bald schon erdrücken sie der graue Alltag, die Monotonie des Landlebens und die emotionale Distanz, die sie in ihrer Ehe empfindet. Ihre hochgesteckten Erwartungen an das Leben, geprägt von schwärmerischen Romanen, prallen auf eine Realität, die sie als langweilig, stumpf und erdrückend empfindet. Auf der Suche nach Leidenschaft und Sinn stürzt sie sich in Affären und gerät immer weiter aus der Bahn.

Emma Bovary ist eine komplexe, tragische Figur, die in ihren Widersprüchen erschütternd realistisch gezeichnet ist. Sie ist eine zutiefst depressive Frau, die sich nach Schönheit, Liebe und Erfüllung sehnt, aber immer wieder an der Realität zerbricht. Ihre Fluchten in romantische Träumereien, ihre Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Tochter und die wachsende Ablehnung gegenüber ihrem Ehemann wirken oft kalt und sind doch Ausdruck einer tiefen inneren Verlorenheit. Flaubert gelingt es meisterhaft, Emmas Sehnsüchte, ihre Gedankenspiralen und ihre zunehmende Verzweiflung spürbar zu machen.

Dem gegenüber steht Charles Bovary, der vermeintlich langweilige, einfältige Ehemann . Und doch offenbart sich im Verlauf des Romans, wie viel Herz und Güte in ihm steckt. Er liebt Emma aufrichtig, vielleicht zu sehr. Seine Naivität, seine Weltfremdheit und seine ständige Nachsicht machen ihn zu einer tragischen Figur, deren grenzenlose Liebe das Geschehen noch schmerzhafter erscheinen lässt. Er ist der stille Leidende, dessen Schicksal mindestens ebenso berührt wie das von Emma.

Was Flaubert hier geschaffen hat, ist nicht nur eine Gesellschaftskritik oder ein Ehedrama, sondern ein zeitloses Psychogramm über gescheiterte Träume, Rollenbilder und das Ringen um Sinn. Dass eine Frau in einem Roman des 19. Jahrhunderts so bewusst aus gesellschaftlichen Normen ausbricht und Ehebruch begeht, wirkt sehr modern und ist in seiner Tragik erschütternd aktuell.

Trotz des Alters von über 150 Jahren wirkt Madame Bovary erstaunlich frisch. Die sprachliche Dichte, die lebendigen Beschreibungen von Landschaften, Orten und Stimmungen, aber auch die feine Beobachtungsgabe, mit der Flaubert das Innenleben seiner Figuren zeichnet, haben mich sehr beeindruckt. Besonders die Ambivalenz von Emma, zwischen ihrer Sehnsucht und Selbstzerstörung, ist so feinfühlig und detailliert dargestellt, so dass ich absolut gespannt war, wie die Geschichte enden wird.

Fazit:
Madame Bovary ist ein literarischer Klassiker, das seiner Zeit weit voraus war. Eine intensive, sprachlich großartige Auseinandersetzung mit (verlorenen) Idealen, gesellschaftlichem Druck und der Suche nach einem Leben jenseits des Mittelmaßes. Ein Buch, das auch heute noch bewegt und zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 14.08.2025
Wege, Bianca

Today I'll Fall For Him / Today Bd.3


sehr gut

Wenn das Herz die To-do-Liste sprengt – Angelina & Riven

Mit „Today I’ll Fall For Him“ liefert Bianca Wege den finalen Band ihrer Today-Reihe – ein schöner, emotionaler Abschluss, der erneut zeigt, wie gut die Autorin Alltagsprobleme, persönliche Krisen und Liebesgeschichten miteinander verbinden kann. Auch wenn mich dieser dritte Teil nicht ganz so sehr berührt hat wie die beiden Vorgänger, war es dennoch ein gelungener Ausklang.

Im Mittelpunkt stehen Angelina und Riven. Angelina, Jurastudentin und scheinbar makellos organisiert, flüchtet nach einer verpatzten Prüfung und einem folgenschweren Fehler im Unternehmen ihres Vaters zu ihrem Bruder Asher nach Harpersville. Dort versucht sie, sich in ihrem Studium und unzähligen To-do-Listen zu verlieren, um die vergangenen Erlebnisse zu verdrängen. Doch ihr Plan wird gehörig durcheinandergewirbelt, als sie dem Volleyball-Coach Riven begegnet. Zwischen ihnen entwickelt sich langsam eine Verbindung, die Angelina in ihrer durchstrukturierten Welt herausfordert – und ihr Herz leise in Aufruhr versetzt.

Was Bianca Wege besonders gut gelingt, ist das Einfangen von innerem Druck und dem Gefühl, es allen recht machen zu wollen. Angelinas Angst zu versagen und die ständige Selbstoptimierung wirken absolut nachvollziehbar – viele LeserInnen werden sich darin bestimmt wiederfinden. Gleichzeitig machte genau diese Seite sie für mich manchmal etwas unnahbar. Ihre starre Art, mit Situationen umzugehen, ließ wenig Raum für Spontanität oder emotionale Nähe.

Riven bleibt dagegen überraschend blass. Während die vorherigen Bände der Reihe gerade durch die Tiefe und Vielschichtigkeit ihrer ProtagonistInnen lebten, erfährt man über ihn deutlich weniger. Das ist schade, denn sein Charakter bringt grundsätzlich interessante Facetten mit. Besonders im Zusammenspiel mit Angelina und dem sportlichen Setting hätte man sich hier noch mehr Tiefe und Einblicke in seine Gefühlswelt gewünscht. Nichtsdestotrotz fügt er sich gut in die Geschichte ein und funktioniert innerhalb der Handlung glaubwürdig.

Trotz dieser kleineren Kritikpunkte hat mir das Buch insgesamt gut gefallen. Der Schreibstil ist gewohnt flüssig, die Atmosphäre in Harpersville erneut charmant und das Zusammenspiel der Charaktere stimmig. Bianca Wege versteht es, emotionale Themen greifbar zu machen und die leisen Momente zwischen zwei Menschen gekonnt in Szene zu setzen.

„Today I’ll Fall For Him“ ist ein gefühlvoller Abschluss der Today-Reihe, der durch seine Themen und das vertraute Setting überzeugt. Auch wenn dieser Band für mich nicht ganz die emotionale Tiefe der vorherigen erreicht, bietet er eine schöne, ruhige Liebesgeschichte, in der besonders Angelinas innerer Konflikt gut zur Geltung kommt. Ein lesenswerter Roman für alle, die Geschichten über Selbstzweifel, Neuanfänge und die Suche nach dem eigenen Weg mögen.

Bewertung vom 08.08.2025
Kneidl, Laura

Henry & Kate / The Darlington Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein modernes Märchen mit Herz – Zwischen Luxus, Liebe und Lebenskrisen

Kate steht am Tiefpunkt ihres Lebens: Sie hat ihre Familie und ihr Zuhause verloren – und nun kämpft sie seit Monaten ums tägliche Überleben auf der Straße. Als sie eines Tages den wohlhabenden Henry bestiehlt, ahnt sie nicht, dass gerade diese Begegnung ihr Leben für immer verändern wird. Denn Henry, ältester Sohn der Eigentümerfamilie des Luxushotels The Darlington, bietet ihr eine zweite Chance – und mehr als das. Zwei Welten prallen aufeinander, doch es entsteht etwas, das keiner von beiden erwartet hat: Nähe, Vertrauen und vielleicht sogar Liebe.

Laura Kneidls Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch und angenehm zu lesen. Die Kapitel sind kompakt und werden abwechselnd aus der Sicht von Kate und Henry erzählt, wodurch man tief in die Gedanken- und Gefühlswelt beider ProtagonistInnen eintauchen kann. Besonders schön fand ich die kleinen Einleitungen vor jedem Kapitel – in Form von Presseartikeln oder von persönlichen Messages –, die zusätzliche Tiefe und Dynamik schaffen. Dieses Spiel mit medialer Wahrnehmung passt perfekt zur Geschichte rund um Ansehen, Erwartungen und öffentliche Aufmerksamkeit.

Die aufkeimende Liebesgeschichte zwischen Kate und Henry hat für mich eine charmante Cinderella meets Pretty Woman-Note. Dass Henry nach dem Diebstahl nicht nur milde bleibt, sondern Kate sogar ins Hotel einlädt und ihr aktiv helfen möchte, wirkte für mich zwar etwas unrealistisch und beinahe naiv, doch gleichzeitig unterstreicht es den märchenhaften Charakter des Romans. Es ist ein modernes Märchen, in dem das Gute im Menschen siegt.

Trotz dieses idealisierten Moments ist es der Autorin gelungen, die Entwicklung der Beziehung glaubwürdig und mit emotionalem Feingefühl darzustellen. Die Anziehung zwischen den beiden wird leise und nachvollziehbar aufgebaut, mit authentischen Zweifeln, Unsicherheiten und der spürbaren Frage, ob ihre so gegensätzlichen Lebenswelten wirklich zueinanderpassen können. Diese sensible Balance zwischen Nähe und Distanz hat mich berührt und ließ mich mitfiebern.

Auch das Setting im luxuriösen Hotel ist atmosphärisch und mit viel Liebe zum Detail beschrieben, man hat das Gefühl, selbst durch die Gänge des Darlington zu schreiten. Besonders Henrys Blick auf das Hotel, das nicht nur sein Arbeitsort, sondern auch sein Zuhause ist, verleiht der Geschichte Tiefe und Persönlichkeit.

Ein kleiner Wermutstropfen war für mich allerdings die recht oberflächliche Behandlung sozialer Themen wie Wohnungslosigkeit und Sucht. Das Thema Wohnungslosigkeit, das anfangs eine zentrale Rolle spielt, hätte für meinen Geschmack deutlich tiefer behandelt werden können. Besonders die speziellen Herausforderungen und Gefahren, mit denen wohnungslose Frauen konfrontiert sind, werden nur am Rande angeschnitten. Hier blieb für mich viel Potenzial ungenutzt, um Kates Ausgangssituation noch eindringlicher und glaubwürdiger darzustellen.

Zudem wurde gegen Ende des Buches das Thema Sucht für mich in einem völlig unpassenden Kontext eingebaut – diese Wendung empfand ich als sehr konstruiert. Da diese Darstellung nur flüchtig und ungenau behandelt wurde, wirkte sie auf mich, als wäre diese Entscheidung weniger aus inhaltlichem Interesse getroffen worden, sondern eher, um einen Konflikt zu schaffen. Gerade LeserInnen, die mit dieser Thematik persönliche Erfahrungen gemacht haben, könnten sich hier unangenehm berührt fühlen. Eine sensiblere und gründlichere Auseinandersetzung vorab wäre hierbei wünschenswert gewesen.

Fazit:

„The Darlington – Henry & Kate“ ist ein romantischer, emotionaler Roman mit märchenhaften Elementen, berührender Liebesgeschichte und einem stimmungsvollen Setting. Trotz kleiner Schwächen bei der thematischen Tiefe sozialer Problematiken konnte mich das Buch durch seine Figuren, die besondere Atmosphäre und die gefühlvolle Erzählweise überzeugen. Ein gelungener Reihenauftakt – ich freue mich auf Band zwei!

Bewertung vom 31.07.2025
Kuhn, Yuko

Onigiri (eBook, ePUB)


sehr gut

Onigiri: Was bleibt, wenn das Erinnern schwindet

Nach dem Tod ihrer Großmutter fasst Aki den Entschluss, gemeinsam mit ihrer an Demenz erkrankten Mutter Keiko nach Japan zu reisen – zurück in das Land, das Keiko einst verlassen hat. Trotz der Herausforderungen, die eine solche Reise für ihre Mutter mit sich bringt, hofft Aki auf einen Moment der Nähe und des Verbundenseins inmitten von Erinnerungen. In Keikos Heimat erfährt Aki durch Erzählungen und Begegnungen mehr über das Leben ihrer Mutter. Die Reise wird für Aki zu einer bewegenden Spurensuche zwischen Generationen und Kulturen und zu einer Reise zu sich selbst.

„Onigiri“ ist ein leises, feinfühliges Buch, das vor allem durch seine emotionale Tiefe und die gelungene Verwebung von Gegenwart und Vergangenheit berührt. Yuko Kuhn erzählt mit großer Wärme und klarem Blick die Geschichte einer deutsch-japanischen Familie, die sich zwischen Identitätsfragen, Rassismus, Verlust, Depression und Neubeginn bewegt. Für mich waren die Perspektivwechsel besonders eindrücklich: Die Rückblicke auf Keikos Vergangenheit offenbaren ein Leben, das von Vorurteilen, inneren Kämpfen, Schmerz und gesellschaftlichen Erwartungen geprägt war – aber auch von Mut und Selbstbestimmung.

Die Darstellung von Keikos Demenz ist berührend und authentisch. Der schleichende Verlust, die Hilflosigkeit, das Verstummen – aber auch die kostbaren, hellen Momente – werden mit viel Einfühlungsvermögen beschrieben. Besonders spürbar wird, wie schwer es für Angehörige ist, einen geliebten Menschen nach und nach an die Krankheit zu verlieren und ihn trotzdem tagtäglich zu pflegen, zu begleiten, loszulassen und festzuhalten. Inmitten dieser stillen Kämpfe zeigt das Buch, wie viel Liebe in kleinen Gesten steckt.

Obwohl die Geschichte ohne große Dramatik auskommt und in ihrer Handlung recht ruhig bleibt, hat sie in mir viel ausgelöst. Sie hat mich über das eigene familiäre Miteinander und über das Älterwerden nachdenklich gemacht.

Fazit:
„Onigiri“ ist ein warmherziger, berührender Roman über Erinnerung, Herkunft, Fürsorge und die Zerbrechlichkeit des Lebens. Ohne große Spannungsbögen entfaltet sich eine stille Geschichte, die das Herz berührt und nachklingt.

Bewertung vom 27.07.2025
Nickel, Tanja

Shadow


schlecht

Brutal statt berührend – eine enttäuschende Leseerfahrung

Maddies Leben gerät aus den Fugen, als sie kurz vor der Hochzeit ihres besten Freundes Jax merkt, dass ihre Gefühle für ihn viel tiefer gehen, als sie sich je eingestehen wollte. Um sein Glück nicht zu gefährden, verlässt sie ihn. Doch das Schicksal führt sie erneut zu ihm zurück.
Der Jax, den sie dort antrifft, ist kaum wiederzuerkennen: Er ist ein knallharter Geschäftsmann voller Geheimnisse und dunkler Taten. Und doch entflammt zwischen ihnen eine verbotene Romanze, die sich einerseits so gut und andererseits so verboten anfühlt.

Zunächst möchte ich erwähnen, dass das Cover wunderschön gestaltet wurde und ein echter Blickfang ist. Auch der Klappentext klang für mich echt vielversprechend. Ich war so gespannt auf Jax' Geheimnisse und die Ereignisse, die ihn verändert hatten.
Doch meine anfängliche Neugier wandelte sich schnell in Ernüchterung. Bereits auf den ersten Seiten wird vor Triggerpunkten wie Gewalt, Vergewaltigung, Mord und psychischen Problemen gewarnt. Ich hatte gehofft, dass diese Themen sensibel eingebunden werden, doch stattdessen driftete die Geschichte in eine immer brutalere und für mich geschmacklose Darstellung ab.

Besonders gestört hat mich die Art und Weise, wie Gewalt und Perversionen inszeniert wurden. Die Übergriffe werden nicht nur thematisiert, sondern auch noch auf eine Art und Weise dargestellt, die mich zutiefst erschüttert haben. An manchen Stellen wollte ich das Buch am liebsten abbrechen. Dennoch habe ich es weitergelesen, in der Hoffnung, dass sich die Geschichte noch wendet. Aber je weiter sie ging, desto unangenehmer wurde es.

Doch auch abseits der Thematik konnte Shadow mich nicht überzeugen. Die Figuren blieben trotz gelegentlicher Rückblicke in ihre Vergangenheit oberflächlich. Ich konnte zu ihnen keine emotionale Bindung aufbauen. Das ist ein großes Manko bei einer Geschichte, die so sehr auf Gefühle und Konflikte setzt. Der Schreibstil ist zwar grundsätzlich flüssig, allerdings störten häufige Rechtschreibfehler den Lesefluss. Das Ende war sowohl vorhersehbar als auch verstörend. Insgesamt war ich erleichtert, dass das Buch mit seinen ca. 170 Seiten so kurz war.

Fazit:
Als ich mir das Buch heruntergeladen habe, war mir nicht bewusst, dass es sich hierbei um einen so brutalen Dark-Romance-Roman handelt. Leider wurde diese Information auch nicht in der Buchbeschreibung angegeben. Shadow ist für mich eine herbe Enttäuschung. Die Mischung aus Gewalt, perversen Darstellungen und blassen Figuren ließ bei mir weder Spannung noch Mitgefühl aufkommen.

Bewertung vom 27.07.2025
Marshall, Lisette

Der Henker der Königin / Fae Isles Bd.1


sehr gut

Faszinierende Fae-Welt mit Magie, Geheimnissen und Emotion

Die 20-jährige Emelin wird beim Wirken verbotener Magie erwischt und das ausgerechnet vom gefürchteten Silent Death, dem stummen Henker und Sohn der Fae-Königin. Doch anstatt sie zu töten, schlägt Creon einen gefährlichen Handel vor: Nur Emelins ungebundene Magie kann die tyrannische Herrscherin stürzen. Um unerkannt am Hof zu bleiben, soll sie die Geliebte des königlichen Henkers spielen. Doch schon bald ist es nicht nur eine Rolle, die sie spielt – und sie muss herausfinden, ob sie dem skrupellosen Krieger wirklich vertrauen kann.

Lisette Marshall entführt in eine atmosphärische, fesselnde Fae-Welt voller Magie, Intrigen und unterdrückter Gefühle. Der Schreibstil ist angenehm flüssig, die Kapitel haben genau die richtige Länge und schon nach wenigen Seiten war ich völlig in der Geschichte versunken.

Besonders das Magiesystem hat mich fasziniert. Das Spiel mit den Farben, das zu Beginn noch wie ein kleiner Effekt wirkte, entfaltete mit jeder Seite eine beeindruckende Tiefe und Kraft. Aber auch die restliche Welt, mit ihren unterschiedlichen Wesen, einem geheimnisvollen Labyrinth und der spürbaren Bedrohung durch die grausame Königin, wirkte lebendig und detailreich.

Emelins Entwicklung hat mir sehr gefallen. Zu Beginn ist sie eine junge Frau, die versucht, sich anzupassen und zu überleben, doch im Laufe der Geschichte wächst sie über sich hinaus, stellt sich den Wahrheiten, die sie bisher nicht sehen wollte, und entwickelt eine bewundernswerte innere Stärke. Creon dagegen ist ein vielschichtiger, spannender Charakter. Er wirkt zunächst kalt und undurchdringlich, doch die wenigen Einblicke in sein wahres Ich machen ihn umso faszinierender. Da er nicht sprechen kann, finden er und Emelin andere Wege der Kommunikation, was ihrer Beziehung eine besondere Tiefe und Intimität verleiht.

Die Liebesgeschichte zwischen den beiden ist ein klassisches Enemies-to-Lovers-Szenario – voller Spannung, langsamem Vertrauen und einem Knistern, das auf jeder Seite spürbar ist.

Fazit:
„Fae Isles – Der Henker der Königin“ ist eine gelungene Fantasy-Geschichte voller Magie, Geheimnisse und einer Liebesgeschichte, die einen nicht loslässt. Die Welt ist farbenreich, atmosphärisch und voller interessanter Details. Für mich ein echtes Fantasy-Highlight und ein toller Auftakt – ich kann es kaum erwarten, weiterzulesen!

Bewertung vom 22.07.2025
McFarlane, Mhairi

Und plötzlich ist es wunderbar (eBook, ePUB)


gut

Liebevoll erzählt, doch ohne die erhoffte emotionale Tiefe

Edie hat ihre Beziehung zu Hollywood-Star Elliot eigentlich hinter sich gelassen, denn zu unterschiedlich scheinen ihre Welten zu sein. Doch an Weihnachten steht Elliot plötzlich wieder vor ihrer Tür, und alle alten Gefühle brechen auf. Die beiden beschließen, ihrer Liebe eine zweite Chance zu geben, doch schnell wird klar, dass das Leben an der Seite eines Superstars nicht nur romantische Momente bereithält.
Die Klatschpresse stürzt sich auf Edie, Freunde werden unfreiwillig Teil der Schlagzeilen, und die Distanz zwischen Hollywood und Nottingham ist nicht nur geografisch groß. Während Elliot immer wieder nach Hollywood zurückkehrt, ist es ausgerechnet Edies Kollege Declan, der in schwierigen Momenten für sie da ist. Und so stellt Edie sich zunehmend die Frage, ob sie und Elliot wirklich füreinander bestimmt sind oder ob sie sich nur an eine Illusion klammert.

Mhairi McFarlane steht für charmante, humorvolle Geschichten voller Herz und entsprechend hoch waren meine Erwartungen an dieses Buch.
Doch im Vergleich zu anderen Werken der Autorin konnte mich diese Geschichte nicht in gleichem Maße berühren.

Die Handlung ist zwar angenehm leicht und ideal für eine lockere Lektüre zwischendurch, bleibt jedoch insgesamt eher an der Oberfläche. Die Figuren wirken weniger vielschichtig, und manche Szenen ziehen vorbei, ohne einen wirklich emotional zu packen. Insgesamt hatte ich beim Lesen auch oft das Gefühl, dass entscheidende Entwicklungen und Bindungen zwischen den Charakteren bereits in der Vorgeschichte stattgefunden haben, die ich nicht gelesen habe. Da jedoch angegeben wurde, dass die Bücher unabhängig voneinander lesbar sind, empfand ich das im Nachhinein als etwas irreführend.

Auch am Ende blieben einige Fragen offen, wodurch das Ganze ein wenig unvollständig wirkte. So bleibt beispielsweise unklar, wie Edie und Elliot ihr Leben zwischen zwei so gegensätzlichen Welten in ihrer Zukunft meistern wollen und wie sich Edies Arbeitsverhältnis zu Declan nach all den Geschehnissen entwickelt. Da diese Punkte im Verlauf der Handlung eine so große Bedeutung haben, hätte ein klarerer Ausblick das Ende für mich runder und stimmiger gemacht.

Fazit:
„Und plötzlich ist es wunderbar“ ist eine angenehm leichte, romantische Lektüre für zwischendurch, die mit charmanten Momenten unterhält, aber nicht die emotionale Tiefe erreicht, die ich von Mhairi McFarlane gewohnt bin. Für Fans der Geschichte sicher ein nettes Wiedersehen mit bekannten Figuren, doch wer die Vorgeschichte nicht kennt, könnte – so wie ich – ein wenig enttäuscht sein.

Bewertung vom 14.07.2025
MacLeod Trotter, Janet

Wiedersehen in Assam


sehr gut

Wenn die Vergangenheit auf die Gegenwart trifft und Wahrheiten das Herz bewegen

Wiedersehen in Assam spielt im Jahr 1962 in einer Zeit des politischen Umbruchs in Indien. Die junge Sammy wird durch den drohenden Grenzkrieg mit China aus ihrem vertrauten Leben gerissen und auf ein Internat nach England geschickt. Als sie zu Weihnachten nach Assam zurückkehrt, ist die Freude über das Wiedersehen mit ihrer Familie nur von kurzer Dauer. Ein altes Foto bringt ein lange verschwiegenes Familiengeheimnis ans Licht und treibt einen Keil zwischen Sammy und ihre Mutter. Enttäuscht, aber entschlossen, begibt sich Sammy nicht nur auf die Suche nach der Wahrheit, sondern auch auf eine Reise zu sich selbst.

Janet MacLeod Trotter gelingt mit diesem Roman eine feinfühlige, atmosphärisch dichte Geschichte über Familie, Herkunft, Schmerz und Versöhnung. Obwohl es Vorgeschichten gibt, die teilweise auf früheren Romanen beruhen, findet man dank des klug gestalteten Epilogs, der die Familienkonstellationen übersichtlich erklärt, schnell in die Handlung hinein. Die Vielzahl an Figuren und parallelen Handlungssträngen mag anfangs etwas herausfordernd wirken, doch nach und nach fügen sich alle Erzählungen zu einem stimmigen Ganzen zusammen.

Besonders überzeugt hat mich, wie eindrucksvoll die Autorin die Emotionen der Figuren schildert. Ich konnte Sammys Wut, Zweifel und ihre tiefe Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Wahrheit gut nachvollziehen. Es ist eine Geschichte, die einen emotional mitnimmt.

Ein weiterer faszinierender Aspekt des Romans ist sein historisches und kulturelles Setting. Die Einblicke in die koloniale Vergangenheit sowie die sozialen Konventionen und moralischen Zwänge der damaligen Zeit verleihen der Geschichte Tiefe. Besonders positiv hervorzuheben ist auch das Glossar am Ende des Buches, das indische Begriffe erklärt und dem Leser einen zusätzlichen Einblick in Sprache und Kultur ermöglicht.
Für mich einfach ein schöner Bonus.

Fazit:
Wiedersehen in Assam ist ein gefühlvoller Familienroman mit vielschichtigen Charakteren, einem spannenden historischen Hintergrund und einer berührenden Botschaft. Ein kleiner Punktabzug für die anfängliche Komplexität der vielen Erzählstränge. Doch wer dranbleibt, wird mit einer bewegenden Geschichte belohnt, die Herz und Verstand anspricht.