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Lena
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Köln

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Insgesamt 127 Bewertungen
Bewertung vom 12.07.2025
Grimaldi, Virginie

Die Sterne leuchten nur für uns


sehr gut

Finanziell sah es bei Anna als alleinerziehender Mutter schon immer knapp aus und als ihr nun auch noch der Job als Kellnerin gekündigt wird, steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Sorgen macht sie sich zudem um ihre Töchter. Während die jüngere Lily offenbar in der Schule gemobbt wird, pflegt die 17-jährige Chloé wechselnde Liebschaften und möchte kurz vor dem Abitur die Schule abbrechen.
Anna, die schon früher unter Panikattacken gelitten hat, braucht dringend eine Auszeit. Mit Hilfe einer Abfindung und des Wohnmobils ihres Vaters macht sie sich zusammen mit ihren Töchtern auf den Weg nach Skandinavien, um die Polarlichter zu sehen und sich als Familie durch die gemeinsame Zeit wieder näher zu kommen.

Der Roman wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei weiblichen Hauptfiguren geschildert. Die beiden Töchter erhalten ihre Erzählstimme durch ihre Aufzeichnungen. Während Lily an ihr Tagebuch "Marcel" schreibt, schreibt die ältere Chloé einen Online-Blog. Auf diese Weise erhält man Einblick in alle drei Persönlichkeiten und kann ihre Probleme sowie die Verbindungen untereinander besser nachvollziehen.

Anna erhofft sich von der Reise mehr Zeit mit ihren Töchtern zu verbringen, die ihr wegen der Arbeit gefehlt hat. Sie möchte verstehen, was sie verpasst hat, ihr Vertrauen zurückgewinnen und ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Selbst ist sie mit ihrer Situation überfordert, blendet ihre eigenen vorübergehend Schwierigkeiten aus und flieht vor ihnen. Chloé und Lily sind bald genervt von der Reise und würden am liebsten so schnell es geht nach Frankreich zurückkehren.

Die Geschichte bietet eine gelungene Mischung aus Reise mit neuen Eindrücken und Erlebnissen sowie einer emotionalen Reise, um wieder zu einer Einheit zu werden. Der Weg führt sie von Frankreich über Deutschland und die skandinavischen Länder bis zum Nordkap. Dabei gibt es viele magische Momente bei der Sichtung von Tieren, beim Eisbaden oder beim Beobachten der Mitternachtssonne, aber auch viel Streit. Das Zusammensein auf engstem Raum ist einerseits belastend, andererseits aber auch eine Chance.

"Die Sterne leuchten nur für uns" ist durch die verschiedenen Orte, die unterschiedlichen Sichtweisen und die Probleme der einzelnen schon aufgrund ihres Alters abwechslungsreich und unterhaltsam. Gerade Lily schreibt sehr ulkig in ihrem Tagebuch, während Chloés Online-Blog ohne Reaktionen von Nutzern weniger authentisch erscheint.

Der Roman entwickelt sich als Roadtrip einer Familie, die wieder zusammenfinden möchte, nicht weiter überraschend. Die finanziellen Fragen bleiben vor der Fahrt ungelöst und während der Fahrt kommen weitere Probleme auf, die Anna zu Hause erwarten könnten, mit denen sie nicht gerechnet hat. Gerade die Beziehung zum Vater der Kinder ist eine Komponente, die Fragen aufwirft und für Spannung sorgt.
Die ungeplante Reise ist auf den ersten Blick nicht die vernünftigste Entscheidung bei Schulden und Arbeitslosigkeit, aber ein kluger Entschluss für mehr Nähe, Verständnis und Zusammenhalt, die unbezahlbar sind.

Bewertung vom 10.07.2025
Hausmann, Romy

Himmelerdenblau


ausgezeichnet

Die 16-jährige Julie Novak verschwand am 7. September 2003 spurlos aus ihrem Elternhaus in Berlin-Grunewald. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums möchte ein True Crime-Podcast über den Cold Case berichten und zu diesem Zweck auch Julies Vater interviewen. Dieser war ein bekannter Herzchirurg an der Charité und ist inzwischen an Demenz erkrankt. Trotz seiner Erkrankung hat er Julie nie vergessen und die Hoffnung nicht aufgegeben, sie wieder zu sehen. Seine jüngere Tochter Sophia, die sich um ihn kümmert, möchte die alten Wunden nicht wieder aufreißen und ist gegen das Interview und eine erneute Medienberichterstattung.
Als mutmaßlicher Täter stand damals Julies Ex-Freund Daniel, der einige Jahre älter als seine Freundin war, im Fokus der Ermittlungsbehörden, bis davon ausgegangen wurde, dass Julie freiwillig gegangen ist. Auch Julies Vater hielt Daniel für verdächtig. Er arbeitet als Altenpfleger, hat den Makel eines möglichen Mörders oder Entführers jedoch nie ablegen können.
Liv und Phil, die für den Podcast verantwortlich sind, hoffen, dass sie mit ihrer Sendung dem Fall einen neuen Impuls geben und vielleicht sogar zur Aufklärung des Falles beitragen können. Bei ihren Recherchen stoßen sie auf Ungereimtheiten, als sie widerrechtlich das inzwischen unbewohnte Haus der Novaks betreten.

Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven der handelnden Personen geschildert, wobei nicht alle gleich zu durchschauen sind. Besonders prägnant ist die Sicht des Vaters Theo, der zumal den Bezug zur Realität verliert und Erinnerungen mit der Gegenwart vermischt. Seine Perspektive ist von Wortfindungsstörungen und Wiederholungen geprägte und ist ein gelungener Versuch, sich in die Denkweise eines an Demenz erkrankten Menschen hineinzuversetzen.

Liv, die selbst eine schwierige Kindheit hatte und Parallelen spürt, da während der Ermittlungen der Verdacht eines Missbrauchs oder Gewalt im Hause Novak aufkam, ist schon bald sehr tief in das Schicksal der Familie involviert. Ihr geht es nicht mehr nur um eine Steigerung von Hörerzahlen, sondern um Aufklärung, was mit Julie passiert ist. Dabei schließt sie bald nicht mehr aus, dass sie tatsächlich noch am Leben sein könnte.

Die Geschichte ist spannend und wendungsreich und greift passend zum True Crime-Podcast einzelne Elemente wahrer Verbrechen auf. Je mehr Details durch die Recherchen der Podcasterin ans Licht kommen, desto undurchsichtiger wird das Szenario um das Verschwinden der Teenagerin. Dafür sorgen auch die andauernden Perspektivwechsel und die Unberechenbarkeit der Charaktere. Deren Gefühle sind hingegen denkbar nachvollziehbar geschildert. Verzweiflung über ein ungewisses Schicksal, Wut über falsche Verdächtigungen und übergriffige Berichterstattungen, Hunger nach Erfolg und Bestätigung, Rachegelüste und der Wunsch nach Rehabilitation prägen die Handlungen der Charaktere.
Keinen von ihnen lässt die Vergangenheit los, was mitunter zu undurchdachten Aktionen führt.

Die Folgen von Ungewissheit und Ungerechtigkeit sowie wozu der Mensch fähig ist, um die eigene Haut zu retten, werden eindrücklich dargestellt. Jeder Charakter ist belastet, was für eine durchgängig düstere Stimmung sorgt. Ziel des Podcasts ist Gewissheit statt einem offenen Ende und das ist auch das, was die/ den LeserIn in Atem hält. Gerade für Theo, dessen klare Momente gezählt sind, hofft man, dass er Frieden finden kann.

Bewertung vom 08.07.2025
Jimenez, Abby

Say You'll Remember Me


ausgezeichnet

Durch Crowdfunding konnte Samantha entgegen des Rats des grummeligen Tierarztes Dr. Xavier Rush das Leben eines kranken Katzenbabys retten. Dieser ist sichtlich beeindruckt und lädt Samantha beim nächsten Vorsorgetermin zu einem Date ein. Gemeinsam verbringen sie einen turbulenten Abend, der gar nicht mehr enden will. Samantha entdeckt, wie fürsorglich und liebenswert Xavier ist, der sich neben seinem Fulltime-Job ehrenamtlich für die Tierrettung einsetzt. Xavier hingegen genießt Samanthas offene und optimistische Art. Doch der erste gemeinsame Abend ist gleichzeitig der letzte von Samantha in Minnesota. Am nächsten Morgen zieht sie in ihre Heimat Kalifornien, um ihre Familie bei der Pflege ihrer dementen Mutter zu unterstützen.
Ein Besuch Xaviers in Kalifornien wenig später beweist, wie viel die beiden bereits für einander empfinden, aber sie möchten vernünftig sein, denn eine Fernbeziehung ergibt auf die Dauer keinen Sinn und weder Samantha noch Xavier können auf absehbare Zeit zum jeweils anderen ziehen. Doch ist wenig gemeinsame Zeit nicht besser als gar keine gemeinsame Zeit?

Der Roman wird abwechselnd aus der Perspektive einer der Hauptfiguren geschildert. Sehr schnell ist offensichtlich, dass beide schwer verliebt sind, sie jedoch vor dem Problem stehen, dass sie nach dem Umzug von Samantha zukünftig 3.000 km von einander entfernt wohnen. Samantha möchte eine Fernbeziehung zunächst erst gar nicht versuchen, aber die Sehnsucht ist größer.
Sehr realistisch ist das Dilemma beschrieben, dass beide an einen anderen Ort gebunden sind - emotional oder beruflich. Xavier hat sich erst vor zwei Jahren mit einer Tierarztpraxis selbständig gemacht und ist hoch verschuldet und Samantha möchte noch möglichst viel Zeit mit ihrer Mutter verbringen, bevor diese ihr komplett entgleitet.

Die romantische Liebesgeschichte wird in Bezug auf beide Hauptfiguren mit tiefer gehenden Problemen verknüpft. Samanthas Familie teilt sich auf, um rund um die Uhr für Mutter, Ehefrau oder Tochter da sein zu können, die viel zu früh an Demenz erkrankt ist und entsprechende Betreuung benötigt. Xavier hat eine grausame Kindheit verbracht und wird unangenehm damit konfrontiert, dass seine Eltern die Nähe zu ihm suchen. Um Samantha möglichst häufig sehen zu können, übernimmt er bis an die Belastungsgrenze zusätzliche Nachtschichten in der Notaufnahme.
Roter Faden der Handlung sind die Erinnerungen, wie es auch der Titel widerspiegelt. Samantha und Xavier möchten viele gemeinsame Erinnerungen schaffen, haben dafür aber nur begrenzt Zeit. Samantha möchte die schönen Erinnerungen an ihre Mutter konservieren, während Xavier seine Kindheit am liebsten vergessen würde. Samanthas Mutter kann sich hingegen nicht dagegen wehren, ihr Leben, ihre nahen Angehörigen und sich selbst zu vergessen.

Die Geschichte hat eine ausgeglichene Balance aus schwierigen Themen und humorvollen Szenen. Die Folgen von Demenz für eine Familie wie auch ein Trauma aus Kindheitstagen werden sensibel mit der Liebesgeschichte verbunden. Die Geschichte bewegt zudem durch die beschriebene Distanz und die Sehnsucht, die zwischen den beiden Liebenden herrscht. Running Gags ("Come on, Eileen", Katzen-Popoloch) nehmen ihr die Schwere und sorgen für lebendige und unterhaltsame Dialoge.
Die Liebesgeschichte ist angenehm erwachsen und ehrlich geschildert, ohne durch Lügen oder Missverständnisse unnötiges Drama zu erzeugen. Samantha und Xavier sind räumlich weit getrennt, stehen sich jedoch emotional nahe. Während anfangs Dates geplant werden, um etwas Besonderes zu erleben, ist es bald noch schöner, gemeinsam einen Alltag zu leben. Die Sehnsucht und Hoffnung auf eine gemeinsame, leichtere Zukunft wächst und sorgt für anhaltende Spannung.

Bewertung vom 07.07.2025
Da Costa, Mélissa

All das Blaue vom Himmel


ausgezeichnet

Émile ist 26 Jahre alt, als er erfährt, dass er an früher Alzheimer-Demenz erkrankt ist und voraussichtlich noch zwei Jahre zu leben hat. Er entschließt sich gegen die Teilnahme an einer Studie zur Erforschung der seltenen Krankheit. Er möchte auch niemandem zur Last fallen und seiner Familie und seinen Freunden nicht als hilflos und degeneriert in Erinnerung bleiben. Stattdessen kauft er ein Wohnmobil und gibt eine Anzeige auf, dass er eine Begleitung für seine letzte Reise sucht. Unerwartet meldet sich eine junge Frau, die ihn ohne weitere Fragen zu stellen, begleiten möchte. Joanne gibt selbst wenig von sich preis und so fahren sie gemeinsam los in Richtung Pyrenäen. Während sie sich in der Stille der Natur allmählich besser kennenlernen, reflektiert Émile die letzten Stationen seines Lebens, insbesondere die Beziehung zu seiner Freundin Laura, die ihn vor einem Jahr verlassen hatte und erkennt, welche Fehler sie beide gemacht haben. Auf der vor allem seelisch anstrengenden Reise spürt er wider erwartend durch Joanne und die Begegnungen mit anderen Fremden, die zu Freunden werden, neuen Lebensmut.

Vor dem Hintergrund der tödlichen Erkrankung, die ein Leben viel zu früh und auf grausame Weise zu beenden vermag, ist die Geschichte emotional ergreifend.
Émile hat bei Aufbruch der Reise sein Schicksal angenommen und sich bewusst für einen heimlichen Abschied entschieden, weshalb der Roman nicht rührselig ist. Auch die ruhige und nüchterne Art von Joanne führt zu keinen dramatischen Gefühlsausbrüchen. Die Geschichte entwickelt sich stattdessen zu einer Reise durch Südfrankreich und die Erinnerungen, zu einem Abenteuer zweier Fremder, die beide aus unterschiedlichen Gründen auf der Flucht sind.

Durch die wechselnden Aufenthaltsorte, die Menschen, denen sie begegnen und die Probleme, mit denen die Hauptfiguren konfrontiert werden, ist die Geschichte lebendig und abwechslungsreich. Die Erinnerungen Émiles sorgen dafür, tiefer in sein Leben einzutauchen und ihn noch besser kennenzulernen. Joannes Zurückhaltung weckt die Neugierde in ihm, mehr über die magere Vegetarierin zu erfahren, die sich ganz in Schwarz kleidet und über Stunden meditieren kann.
Auf engstem Raum findet eine Annäherung statt und Joanne wird vor allem auch aufgrund Émiles Erkrankung, deren Symptome sich unregelmäßig zeigen, zu einem wichtigen Halt. Im Verlauf der Geschichte wechselt der Schwerpunkt mitunter auf Joanne, deren Motive für die Reise ähnlich bewegend sind. Mit dem Hintergrund wird nachvollziehbar, warum Joanne die Verantwortung für Émile übernimmt und treu an seiner Seite bleibt.

Joanne und Émile blühen beide gemeinsam auf, sind mit der Einfachheit des Lebens zufrieden, glücklich in der Natur und spüren die Freiheit. Doch auch die Schattenseiten werden nicht ausgeklammert, wenn Émile durch seine Blackouts bewusst wird, dass die Krankheit ihn auch auf seiner Reise begleitet und für Angst, Wut und Traurigkeit sorgt. Mit Hilfe eines Reisetagebuchs unter der Prämisse "Der wahre Reisende macht eine Reise um sich selbst." notiert er seine Erlebnisse und hält zudem die Erinnerungen an seine Familie und Freunde wach.

Der Weg ist körperlich beschwerlich, aber noch schwerer wiegen die emotionalen Umstände. Die Schilderung der Verschlechterung des geistigen Zustands und wie Émile wieder zu einem Kind wird, erscheint authentisch. Es ist eine Reise ohne Wiederkehr, die versöhnlich ist und für Émile wichtig, sein Leben auf diese Weise selbstbestimmt und in Würde zu beenden. Die warmherzig geschilderte Geschichte ist die Begleitung einer ungewöhnlichen Schicksalsgemeinschaft, die schmerzhaft und tröstlich zugleich ist. Für das Ende sollte man dennoch Taschentücher bereithalten.

Bewertung vom 05.07.2025
Hazelwood, Ali

Problematic Summer Romance - Die hitzige Unzulässigkeit der Liebe


gut

Maya ist 23 Jahre alt und seit drei Jahren unsterblich in Conor Harkness, den besten Freund ihres Bruders Eli verliebt, die zusammen ein erfolgreiches Startup gegründet haben. Conor hält sie jedoch auf Distanz und möchte das Machtgefälle nicht ausnutzen, dass sich aus dem 15-jährigen Altersunterschied und seinem Reichtum ergibt. Mehr als freundschaftliche Telefonate sind für ihn nicht drin.
Maya kann sich Conor jedoch nicht aus dem Kopf schlagen. Als ihr Bruder heiratet und alle Hochzeitsgäste für eine Woche nach Taormina auf Sizilien einlädt, treffen Maya und Conor nach langer Zeit wieder physisch auf einander. Maya signalisiert ein eindeutiges Interesse, während Conor sie weiterhin abblitzen lässt. Zumindest einerseits. Andererseits wirft er ihr eindeutige Blicke zu und reagiert eifersüchtig und besitzergreifend, wenn sie mit anderen Männern flirtet.

"Problematic Summer Romance" knüpft lose an den Roman "Not in Love" an, den ich selbst nicht gelesen habe. Auch wenn man nicht alle Hintergründe zu den handelnden Personen kennt, ist ein Vorwissen zum Verständnis der Geschichte nicht nötig.
Der Roman wird aus der Perspektive von Maya erzählt und handelt in der Gegenwart an den sieben Tagen vor der Hochzeit auf Sizilien. Einzelne Rückblenden schildern was sich in den drei Jahren zuvor zwischen Maya und Conor ereignet hat.

Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Er will sie, sie will ihn, aber er lässt sie nicht ran. Der Altersunterschied mag nicht klein sein, aber Conors Angst vor einem Machtgefälle wirkt doch reichlich überzogen. Er ist weder ihr Lehrer, noch ihr Vorgesetzter, noch steht sie sonst in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihm. Umso widersinniger ist sein Verhalten, denn indem er sie gängelt, ihre Beziehung seit drei Jahren zu seinen Bedingungen definiert, ihr Geschenke macht und Verbote erteilt, zementiert er genau das, was er problematisch findet.

Das Problem Age Gap dominiert beide Zeitebenen über fast 500 Seiten, was unweigerlich zu Längen und Wiederholungen führt.
Die Hochzeit und das schöne Setting auf Sizilien rücken dabei sehr in den Hintergrund, auch wenn versucht wird, die Geschichte mit ein paar Pleiten, Pech und Pannen - von Lebensmittelvergiftung bis zur Naturkatastrophe - einem zauberhaften Kleinkind und einem liebenswerten Hund aufzupeppen. Die Dialoge unter den Freunden, allesamt privilegierte Akademiker, sind durchaus witzig und auch kann man die erwarteten Summervibes in der Villa an der Küste mit Blick auf den Ätna und die Isola Bella spüren.

Das Verhalten der männlichen Hauptfigur, das zwischen platonischem Freund, väterlichen Ratgeber, Therapeut und Sexspielzeug schwankt, ist das große Problem der Sommerromanze und nicht der Altersunterschied als solcher. Conor erscheint eher bemitleidenswert statt sexy, wenn in Mayas Gegenwart nicht mehr sein Hirn die Kontrolle hat. Dass Maya ihn bei jeder Gelegenheit so bereitwillig ranlässt und emotional verhungert, macht es nicht besser.
Die Slow Burn-Sommerromanze konnte im Gegensatz zum Ätna deshalb nicht ganz zünden. Das Ende wirkte nach den drei Jahren Unentschlossenheit überhastet und als ob Conors letzte Tage wirklich bald gezählt wären.

Bewertung vom 05.07.2025
Rubik, Kat Eryn

Furye


sehr gut

Die 37-jährige, namenlose weibliche Hauptfigur ist erfolgreiche Musikmanagerin, deren Gesicht zuletzt auf dem Cover der VOGUE-Business zu sehen war. Hinter der schönen Fassade ahnt niemand, dass sie mit psychischen Problemen zu kämpfen hat. Zudem ist ihr Vater kürzlich an Krebs gestorben, was ihre Mutter nur schwer verwunden hat. Als sie dann auch noch eine niederschmetternde Nachricht erhält, die sie ihre Zukunft noch düsterer sehen lässt, nimmt sie sich eine Auszeit und fährt an den Ort, wo sie aufgewachsen ist.
Dort war sie eine der drei Furien, eine Clique von drei 17-jährigen Mädchen, die an der elitären Schule Außenseiterinnen waren. Die impulsive Meg litt unter der alkoholkranken, desinteressierten Mutter, die schüchterne Tess unter einem prügelnden Vater und einer wehrlosen Mutter und sie selbst, mit dem Spitznamen Alec, an den ärmlichen Verhältnissen als Tochter von Einwanderern. Dort verliebte sie sich auch in den schönen Romain und den trifft sie nun 20 Jahre später wieder.

Der Roman handelt auf zwei Zeitebenen aus der Sicht von Alec, wobei die Vergangenheit auf der Grundlage ihres Notizbuchs aus der Zeit als Teenager wiedergegeben wird. Von den drei Furien war Meg die dominante, die so voller Wut war. Ihre Schimpftiraden richteten sich gegen patriarchale Strukturen und ihre Rachegelüste gegen Lehrer, Väter und Männer, die Grenzen überschritten. Gleichzeitig liebte sie es zu provozieren und Männer herauszufordern. Alec hingegen war frisch verliebt, auch wenn ihr der Klassenunterschied zu dem reichen Romain Probleme bereitete.

20 Jahre später fühlt sich Alec innerlich leer und kehrt dorthin zurück, wo sie etwas zurückgelassen hat, was sie in der Gegenwart nicht mehr erreichen kann. Neben quälenden Erinnerungen hat sie Megs Stimme im Ohr, die weiterhin auf Rache aus ist.

Durch Andeutungen ist frühzeitig zu erahnen, was sich in der Vergangenheit ereignet hat und die bittere Parallele zur Gegenwart zu erkennen. Spannend bleibt dabei, was sich Alec von ihrer Reise in die Vergangenheit erhofft und welche Rolle Romain darin spielt.

Die Geschichte ist furios, bitter, traumatisch und brutal. Sowohl in der Gegenwart als auch in der Vergangenheit werden leidenschaftlich Grenzen überschritten, überwiegend aus Wut statt aus Liebe. Sie handelt von Depressionen, Alkoholismus, Gewalt, Vernachlässigung, Suizid, Demenz, Einsamkeit und unerfülltem Kinderwunsch. Die Themen gehen dabei fließend ineinander über, so dass sie selbst bei der übersichtlichen Anzahl an handelnden Personen nicht zu viel sind. Aus der Ich-Perspektive erscheint sie zudem eindringlich und authentisch und lässt die Frage offen, ob aufgrund der Anonymität autobiografische Züge enthalten sind.
Enttäuschend ist jedoch das idealisierte, träumerische Ende, das im Vergleich zu dem sonst so mutigen Buch nicht stimmig wirkt.

Bewertung vom 03.07.2025
McFarlane, Mhairi

Und plötzlich ist es wunderbar


sehr gut

Edie Thompson hatte als Ghostwriterin seiner Autobiografie den berühmten Hollywood-Schauspieler Elliot Owen kennen- und lieben gelernt. Die Beziehung zu einer Person im Rampenlicht und das Stehen in der Öffentlichkeit hatten sie überfordert, weshalb Edie ihre Liebesgeschichte schweren Herzens beendet hatte.
Monate später steht Elliot unerwartet an Weihnachten vor ihrer Tür und macht ihr eine Liebeserklärung, der sie nicht widerstehen kann. Beide hatten nie aufgehört, den anderen zu lieben, aber an den Umständen hat sich nichts geändert und so merkt Edie schnell, dass sie an ihre Grenzen kommt, was ihr Herz aushalten kann.
Aufgrund der Entfernung zwischen New York in den USA und Nottingham in England sehen sich die beiden nur selten und Edie muss mehr als ihr lieb ist über ihren Liebsten aus der Presse entnehmen. Zudem tragen ihre KollegInnen in der Werbeagentur ihren Fauxpas der Vergangenheit nach, weshalb ihr neuer unvoreingenommener und charmanter Kollege Declan ein willkommener Lichtblick ist.

„Und plötzlich ist es wunderbar“ knüpft an den 2017 veröffentlichten Roman „Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt“ an und gibt der gescheiterten Liebesgeschichte von Edie und Elliot eine zweite Chance. Auch wenn man Edie und Elliot durch die Geschichte neu kennenlernen kann, ist es hilfreich, den Vorgängerroman gelesen zu haben, denn es wird häufig inhaltlich darauf Bezug genommen.

Die Geschichte ist aus der Perspektive der 36-jährigen Edie geschrieben, die meint, mit Elliot den Richtigen gefunden zu haben und gleichzeitig Angst hat, dass ihre Liebe zum Scheitern verurteilt ist. Elliot ist in dieser Hinsicht wesentlich zuversichtlicher und versucht alles, um Edie ihre Zweifel zu nehmen.
So wird ein Teil der Handlung des letzten Romans wieder aufgegriffen und die Geschichte tritt dabei ein wenig auf der Stelle, wenn wegen der Diskrepanz eines einfachen Mädchens vom Land und einem reichem Filmstar gehadert wird. Eifersüchteleien, Misstrauen und Komplexe, nicht genug zu sein, prägen die Beziehung, genauso wie das unangenehme Eindringen der Presse in Elliots und Edies Privatsphäre.

Nach der emotionalen Liebeserklärung mag der Funke zwischen den beiden nicht so richtig überspringen, was womöglich der räumlichen Distanz geschuldet ist. Es gibt zu wenig gemeinsame Szenen, die ihre gemeinsame Verbindung spüren lassen und echte Emotionen wecken. Spannungsmomente kommen mehr durch die Frage auf, wer gegen Edie und Elliot integriert und die junge Beziehung durch geschickte Involvierung der Medien sabotiert. Doch je mehr Konflikte sich auftun, desto mehr Leidenschaft kommt in den Hauptfiguren auf und lässt bis zum Ende mitfiebern, ob sie aus der anfänglichen Euphorie etwas Festes entstehen lassen können.

Der Roman ist wie von der Autorin gewohnt wortgewandt, voller schlagfertiger, witziger Dialoge und interessanter Nebencharaktere. Der Schreibstil ist zudem durch zahlreiche Kurznachrichten, Pressemeldungen und Zeitungsartikel abwechslungsreich und unterhaltsam.
Die Liebesgeschichte stockt ein wenig, kann jedoch im weiteren Verlauf durch offene und ehrliche Gespräche überzeugen, die viele Wahrheiten in sich tragen, die ins wirkliche Leben übertragbar sind. Doch auch die Eingriffe in die Privatsphäre sowie die Rolle von Social Media, Paparazzi und Presse sind nicht nur sehr präsent, sondern authentisch dargestellt.

Dem Happy End zu Beginn folgt keine unbeschwerte Romanze mit Schmetterlingen im Bauch, sondern die andauernde Frage, ob die Liebe allein genug für eine stabile Beziehung ist oder ob die gegensätzlichen Lebensumstände sowie der Druck in der Öffentlichkeit zu stehen, nicht zu viel sind. Vertrauen ist die Basis, die nötig ist, um der Liebe eine Chance zu geben.

Bewertung vom 28.06.2025
Jónasson, Ragnar

HULDA Bd.4


ausgezeichnet

Weihnachten 1960 verschwand ein Baby spurlos aus seinem Elternhaus. 20 Jahre später wird der Teddy des Jungen in einer Anglerhütte am anderen Ende des Landes gefunden. Die junge Polizistin Hulda Hermannsdóttir wird mit den Ermittlungen betraut. Sie hofft sich mit der Lösung des Falls für eine Beförderung beweisen zu können, was als Frau immer noch schwierig ist.
Gegen ihren Willen muss sie zusammen mit einer ebenfalls noch jungen Polizistin in der abgelegenen Gegend ermitteln, wo sie in einem Bauernhaus bei Personen wohnen, die Zugang zu der Anglerhütte hatten und damit zu den Verdächtigen zählen. Die Angehörigen des verschwundenen Babys sind wenig kooperativ, glauben sie doch nicht mehr an ein Wiedersehen mit ihrem Kind oder Enkel. Bevor Hulda mit den wenigen möglichen Zeugen und Verdächtigen sprechen konnte, wird die Leiche eines alten Mannes gefunden.

"HULDA" ist das Prequel der zur "HULDA"-Trilogie und handelt damit zeitlich vor den bereits erschienen Teilen der Reihe, als Hulda Anfang 30 ist, sich beruflich in einer Männerdomäne durchsetzen muss und privat an der Zukunft ihrer Ehe zweifelt.

"HULDA" ist als Thriller deklariert und nicht nur aufgrund der Tatsache, dass das Buch mit nicht einmal 300 Seiten und großer Schrift vergleichbar mit einem Kinderbuch einen Cold Case kurz und dynamisch darstellt, spannend inszeniert. Da jedoch die polizeilichen Ermittlungen klar im Vordergrund stehen, fühlt sich das Buch eher wie ein klassischer Kriminalroman an.

Die junge Hulda ist nicht so verbittert wie man sie als ältere Polizistin bereits kennt, sondern ehrgeizig und ambitioniert, wenn auch mit ihrer kühlen Art nicht unbedingt sympathisch. Ihre Person wie auch die düstere Stimmung machen jedoch auch den besonderen Charme der Reihe aus.

Der Fall ist am Ende aufgrund Huldas Instinkt schnell gelöst und zeugt von einer Tragödie und dunklen Familiengeheimnissen. Hulda ist als junge Mutter trotz ihrer reservierten Art emotional involviert, kehrt voller Stolz nach Reykjavík zurück, wo sie jedoch eine beunruhigende Überraschung erwartet.
Ich hoffe auf weitere Teile der Reihe und bin zudem gespannt auf die Umsetzung als Fernsehserie "The Darkness".

Bewertung vom 23.06.2025
Pfister, Kristina

Nach dem Sommerregen


sehr gut

Viele unbeschwerte Sommer und Wochenenden hat die Familie Ritter in ihrem Ferienhaus, der Ritterburg, verbracht. Auch als Erwachsene kommen sie dort zu Festen zusammen, wo so allerhand Ausrangiertes lagert und schwelgen in Kindheitserinnerungen.
Zum 70. Geburtstag von Vater Walter ist die Stimmung in dem Ferienhaus nicht feierlich, sondern gedrückt. Mutter Marianne reist verzögert an, Walter ist eifersüchtig auf einen Verflossenen seiner Ehefrau, Jonas' Ehefrau Julia erscheint gar nicht, Cecilia, die ihrer Meinung nach zu wenig Unterstützung von Per-Olov erhält, ist als junge Mutter gestresst und die jüngste Marika ist schwanger und weiß gar nicht, ob sie mit dem Vater des Kindes, den sie erst wenige Monate kennt, zusammenbleiben möchte.
Im Herbst, als alle krisengebeutelt Zuflucht in der Ritterburg suchen, kommt auf, dass Marianne nicht nur ausmisten, sondern sich auch von ihrem Mann trennen und das gemeinsame Ferienhaus verkaufen möchte.

Aufgeteilt in die vier Jahreszeiten werden jeweils wenige Tage im Sommer, Herbst, Winter und Frühling eines Jahres erzählt, wobei in jedem Abschnitt jeweils eine Hauptfigur in den Fokus rückt. Unabhängig von der jeweiligen Perspektive beginnt jedes Kapitel mit einem Dialog oder einer Nachricht, die mehr Hintergründe über die Probleme der einzelnen Paare offenbart.

Die Geschichte ist lebendig und unterhaltsam geschrieben. Die Dialoge sind lebensecht und familientypisch. Mit Streitigkeiten und Neckereien zeigen sie die Dynamik untereinander und wer welche Rolle in der Familienkonstellation einnimmt. Dabei werden auch die Alltagsprobleme offensichtlich und wie sich Beziehungen verändern. Langjährige Verbindungen werden brüchig, Menschen leben sich auseinander oder stellen neue Erwartungen an das Zusammenleben. Andere haben Schwierigkeiten, mit Veränderungen umzugehen und sind verunsichert, ob sie die Folgen bewältigen können.

Für die erwachsenen Kinder ist es schwer zu sehen, dass ihre Eltern vor einem Dilemma stehen, wenn ihr Mutter noch mehr erleben möchte, als ihr bequemer Vater. Das Ausmisten in ihrer Ritterburg fällt vergleichsweise leicht, aber aufgeben möchten sie das Haus dennoch nicht. Zudem haben sie alle mit ganz eigenen Beziehungsproblemen zu kämpfen, die sie mit sich selbst ausmachen.
Unvorstellbar ist, dass die große, verantwortungsbewusste Schwester Probleme in ihrer Vorzeigeehe haben kann. Auch dass die Ehe von Sandwichkind Jonas am Ende sein soll, ist kaum fassbar, nachdem Julia und er seit ihrer Jugend ein Paar sind. Da muss doch zumindest Nesthäkchen Marika als werdende Mutter mit dem so engagierten Vater des ungeborenen Kindes glücklich sein.

Im Verlauf des Jahres erhält man einen sehr lebhaften Einblick in eine Familie, in der gerade ganz viel im Umbruch ist und für Unsicherheit sorgt. Mit dem Verkauf des Ferienhauses droht der Verlust eines wichtigen Fixpunkts und eines Stücks heile Welt, nach dem sich der Großteil der Ritters sehnt.

Auch wenn die Gründe nachvollziehbar sind, warum es in den Beziehungen kriselt, erscheint es konstruiert, dass es in einer Familie gleich vier Paare gleichzeitig betrifft. Aus diesem Grund können die zahlreichen Probleme zudem nicht vertieft dargestellt werden, zumal der Blick immer nur auf eine Hälfte des Paares gerichtet ist.

Dennoch überzeugt der Roman mit einem einnehmenden Schreibstil und einem originellen Aufbau sowie individuell gezeichneten Charakteren. Es ist eine wehmütige, aber keinesfalls bedrückende Geschichte über das Erwachsenwerden, über Loslassen und Abschiednehmen, über das Einstehen für die eigenen Bedürfnisse, aber auch den festen Zusammenhalt in einem Familienkomplex, der sich neu formiert.

Bewertung vom 22.06.2025
Clarke, Norie

Neuanfang in Notting Hill


gut

Jess wurde von ihrem Freund finanziell betrogen und wohnt seitdem bei ihrer besten Freundin Debs und ihrer Familie. Debs ist zum vierten Mal schwanger, weshalb Jess nicht weiter ein Zimmer blockieren kann. Kurzerhand antwortet sie auf ein Zeitungsinserat und kann als Untermieterin bei der älteren Dame Joan einziehen, die alleine im selben Stadtteil, Notting Hill, wohnt. Joan hat zwar einen Sohn und eine befreundete Nachbarin, hat sich aber darüber hinaus komplett in sich zurückgezogen. Mit Jess kommt wieder Leben und Freude in ihre Wohnung. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach neuen Partnern. Jess zeigt Joan, wie sie online gehen kann und erstellt ein Profil per App, während Jess offline geht und über eine Kontaktanzeige nach einem Mann sucht.
Allmählich beginnt sich Joan zu öffnen und erzählt von ihrer ersten großen Liebe, die romantisch, aber tragisch war. Währenddessen muss Jess um ihren Arbeitsplatz, ein Kino kämpfen, das bald seinen 100. Geburtstag feiert und so viele Erinnerungen birgt, mangels Rentabilität jedoch verkauft werden soll. Höchstbietender ist ausgerechnet Joans Sohn Edward.

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven von Jess und Joan erzählt. Daneben gibt es Nachrichten, Briefe und Zeitungsinserate, die den Inhalt der Geschichte weiter veranschaulichen und für einen abwechslungsreichen Erzählstil sorgen.

Den Erwartungen an einen Roman dieses Genres entsprechend, entwickelt sich die Geschichte in ihren Grundzügen nicht überraschend. Die beiden Frauen profitieren vom Einzug der Jüngeren, nähern sich an und teilen ihre Vergangenheit. Joan erzählt Jess allmählich von ihrer großen Liebe Joseph, während Jess sich in Bezug auf ihren letzten Freund mehr zurückhält. Beide versuchen mit ihrer Vergangenheit abzuschließen, um offen für Neues sein zu können. Jess kann Joan aus ihrem Schneckenhaus locken und Joan bringt Jess auf die Idee, ganz nostalgisch über eine Kontaktanzeige nach einem Mann zu suchen. Jess beginnt daraufhin einen Briefaustausch mit Mr PO Box, wobei allzu offensichtlich ist, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt. Für größere Konflikte sorgt dies allerdings nicht.

Die Geschichte handelt innerhalb nur weniger Wochen, weshalb die Charakterentwicklung zu schnell voranschreitet und insbesondere in Bezug auf Joan, die Jahre der Zurückgezogenheit nach dem abrupten Einzug Jess' überwindet, die eine regelrecht jesusartige heilsame Wirkung auf sie hat, nicht realistisch erscheint. Auch die Suche nach Jess' Exfreund und Klärung der Trennung ist stark vereinfacht dargestellt.

Der gemeinsame Faden mit den Zeitungsannoncen und Liebesbotschaften ist süß und mutet herrlich nostalgisch an. Auch der Kampf um die Rettung des Kinos, in dem Jess arbeitet und das ihr so am Herzen liegt, vermittelt mit der Erwähnung alter Filme einen Hauch von Nostalgie.

"Neuanfang in Notting Hill" ist eine warmherzige Geschichte über Vergangenheitsbewältigung, Neuanfänge und zweite Chancen, die die Generationen verbindet und vom Mut handelt, die eigene Komfortzone verlassen. Die Problemlösungen sind allesamt simpel und die Liebesgeschichten sind weniger vordergründig als gedacht. Während Joans große Liebe durch ihr Scheitern Emotionen weckt, ist die gegenwärtige Liebesgeschichte von Jess wenig romantisch und bedient vorhersehbar den Trope Enemies to Lovers.
Der Roman ist unaufgeregt nett und vermittelt ein paar schöne Botschaften, reicht jedoch in Bezug auf Charme und Romantik bei Weitem nicht an die erwähnten Filme "Notting Hill" oder "e-m@il für Dich" heran.