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BK

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Insgesamt 237 Bewertungen
Bewertung vom 30.07.2025
Schlosser, Antonia;Kestler, Katharina;Bartelmus, Lisa

Wilde Berge des Balkan


ausgezeichnet

Rucksackabenteuer
Das Buch „Wilde Berge des Balkan“ brachte mich schon nach dem ersten Durchblättern zu der Frage: Wo sind eigentlich meine Wanderschuhe? Natürlich kann man nicht vom Lesesessel aus direkt in Albanien den Berg besteigen und eine Fernwanderung unternehmen, aber die Gruppe sympathischer Frauen weckt auf jeden Fall die Lust auf ein Abenteuer.
In unterschiedliche Perspektiven, da die drei Autorinnen jeweils unterschiedliche Kapitel übernehmen, starten wir im Kosovo bei Regen und der Suche nach Campinggas, nicht gerade ideal. Und gehen dann in unberührte Natur ohne große Touristenmaßen über. Die Mitwirkenden an diesem Werk hatten sichtlich Spaß und lassen mich Leserin durch ihren lockeren Schreibstil daran teilhaben.
Die farbigen Fotoabzüge in der Mitte halfen mir die beschriebene Fernwanderung und Begebenheiten vor meinem inneren Auge erstehen zu lassen. Die Doku in der Mediathek ist eine tolle Ergänzung zum Buch.
Die Bergfreundinnen haben wieder einen lebendigen Erlebnisbericht mit praktischen Tipps geschaffen.

Bewertung vom 30.07.2025
Andrea, Jean-Baptiste

Was ich von ihr weiß


sehr gut

Rückblick aufs Leben
Der Erzähler des Buchs, Michelangelo Vitaliani genannt Mimo, liegt im Sterben. Dabei stehen ihm die Mönche eines Klosters bei, indem er die letzten 40 seines gut 80jährigen Daseins verbracht hat. Bei der Revue auf sein Leben beginnt er in seiner Jugend zur Zeit des ersten Weltkriegs, als sein Vater starb und er von Frankreich nach Italien (das Herkunftsland seiner Eltern) zurückkehrte. Dort begegnete er der reichen und gebildeten Viola, deren Persönlichkeit sein weiters Leben beeinflusst.
Der Prix-Goncourt-Aufkleber, der mich zum Buch greifen lies, versprach nicht zu viel. Autor Jean-Baptiste Andrea schreibt seinen neusten Roman mit großer Sogkraft. Gelegentlich etwas wortreich führte er mich doch zügig durch das 500 Seiten starke Werk.
Eine kunstvolle Reise ins Italien des 20. Jahrhunderts, welche ich gerne gelesen habe.

Bewertung vom 17.07.2025
Nola, Fabio

Commissario Gaetano und der lügende Fisch / Commissario Gaetano Bd.1


weniger gut

Kopflos
Neapel im Spätsommer: ein großer Feiertag (St. Gennaro) steht an und die Polizei wappnet sich für den Ausnahmezustand der in der Stadt damit einhergeht und ist damit an der Belastungsgrenze. Kommissar Gaetano ist auch schon fest eingeteilt, als Ianus Capuano in seinem Büro erscheint und um Hilfe bittet. Nicht zu früh, denn noch am selben Tag ist der Mann tot.
Mit reichlich Manpower wird sich rasch an die Ermittlungen gemacht, die nur schleppend in Gang kommen. Reichlich Lokalkolorit und familiäre Verwicklungen, die der Autor mit einstreut, lenken das Geschehen von der Enthauptung ab. Die Ermittlungen gleichen mehr einem Ratespiel als strategischem Vorgehen. So erscheint Commissario Gaetano gelegentlich auch etwas kopflos, da ihm Schlafmangel und seine Nichte sowie Bruder zu schaffen machen.
Positiv fand ich die persönlichen Einblicke des Autors auf die Bevölkerung und deren Eigenheiten und Stadtgeschichte.
Die Lösung des Falls ist langatmig und gleicht einer Dauerschleife. Der Titel des Buchs passt nicht zum Inhalt.

Bewertung vom 13.07.2025
Strohmeyer, Anette

Die Frau und der Fjord


ausgezeichnet

Innen wie außen wunderschön
Gor hat sich von der Zivilisation zurückgezogen und lebt seit mehren Monaten einsam an einem norwegischen Fjord. Der Anlass hierfür war der plötzliche Tod ihres Ehemanns Nicklas nach einem Autounfall. Einziger Kanal nach außen ist ein Radio um die tristen Gedanken zu vertreiben, die in ihrem Kopf vorherrschen. Die Motivation zu Alltäglichem fällt ihr schwer. Die Autorin entblättert Facette für Facette ihrer Protagonistin und legte ihre Schmerzpunkte frei. Sie transportiert Gefühl und eine tiefe Ruhe, die an den Lofoten vorherrscht. Seien es die Ruhe oder das Leben als beinahe Selbstversorgerin: Gor findet den Weg zurück ins Leben.
Anette Strohmeyer hat ein großes Talent für Beschreibungen. Seien es die schwermütigen Gefühle der Protagonistin oder die besondere Szenerie und Landschaft nördlich des Polarkreises.
Ein Buch das eine Leseempfehlung wert ist.

Bewertung vom 19.06.2025
Bilkau, Kristine

Halbinsel


ausgezeichnet

Begeisterung
Ich las das Buch Halbinsel von Kristine Bilkauf auf eine Empfehlung hin. Und gleiche vorweg: ich las es in einem Rutsch durch.
Es geht um um die Endvierzigerin Annett und ihre Tochter Linn. Letztere kehrt für einen Genesungsaufenthalt in ihr Elternhaus zurück. Ihren Vater bzw. Ehemann verloren die beiden bereits im Kindergartenalter der Tochter. Erst nach und nach werden die wahren Umstände um die beruflichen und persönlichen Verwerfungen der Tochter bekannt. Die beiden müssen wieder zueinander finden.
Die Seiten flogen nur so dahin, der Schreibstil der Autorin gefiel mir durchweg. Sie beschrieb eine besorgte Mutter ohne Aufregung zu verbreiten. Sie verlieh der zügig voranschreitenden Erzählung sanfte Wendungen. Mag mancher auch behaupten es passiere wenig, aber ins Innere ihrer Protagonistin lässt die Verfasserin viele Einblicke zu.
Das schmale Büchlein hatte für mich mehr Erzählkraft als dreimal so dicke Wälzer. Auch von mir eine klare Empfehlung.

Bewertung vom 17.06.2025
Valla, Kristin

Ein Raum zum Schreiben


sehr gut

Sehnsuchtsort
Die Ich-Erzählerin in diesem Buch beschreibt ihren Weg und Beweggründe sich ein verfallenes Haus zum Schreiben im Süden Frankreich gekauft zu haben. In die Geschichte hinein webt sie Gegebenheiten historischer Persönlichkeiten und Literaturschaffender, die ebenfalls einen solchen Rückzugsort bedurften. Viel mehr beschreibt die Autorin in ihrer (vermutlich auch) eigenen Geschichte den Weg zurück zur Literatur. Kristin Valla war mit ihren früheren Werken eine gefeierte Autorin, über die Grenzen Norwegens hinweg bekannt.

Ich bin Fan des Mare-Verlags. Optische aber auch inhaltliche Qualität sind stets hervorragend. Bisher hatte ich noch kein Werk der Autorin gelesen. Kristin Vallas hadern nach ihrer Mutterschaft kann ich gut nachvollziehen. Dankbar für gesunde Kinder und Familie möchte man dort anknüpfen, wo man vor der Familiengründung stehen geblieben war. Auch wenn ihre Entscheidung rational schwer nachzuvollziehen ist (heranwachsende Kinder, die Entfernung zwischen Norwegen und Frankreich), hat mir die Erzählung gefallen.

Bewertung vom 16.06.2025
Lönnqvist, Anna

Verliebt in Stockholm


gut

Wurde meinen Erwartungen nicht gerecht
Mira ist freischaffende Geigerin in Stockholm und hat eine lose Affäre mit dem international bekannten Geiger Allessandro. Die Karriereaussichten der 33-jährigen auf eine Festanstellung werden durch gesundheitliche Beeinträchtigungen in ihrer Schulter gefährdet.
Mira stammt aus nicht ganz einfachen Familienverhältnissen aus Lulea. Dies erfahren wir aus einer zweiten Erzählebene, die vor 14 Jahren spielt. Hier spielt neben der Protagonistin William eine tragende Rolle.
Diesen letzten Abschnitte, die im steten Wechsel zur Gegenwart in jedem zweiten Kapitel folgen, konnte ich wenig abgewinnen. Zwei 19-jährige, die sich wie in einer amerikanischen Highschool-Romanze verhalten. Gespreizte Dialoge führen, in denen beide schwerwiegende Geheimnisse verbergen wollen, was in meinen Augen nicht zu jungen Leuten passt.
Möglicherweise lag es auch an der Übersetzung, die manchmal auch deutlich holperte z.B. "dann schaute eines der Mädchen herüber zu mir".
Die vielfach angedeuteten Geheimnisse hätten meines Erachtens auch hundert Seiten früher zum Schluss führen können. Deshalb eine zähe Angelegenheit.

Bewertung vom 07.06.2025
Hagena, Katharina

Flusslinien


gut

Plätschert so dahin
Margrit ist mit ihren 102 Jahren anders als ich sie für ihr Alter eingeschätzt hätte, wagemutiger und offener. Zwischen ihrer noch zur Schule gehende Enkeltochter und ihr liegt ein großer Altersunterschied, trotzdem verstehen sich die beiden prächtig. Arthur (22) der seinen Zwillingsbruder verloren hat rundet das Trio ab. Luzie will sich durch ihre Kunst ausdrücken und ihre Oma stellt sich bereitwillig als Leinwand für ihre Tattoos zur Verfügung. Das konnte ich mit keiner Realität in Verbindung bringen, bewunderte aber den Mut der fiktiven Hundertjährigen. Die gesamte Familienkonstellation ist besonders.
Lange haderte ich mit dem Buch, auch die Form der wörtlichen Rede, in Strichpunkten, gefiel mir bis zum Ende des Buchs nicht. Für meinen Geschmack erzählte die Autorin zu gemächlich und mit zu häufigen Wiederholungen.

Bewertung vom 06.06.2025
Pignitter, Melanie

Wiedersehen mit mir selbst zwischen Pizza und Aperol


gut

Roman oder Ratgeber
Die Ausgangslage von Eva ist nicht rosig: Job weg, Partner weg und mit Ende 30 alleinstehend auf dem Weg zu einem italienischen Familientreffen. Nach dem Einsteigen in den geerbten VW-Bus geht es abgesehen von einigen Selbstzweifeln aber nur noch bergauf. Deshalb ist das Buch für mich nicht ganz glaubhaft. Auch die Dialoge mit dem quietschenden und knarzenden Auto fand ich albern und nicht passen für eine 37jährige.
Nach wenigen Kapiteln offenbart die Protagonistin ihren Flachmann mit Aperol gefüllt, den sie stets bei sich trägt um den in der Gastronomie gemischten Cocktail aufzupeppen. Auch das hatte ich in einem Ratgeber nicht erwartet.
Die jeweilige Affirmation am Ende jeden Kapitels hätte ich nicht gebraucht. Es erwirkte in mir den Anschein einer abzuhakenden Bingo-Liste.
Trotzdem unterhaltsam und kein Fehlkauf.

Bewertung vom 25.05.2025
Stevenson, Benjamin

Jeder im Zug ist verdächtig / Die mörderischen Cunninghams Bd.2


sehr gut

Mord im Literatur-Express
Benjamin Stevensons neuer Krimi spielt in Australien, was ich erfrischend finde, diesmal geht es quer durch den Kontinent von Nord nach Süd.
Wie der Titel bereits verrät, ist das Transportmittel ein Zug. Mag man gleich Assoziationen mit dem Orient Express ziehen? Ich nicht, da der Autor seinen ganz eigenen Humor und Erzählstil pflegt. Wie auch schon in seinem ersten Buch spielt der Autor mit der direkten Ansprache der Leserschaft und berichtet von den Geschehnissen, denen er selbst beigewohnt hat und Grundlage des Werks sind.
Von einer lustigen Zugfahrt ist man aber weit entfernt, wird bereits auf den ersten Seiten die Zahl der Mordopfer verraten. Folglich nimmt die Erzählung rasch Fahrt auf, im gleichen Maße wie der Zug.
Als Leser musste ich häufiger nach vorn blättern um die Skizzierung des Zuginnern nachvollziehen zu können. Die Nummerierung der Zugabschnitte und eine Übersicht der Personen ging mir ab.
Insgesamt ein humoriger Krimi der mir abwechslungsreiche Unterhaltung bis zum Ende bot.