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Hoelzchen

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Insgesamt 159 Bewertungen
Bewertung vom 04.12.2025
Korn, Carmen

In den Scherben das Licht


sehr gut

Endlich ein neuer Roman von Carmen Korn. Der Titel „In den Scherben das Licht“ hätte nicht passender gewählt werden können. Die Geschichte spielt in der frühen Nachkriegszeit Deutschlands. Sie beginnt 1946 in Hamburg. Die Stadt liegt in Trümmern. Die fast 15jährige Gisela kehrt alleine zurück, ihre Eltern sind verschollen. Unterschlupf findet sie im Keller des zwei Jahre älteren Gerts. Das was vom Haus übriggeblieben ist, gehört der Schauspielerin Frieda, sie ist bereits in ihren 60ern und bewohnt das Erdgeschoss. Carman Korn stellt ihren Protagonisten noch viele weitere Figuren an die Seite. Es brauchte einige Zeit, bis sich bei mir ein Lesefluss einstellte. Ein Personenregister hätte ich als sehr hilfreich empfunden und hätte mir die Zuordnung und das Verständnis zu Beginn sehr erleichtert. Der Wechsel der Figuren erfolgt immer schnell, es sind immer kurze Momentaufnahmen ihres Lebens, nach dem ersten Drittel war ich endlich in der Geschichte angekommen. Es ist ein leiser Roman. Carmen Korn schildert Alltagssituationen und das Leben in dieser Zeit. Es war geprägt von Mangel. Der Zeitgeist wird perfekt abgebildet. Über neun Jahre begleiten wir Gisela und Gert. Erleben ihre Entwicklung von der Jugend bis ins junge Erwachsenenalter. Schnell mussten sie erwachsen werden, so alleine auf sich gestellt. Doch der Zusammenhalt untereinander machte es möglich, dass auch sie ihren Weg gefunden haben. Carmen Korn ist eine Meisterin ihres Faches. Sie erweckt ihre Figuren zum Leben und stellt sie authentisch dar. Jeder Zeile merkt man ihre umfassende Recherche an. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich das Leben in Hamburg so abgespielt haben könnte. Die Geschichte berührt und macht nachdenklich. Ich reflektiere unser heutiges Leben und empfinde Wertschätzung und eine gewisse Demut stellt sich ein. Der Roman lässt die Kindheit und Jugend meiner Eltern lebendig werden und je mehr historische Romane ich lese, desto besser gelingt es mir, diese Kriegsgeneration zu verstehen. Ein emotionaler Roman, welchen ich sehr empfehlen möchte.

Bewertung vom 28.11.2025
Borrmann, Mechtild

Lebensbande (MP3-Download)


ausgezeichnet

In diesem Roman kommen drei starke Freuen zu Wort: Lene, Lotte und Nora. In den Wirren des 2. Weltkrieges treffen sie aufeinander und helfen und unterstützen sich gegenseitig. In zwei Handlungssträngen begleiten wir die drei über viele Jahre, denn ihre Leben sind voller Schicksale. Im Hörbuch wurden diese beiden Zeitebenen von zwei Sprecherinnen eingelesen: Vera Teltz und Johanna Zehendner. Die Stimmen passen perfekt und hätten nicht besser ausgewählt werden können. Die Spieldauer vergeht wie im Flug.
1993: Nora ist mittlerweile 78 Jahre, verwitwet und lebt in Mecklenburg-Vorpommern und hat seit den 50er Jahren in der DDR gelebt. Ein Brief der Rentenversicherung schreckt sie auf und reist alte Wunden auf und bringt Erinnerungen zurück. Sie beschließt, dass die Zeit der Wahrheiten gekommen ist und beginnt ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben, denn viel zu lange hat sie geschwiegen. In den 1930er Jahren lebt Lena auf dem Hof ihrer Eltern in Westfalen, die Liebe zum Niederländer Joop wird von ihren Eltern nicht akzeptiert. Sie muss den Hof verlassen und eine Anstellung im Haushalt annehmen. Sie flüchtet sich in eine unglückliche Ehe und bekommt drei Kinder. Früh wird sie Witwe und ihr ältester Sohn leidet unter einer Sprachstörung. Er gerät ins Visier der Nazis und man ahnt was sie im Schilde führen. Lenes Cousine Nora gelingt es, ihn zu retten. Daraufhin wird Nora nach Danzig versetzt, um dort als Krankenschwester zu arbeiten. Dort lernt sie Lotte kennen und die beiden freunden sich an. Nach Kriegsende werden sie nach Sibirien verschleppt und viele Jahre harte Arbeit folgen. Doch die Hoffnung auf Freiheit geben beide nie auf.
Diese Erzählung basiert auf wahren Begebenheiten und Mechtild Borrmann gelingt es von Beginn an, ihre Leser- und Hörerschaft zu fesseln. Der Wechsel zwischen den Zeitebenen verläuft harmonisch und man kann der Geschichte sehr gut folgen. Die Protagonistinnen sind sehr sympathisch und authentisch. Auch wenn ich schon viele historische Romane gelesen bzw. gehört habe, ist jede Geschichte anders und verdient es gelesen zu werden. Ich war tief berührt und habe mitgelitten. Was Frauen damals geleistet haben und aushalten mussten verdient große Anerkennung und es ist gut, dass die Autorin diesen Frauen eine Stimme gibt. Auch wenn viele Jahrzehnte ins Land gegangen sind, dürfen wir diesen Teil unserer historischen Geschichte nicht vergessen.

Bewertung vom 28.11.2025
Hokin, Catherine

Alles, was wir uns versprochen haben: Ein spannender und herzzerreißender historischer Roman


ausgezeichnet

Es gibt bereits viele Romane, welche die schrecklichen Gräueltaten des Nazi-Regimes aufgreifen, doch immer wieder stelle ich fest, dass jeder Roman anders ist und auf seine Weise lesenswert. So auch hier. Catherine Hokins Roman „Alles, was wir uns versprochen haben“ setzt woanders an. Sie bildet ab, welchen Einfluss die Geschehnisse auch noch viele Jahrzehnte später haben werden. Die Generation der Täter bzw. Mitwisser trifft auf die Enkelgeneration und schweigt. Insofern ist es nur logisch, dass der Roman in zwei Teilen und mit zwei Handlungssträngen aufgebaut ist. In den Zeiten des 2. Weltkrieges begleiten wir die Protagonistin Magda. Sie führt ein gefährliches Doppelleben zwischen Widerstand und als Sekretärin von Heinrich Himmler. Nach Kriegsende verbringt sie ihr Leben in der DDR und schweigt. Ihre Enkelin Nina möchte mehr Wissen, doch Magda blockt ab. Nina kann und möchte sich nicht mit dem Leben in der DDR arrangieren und so versucht sie zu fliehen, doch dieser Versuch misslingt. Nach der Wiedervereinigung Deutschland reist Nina sofort nach West-Berlin, um Licht in die Vergangenheit zu bringen. Es gelingt ihr, vieles aufzuklären und richtig zu stellen. Ein spannender Roman, welchen ich auf einem Langstreckenflug in einem Rutsch durchgelesen habe. Für mich ist es das erste Buch, welches ich von Catherine Hokin gelesen habe und ich bin fasziniert von ihrem Wissen und umfangreicher Recherche. Ihr Schreibstil ist modern und strukturiert und man kann den Ereignissen gut folgen. Ihre Protagonistinnen sind authentisch und agieren glaubhaft. Gerne spreche ich eine Leseempfehlung aus und werde nach weiteren Romanen der Autorin Ausschau halten.

Bewertung vom 16.11.2025
Hannah, Kristin

Night Road - Der Sommer unseres Lebens (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser Roman von Kristin Hannah wurde in neuer Übersetzung und mit neuem, deutschem Titel wieder aufgelegt. Der Titel ist perfekt gewählt, denn er trifft den Inhalt sehr gut. Auch das Cover zeigt einen Wiedererkennungswert zu anderen Romanen der Autorin. Ich nehme es gleich vorweg: das Buch ist ein wahrer Pageturner. Die Protagonistin Lexi hat in ihren ersten 13 Lebensjahren viel erleben müssen. Bislang meinte es das Leben nicht gut mit Ihr. Durch die Drogensucht ihrer Mutter, lebte sie bislang in vielen Pflegefamilien. Nun ist ihre Mutter tot und eine ihre unbekannte Schwester ihrer Großmutter nimmt sie auf, obwohl auch diese nicht auf Rosen gebettet ist. Schon am ersten Tag in der neuen Schule lernt Lexi Mia kennen. Die beiden werden beste Freundinnen. Mia und ihr Zwillingsbruder Zach haben ein perfektes Leben, ihnen fehlt es an nichts. Ihr Vater ist Arzt und ihre Mutter kreist um sie wie ein Helikopter. Lexi wird wie ein Familienmitglied aufgenommen und sie verbringen eine gute Zeit. Doch dann bricht der Sommer vor dem College an und alle drei wissen, dass sich ihre Wege nun trennen werden. Dann kommt der Abend, an denen sie eine falsche Entscheidung treffen und nichts ist mehr wie es war. Lexi ist bereit die Konsequenzen zu tragen und somit wird ihr Leben ein weiteres Mal auf den Kopf gestellt. Doch sie ist eine Kämpferin und findet den Weg zurück ins Leben und hilft mit viel Empathie auch den anderen ihre Entscheidungen und Gefühle zu überdenken.
Was soll ich sagen, ich bin immer noch überwältig. Auch mit diesem Roman hat es Kristin Hannah wieder geschafft, mich in den Bann zu ziehen. Ihre Vielseitigkeit ist unglaublich. Kein Roman gleicht dem anderen. Aber eins haben sie alle gemeinsam: starke Frauen, die es schaffen, trotz einschneidender Ereignisse, ihren Weg zu gehen. Die Geschichte Lexis hat mich tief berührt, aber auch die Entwicklungen der anderen Figuren sind sehr imponierend. Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Verlust und Trauer. All diese Themen werden miteinander verwoben und schaffen diese hoch emotionale Geschichte. Das Gelesene wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Von mir gibt es ganz klar eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 16.11.2025
Metzenthin, Melanie

Die Psychoanalytikerin


ausgezeichnet

Mit ihrem neuen Roman beweist Melanie Metzenthin wieder einmal wie vielseitig sie ist. Hier nun also hat sie ihre Protagonistin Vera in einem Krimi verwoben. Wie bislang alle Romane, die ich von der Autorin gelesen habe, ist der rote Faden im Buch die Medizin. Vera ist eine junge Witwe und hat sich nach dem Tod ihres Mannes, er war Arzt, zur Psychoanalytikerin ausbilden lassen und betreibt nun eine eigene Praxis. Nach dem Ende des Großen Krieges ist der Bedarf groß und sie hat viele Klienten. Eines Tages wird einer ihrer Patienten ermordet aufgefunden. Die Polizei bittet Vera um Mithilfe. Weitere Morde folgen und ein Muster ist erkennbar, so dass die Vermutung nahe liegt, dass es sich immer um den gleichen Täter handeln muss. Veras beruflicher Hintergrund wird zur Aufklärung der Geschehnisse immer wichtiger. Alles deutet daraufhin, dass ihre Patientin Johanna Schuster mehr weiß, als sie zugibt. Vera gerät in einen Gewissenkonflikt, wie weit darf sie ihre Schweigepflicht umgehen und der Polizei ihre Vermutungen mitteilen? Zumal ihr Kommissar Karl Bender nicht unsympathisch ist und auch dieser sich zu Vera hingezogen fühlt.
Von Beginn an versteht es Melanie Methenthin, ihre Leserschaft in den Sog zu ziehen. Kurze und abwechslungsreiche Kapitel geben gute Eindrücke Hamburgs im Jahr 1920. Wieder einmal ist ihr eine perfekte Milieustudie gelungen, in der nichts unerwähnt bleibt. Sämtliche Figuren und Orte werden umfangreich beschrieben und lassen Bilder im Kopf entstehen. Der Roman ist strukturiert aufgebaut, der Zeitgeist wurde gut eingefangen und zum Schluss wird man mit einem raffinierten Plot belohnt. Mehr geht nicht. Besonders zu erwähnen ist, dass auch in diesem Roman wieder starke und modern orientierte Frauen ihren Weg finden. Das Ende lässt mich auf eine Fortsetzung hoffen, denn auf den 380 Romanseiten, habe ich Vera, Karl, Almut und Abel sehr liebgewonnen. Von mir gibt es ganz eindeutig eine 5-Sterne Leseempfehlung.

Bewertung vom 13.11.2025
Goga, Susanne

Die wilden Jahre (MP3-Download)


sehr gut

Susanne Goga ist bekannt für ihre historischen Romane. So spielt auch ihr neuer Roman „Die wilden Jahre“ vor über einhundert Jahren. April 1919, der 1. Weltkrieg ist seit einigen Monaten beendet. Die Schauspielschülerin Thora ist froh, dass ihr Bruder Hannes heil und gesund aus dem verlorenen Krieg heimgekehrt ist, da erreicht sie eine Schreckensnachricht: Hannes wird des Mordes angeklagt und ist in Haft gekommen. Thora ist sich sicher, dass er unschuldig ist und sezt alles daran, seine Unschuld zu beweisen. Dafür geht sie auch unkonventionelle Wege. Durch die Niederlage Deutschlands, sind viele Städte im heutigen Nordrhein-Westfalen von Belgien besetzt und es herrscht ein strenges Regiment. Das Reisen zwischen den Städten ist nicht einfach und bedarf Passierscheine. Vor diesem Hintergrund spielt dieser Roman und der Autorin gelingt es sehr gut, diese Stimmung einzufangen. Sehr umfangreich und in einem detaillierten und gemächlichen Tempo schreitet die Erzählung voran. Immer wieder gibt es Rückblenden, die wichtig sind, um die Geschehnisse einordnen zu können. Für mich als Hörbuchkonsumentin, war es nicht immer einfach zu folgen. Mit dem jetzigen Wissen, hätte ich mich für die Printausgabe entscheiden sollen. Nicht jeder Roman eignet sich gut für eine Hörbuchfassung. Die Romanmitte hatte meiner Meinung nach Längen und ich hätte mir etwas mehr Tempo gewünscht. Da ich bereits einige Romane von Susanne Goga gelesen habe, bin ich immer wieder überrascht, wie gut es ihr gelingt, historische Ereignisse mit einer fiktiven, glaubwürdigen Handlung zu verweben. Die sympathische Protagonistin Thora zeigt uns, dass Beharrlichkeit, Mut, Liebe und Freundschaft der Schlüssel zum Glück sind. Gern spreche ich, für die Leserschaft historischer Romane, eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 09.11.2025
Huhs, Antje

Zuhause ist vorübergehend geschlossen (MP3-Download)


ausgezeichnet

Der Titel ist wirklich Programm, denn die Alten- und Pflegeheime müssen geschlossen werden, da das Personal streikt. Per Notverordnung werden die Bewohnerinnen und Bewohner auf fremde Familien verteilt. Die Regierung hat beschlossen, dass die Bevölkerung sich ihrer sozialen Verantwortung stellen muss. Völlig überrumpelt bekommt Annett Herrn Jahnkowsky zugeteilt. Ihr Mann Stefan, stellt sofort klar, dass die Fürsorge nicht seine Aufgabe ist, ihr 15jähriger Sohn Bela ist sauer, weil er sein Zimmer an den Gast abgeben muss, lediglich die 8jährige Tochter Levke ist entzückt, weil plötzlich die Fernsehregeln außer Kraft gesetzt werden. So beginnt der Roman und man ahnt schon nach den ersten Seiten, dass die Dynamik dieser Geschichte viel Potential verspricht. In zwei weiteren Erzählsträngen lernen wir Margarete und Lennert kennen. Margarte steht kurz vor der Pensionierung und ist Sachbearbeiterin auf dem Amt. Sie ist an der Seniorenverteilung beteiligt und es hat den Anschein, dass nicht alles rund lief und Fehler unterlaufen sind. Lennert ist eine junge Pflegekraft, während seines Urlaubs begannen seine Kolleginnen und Kollegen zu streiken und nun plagen ihn Zwiespälte. Die Autorin versteht es wunderbar, diese drei Stränge zu verweben und die Protagonisten harmonieren ganz geschmeidig miteinander. Das Hörbuch wurde von der wunderbaren Vera Teltz eingelesen. Sie ist perfekt für diesen Roman und ihr ist es zu verdanken, dass die Geschichte ein wahres Hörerlebnis wird. Viel zu schnell waren die 9 Stunden Spieldauer vorbei. Dieser Roman ist das Debüt von Antje Huhs. Bislang hat sie für Fernsehformate geschrieben und ich frage mich, warum sie sich nicht viel früher an Romane gewagt hat. Mit dem vorliegenden Buch beweist sie, dass sie es draufhat. Nicht jeder Autorin bzw. Autor gelingt es, mit so viel Humor und Leichtigkeit einen Roman zu Papier zu bringen und dabei aber auch ernste Themen nicht aus den Augen verliert, wie zum Beispiel Demenz. Ihr ist ein ausgewogener Roman gelungen, der zu keiner Zeit kitschig oder unglaubwürdig erscheint. Wer weiß, vielleicht wird die beschriebene Fiktion doch irgendwann Realität. Nach der Pandemie würde ich nichts mehr ausschließen wollen. Einen großen Spaß hatte ich an der Interaktion in den Familien. Antje Huhs bringt die Verhaltensmuster genau auf den Punkt. Ihre Figuren sind überwiegend sympathisch und absolut authentisch. Einfach aus dem Leben gegriffen. Das Buchcover suggeriert eine Weihnachtsgeschichte, die Handlung könnte auch zu jeder anderen Jahreszeit spielen, ist jedoch in der Weihnachtszeit angelegt. Nun hoffe ich auf weitere Romane von Antje Huhs und werden diesen Roman vielen meiner Freundinnen als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum legen, da ich sie nicht um den Spaß dieser schönen Geschichte bringen möchte. Mehr Empfehlung geht nicht.

Bewertung vom 06.11.2025
Gilbert, Elizabeth

All the Way to the River (MP3-Download)


sehr gut

Der Name Elizabeth Gilbert war mir bislang nicht geläufig, doch der Hinweis auf „Eat, Pray, Love“ erweckte mein Interesse, denn ich kenne den Film. Wie gut, dass auch in der deutschen Übersetzung der Originaltitel übernommen wurde. Denn er ist der Schlüsselsatz und sagt soviel aus. Ich habe mich für die knapp 11stündige Hörbuchfassung entschieden, eingelesen von Cathleen Gawlich. Ein Hörbuch steht und fällt mit der Stimme und diese hier hätte nicht passender sein können. Der Roman ist ein autobiographisches Werk der Autorin. Schonungslos lässt sie uns an ihrem Leben der letzten Jahrzehnte teilhaben. Anfang der 2000er Jahre lernt sie Raya kennen, aus Freundschaft wird Liebe. Die beiden werden ein Paar. Raya hat viele Päckchen zu tragen, war sie doch viele Jahre Drogensüchtig. Und auch Liz gesteht uns ihre Sucht nach Sex und Liebe. Die beiden bilden eine Symbiose und lassen es sich die nächsten Jahre gut gehen. Liz ist durch ihren Romanerfolg finanziell gut aufgestellt und die beiden genießen das Leben. Doch dann schlägt das Schicksal zu. Raya erkrankt unheilbar an Krebs. Natürlich bleibt Liz an ihrer Seite, muss aber erkennen, an ihre Grenzen zu kommen. Nach Rayas Tod begibt sich Liz in professionelle Hände, um ihre Sucht nach Sex und Liebe zu bekämpfen. Das ist kein leichter Weg, doch die verbleibenden Jahre will sie gut verbringen, dass ist sie Raya schuldig und sie hofft ein Wiedersehen am Fluss. Der Roman ist schon sehr speziell und man sollte wissen, auf was man sich einlässt. Es ist eine Liebesgeschichte der besonderen Art und oft verliert Gilbert den roten Faden und Leser- und Hörerschaft haben Mühe zu folgen. Die Autorin öffnet ihr tiefstes Inneres für uns, dafür verdient sie Respekt und Anerkennung. Zu keiner Zeit scheut sie der Selbstreflexion. Oft wird es sehr spirituell, was mir persönlich dann zu viel war. Gerade in der Mitte hat die Geschichte ihre Längen und ich musste mich zwingen dabeizubleiben. Anfang und Ende konnten mich überzeugen. Fazit: Ein Roman, der nicht in jeder Stimmung gelesen oder gehört werden kann, aber dennoch empfehlenswert ist.

Bewertung vom 05.11.2025
Lewis, Caryl

Wilder Honig


sehr gut

Dieser Roman heißt im englischen Original „Bitter Honey“, dieser Titel ist meiner Meinung nach ein bisschen passender. Hannah ist gerade Witwe geworden. Nach Jahrzehnterlanger Ehe ist ihr Mann John gestorben, sein Tod zeichnete sich ab. Damit sie in den schweren Wochen der Trauer nicht alleine ist, kehrt ihre jüngere Schwester Sadie auf den früheren Obsthof der Eltern zurück. Die Ehe von Hannah und John blieb kinderlos. John hat seiner Frau elf Briefe hinterlassen. Zu Lebzeiten fehlten ihm die richtigen Worte, in den Briefen versucht er die Dinge zu erklären. Er war mit großer Leidenschaft Imker und er lässt sich umfangreich über das Leben der Bienen aus. Aber meint er wirklich nur die Bienen? Will er Hannah nicht viel mehr mitteilen? Soviel Ungesagtes das nun seinen Weg zu Hannah finden soll. Ganz unerwartet trifft eine junge Frau auf dem Hof ein. Johns größtes Geheimnis. Hannah, Sadie und Megan finden zueinander und lernen sich selbst besser kennen und verstehen. Ihr Leben gewinnt an Leichtigkeit und endlich finden sie den Mut, dass zu tun, was ihnen guttut. Obwohl dieses Buch nur 283 Seiten umfasst, habe ich mir Zeit gegeben es zu lesen. Ich brauchte immer wieder Pausen und wollte das Gelesene genießen. Caryl Lewis ist eine Meisterin der leisen Worte. Das gefällt mir. Sie kriecht förmlich in ihre Figuren hinein und gibt ihnen eine Stimme. Mich hat der Roman sehr berührt und nachdenklich gemacht. Die Ausschweifungen über Bienen und die Honigherstellung mögen dem ein oder anderen zu umfangreich erscheinen, ich finde sie einfach nur unglaublich und habe mir viel neues Wissen aneignen können. Ich will nicht verschweigen, dass die Geschichte vorhersehbar ist und oberflächlich betrachtet passiert auch nicht viel. Aber das stimmt nicht, eigentlich passiert eine ganze Menge, dies erkennt man, wenn man zwischen den Zeilen liest. Fazit: Reden ist der Schlüssel für ein gutes Miteinander. Das sollten wir alle beherzigen, denn irgendwann ist es zu spät. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus, vorausgesetzt man liebt die leisen Töne.

Bewertung vom 26.10.2025
Kölpin, Regine

Zwischen Zuversicht und Leben (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ich kenne bereits die Trilogie „Das Haus am Deich“ von Regine Kölpin und so war ich sehr neugierig auf die neue Dilogie ihrer Hebammen Saga. Auch hier spielt das Setting wieder in der Wesermarsch. Für mich ist es jedes Mal wie nach Hause kehren, bin ich doch in Bremerhaven aufgewachsen. Im Mittelpunkt steht Esther, eine junge Hebamme. Nach ihrer Ausbildung in Hessen kehrt sie zurück in ihre Heimat, da sie gebürtig aus Friesland kommt. Der Start ist holprig. Die Vorstellungen ihrer Hebammenarbeit gefallen ihrem neuen Arbeitgeber in der Klinik nicht. So wird sie noch in der Probezeit entlassen. Doch wie es im Leben so ist, es öffnen sich immer wieder neue Türen und schon schnell tun sich für Esther neue berufliche Wege auf, die auch viel besser zu ihr passen. In ihrem Privatleben jedoch, läuft es leider nicht rund. Und dann ist da noch die Schneekatastrophe, die viele Wochen die Region in Atem hält und Esther und ihren Freunden das Leben schwer macht. Regine Kölpins neuer Roman ist eine tolle Mischung zwischen lockerer Unterhaltung und in die Tiefe gehende gesellschaftliche Themen. Der Beruf der Hebamme hat in den letzten Jahrzehnten viele Veränderungen erfahren, die Klinikgeburten haben einiges dazu beigetragen. Und auch die werdenden Mütter, vertreten unterschiedliche Ansprüche und Vorstellungen. Das zeigt der Roman deutlich auf. Diese vielen Hintergründe waren mir bislang nicht bekannt und die Autorin versteht es hervorragend, uns diese näher zu bringen. Vieles, was wir heute als selbstverständlich betrachten, ist auf die Beharrlichkeit von Hebammen zurückzuführen. Ihnen gibt die Autorin mit diesem Roman eine Stimme. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich die 416 Seiten durchgelesen. Der empathische Schreibstil hat mich gut unterhalten. Die historischen Geschehnisse der Schneekatastrophe geben dem Roman einen authentischen Rahmen. Auch das umfangreiche Nachwort ist zu erwähnen und gibt viele Aufschlüsse. Ich freue mich auf den zweiten Teil dieser Saga und bin neugierig, wie es mit Esther, ihrem Beruf und der Liebe weitergehen wird. Für diesen tollen Roman gibt es von mir eine Leseempfehlung mit 5 Sternen.