Zusammengefasstes Nachdenken über Zeit hat nicht viele Vorbilder. Merkwürdiger ist daher, dass Blumenberg weniger Allgemeines wie die Zeit des Lebens eines Menschen (die ja auch individuelle Gationalitäten begrenzt) oder Vorstellungen über das Ende der Welt, Neues oder Wiederkehrendes und mehr Anekdotisches, etwa erhellend zum Verhältnis zwischen Heidegger und Husserl, behandelt. Eher hintergründig-feullietonistisch ist das, wenn er an Montaignes Zweifel bei der Einführung eines allgemeinen Kalenders erinnert. Zur Philosophie, einer eigenartigen Begrenzung der Freiheit durch den Stand der Entwicklung, kommt Blumenberg bei der Unterscheidung zwischen dem zurück, was er Muss- und Kannzeit nennt. So regt das Buch sehr vielfältig an, beeindruckende Gedankenführung ist aber nicht seine Stärke.
Zusammengefasstes Nachdenken über Zeit hat nicht viele Vorbilder. Merkwürdiger ist daher, dass Blumenberg weniger Allgemeines wie die Zeit des Lebens eines Menschen (die ja auch individuelle Gationalitäten begrenzt) oder Vorstellungen über das Ende der Welt, Neues oder Wiederkehrendes und mehr Anekdotisches, etwa erhellend zum Verhältnis zwischen Heidegger und Husserl, behandelt. Eher hintergründig-feullietonistisch ist das, wenn er an Montaignes Zweifel bei der Einführung eines allgemeinen Kalenders erinnert. Zur Philosophie, einer eigenartigen Begrenzung der Freiheit durch den Stand der Entwicklung, kommt Blumenberg bei der Unterscheidung zwischen dem zurück, was er Muss- und Kannzeit nennt. So regt das Buch sehr vielfältig an, beeindruckende Gedankenführung ist aber nicht seine Stärke.
Eben habe ich - wie Bewertungen zu löschen sind, weiss ich nicht - ein Buch, das die offenbar eindrucksvolle Leitung der Schlacht im 2. Weltkrieg betraf, rezensiert, als handle es sich um dieses. Beide sind das Durchblättern wert!
Das Buch ist vielleicht das hinsichtlich der Geschichte aussagekräftigste einer Serie von Kolberg-Verbundenen und -Vertriebenen: Man kann aus ihm entnehmen, wie umkämpft (vielleicht wegen der Hafenlage und dem Hinterland) die Stadt war, wie der (an der vorherigen Niederlage der Preussen in Jena/Auerstedt gemessen: erfolgreiche) Widerstand gegen die Franzosen die Katastrophe im 2. Weltkrieg veranlasste. Es fehlt die polnisch/deutsche Problematik, der Untergang (und sein wahrscheinliches Verblassen nach dem Tod der Vertriebenen) wirkt also wie von einem übermächtigen, fernen Schicksal gesteuert, die Übrigbleibsel der Vergangenheit wie ein Verweis auf eine gute alte Zeit, deren Konflikte ja eben bewusst in den Hintergrund gedrängt werden.
Der "Brief an einen Senator" wäre ein würdiger Teil einer DDR-Theatergeschichte; mit ebensoviel Liebe wie Offenheit geht er mit der Geschichte des Berliner Ensembles in ihr um und spekuliert über die inzwischen ja vergangene Zukunft im vereinten Deutschland..
"Mommsens Block" so alleine zu lesen empfand ich als großen Gewinn: So gewinnen die aneinandercollagierten Gedanken zur Frage, wie große historische Werke entstehen und warum Mommsen die Geschichte es römischen Kaisertum nicht geschrieben hat, inwieweit Mommsens Welt untergegangen ist und welche Bedeutung Heiner Müller hat, Gewicht.
Die überwiegend negative Bewertung von Th. Manns Werk, Person und Handlungen scheinen auf s nicht ausgesprochene und dennoch omnipräsente These zurück zu führen zu sein, Th. Mann hätte nach dem Muster Susan Sonntags nur reifen sollen, indem er seine sexuelle Orientierung zugibt und ihr entsprechend lebt. Diese These lässt sich vielerorts, z. B. anhand Lahmes Beschreibung der Ratlosigkeit in Th. Manns Essay über Gides bestätigt finden. Auch die Ehe-Partnerschaft mit Katja Pringsheim-Mann schreibt Lahme zuerst herunter, muss dann aber doch ihre Vielfältigkeit und Tiefe zugestehen. Das sehr ungleichmäßige Verhältnis zu den Kindern, die Kinderliebe für den Vater wohl eher überraschend auf eine Tochter bezogen, will sich gar nicht in Lahmes These fügen, er scheint es eher zu der ihm ja genehmen Gesamtkritik an Th. Mann zu verwenden.
Gelegentlich gelingen Lahme Kabinettstückchen, wie im Zusammenhang mit Th. Manns Ratlosigkeit beim Windeln. Mit dem ja von Th. Mann selbst veranlassten Detailreichtum bezüglich Th. Mann wird Lahme auch in solchen Fällen nur fertig, indem er die Vorgänge in den Kontext seiner Grundthese stellt. Dabei notiert Lahme selbst, dass viele Altersgenossen ähnlich unbeholfen gewesen wären wie Mann.
Besonders kurios wir Lahmes Tendenz, gegen Th. Mann Stellung zu nehmen, wenn er alsbald von der Entdeckung Manns durch Dehmel auf die Vorschläge Dehmels zu Th. Manns Werk und deren Ablehnung umschwenkt.
Die neuen Details aus Manns Leben, die Lahme anführt, stützen wiederum Lamms These nicht wirklich. Wäre der gemäß der These handelnde Mann etwa nicht mehr noch im Alter jungen Männern merkwürdig abstrakt verfallen, hätte sie insgeheim „geliebter Dummkopf“ genannt, auf Reaktionen auf seine Briefe gehofft. Hätte Th. Mann sich mit wechselnden Partnern versuchen sollen, obwohl er ja Stabilität liebte? Lag nicht die depressionsartige, aber die Praxis einer Beziehung in der Form des Beischlafs nicht suchende Verfallenheit in Manns Charakter, war also eigentlich nicht so „kurierbar“, wie sich das Lahme vorstellt?
Wenn aus den physischen Einzelheiten über den Beischlaf Manns mit seiner Frau so viel zu schließen ist wie Lahme meint, warum hat sie Th. Mann in Form der Tagebücher zugänglich gemacht? Was sagt die Weglassung über die Herausgeber der Tagebücher und den (Th. Mann-bezogenen) bisherigen Wissenschaftsbetrieb aus? Natürlich kann man, mit Lahme, unterstellen, dass damit an wesentlichen Folgerungen gehindert zwerden sollte. Mir scheint eher wahrscheinlich, dass eine an sich eher dümmliche Prüderie Ursache der Weglassungen war. Anders mag es mit dem von Lahme kritisierten Herunterspielen des Verhältnisses zu Grauthoff liegen. Dieses wiederum hätte ich in den Zusammenhang des Einflusses von Körper auf Geist gestellt, dass Mann z. B. in den "Vertauschten Köpfen" oder, eher tragisch, in der von Lahme überhaupt nicht geschätzten "Betrogenen" beschäftigt hat. Dass nun Manns Sexualität von Lahme so anders gesehen werde als bisher sehe ich nicht - Manns Neigung zum männlichen Geschlecht etwa war schon in den 70-iger Jahren, als ich begann, mich mit ihm zu beschäftigen, allgemein bekannt.
Auch wenn er – eher selten, verhalten, s. zu Luischen und Tristan – Th. Mann lobt, greift Lahme kurz: So widmet er zwar dem „Bruder-Hitler“-Essay und seiner eher schwierigen Publikationsgeschichte (S. 398), merkt eher süffisant an, Essay sei nur in einem Männdermagazin erschienen, will ihn aber auf die persönliche Ähnlichkeit Hitlers und Manns beschränken, liest ihn nicht zusammen mit „es ist viel Wagner in Hitler“, nicht als Teil der schwierigen Arbeit, das Gefährliche in sich zu finden, verliert kein Wort über dieÄhnlichkeit zur Diagnose Haffners, zur –von Mann in einer seiner Radioansprachen und auch von Haffner reflektierten - Veränderung von Hitlers Demagogie im Krieg.
Entsprechend liest man die Biographie am gewinnbringendsten gegen den Strich: Wenn Faustus auch durch die Einschaltung Adorno nach Lahmes Einschätzung überladen geriet, ergäben sich aus einer solchen Zusammenarbeit neue Erkenntnisse zur Musik? Weitere Ausführungen dazu wären besonders interessant gewesen, weil der Vergleich zu Adornos Werk fehlt etwa im Kommentarband der Frankfurter Ausgabe zu Faustus geradezu auffallend fehlen.
Man erschließt das Bändchen am Besten von hinten: Die vielen Nerudas sind dann eine Überleitung zu einer Moderne, die mühelos auch Schlagerreifes umfasst (man denkt an portugiesische Parallelen wie Chico Buarque, so eindrucksvoll auch Mascha Kaléko ist, zu dieser Art von Popularität hat sie es nicht gebracht), das Fehlen von Borges deutet darauf hin, dass er diese Linie gestört hätte. In diesem Kontext leuchten viele Gedichte wie Trouvaillen, vor allem, wenn man die eher reizlosen, aber präzisen Übersetzungen als Aufforderungen versteht, sich selbst ans Übersetzen zu machen. Besonders hat mich ein renaissancistisches Gedichtlein beeindruckt, in dem eine Schäferin sich einem Aristokraten gerade nicht ergibt. Und, natürlich, wie immer leuchtet Garcia Lorca, diesmal hat mich besonders seine Kunst des Nachrufs beeindruckt.
Zugegeben, ich habe nicht gründlich gelesen, eher durchgeblättert: Goya als der gutmütige, allenfalls im Sinne der Sache notgedrungen leicht hintertriebene, an Philosophie und seinen Kindern mit tiefem Interesse hängende, durch das Schicksal zu einer Liebschaft genötigte; seine Dämonen reflektieren Verderbt-, Dummheit und Brutalität (gegen Hexen oder (der Franzosen) gegen einfache Spanier). Wo ich Vernunftkritik suchte, eine Art Murillo mit anderen Mitteln, die ihre Eigenart, ihre mögliche Allgültigkeit verlieren, verniedlicht werden.
Einer aus Honeckers Truppe, aber nie mit Honecker einig. Schließlich ist er der einzige Außenseiter, der übrig geblieben ist. Wenig ist also über Weggenossen zu erfahren, viel darüber, wie etwa mit Romanow (Leningrad), Honecker, Krenz zusammengearbeitet werden konnte, ohne mit ihm überein zu stimmen. So kann eigentlich nicht überraschen, dass in Zeiten der Konflikte mit seiner nun von der Macht verbannten Partei der Bruder als Stütze erscheint.
Fast berührend ist die Sympathie, mit der Modrow über Begegnungen mit dem Dubček berichtet, der nach dem Überwintern nach den Prager Frühling, Kommunist geblieben und im Übergang vom Kommunismus kurz wieder ein Amt hatte. Nur ist besonders unangenehm, dass Modrow, nach eigenen Angaben, nach dem Prager Frühling, nicht nach dem 17. Juni 1953, dem Ungarnaufstand, dem Mauerbau über Widerstand und Veränderungen nachdachte.
Zwiespältig.
Bewertung vom 01.04.2025
Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Band 10: Berlin und Brandenburg Gerd Heinrich
Ein handliches Bändchen mit knapp unter 500 Seiten und unendlich viel Material. Viel kann man, etwa bei Rheinsberg, sogar über die unmittelbare Nachkriegszeit erfahren, das Hin- und Her- der Geschichte „im“ Wedding, die Rolle des Schlosses und der Baugeschichte in Charlottenburg oder des Joachimthaler Gymnasiums in Wilmersdorf, die Geschichte von Frederswalde sind knapp und farbig gelungen. Das Bändchen verfügt über ein exzellentes Stichwortverzeichnis so ermöglicht es z. B. den Zugang zur Firmengeschichte der AEG.
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