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Nourea
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Straubing

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2025
Gospodinov, Georgi

Der Gärtner und der Tod


ausgezeichnet

In „Der Gärtner und der Tod“ begleiten wir den Autor Georgi Gospodinov und seinen sterbenden Vater, der ein leidenschaftlicher Gärtner war. Gospodinovs Vater ist im Endstadium an Krebs erkrankt; sein Sohn nimmt ihn zu sich, pflegt ihn und verbringt die letzten Tage seines Lebens ununterbrochen an seiner Seite. Der Vater hätte es ja gerne noch erlebt, dass die Schneeglöckchen in seinem Garten blühen, aber der behandelnde Arzt kann ihm nur noch in Aussicht stellen, dass ein Überleben bis Weihnachten machbar ist. Das sind von der Diagnosestellung an nur wenige Wochen.
Immer wieder erzählt der renommierte bulgarische Autor Anekdoten aus dem Leben mit seinem Vater, vor allem dann, wenn er es kaum ertragen kann, über die rasch fortschreitende Erkrankung seines Vaters zu schreiben.
Das Buch hat mich tief berührt. Unglaublich zärtlich, mit viel Wärme und Zuneigung zeichnet Gospodinov ein Bild seines Vaters, der seinen üppig blühenden und wachsenden Garten über alles liebt. Seine Sprache ist wunderschön, oft poetisch und so bildhaft, dass man das Gefühl hat, mit dem Vater durch den geliebten Garten zu gehen oder an seinem Sterbebett zu sitzen und seine Hand zu halten.

Bewertung vom 13.07.2025
George, Nina

Die Passantin


ausgezeichnet

Schon unmittelbar auf dem Weg ins Flugzeug nach Frankreich entscheidet sich die gefeierte französische Schauspielerin Jeanne Patou doch noch in Barcelona zu bleiben, wo sie beruflich zu tun hatte. Während sie sich in den Markthallen der Stadt einen Imbiss genehmigt, sieht sie auf den dort aufgehängten Bildschirmen, dass besagtes Flugzeugt in den französischen Alpen abgestürzt ist und man von ihrem Tod ausgeht. Jeanne nutzt dieses tragische Ereignis, um in Barcelona unterzutauchen und der Ehe mit ihrem dominanten und oft grausamen Ehemann zu entfliehen. Dass sie dabei auch ihren beiden erwachsenen Töchtern die Trauer über ihren Tod zumutet, ist ein hoher Preis, den sie mit blutendem Herzen zahlt. Jeanne findet in einem Mietshaus Zuflucht, in dem nur Frauen wohnen, die schwere Schicksalsschläge erlitten haben und an einem sicheren Ort untertauchen wollten. Dort kommt sie so nach und nach zur Ruhe, und der Leser erfährt in Rückblenden, wie sie zu der Person wurde, die sie der Öffentlichkeit präsentierte. Innerhalb von gut vier Jahren baut sie sich in Barcelona ein komplett neues Leben auf. Wäre da nur nicht der Schmerz und die Sehnsucht nach ihren Töchtern.
Als sie dann in den Markthallen überraschend ihren Mann mit einer neuen Partnerin an seiner Seite sieht, steht sie vor der Entscheidung, ob sie von ihm gesehen werden will oder weiter im Verborgenen bleibt.
Ein starkes Buch, das anhand vieler Erzählstränge zeigt, welchen Torturen viele Frauen in ihren Beziehungen oder Familien ausgesetzt sind. Wohltuend zu lesen, wie die Frauen in Jeannes Mietshaus zusammenhalten und sich gegenseitig tragen und unterstützen.
Nina George ist definitiv eine meiner Lieblingsautorinnen im deutschsprachigen Raum. Ich genieße die Sprache ihrer Romane sehr, bin oft zutiefst über die Tiefe mancher Sätze berührt, die ich mir nicht selten notiere, um sie immer wieder zu lesen.

Bewertung vom 13.07.2025
Lake, Danae

Ganz aus Splittern


ausgezeichnet

Was für ein starkes Debüt der noch nicht einmal 20 Jahre alten Autorin Danae Lake, die bereits im Alter von 15 Jahren mit der Arbeit an diesem Roman begann.
Die 16jährige Chrissy, die mit ihrer tablettenabhängigen Mutter und dem schmierigen, durchaus gewaltbereiten Stiefvater Marcel in einem sozialen Brennpunkt-Stadtteil wohnt und dort die Gesamtschule besucht, erhält aufgrund ihrer hervorragenden schulischen Leistungen das Angebot, auf ein renommiertes Elitegymnasium zu wechseln. Nach anfänglichem Zögern nimmt sie das Angebot an, obwohl sie sich sicher ist, dass sie sich unter den Mitschülern aus reichen Familien nicht wohlfühlen und vermutlich gemobbt werden wird. Doch Chrissy kommt auf der neuen Schule erstaunlich gut zurecht, verliebt sich in Alex aus reichem Haus und findet auch in Sophie eine Freundin. Gleichzeitig bleibt sie aber ihrem besten Freund Tjard aus ihrem Wohnviertel treu verbunden. Die Ereignisse überschlagen sich, als Chrissy den wahren Grund herausfindet, warum sie auf diese Schule gehen darf, und als ihr Stiefvater total ausrastet, nachdem er davon erfährt.
Chrissy ist eine starke Persönlichkeit. In der Welt der Erwachsenen hat sie kaum Rückhalt, zumindest nicht bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater. Umso wichtiger ist deshalb ihr bester Freund Tjard, der sie wieder zusammenfügt, wenn sie zu Splittern zerbrochen wurde. Auch Tjards Mutter, die in Trauer gefangen ist und ein Alkoholproblem hat, bietet Chrissy etwas Halt und Wärme.
Der Schreibstil der jungen Autorin ist sehr einnehmend und angenehm. Ihre Figuren sind authentisch und durchaus mit viel Einfühlungsvermögen und Tiefe gezeichnet. Ich freue mich über dieses großes Talent unter den deutschen Autorinnen und hoffe, dass wir noch viel von ihr zu lesen bekommen.

Bewertung vom 13.07.2025
Steadman, A. F.

Skandar und der Verrat der Helden / Skandar Bd.3


ausgezeichnet

Was soll ich sagen: Ich mag die Reihe um Skandar, seine Freunde und ihre kämpferischen Einhörner. Im nunmehr dritten Teil ist Skandar vollauf damit beschäftigt, die vier Prüfungen in den entsprechenden Elementarzonen zusammen mit seinem Einhorn Schlitzohr zu bestehen. Hängt es doch von seinem Erfolg an der Ausbildungsstätte für Einhornreiter ab, ob in Zukunft auch wieder mit dem lange verbotenen Spiritelement verbundene Reiter ins Adlernest kommen dürfen. Die größten Sorgen muss er sich aber um seine Schwester Kenna machen, die sich verbotenerweise mit dem wilden Einhorn Habichtszorn verbunden hat und nicht bereit ist, sich mit dem eigentlich für sie bestimmten grauen Einhorn zu verbinden, das Skandar für sie ausfindig gemacht hatte. Und dann sind auch noch alle Eier aus der Brutkammer verschwunden, was bedeutet, dass es 13 Jahre lang keine neu geschlüpften Einhörner geben würde, wenn sich die Eier nicht rechtzeitig auffinden lassen. Kann es sein, dass Kenna etwas über den Verbleib der Eier weiß? Skandar steht vollkommen hinter seiner Schwester, weiß aber schon bald nicht mehr, wem man eigentlich noch glauben und vertrauen kann.
Ein sehr spannendes, actionreiches Abenteuerbuch für einige kurzweilige Lesestunden. Gut, dass es noch eine Fortsetzung der Reihe gibt.

Bewertung vom 13.07.2025
Mohr, Judith

I wie immer ich


ausgezeichnet

Der 14jährige Lennox hat gehörig Mist gebaut und wird nun von seinen Eltern – zusätzlich zu den per Gericht angeordneten Sozialstunden – zu einem ehrenamtlichen Hilfsprojekt verdonnert. Er soll die 16jährige Grit, die seit drei Jahren als Folge von einem Reitunfall im Rollstuhl sitzt, bei ihren täglichen Aktivitäten begleiten und dabei auf sie aufpassen. Grit, die ihren Eltern unbedingt beweisen möchte, dass sie auch als Rollstuhlfahrerin alleine zurechtkommt, weil sie nach dem Abitur in Berlin studieren möchte, findet es gar nicht gut, dass sie Lennox an die Seite gestellt bekommt und verbittet sich rigoros jegliche Unterstützung.
Klar, dass das eine Weile dauert, bis die beiden zusammenwachsen und sich gar eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, von der beide gleichermaßen profitieren. Die beiden Hauptprotagonisten sind trotz ihrer Ecken und Kanten sehr sympathisch und glaubwürdig dargestellt. Wie schon in ihrem vorherigen Jugendbuch „Cole und die Sache mit Charlie“ ist Judith Mohr auch hier ein warmherziges, berührendes und authentisches Jugendbuch gelungen.

Bewertung vom 31.05.2025
Ilisch, Maja

Die vierte Wand


sehr gut

"Die vierte Wand" von Maja Ilisch ist kein einfaches Kinderbuch. Ich selbst habe ein paar Kapitel gebraucht, bis ich mich in die Geschichte eingefunden hatte. Aber dann fand ich sie durchaus interessant, oft sogar philosophisch und zum Nachdenken anregend. Es lohnt sich, an der Geschichte dranzubleiben und sich mit der 11jährigen Fox auf eine Reise durch verschiedene und doch gleiche Häuser zu begeben, ohne irgendwo wirklich anzukommen und bleiben zu wollen.

Bewertung vom 26.05.2025
Raymond, Mirjam

Von Null auf Held oder Wer ist eigentlich Amin?


ausgezeichnet

Der zwölfjährige Johnny hat es faustdick hinter den Ohren und scheut keine Auseinandersetzung. Als Anführer einer vierköpfigen Bande, die schon seit Kindergartenzeiten besteht und sich „Sheriffs“ nennt, hat er gerne mal eine große Klappe, stellt sich aber immer vor seine Bandenmitglieder, wenn es Ärger gibt. Als Amin, ein Mitschüler mit Migrationshintergrund verschwindet, muss Johnny feststellen, dass er gar nichts von diesem Jungen weiß, noch nicht einmal ein Wort mit ihm gewechselt hat, obwohl Amin schon seit einem Jahr in der Klasse ist. Er lässt sich auf die Herausforderung ein, Amin zu finden, obwohl er überhaupt keinen Plan hat, wie er das anstellen soll. Als ihm Amins Tagebuch und der dazugehörige Schlüssel in die Hände fallen, beginnt er kurzerhand darin zu lesen und muss mit Erstaunen erkennen, welch talentierter Zeichner und genauer Beobachter Amin ist. Und so begibt er sich auf die Spuren von Amin, lernt Kinder aus dem Asylantenheim kennen, in dem Amin lebt, erfährt, dass er ursprünglich aus Afghanistan stammt und auf der Flucht von seinen Eltern und seinen drei Geschwistern getrennt wurde. Er dringt immer tiefer in Amins Welt ein und muss erkennen, wie besonders dieser ist und wie gerne er ein Mitglied bei den „Sheriffs“ gewesen wäre. Die Suche nach Amin verändert nicht nur Johnny, sondern droht auch zum Zerbrechen der „Sheriffs“ zu führen.
Ein starkes, so besonderes Kinderbuch mit berührenden Zeichnungen aus Amins Tagebuch. Jedes Kind, das Schulkameraden oder Nachbarskinder mit Migrationshintergrund hat, sollte dieses Buch lesen, um Mitgefühl und Verständnis zu entwickeln und den Mut zu haben, auf diese starken und oft so schwer traumatisierten Kinder zuzugehen. Das Buch ist auch sehr als Schullektüre ab ca. der 5. Klasse geeignet.

Bewertung vom 26.05.2025
Ho, Joanna

Und zwischen uns ein Ozean aus Schweigen


sehr gut

Die 16 Jahre alte Maybeline Cheng kann es nicht fassen. Ihr geliebter älterer Bruder Danny, der gerade an der Princeton University angenommen worden war, begeht Selbstmord. Zurückbleiben die aus Taiwan eingewanderte Mutter, die das Bett kaum noch verlässt, der aus einer schon vor Generationen aus China eingewanderten Familie stammende Vater und Maybeline. Als es May nach Wochen der Trauer und des Rückzugs gelingt, wieder an die Schule zurückzukehren, wird sie bei einer Schulversammlung schwer von den vorwurfsvollen und rassistischen Bemerkungen eines weißen Anwalts der Stadt konfrontiert, der den asiatisch stämmigen Familien vorwirft, die schulischen und außerschulischen Leistungen ihrer Kinder so hart und ehrgeizig voranzutreiben, dass weiße Kinder da nicht mehr mithalten können. Auch gibt er ihnen die Schuld am Selbstmord ihrer Kinder, wie eben zuletzt dem von Danny. May, die ihre Eltern an diesen Worten zerbrechen sieht, beschließt über die lokale Zeitung eine Gegendarstellung zu verfassen. Diese löst gewaltige Wellen an Rassismus, Zustimmung, Ablehnung, Hass und Hetze aus. May muss sich entscheiden, ob sie als Schutz für ihre Familie mit dem Schreiben aufhört oder sich weiterhin laut und deutlich äußert.
Das Buch ist keine leichte Kost. May trauert sehr um ihren Bruder. Zusätzlich verschlechtert sich das ohnehin schon angespannte Verhältnis zu ihrer Mutter durch ihre öffentliche Stellungnahme noch mehr. Und sie muss auch erkennen, dass sie selbst ihre besten Freunde, Tiya und Marc, die aus Haiti stammen, bei ihrem Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung im Stich gelassen hat.
Das Buch wirft wichtige Themen bezüglich Rassismus und Vorurteilen auf. Es berührt, wühlt aber auch auf und regt zum Nachdenken an.

Bewertung vom 26.05.2025
Mohr, Judith

Cole und die Sache mit Charlie


ausgezeichnet

Cole ist 14 Jahre alt. Das alleine reicht eigentlich schon, um gestresst zu sein. In seinem Leben kommt aber extrem viel zusammen. Mit seinen drei Geschwistern, der 13jährigen Charlie und den 8jährigen Zwillingsbrüdern Elli und Olli lebt er mit Stiefvater und schwangerer Mutter in einer Patchworkfamilie. Sein leiblicher Vater glänzt oft durch Abwesenheit, Unsensibilität und mangelnder Scheu, seine Kinder anzulügen. Am meisten Sorgen macht er sich aber um seine Schwester Charlie, die sein absoluter Lieblingsmensch ist. Nur dass Charlie sich immer mehr verändert und zurückzieht.
Cole ist ein total sympathischer, einfühlsamer und liebenswerter Jugendlicher. Dass er sich so um seine Schwester sorgt, seine Mutter gegen abscheuliche Bemerkungen eines Mitschülers verteidigt und sich auch noch um die Nöte eines seiner kleinen Brüder kümmert, ist schon erstaunlich und bewundernswert. Aber obwohl die Familie durchaus miteinander spricht und sich zuhört, dauert es sehr lange, bis es niemand mehr verdrängen kann, dass Charlie Hilfe braucht.
Ein wirklich schönes Jugendbuch mit starkem Helden, das noch lange nachwirkt. Ein Buch, das ich mit großer Anteilnahme und Wertschätzung gelesen habe. Für mich ist es auch absolut als Schullektüre geeignet.

Bewertung vom 26.05.2025
Welk, Sarah

FREI - Bester Sommer (FREI 1)


sehr gut

Der vierzehnjährige Joshua hat ganz schön die Nase voll. Als Sohn einer berühmten Installationskünstlerin ist er schon zwölfmal umgezogen, meist in große Städte. Aber nun fällt es seiner Mutter ein, mit ihm und ihrer langjährigen Lebensgefährtin Sally in ein kleines Dorf namens Rottloch zu ziehen. Klar, dass er auch hier keine Freunde finden wird und will, weil der Aufenthalt wie üblich nur von kurzer Dauer sein wird.
Die neue Schule stellt sich aber als überraschend anders heraus. Nicht nur das Gebäude ist cool, sondern auch die Mitsprachemöglichkeiten der Kids. Kaum hat sich Joshua dort etwas eingerichtet, findet ein Schulprojekt statt, bei dem immer eine kleine Gruppe von Jugendlichen loszieht und nach einer vorgegebenen Route insgesamt fünf Tage und Nächte allein, ohne Internet und Handy einen Wald durchwandert, um das jeweilige Camp des Tages zu finden. In seiner Gruppe sind Nina, die Tochter des Dorfwirtes, in die er sich gleich auf den ersten Blick verliebt hat, die vernünftige Muslimin Nasrin, der ebenfalls neu an die Schule gekommene, geheimnisvolle Koray und der oft sehr verletzend auftretende Nico. Die Stimmung zwischen den fünf wechselt beständig und eskaliert schnell.
Das Buch ist überwiegend in salopper Jugendsprache geschrieben. Die Charaktere kommen mit reichlich Ecken und Kanten ganz gut rüber. Es liest sich flüssig und durchaus auch spannend. Ich habe die Jugendlichen als authentisch empfunden, aber so ganz warm bin ich nicht mit ihnen geworden. Dennoch freue ich mich auf Band 2 aus dieser Reihe, in dem Nasrin im Mittelpunkt steht.