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Carolinchen89
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Tiefenbronn

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Insgesamt 59 Bewertungen
Bewertung vom 15.09.2025
Schlee, Ann

Die Rheinreise


gut

Wir schreiben das Jahr 1851. Charles Morrison ist mit seiner Familie auf einem Schaufelraddampfer unterwegs, der das Rheintal abfährt. Mit an Bord ist auch seine ledige Schwester Charlotte. Gemeinsam erleben sie diesen Ausflug, der ihnen nicht nur die Schönheit des Rheintals näher bringt, sondern auch Charlotte ins Grübeln bringt. Mit ihrem Leben nicht wirklich zufrieden, sucht sie einen Weg für sich, denn sie möchte gerne unabhängig von ihrem Bruder leben. Ein Mitreisender erinnert sie an eine alte Liebe und dies stößt sie in Tiefe Selbstzweifel und Gedankenspiele. Die Fahrt mit dem Schaufeldampfer beschreibt ihre ganz eigene Entwicklung und lässt sie immer wieder Größe beweisen und über sich selbst hinauswachsen, aber auch Rückschritte erleben.

Was man der Autorin auf jeden Fall zugute halten muss, ist dass dieses Buch erst in den frühen achtziger Jahren erschienen ist und trotzdem ganz wunderbar die Stimmung von des späten 19.Jahrhunderts transportiert. Hätte mir jemand gesagt, dass dieses Buch 1851 geschrieben wurde, ich hätte es sofort geglaubt. Sie schafft es ihren Schreibstil sehr gut an diese Zeit anzupassen.

Leider fiel es mir relativ schwer, mich auf diesen einzulassen. Und so kam ich nur sehr langsam in der Geschichte vorwärts und musste das Buch immer wieder unterbrechen, weil ich gemerkt habe, dass ich mich langweile. Es ist nicht so, dass ich noch nie einen historischen Roman gelesen habe. Nein auch Bücher von Jane Austen oder Emily Bronte zählen zu meinen gelesenen Büchern, aber irgendetwas hat mir bei diesem Buch gefehlt, die Sogwirkung, die Lust am Lesen ist ausgeblieben, was wirklich sehr schade ist.

Dabei handelt es sich mitnichten um ein schlechtes Buch. Es ist sogar wie schon erwähnt wirklich sehr authentisch geschrieben. Auch die Protagonisten geben ein wahnsinnig gutes Zeitzeugnis ab. Eigentlich sehr erschreckend, wie man zu lesen bekommt, wie wenig die Frauen damals Wert waren, wie abhängig sie von den Männern waren. Sehr bezeichnend dafür, war für mich die Frage von Charlotte an ihren Bruder, wie viel Zeit er ihr jeden Tag zum Beten gewährt. Darüber lässt sich in unseren Breitengraden heutzutage zum Glück nur noch den Kopf schütteln, aber damals war das glaube ich völlig normal. Von daher finde ich es auch gut, wie es in die Geschichte eingebaut wird. Ich habe der Autorin von der ersten bis zur letzten Seite jedes Wort geglaubt und abgenommen.

Auch die Liebe, die Anziehung und Annäherung zwischen Mann und Frau hatte damals einen ganz anderen Stellenwert, eine ganz andere Bedeutung. Auch das merkt man hier in diesem Buch sehr gut. Man bekommt einen kleinen Einblick, wie es gewesen ist und darf die Familie Morrison ein kleines Stück begleiten.

Was ebenfalls sehr schön und deutlich zu erkennen war, war die Entwicklung, die Charlotte im Laufe der Geschichte durchmacht. Sie scheint sich von Seite zu Seite selbst zu finden und auch wenn sie zwischendurch Selbstzweifel plagen, so ist sie doch eine Frau mittleren Alters, die anfängt für sich selbst einzustehen und nicht nur das zu tun, was anderen gefällt. Das hat die Autorin wirklich sehr schön porträtiert.

Ich glaube das Buch war einfach nicht meine Geschichte. Vielleicht lag es an mir, weil ich mich nicht darauf einlassen konnte. Aber ich konnte sie irgendwie nicht richtig fühlen. Hätte ich sie nicht zu Ende gelesen, hätte mir auch nichts gefehlt, da ich tatsächlich nie den Drang hatte, zu wissen, wie die Geschichte ausgeht. Trotzdem habe ich sie fertig gelesen und finde das Ende auch sehr passend und zufriedenstellend, da man auch hier wieder die tolle Entwicklung sehen kann, die Charlotte während der Reise durchs Rheintal durchgemacht hat.

Ich denke, ich hätte noch mit ein bisschen anderen Voraussetzungen an die Geschichte gehen sollen. Mit einer anderen Einstellung. Hätte ich mich noch mehr darauf eingelassen, dann wäre das Buch vermutlich etwas besser weg gekommen. So ist es eine Geschichte, die mich leider nicht so fesseln konnte, aber für alle super geeignet ist, die eine authentische Geschichte lesen wollen, die im Jahr 1851 spielt.

Bewertung vom 13.09.2025
Wind, Juli

Stachel und Stunk


ausgezeichnet

"Stachel und Stunk" erzählt die Geschichte von zwei ungleichen Freunden, die eigentlich immer alleine waren, bevor sie sich angefreundet haben. Da ist zum einen Stachel - ein Stachelschwein. Immer wenn er nervös wird, wird er ganz pieksig, denn seine Stacheln fahren sich aus. Und dann ist da auch noch Stunk. Stunk, das Stinktier, der ziemlichen Gestank verbreitet, wenn er wütend ist. Als die beiden merken, dass der jeweils andere eigentlich ganz cool ist, wird schnell Freundschaft geschlossen und den anderen Tieren bewiesen, dass man super Zeit mit ihnen verbringen kann.

Schon der Titel "Stachel und Stunk - Voll komisch" trifft den Ton der Geschichte genau. Denn irgendwie sind die beiden Tiere anders als die anderen in ihrem Kindergarten. Und eigentlich sind sie ziemlich lustig. Das merken sie selbst natürlich nicht, aber wir als Leser haben das sehr wohl gemerkt.

Wir haben hier mal wieder ein Bilderbuch bei dem ich selbst so oft schmunzeln oder auch lachen musste. Schon der Klappentext hat ausgereicht, um meine Kinder zum Lachen zu bringen. Natürlich kommt auch der ein oder andere Pupswitz vor, was bei Kindern eigentlich immer gut ankommt. Ein wirklich unterhaltsames und lustiges Bilderbuch, das uns großen Spaß gemacht hat und sicherlich noch oft machen wird.

Die Illustrationen sind wunderschön. Ich liebe sie! Die Gesichtsausdrücke, die Gestiken der Tiere, die Blicke. Alles ist einfach unheimlich gut getroffen und macht die Geschichte extrem lebendig. Ob wütend, traurig oder lachend. Jede Emotion wird durch die Illustrationen perfekt transportiert. Nach dem Lesen haben ich extra nochmal durch das Buch geblättert, um mir die schönen Illustrationen nochmal ganz in Ruhe anzuschauen.

Das Thema der Geschichte ist ein ganz wichtiges, welches sehr gut verpackt wurde. Es ist völlig okay, dass wir alle unterschiedlich sind. Es ist völlig okay jemanden zu mögen, auch wenn er anders ist. Und es ist total wichtig zu akzeptieren, dass jeder von uns seine eigenen Eigenheiten hat. Genau diese Punkte verkörpern Stachel und Stunk perfekt. Sie finden sich selbst komisch, merken aber, dass das Komischsein gar nicht schlimm ist und jeder auf seine Art irgendwie komisch ist. Und eigentlich sind sie ziemlich cool. Und das merken dann auch die anderen Tiere.

Ich freue mich immer so sehr über Bilderbücher, die von vorne bis hinten stimmig sind. Denn Bilderbücher sind auch immer ein Erlebnis für mich. Sie bedeuten gemeinsame Zeit mit meinen Kindern und diese gemeinsame Zeit ist umso schöner, wenn es ein schönes Buch ist, das ich vorlesen kann. Und genau so ein Bilderbuch habe ich hier. Ich bin ganz begeistert und freue mich schon aufs nächste Vorlesen!

Bewertung vom 12.09.2025
Fraser, Lu

Flapp lernt fliegen


ausgezeichnet

"Flapp lernt fliegen" ist ein wunderschönes Bilderbuch für Kinder ab 4 Jahren. Der Untertitel "Mut kommt manchmal über Nacht" passt perfekt zu dieser Geschichte. Denn genau darum geht es. Flapp ist eine kleine Fledermaus, die leider nicht fliegen kann. Jeder Versuch geht schief. Doch als ein Freund von ihr in Gefahr gerät, wächst sie über sich hinaus und merkt plötzlich, was man durch Mut alles erreichen kann.

Ich bin jemand, der bei Bilderbüchern immer besonders auf die Illustrationen achtet. Natürlich ist der Text auch wichtig - der hier übrigens gereimt ist. Allerdings mag ich schöne Illustrationen unheimlich gerne und schaue Bilderbücher, die mir gefallen viel lieber an, als die, die nur meinen Kinder gefallen. Besonders gerne mag ich es, wenn die Illustrationen liebevoll sind und sich von anderen Bilderbüchern abheben. Und genau diese Punkte treffen alle auf dieses Bilderbuch zu. Und das ist für mich schon mal ein riesiger Pluspunkt. Vor allem die Darstellung der Fledermaus Flapp gefällt mir sehr gut. Die großen Kulleraugen sind einfach unheimlich süß.

Zudem sind die Bilder auch sehr lebendig gestaltet. Jede Seite lebt auf ihre Weise und bringt eine gewisse Dynamik mit, was ebenfalls richtig toll ist.

Außerdem mag ich das Format des Buches sehr gerne. Es ist quasi quadratisch, was ich für Bilderbücher echt ein gutes Format finde. es bietet so viel Raum für Bilder und das passt hier richtig gut. Vor allem sorgt es dafür, dass das Bilder immer über die ganze Doppelseite geht und das mag ich echt gerne.

Der Textanteil hält sich sehr in Grenzen bzw. ist genau im richtigen Rahmen für das entsprechende Alter (4). Meine Tochter hat sehr gerne und sehr genau zugehört. Die gereimte Form lässt sich super gut vorlesen. Ich bin zwar selbst nicht der größte Fan von Reimen, muss aber zugeben, dass es die Geschichte irgendwie "eleganter" vorlesen lässt. Und meiner Tochter hat es sehr gut gefallen.

Das Thema "Mut" wird total gut thematisiert. Besonders einprägsam fand ich den Satz "Als denk statt Ich kanns nicht! doch Das kann ich gut". Immer wieder wird darauf hingewiesen, dass man mit Mut viel schaffen kann. Die anderen Fledermäuse und eine kleine Motte versuchen Flapp immer wieder zu ermutigen. Der Zusammenhalt ist sehr schön und wird für die Kinder wirklich klasse dargestellt.

Ein weiteres wunderschönes Bilderbuch, das unsere Sammlung nun bereichern darf. Ich habe es sehr gerne vorgelesen und nehme es tatsächlich immer wieder in die Hand, einfach um mir die Bilder anzuschauen. Flapp wird bestimmt noch häufig mit uns auf dem Sofa Platz nehmen. Einen Platz in unseren Herzen hat er auf jeden Fall jetzt schon.

Bewertung vom 12.09.2025
Müller, Titus

Die Dolmetscherin


ausgezeichnet

Was für ein Buch, was für ein Lesererlebnis. Dieses Buch wird mit Sicherheit noch sehr lange in mir nachhallen.

"Die Dolmetscherin" erzählt die Geschichte von Asta. Asta ist eine junge Frau, die es schafft als Dolmetscherin die Prozesse von Nürnberg zu begleiten, in welchem die Verbrechen der Nazis aufgearbeitet werden. Nicht nur sprachlich, auch persönlich stößt sie hierbei das ein oder andere Mal an ihre Grenzen. Dabei wächst sie über sich hinaus und erlebt auch herbe Rückschläge. Während der Verhöre und des Prozesses trifft sie auch auf Hermann Göring. Eine Nazigröße, die abgebrühter nicht sein könnte. Aufgewühlt, emotional mitgenommen trifft sie auch auf Leo. Leo, der ihr sofort gefällt, aber auch ein Geheimnis zu haben scheint. Asta hofft, dass sie nicht dem Falschen ihr Vertrauen geschenkt hat.

Titus Müller nimmt uns mit in das dunkelste Kapitel unserer Geschichte. Unmittelbar nach Kriegsende 1945 angesiedelt, erzählt er von einem komplett zerstörten Nürnberg und einem Prozess, der die Kriegsverbrecher ihrer gerechten Strafe zuführen soll. Er nimmt uns mit in die dunkelsten Abgründe der Menschheit und lässt uns Dinge erleben, die so nie wieder passieren dürfen. Schonungslos wird die Vergangenheit in Form des Prozesses erzählt und aufgearbeitet. Hierbei bleibt er historischen Fakten treu und nimmt nur hin und wieder fiktive Änderungen vor. Dies macht die Geschichte extrem glaubwürdig, authentisch und berührend.

Die historische Genauigkeit ist einer der absoluten Pluspunkte dieser Geschichte. Ich habe so viel für mich selbst mitgenommen, gelernt oder mich an Dinge erinnert, die längst in Vergessenheit geraten sind. Und genau deshalb sind diese Geschichten so wichtig. Wir benötigen diese Erinnerungen um zu verhindern, dass sich Geschichte wiederholt. Wir benötigen den Schrecken ungeschönt und direkt vorgetragen, damit wir immer wieder daran erinnert werden, zu was für furchtbaren Dingen Menschen fähig waren. Am Endes des Buches löst der Autor auf, welche fiktiven Dinge er in die Geschichte eingebaut hat und welche echten Personen als Vorbild für seine Charaktere gedient haben. Umfangreicht gibt er nochmal eine geschichtliche Zusammenfassung, die ich für dieses Buch sehr wichtig und passend finde.

Mit Asta hat er eine starke weibliche Hauptperson geschaffen, die stellenweise sichtbar unter dem leidet, was sie erfährt. Besonders schön fand ich die Entwicklung, die sie im Verlauf der Geschichte durchmacht. Sie wächst nicht nur einmal über sich hinaus und hinterfragt ihre eigenen moralischen Grundsätze. Immer wieder kommen auch weitere Personen ins Spiel. Die meisten haben reale Vorbilder und werden genauso gezeichnet, wie sie auch in Wirklichkeit waren. Auch Aussagen, die die Personen in dem Buch tätigen entsprechen der Wahrheit und wurden genauso gesagt.

Elegant verwebt Titus Müller Fiktion mit Realität und dadurch, dass es die Charaktere wirklich gegeben hat, sind diese natürlich extrem authentisch. Vor allem über Hermann Göring erfahren wir in dieser Geschichte sehr viel. Dieser unfassbar schreckliche Mensch wird hier in all seinen Facetten gezeigt. Wusste ich vor diesem Buch nichts über ihn, so bin ich doch um einiges schlauer.

Neben der historischen Präzision schafft es Titus Müller auch ganz leise und zarte Momente in die Geschichte einzubauen. Er erzählt von kleinen Oasen der Hoffnung und das ist wirklich wunderbar gelungen. Ob ein kleine Blume, ein Kinderlachen oder der Zusammenhalt beim Wiederaufbau von Nürnberg. All dies sind kleine aber wunderschöne Lichtblicke die in die Geschichte einfließen und dieser dadurch bei all der Düsternis genau den richtigen Anteil an Hoffnung schenken. Genau diese leisen Moment sind es, die die Geschichte braucht und sie zu einer runden Sache macht.

Ich bin wirklich sehr froh, dass ich diese Geschichte lesen durfte. Mir persönlich hat sie so viel gebracht. Sie hat mich mitgenommen, sie war spannend, sie hat mich emotional leiden lassen. Sie hat mich an den verschiedensten Stellen schlucken lassen und auch nicht geschont, wenn es richtig weh tat. Sie hat mich lernen und nachdenken lassen und sie hat wieder einmal klar gestellt, dass sich diese Dinge niemals wiederholen dürfen. Nie, niemals.

Ein ganz tolles und wichtiges Buch. Ein super angenehmer Schreibstil, der das schwere Thema wunderbar transportiert und an genau den richtigen Stellen Leichtigkeit einbaut. Es wird definitiv nicht mein letztes Buch des Autors gewesen sein und ich freue mich auf alles, was da noch kommt.

Bewertung vom 11.09.2025
Lamberti, Frieda

Apfelzeit am Deich


gut

Puh, diese Rezension fällt mir gar nicht so leicht, denn ich bin zugegebenermaßen etwas unentschlossen, was das Buch angeht.

"Apfelzeit am Deich" erzählt die Geschichte von Merle und ihrer Familie. Merle, die von alten Unsicherheiten geprägt, unfähig ist, langfristige Bindungen einzugehen. Merle, deren Großmutter im alten Land nicht mehr alleine klarkommt und Unterstützung benötigt. Und Merle, die keine gute Beziehung zu ihrem Vater und dessen Familie hat, auch wenn das so gar nicht nötig wäre. Eine Familie voller alter Wunden, die nach und nach immer mehr zum Vorschein kommen und deren Klärung nicht nur ein Gespräch benötigt.

Zunächst einmal muss ich sagen, dass das Cover vielleicht etwas irreführend ist. Das wunderschöne Bild aus dem alten Land lässt auf eine cozy Geschichte in gemütlicher Umgebung schließen. Diese Art Geschichte bekommt man hier aber keinesfalls. Und das ist auch laut der Autorin nicht ihr Ziel gewesen.

Die Umgebung ist allerdings wirklich sehr schön. Die Obstplantagen, das kleine Dorf, der Zusammenhalt im alten Land. All dies entsprach meinen Vorstellungen sehr gut.

Und ich habe auch definitiv nichts gegen Streit oder "Drama" einzuwenden, denn das gehört für mich zu Familiengeschichten immer auch irgendwie dazu. Außerdem ist es klar, dass man damit zu rechnen hat, wenn man den Klappentext liest. Und trotzdem war es mir hier viel zu viel Streit auf einmal. Zeitweise gipfelte quasi jeder Dialog in Streit oder darin, dass jemand beleidigt den Raum verlassen hat. Stellenweise hatte mich die Geschichte so weit, dass ich kopfschüttelnd da saß. Manche der Konflikte sind absolut nachvollziehbar, herrschen doch wirklich viele alte Verletzungen bei den Protagonisten. Sie haben alle irgendeine Form der Altlast, die sie mit sich herumtragen und haben manche Dinge scheinbar nie verarbeiten können. Hier hätte an der ein oder anderen Stelle jedoch Kommunikation oder auch ein bisschen Vernunft seitens der Protagonisten nicht geschadet.

Der Schreibstil ist aber auf jeden Fall gut und lässt sich super lesen. Ich kam total schnell durch die Geschichte und hatte keinerlei Schwierigkeiten dem Geschehen zu folgen.

Meine Meinung zu den Protagonisten zu sagen, fällt mir nicht so leicht. So richtig warm geworden bin ich nämlich mit keinem der Protagonisten, was echt schade ist. Merles Entwicklung zum Ende hin mochte ich sehr gerne und auch Grete war eigentlich eine tolle Oma. Während des Lesens habe ich mich aber über alle und ihr Verhalten immer wieder aufgeregt und daher fehlt mir ein bisschen der positive Bezung zu den Personen. Aber wie schon erwähnt, gerade auf den letzten 50 Seiten machten einige eine echte Entwicklung durch, die ihren Charakter positiv beeinflusst hat.

Das Ende mochte ich tatsächlich sehr gerne. Hier kam endlich etwas Hoffnung, endlich etwas Miteinander in die Geschichte. Die Protagonisten begannen aufeinander zuzugehen und nach Lösungen zu suchen. Und das gefiel mir wirklich sehr gut. Das Ende bietet auch noch einiges an Potenzial für eine Fortsetzung, die es wohl auch geben wird. Ob ich bei dieser dabei sein werde, halte ich eher für fraglich, aber vielleicht werde ich der Geschichte auch nochmal eine Chance geben. Denn das alte Land mochte ich wirklich sehr gerne und mich würde es definitiv interessieren wie es mit Merle und Falk und Grete und ihrem Hof weitergehen wird.

Bewertung vom 07.09.2025
Onhwa, Lee

Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei


sehr gut

"Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei" ist ein ganz besonderes Buch, das mich auf nicht nur eine Weise verzaubert hat. Es war mein erstes Buch einer asiatischen Autorin.

Das Buch erzählt von Yeonhwa. Diese erbt von ihrer Großmutter eine Konditorei, mit der Anweisung, diese nur von 22-0 Uhr zu öffnen. Zunächst überfordert mit dieser Aufgabe, entscheidet sie sich doch, das Erbe anzutreten und die Konditorei den Wünschen ihrer Oma entsprechend zu öffnen. Als die ersten Gäste erscheinen ist sie mehr als überrascht. Denn es sind definitiv keine normalen Gäste. Alle bringen eine tragische Lebensgeschichte mit und stellen Yeonhwa vor eine schwere Aufgabe.

"Kleine Wunder in der Mitternachtskonditorei" überzeugt durch ganz leise Töne. Es überzeugt durch eine ganz besondere Geschichte, die mich mitgenommen hat, in eine Welt, die mir bisher fremd war.

Die japanischen Namen und Gebäcke stellten mich vor die ein oder andere Herausforderung und mir fiel es stellenweise echt schwer, mir diese zu merken. Allerdings gehört das natürlich zu dieser Geschichte, ist genau richtig so und macht diese so authentisch, wie sie sein muss.

Zudem sorgte dies dafür, dass ich wirklich nebenbei recht viel lernte. Da die Zubereitung einiger Gebäcke beschrieben wird, konnte ich hier definitiv meinen Horizont erweitern. Ich bin mir zwar noch nicht ganz sicher, ob dies auch meine Geschmacksnerven treffen würde, aber eigentlich sollte ich eines dieser Gebäcke auf jeden Fall mal probieren. Zudem lernte ich viel über die asiatische Kultur und die Verhaltensweisen, die sich doch so sehr von unseren unterscheiden. Das Leben dort ist ein ganz anderes und das war extrem spannend zu beobachten. Das habe ich unheimlich gerne gelesen.

Besonders gut ausgearbeitet waren die Protagonisten. Hier gibt es nicht nur Yeonhwa. Nein, es kommen auch noch vier weitere Protagonisten dazu ihre Lebensgeschichte zu erzählen - neben einigen weiteren Nebendarstellern. Und jede dieser Lebensgeschichten schafft es auf eine einzigartige und ganz eigene Art zu berühren. Ich musste nicht nur einmal schlucken, denn als Leser bekommt man nicht nur ein tragisches Schicksal präsentiert. Jedem Schicksal wird aber die nötige Aufmerksamkeit und Tiefe geschenkt. Jedes wird so erzählt, dass es genau passend ist und den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt.

Zu Beginn ist das was hinter der Konditorei steckt, die Besonderheiten, die diese ausmachen, noch nicht ganz klar. Dies löst sich im weiteren Verlauf der Geschichte immer mehr auf und alle Erklärungen passen auch zur Geschichte. Einiges bleibt jedoch bis um Ende etwas unklar, was ich persönlich aber nicht als schlimm empfunden habe, da dies zum besonderen Verlauf der Geschichte passt.

Ich mag es so gerne, immer wieder mal leise Geschichten zu lesen. Geschichten, die durch Zwischentöne überzeugen und mich auf eine emotionale Reise mitnehmen. Wenn sie es dann noch schaffen mich zum Nachdenken anzuregen - so wie diese Geschichte, dann wurde alles richtig gemacht.

Ein ganz wunderbares Buch, welches ich allen ans Herz legen möchte, die auch bereit sind, sich auf etwas neues und andere einzulassen. Die sich wegträumen möchten, die auch emotional mitgenommen werden wollen und die vielleicht auch ein bisschen Schmerz ertragen können.

Bewertung vom 31.08.2025
Wilson, Misty

Falling Like Leaves


ausgezeichnet

"Falling like leaves" erzählt die Geschichte von Ellis und Connor. Ellis, die in New York lebt und von einem Tag auf den anderen in die Kleinstadt Bramble Falls umziehen muss. Connor der dort lebt und eine Vergangenheit mit Ellis hat. Für Ellis, die eigentlich ganz zielstrebige Karrierepläne hat, ist der Umzug in die Kleinstadt eine Katastrophe. Als sie jedoch auf Connor trifft kommen alte Gefühle und Erinnerungen hoch. Doch er scheint sie so gar nicht beachten zu wollen und Ellis hat das Gefühl, dass ihr irgendetwas entgeht. Als die beiden gemeinsam am alljährlichen Herbstfestival arbeiten, bricht das Eis langsam. Doch dann wird Ellis von ihrer Vergangenheit eingeholt und alles könnte schneller wieder vorbei sein, als ihr lieb ist.

Dieses Buch ist für mich wieder der Beweis, dass ich eine absolute Stimmungsleserin bin. So langsam beginnt der Herbst und das Wetter draußen wird trüb. Und was gibt es da schöneres, als eine cozy Herbstgeschichte, die die schönsten Seiten des Herbstes widerspiegelt? Und genau das bekam ich hier zu 100%. Von der ersten Seite an habe ich die Geschichte geliebt. Sie versprüht so wunderschöne Herbstvibes, dass ich am liebsten selbst in der Geschichte verschwunden wäre.

Der Schreibstil ist locker leicht und fängt dabei die Stimmung des Herbstes perfekt ein. Die Beschreibungen der Kleinstadt sind präzise und ebenso wunderbar gelungen. Die Optik des Buches spiegelt perfekt den Inhalt wieder. Wer nach dieser Geschichte keine Lust auf einen Pumpkin Spice Latte oder auch Harvest Spice Latte hat, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen :D

Die Geschichte selbst lebt von leisen Momenten, aber natürlich auch von einer gewissen Portion menschlichem Drama. Die Protagonisten passen sich perfekt in die Geschichte ein. Gerade die Entwicklung von Ellis mochte ich im Verlauf der Geschichte sehr gerne. Und Connor ... hach, ich finde jeder braucht einen Connor in seinem Leben. Ein ganz wunderbarer Charakter, der nicht nur einmal über seinen Schatten springt und stets für das einsteht, was ihm wichtig ist.

Die Beziehung der beiden Protagonisten ist soooo schön zu beobachten. Natürlich gibt es hier verschiedene Aufs und Abs, aber die Romantik, die Anziehung und die Verbindung der beiden ist wahnsinnig schön. Ohne eine Spicy Szene schafft es die Autorin eine wahnsinnig schöne Stimmung zwischen den beiden zu kreieren.

Ich mochte jede Seite an diesem Buch. Jede Sekunde habe ich genossen. Besonders mochte ich, dass ich mich so schön in die Geschichte fallen lassen konnte. Dass es natürlich Dramen gibt, aber nichts wirklich schlimmes passiert und die Geschichte so dafür gesorgt hat, dass ich die Welt um mich herum einfach vergessen konnte. Wirklich wunderschön und ich glaube mehr Worte braucht es an dieser Stelle auch nicht.

Eine klare Lese- und Kaufempfehlung, für alle, die cozy Herbstgeschichten mögen. Für alle Fans von Gilmore Girls und allen anderen Kleinstadtserien, wie Hart of Dixie oder auch Virgin River. Ihr seid hier genau richtig!

Bewertung vom 28.08.2025
Abidi, Heike;Breidenbach, Ursi

Gönn dir einen Mutausbruch!


ausgezeichnet

"Gönn dir einen Mutausbruch" ist seit langem das erste Sachbuch, das ich gelesen habe. Und dann gleich eines mit so einem spannenden und interessanten Thema. Denn wer kennt es nicht? Wie oft fehlt uns in Situationen der Mut, in denen wir ihn so sehr gebraucht hätten? Wie oft ärgern wir uns über uns selbst und hoffen, dass wir vielleicht beim nächsten Mal mehr Mut haben? Und wie oft braucht es lange, bis wir überhaupt den Mut zusammenbekommen etwas zu tun vor dem wir uns eigentlich fürchten?

Das Buch ist kein klassischer Ratgeber. Viel mehr ist es ein Handbuch, ein Buch, das die beste Freundin einem empfehlen würde, weil es genau die Worte enthält, die sie selbst auch zu einem sagen würde. Das Buch ist geprägt von Erfahrungsberichten der Autorinnen, sowie vielen weiteren Personen.

Was mich mit am meisten beeindruckt hat, ist die Leichtigkeit, mit der die beiden Autorinnen dieses doch gar nicht so leichte Thema angehen. Wie sie es schaffen das ganze humorvoll zu erzählen - und das an den richtigen Stellen und wie sie es schaffen, dass das Buch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt, sondern viel mehr ein Motivator ist, Dinge endlich anzugehen, die einem vielleicht schon sehr lange auf der Seele brennen.

Und dafür nutzen sie auch viele Erfahrungsberichte. Situationen in denen Frauen Mut bewiesen haben, aber auch welche, in denen der Mut gefehlt hat. In denen die Frauen gerne mutiger gewesen wären. Sie erzählen von Filmen mit mutigen Protagonistinnen und von Frauen die im Lauf der Geschichte schon mehr als einmal Mut bewiesen und damit die Welt verändert haben.

Sie zeigen, dass Mut im Kleinen beginnt. Das muss gar nicht unbedingt etwas sein, das vielleicht in der Gesellschaft als mutig gilt. Jeder von uns hat seine eigenen Baustellen. Jeder von uns hat Themen, die anzugehen viel Mut erfordert. Und genau das bringen die beiden Autorinnen hervorragend rüber.

Immer wenn ich Zeit hatte etwas länger am Stück zu lesen, bin ich nur so durch die Seiten geflogen. Die Mischung aus Erzählungen, Interviews aber auch fachlichen Tipps ist super gut gelungen. Heike Abidi und Ursi Breidenbach erzählen hier im Wechsel von persönlichen Erfahrungen oder auch von Dingen, die sie den Leserinnen gerne mitgeben möchten. Schön finde ich hier gerade ihre eigenen Erfahrungen. Das ist so authentisch erzählt, dass man sich als Leserin sofort mitgenommen fühlt. Das was die beiden in diesem Buch erzählen, könnte man genauso bei einem Kaffee in gemütlicher Runde besprechen. Und das macht das Buch so schön locker und lesenswert.

Während des Lesens hatte ich nicht nur einen Gedankenanstoß. Manche Stellen führten sogar dazu, dass ich meinem Mann unbedingt davon erzählen musste. Manche erinnerten mich an Situationen, in denen ich selbst Mut bewiesen hatte, was mir in währenddessen aber gar nicht klar war. Vieles hat mich zum Nachdenken gebracht und sicherlich werden meine Gedanken immer wieder zu dem ein oder anderen Thema zurückkehren. Das heißt nicht unbedingt, dass ich jetzt sofort losziehen und alle meine Dinge angehen werde, bei denen ich einen Mutausbruch bräuchte. Aber es führt dazu, dass ich mich näher mit den Dingen beschäftige und es hat mich davon überzeugt, dass nichts hoffnungslos ist, solange man irgendwann den Mut aufbringt, die eigenen Träume umzusetzen.

Schon das Cover dieses Buches ist so liebevoll und schön gestaltet, dass es für mich perfekt zum Inhalt passt. Das Buch hat mich großartig unterhalten, bewegt und auch ein Stück auf eine Reise zu mir selbst mitgenommen. Eigentlich möchte ich das Buch gerne allen ans Herz legen. Denn jeder von uns braucht mal einen Mutausbruch. Und ich bin überzeugt davon, dass dieses Buch uns einen Schritt näher dazu bringen kann.

Bewertung vom 24.08.2025
Martin, Peer;Michaelis, Antonia

Tomorrow Land


sehr gut

Das Buch habe ich bereits vor einer Woche fertig gelesen. Und trotzdem schreibe ich erst jetzt meine Rezension, weil ich die Geschichte erstmal verdauen musste, weil sie tiefer ging, als ich erwartet hatte.

"Tomorrowland" spielt im Jahr 2084 in Deutschland. Eigentlich noch weit entfernt, von den politischen Verhältnissen im Buch jedoch sehr nah an unserer Realität. Und genau das ist es, was schockiert, aufwühlt und mitnimmt. Das Buch zeigt schonungslos die Folgen auf, was passieren könnte, wenn wir nicht jetzt anfangen zu handeln. Wenn wir nicht jetzt die Dinge hinterfragen und versuchen zu ändern. Die rechte Strömung in diesem Buch ist so präsent, dass mir nicht nur einmal schlecht und himmelangst beim Lesen wurde. Die Menschen in der Geschichte haben absolut gar nichts aus der Vergangenheit gelernt.

Die Bezeichnung, die sich hinten auf dem Buch findet "eine aufrüttelnde, düstere Dystopie" trifft es ganz genau. Wobei es in Teilen nicht mal wirklich eine Dystopie ist, die per Definition eine fiktionale, in der Zukunft spielende Geschichte ist. Natürlich ist die Geschichte fiktiv, aber sie ist so nah an unserer Realität, dass es mir wirklich Angst macht.

Die Autorin und der Autor erzählen die Geschichte schonungslos. Die Altersangabe "ab 16" ist unbedingt zu beachten und meiner Meinung nach auch einzuhalten. Vor Szenen, die Gewalt schildern wird ebenso kein Halt gemacht, wie vor unfassbar traurigen und düsteren Szenen. Für diese Art der Geschichte ist das auch absolut nötig und richtig. Die Geschichte würde nicht so tief gehen und aufwühlen, wenn sie nicht die schlimmsten Seiten der Menschheit zeigen würde. Sie ist so eindringlich erzählt, dass sie sicherlich noch sehr lange nachhallen und nicht in Vergessenheit geraten wird.

Meiner Meinung nach ist das Buch eines, das sich sehr gut als Schullektüre eignet. Sie bietet eine gute Grundlage für Diskussionen , Gespräche und dafür über das eigene Weltbild nachzudenken. Sie bietet so viele Möglichkeiten wachzurütteln, dass sie genau in die Hände von Jugendlichen gehört.

Die Geschichte ist mit guten 300 Seiten recht kurz gehalten. Dies führt zum einen dazu, dass eigentlich permanent Spannung vorhanden ist. Dass die Geschichte sehr schnell vorwärts kommt und immer wieder zu überraschen weiß. Leider führt dies aber auf der anderen Seite auch dazu, dass die Charaktere nicht die benötigte Tiefe und Entwicklung bekommen, die ihnen gut tun würde. Ich hätte sie sehr gerne noch viel besser kennengelernt, um sie zu verstehen. Auch hätte es den Beziehungen untereinander gut getan, noch etwas mehr Zeit zu bekommen. Da dies aber eine Vorgabe des Verlages war und nicht in der Hand der Schreibenden lag, ist das so zu akzeptieren und ich finde auch, dass die beiden es für diesen geringen Umfang wirklich sehr gut gemacht und alles wichtige untergebracht haben. Ich wünschte, der Verlag hätte hier mehr Mut gehabt und der Geschichte den verdienten Raum gegeben, denn ich bin mir sicher, dass sie dann noch mehr Tiefe gehabt hätte.

Neben dem Thema der Rechtsradikalität ist nämlich auch der Klimawandel ein Thema, welches hier sehr präsent ist und gut verarbeitet wurde. Hier wird mit wenigen erschreckenden Bildern aufgezeigt, wie es sein könnte, wenn wir zum Beispiel keine Bienen mehr haben. Wie es sein könnte, wenn die Wasserversorgung auch hierzulande bedrohlich knapp wird.

Beide Themen wurden wunderbar miteinander verflochten und vor allem der Klimawandel benötigte nicht viele Worte um so eindringlich geschildert zu werden, wie es in dem Fall nötig ist. Aber auch hier wäre es natürlich schöner gewesen, wenn die Autorin und der Autor Zeit gehabt hätten, dieses Thema noch weiter auszubauen, auch wenn das Thema Klimawandel trotz des geringen Umfangs sehr gut umgesetzt wurde.

Das Ende ist passend zur Geschichte gewählt. Ich möchte hier keine Spoiler verbreiten, deshalb werde ich mich zur Art des Endes nicht äußern. Allerdings muss ich zugeben, dass dies der Teil des Buches ist, der mir am wenigsten gefallen hat. Das liegt noch nicht mal so sehr am Ausgang der Geschichte. Nein, viel mehr liegt es daran, dass ganz am Ende nochmal mehrere "neue" Themen in die Geschichte geworfen wurden und das auf den letzten Seiten. Das war für meinen Geschmack einfach etwas zu viel des Guten. Ansonsten hat die Geschichte aber den Ausgang bekommen, der zum Verlauf passt.

Eine gelungene Dystopie, die leider viel zu nah an unserer Realität ist. Die schockiert, Angst macht, schonungslos erzählt und dabei nicht nur einmal zum Nachdenken anregt.

Bewertung vom 18.08.2025
Simon, Teresa

Die Holunderschwestern


ausgezeichnet

"Die Holunderschwestern" ist mein zweites Buch von Teresa Simon. Angesiedelt zwischen den beiden Weltkriegen gibt es nicht nur ein Thema, welches mich emotional sehr berührt hat. Teresa Simon hat eine so tolle Art zu schreiben, dass sie uns Leser nicht nur auf eine Zeitreise mitnimmt, sondern auch auf eine Reise, die emotional mitnimmt und sehr zum Nachdenken anregt.

Wie keine zweite schafft sie es Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verbinden. Die Übergänge zwischen diesen beiden Zeiten sind so wunderbar gemacht und sorgen dafür, dass man nur so durch die Seiten fliegt. Hier in dieser Geschichte in Form des Tagebuches von Fanny. Ich habe mich nicht nur einmal dabei ertappt, wie ich den Wunsch hatte, im Tagebuch weiterzulesen, sobald die Geschichte für kurze Zeit in der Gegenwart angekommen war. Denn obwohl beide Zeiten total interessant und unterhaltsam sind, muss ich doch zugeben, dass die Vergangenheit deutlich mehr an emotionalen, spannenden und mitreißenden Momenten zu bieten hat.

Zu Beginn fand ich stellenweise auch die Gegenwart etwas interessanter, weil ich Katharinas persönliche Geschichte und Entwicklung über die Zeit sehr spannend fand und natürlich hier auch immer wissen wollte, wie das weitergeht. Beide Zeitebenen haben etwas für sich und durch die schon erwähnte tolle Verbindung beider Zeiten bieten sie ein ganz tolles Gesamtkonstrukt.

Hierbei muss auch erwähnt werden, dass die Geschichte zum Teil auf persönlichen Erfahrungen aus Teresas Familie beruhen und das macht die ganze Sache dann noch spannender und authentischer. Im historischen Nachwort klärt die Autorin darüber ganz genau auf und erzählt, was ihre Oma erlebt hat, das sie in den Roman hat einfließen lassen.

Die Geschichte ist nicht nur authentisch. Nein sie ist auch extrem berührend und stellenweise auch schockierend. Ich muss zugeben, dass der Geschichtsunterricht in der Schule schon einige Jahre her ist und die Zeit zwischen erstem und zweitem Weltkrieg für mich ein relativ blankes Tuch ist. Ich war mir gar nicht bewusst, wie früh die Nazis begonnen haben die Menschen zu beeinflussen und zu versuchen die Macht an sich zu reißen. Und genau das wird in dieser Geschichte mit historischer Präzision ausführlich geschildert. So habe ich nicht nur eine spannende Geschichte gelesen, sondern auch noch einiges dabei gelernt.

Auch die Kunstszene um Paul Klee, Rainer Maria Rilke und Lion Feuchtwanger findet in dieser Geschichte ihren Platz. Auch hier konnte ich viel dazu lernen, denn Kunst ist eigentlich so gar nicht mein Steckenpferd. Auch die klassische Literatur eher weniger im Verhältnis zur Gegenwartsliteratur. Von daher fand ich es super, in dieser Geschichte den Künstlern zu begegnen. Gerade die Familie Klee spielt eine gar nicht so kleine Rolle in dieser Geschichte.

In der Gegenwart mochte ich es sehr gerne, dass die Hauptperson Katharina als Restauratorin arbeitet und dies immer wieder auch im Detail zur Sprache kommt. Auch hier konnte ich noch einiges lernen. Hier wurden Schränke restauriert, Stühle usw. Alles mögliche aus Holz findet hier seine Erwähnung und ich fand es so spannend zu lesen, wie man eigentlich zerstörte Möbel doch noch retten kann.

Die Protagonisten gefielen mir ebenfalls ausnahmslos gut. Natürlich mochte ich nicht alle, aber das sollte auch nicht so sein. Jeder hat seine Rolle perfekt ausgefüllt und so entstand ein wunderbares Zusammenspiel. Und auch wenn ich mit einigen Entscheidungen nicht ganz einverstanden war, so mochte ich es doch sehr gerne welche Eigenschaften die Protagonisten haben und vor allem welche Entwicklung diese im Verlauf der Geschichte durchmachen.

Das Buch ist eine rundum gelungene Geschichte, die mir so viel Freude und gleichzeitig auch Schmerz bereitet hat. Sie hat mich nicht nur einmal sehr schlucken lassen, tief bewegt und mitgenommen. Sie hat mich schockiert, berührt und gleichzeitig unterhalten. Auch mein zweites Buch von Teresa Simon hat mir ganz nebenbei so viel Wissen vermittelt und mich so viele Dinge lernen lassen, dass ich nach der Lektüre auf nicht nur eine Weise bereichert bin. Es wird mit Sicherheit nicht mein letztes Buch der Autorin gewesen sein. Ganz große Leseempfehlung für alle, die die Mischung aus Vergangenheit und Gegenwart sowie Geschichten mit Tiefgang und starken Protagonisten mögen.