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Dreieich

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Insgesamt 163 Bewertungen
Bewertung vom 25.06.2025
Cors, Benjamin

Aschesommer / Gruppe 4 ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Thriller-Reihe mit Suchtpotenzial

Ein halbes Jahr nach dem schockierenden Fall der Krähenmorde (Bd. 1 Krähentage) steht die Sonderermittlungsgruppe 4 um Jakob Krogh und Mila Weiss erneut unter Hochdruck. Eine Traueranzeige führt die beiden in der sengenden Sommerhitze zu einem verlassenen Bauernhof, wo sie in einer unterirdischen Kältekammer auf zwei erfrorene Leichen stoßen. Eine mysteriöse Botschaft an der Wand kündigt weiteres Sterben an, was schon bald bittere Realität wird. Das Team macht sich fieberhaft auf die Suche nach einem äußerst intelligenten Täter, der seine Taten präzise plant und den Ermittlern stets einen Schritt voraus ist.

Benjamin Cors gelingt es mit Aschesommer, erneut mich von der ersten Seite an in einen düsteren, spannungsgeladenen Fall zu ziehen. Der Schreibstil ist atmosphärisch dicht und fesselnd. Die bedrückende Hitze, die über der Stadt liegt, wird fast spürbar und bildet einen starken Kontrast zu den kaltblütigen Verbrechen. Die Handlung wird temporeich vorangetrieben, wobei ich die Idee für die Mordserie außergewöhnlich und einfallsreich fand. Man kann diesen Band auch unabhängig lesen, da der Fall abgeschlossen ist. Wenn man allerdings das Ermittlerteam und deren Hintergründe besser verstehen will, sollte man mit ihrem ersten Einsatz starten.

Die Figuren, allen voran Krogh und Weiss, sind glaubwürdig gezeichnet. Ihre Traumata, Zweifel und ihr unbedingter Wille, die Wahrheit ans Licht zu bringen, wirken auf mich authentisch und nahbar. Milas dunkles Geheimnis wird, wie von mir erhofft, in diesem Band gelüftet (Jakobs Geheimnis wurde schon im ersten Band enthüllt). Die restlichen Mitglieder der Sondereinheit bekommen ebenso neue Facetten und tragen mit ihren individuellen Fähigkeiten zur Lösung des Falls bei.
Sehr gut gezeichnet war auch der Hauptverdächtige Bode, der wegen Mehrfachmordes in der forensischen Psychiatrie sitzt und der scheinbar alle Geheimnisse von Jakob und Mila kennt. Er ist äußerst manipulativ und treibt seine Psychospielchen mit ihnen. Damit erinnerte er mich sofort an Hannibal Lecter. Die Gespräche, die er mit den Ermittlern oder seiner Psychologin führt, sind ein Highlight im Buch.

Das dunkle Cover mit der verblühten Sonnenblume und einem Hauch von Asche weckt sofort ein Gefühl von Bedrohung und Vergänglichkeit und unterstreicht damit sehr gut den Inhalt.

Fazit: Aschesommer ist ein fesselnder Psychothriller, der nicht auf blutige Effekte, sondern auf psychologische Tiefe und atmosphärische Dichte setzt. Ein Muss für alle, die Thriller mit Gänsehautfaktor und klug konstruierter Handlung lieben.

Bewertung vom 07.06.2025
Fox, Candice

Devil's Kitchen


ausgezeichnet

Spannender, actionreicher Thriller

Ich habe schon einige Bücher von Candice Fox gelesen, die mich alle ausnahmslos begeistert haben. Für ihren neuesten Thriller hat sie sich erneut ein außergewöhnliches Setting ausgesucht: eine Feuerwehreinheit in New York.
In Devil’s Kitchen schickt Fox ihre Protagonistin Andy Nearland, eine freiberufliche Ermittlerin, auf eine gefährliche Undercover-Mission. Für das FBI soll sie sich in eine New Yorker Eliteeinheit der Feuerwehr einschleusen. Denn die heldenhaften Lebensretter von Engine 99 sind eine eingeschworene Männertruppe, die das Chaos während ihrer Einsätze ausnutzt, um Raubüberfälle zu begehen oder vorzubereiten.
Andy muss sich nicht nur ihren Platz in dieser gewalttätigen, toxischen Männerwelt erkämpfen, sondern zugleich Beweise gegen sie sammeln – mit dem ständigen Risiko, enttarnt oder getötet zu werden. Nur Ben aus der Truppe weiß, wer sie wirklich ist, denn er hat seine Kollegen verraten, die er im Verdacht hat, für das Verschwinden seiner Freundin und ihres kleinen Sohnes verantwortlich zu sein. Als Gegenleistung soll Andy herausfinden was aus den beiden geworden ist. Während sie Ben näher kommt, planen die Männer ihren größten Cop, bei dem alles auf dem Spiel steht.

Fox gelingt mit Devil’s Kitchen ein Thriller, der nicht nur durch seine Handlung besticht, sondern vor allem durch seine Figuren. Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Andy und Ben, wobei es auch Rückblicke in die Vergangenheit der beiden gibt. Dadurch kann man ihre Handlungen besser verstehen. Beide sind eigentlich keine klassischen Helden aber trotzdem waren sie mir sympathisch. Andy ist eine kluge und vielschichtige Protagonistin, die taff aber zugleich verletzlich und emphatisch ist. Ihre Zerrissenheit zwischen Pflicht und Gefühlen, zwischen Selbstschutz und Mitgefühl, wird packend und authentisch geschildert. Sie muss, genau wie Ben, immer wieder mit Dämonen aus ihrer Vergangenheit kämpfen. Ich mochte Ben, der mich mit seiner aufrichtigen Sorge um seine Familie überzeugen konnte. Auch wenn er in die Überfälle seiner Truppe verwickelt war. Eine Handlung von ihm konnte ich jedoch nicht gutheißen. Die anderen Mitglieder der Feuerwehr-Truppe sind bewusst rau und grenzwertig gezeichnet, was die Bedrohung greifbar macht. Besonders eindrucksvoll fand ich, wie sich die Dynamik innerhalb der Gruppe langsam gegen Andy zu wenden beginnt – ein ständiges Knistern zwischen Kameradschaft und Gewalt.

Die Spannungskurve steigt dabei von Anfang an stetig und das Buch wird schnell zu einem Pageturner, den man kaum aus der Hand legen möchte. Fox spielt meisterhaft mit Tempo, Andeutungen und überraschenden Wendungen. Der finale Showdown ist intensiv und emotional und belohnt mit einem dramatischen und glaubwürdigen Ende. Lediglich die Auflösung um das Verschwinden Lunas und ihres kleinen Sohns erschien mir etwas konstruiert. Ich habe außerdem sehr viel über Feuerwehreinsätze erfahren, was der guten Recherche der Autorin zu verdanken ist, die das Setting sehr realistisch geschildert hat.

Fazit: Mit Devil’s Kitchen hat Candice Fox erneut einen spannenden und actionreichen Thriller vorgelegt, den ich mir sehr gut auch auf der Leinwand vorstellen könnte. Eine absolute Leseempfehlung für alle Thriller-Fans!

Bewertung vom 26.05.2025
Dicker, Joël

Ein ungezähmtes Tier


sehr gut

Wenn der Schein trügt
In diesem Krimi dreht sich alles um einen spektakulären Raubüberfall auf einen Genfer Juwelier und ein schillerndes Paar. Arpad und Sophie leben mit ihren Kindern in einer luxuriösen Architektenvilla in einem Genfer Vorort. Sie sind vermögend und beide scheinbar beruflich erfolgreich, doch beide hüten dunkle Geheimnisse voreinander. Beneidet werden werden die beiden von ihren Nachbarn Greg und Karine, mit denen sie seit kurzem befreundet sind. Greg, ein Polizist, ist so besessen von Sophie, dass er sie heimlich beobachtet und ausspioniert. Und dann taucht auch noch ein mysteriöser Unbekannter auf, der alles beobachtet, während gleichzeitig zwei Einbrecher einen Juwelenraub vorbereiten. Der Autor verwebt geschickt die Geschichten der Figuren zu einem packenden Krimi und lässt uns dabei hinter die Fassade des ambivalenten Paares schauen.

„Ein ungezähmtes Tier“ ist mein erstes Buch von Joël Dicker und sicher nicht das letzte. Der Schreibstil hat mir sofort zugesagt, klar und leicht zu lesen, so dass ich schnell vorankam und schon nach wenigen Seiten von der Geschichte gefangen war. Der Aufbau war raffiniert, ein Countdown startet zwanzig Tage vor dem Raubüberfall bis zum Tag des Überfalls und ist immer wieder unterbrochen von Rückblenden, die tief in die Vergangenheit der Charaktere eintauchen. Dieser Aufbau hält die Spannung konstant hoch und ermöglicht es gleichzeitig die Beweggründe der Figuren nachzuvollziehen. Richtig sympathisch fand ich jedoch keine der handelnden Figuren, was ich aber nicht negativ bewerte. Ich wollte unbedingt wissen, was das schillernde Paar mit dem Juwelenraub verbindet und welche Rolle der Unbekannte dabei spielt. Die Handlung steuert unaufhaltsam auf ihren Höhepunkt, den Tag des Überfalls zu und Dicker hat dabei einige überraschende Wendungen eingebaut, mit denen ich so nicht gerechnet hatte. Auch das zum Teil dramatische Ende konnte mich überzeugen.

Fazit: „Ein ungezähmtes Tier“ ist ein fesselnder Krimi mit überraschenden Wendungen, der mich mit seiner komplexen Struktur und den vielschichtigen Charakteren überzeugen konnte. Ein weiteres Buch von Dicker liegt schon auf meinem Lesestapel.

Bewertung vom 29.04.2025
Menz, Lars

Die Schanze


gut

Solides Thriller-Debüt
Das Cover ist ein echter Blickfang. Der Blick von der Schanze in die Tiefe, kombiniert mit grellen grünen Strahlen, zieht sofort die Aufmerksamkeit auf sich und spiegelt die bedrohliche Stimmung wieder. Mich hat das Cover und das Setting sofort angesprochen und ich musste es unbedingt lesen.
Der Einstieg im Prolog ist sehr spannend gelungen. Man sieht direkt dem Täter bei seinem ersten Mord über die Schulter was bei mir bereits für Gänsehaut sorgte.
In einem abgelegenen Alpendorf wird ein Mann nachts mit einem Viehtreiber zur Skischanze getrieben und dort erhängt. Ellen, die kürzlich in ihre Heimat zurückgekehrt ist, erkennt das Opfer. Der Mord reißt alte Wunden auf und zwingt Ellen, sich mit lange verdrängtem auseinanderzusetzen. Während die Dorfgemeinschaft schweigt, wächst der Verdacht gegen sie.

Der Schreibstil ist angenehm und leicht zu lesen, kurze Kapitel steigern das Lesetempo. Menz gelingt es, von der ersten Seite an, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen. Das Bergdorf mit seinen verschworenen Bewohnern, die verschneite Landschaft und die düstere Stimmung sind eindrucksvoll beschrieben. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit verstärkt die Spannung und liess mich tief in Ellens Psyche eintauchen. Sie wird mit ihren Ängsten und ihrer Zerrissenheit sehr überzeugend beschrieben, so dass ich mich sehr gut in sie hineinversetzen konnte. Bei einigen Figuren wie Haußer, Saskia und Merab hätte ich mir dagegen mehr Tiefe gewünscht. Besonders gut haben mir die Kapitel aus Tätersicht gefallen, die Einsicht in sein Denken und seine Motive geben.
Allerdings weist der Thriller auch Schwächen auf. Einige Handlungsstränge wirken konstruiert, und bestimmte Entwicklungen erscheinen wenig glaubwürdig. So konnte ich nicht nachvollziehen, warum Ellen überhaupt in ihr Heimatdorf zurückgekehrt ist, aus dem sie vor vielen Jahren wegen eines schrecklichen Verbrechens geflohen war. Auch habe ich die Ermittlungen durch die Polizei vermisst, die gar nicht in Erscheinung tritt. Obwohl Ellen ein starkes Motiv hat, wird sie kein einiges Mal befragt. Stattdessen ermitteln sie und der Journalist Merab auf eigene Faust. Leider ahnte ich schon früh, wer der Täter war, aber das Ende hielt doch noch eine Überraschung bereit.

Fazit: „Die Schanze“ überzeugt mit seinem Setting und der beklemmenden Atmosphäre und erlaubt einen Blick in die Abgründe der Dorfbewohner. Ein solides Thrillerdebüt mit kleinen Schwächen.

Bewertung vom 01.04.2025
Westerkamp, Stina

Nachtflut (eBook, ePUB)


sehr gut

Gelungener, atmosphärischer Thriller
Der Ostseeküste droht eine verheerende Sturmflut, der die Deiche nicht standhalten werden. Vor diesem Katastrophenszenario spielt sich der fesselnde Thriller von Stina Westerkamp ab, der von der ersten Seite an für Spannung sorgt.

Elisa gelingt es nicht den kleinen Küstenort rechtzeitig zu verlassen und kommt in letzter Sekunde bei ihren Nachbarn unter. Während der Deich bricht und das Wasser unaufhaltsam steigt, wird schnell klar, dass jeder etwas zu verbergen hat. Doch die wachsende Bedrohung kommt nicht nur von den Naturgewalten – aus der nahegelegenen JVA sind Häftlinge ausgebrochen, und einer von ihnen hat es auf Elisa abgesehen.

Westerkamp überzeugt mit einem packenden Schreibstil, der die düstere Atmosphäre perfekt einfängt. Die Naturgewalten sind nicht nur Kulisse, sondern ein treibender Faktor, der den Nervenkitzel konstant hochhält. Der Autorin gelingt es die über die Küste hereinbrechende Naturkatastrophe so detailliert und realistisch zu beschreiben, dass ich das Gefühl hatte mittendrin zu sein und Sturm, Regen und das stetig steigende Wasser selbst zu spüren.
Mit der unerbittlich ansteigenden Flut treffen schließlich mehrere Figuren aufeinander, deren Perspektiven sich abwechseln. Da ist zuerst die Protagonistin Elisa, die seit dem tödlichen Bootsunfall ihrer Schwester unter Panikattacken leidet und deswegen tablettenabhängig ist. Ihr Exmann Max, der beim THW im Einsatz ist und sich durchschlägt um sie zu retten. Und ihr Schwager Paul, der aus dem Gefängnis geflohen und auf dem Weg zu ihr ist. Außerdem sind da noch Elisas rätselhafte Nachbarn Vera und Joachim . Scheinbar haben alle etwas zu verbergen und nicht jeder ist der, der er zu sein vorgibt. Leider war mir die Protagonistin Elisa wenig sympathisch. Ich konnte mit ihr einfach nicht warm werden.

Die Umsetzung der Geschichte ist durchweg gelungen, auch wenn manche Wendungen für mich etwas vorhersehbar waren. Dennoch sorgt der rasante Erzählstil dafür, dass keine Längen entstehen. Eingefügte Tagebucheinträge geben Rätsel auf und erst am Schluss wird klar von wem sie stammen. Kleinere Kritikpunkte waren für mich leider die unsympathische Protagonistin und das etwas überhastete Ende, dass mir nicht so gut gefallen hat da es etwas offen lässt. Aber das ist Geschmacksache.

Dennoch ist Nachtflut ein mitreißender und atmosphärischer Thriller, der mich trotz kleiner Kritikpunkte sehr gut unterhalten hat und den ich allen Fans von atmosphärischen Spannungsromanen gerne weiterempfehle.

Bewertung vom 28.03.2025
Johnsrud, Ingar

Echokammer / Ein Fall für Benjamin & Tong Bd.1


ausgezeichnet

Hochspannender Polit-Thriller mit Tiefgang

Echokammer von Ingar Johnsrud ist der Auftakt einer neuen Reihe um die Anti-Terror-Ermittler Liselott Benjamin und Martin Tong. Es war mein erstes Buch von Johnsrud und für mich der beste Polit-Thriller der letzten Jahre.
Norwegen und seine Demokratie stehen am Abgrund. Während die Terrorabwehr fieberhaft nach einer rechtsextremistischen Gruppe sucht, die einen Anschlag mit dem tödlichen Gift Rizin plant, läuft der Wahlkampf auf Hochtouren. Im Zentrum steht die Spitzenkandidatin der Arbeiterpartei, deren skrupelloses Machtstreben sich zunehmend offenbart. Ihr Berater Jens Meidell gerät immer tiefer in ein Netz aus Intrigen, Manipulation und moralischen Abgründen. Wie weit ist er bereit zu gehen, um seiner Partei zurück an die Macht zu verhelfen und gleichzeitig sein eigenes schmutziges Geheimnis zu bewahren?

Johnsrud beweist in seinem brandaktuellen Thriller sein Gespür für atemberaubende Spannung. Sein Schreibstil präzise, atmosphärisch und temporeich, hat mich sofort gepackt. Die Perspektivwechsel zwischen den Ermittlern, politischen Akteuren und Terroristen treiben die Handlung mit enormer Wucht voran. Besonders beeindruckend ist die Art, wie Johnsrud aktuelle gesellschaftliche Themen – Rechtsterrorismus, Wahlkampfintrigen, Datenmanipulation und vor allem die Gefahr der Neuen Rechten – realitätsnah verarbeitet und in einen packenden Thriller verpackt. Schon mit den ersten Zeilen entwickelte sich die Story zu einem absoluten Pageturner, den ich einfach nicht aus der Hand legen konnte. Den Blick hinter die Kulissen der Machtkämpfe innerhalb von Parteien im Wahlkampf fand ich ebenso spannend wie erschreckend.

Die Figuren sind hervorragend gezeichnet. Jens Meidell, innerlich zerrissen zwischen Loyalität und Eigeninteressen, ist ein faszinierender Anti-Held. Auch die Ermittler Liselott Benjamin und Martin Tong überzeugen mit ihrer vielschichtigen Dynamik. Über Liselott erfährt man im ersten Teil dieser vielversprechenden Reihe noch nicht allzu viel, aber ich denke das passiert im zweiten Teil, der sich auf den letzten Seiten bereits ankündigt. Ich kann’s jedenfalls kaum erwarten.

Fazit: Echokammer ist ein fesselnder, kluger Thriller, der politisch brisant und gleichzeitig nervenaufreibend spannend ist. In einer Zeit in der rechte Kräfte überall in Europa an Zuwachs gewinnen, ist die Thematik erschreckend aktuell. Wer Polit-Thriller mit Tiefgang und Tempo liebt, sollte diesen Pageturner auf keinen Fall verpassen!

Bewertung vom 12.03.2025
Ægisdóttir, Eva Björg

Verlassen / Mörderisches Island Bd.4


ausgezeichnet

Tödliche Familiengeheimnisse
Die wohlhabende isländische Familie Snæberg veranstaltet ein Familientreffen in einem luxuriösen, abgelegenen Hotel mitten in den Lavafeldern Westislands. Während draußen ein Schneesturm tobt, nimmt die feuchtfröhliche Feier eine düstere Wendung. Einer der Gäste verschwindet spurlos, und es wird schnell klar, dass in dieser Familie viele Geheimnisse verborgen liegen. Mit jeder enthüllten Wahrheit wird die Atmosphäre bedrohlicher, und jeder erscheint plötzlich verdächtig.

Der vierte Band der Reihe ist keine direkte Fortsetzung, sondern ein Prequel, das zeitlich vor dem ersten Band der Reihe in 2017 angesiedelt ist. Elma ist noch nicht Teil des Teams der Polizei von Akranes. Sævar und Hördur müssen den Fall allein lösen. Ihre Ermittlungsarbeit nimmt jedoch nur einen kleinen Teil der Handlung ein. Klar im Mittelpunkt steht die Familie Snæberg, ihre Beziehungen zu einander und ihre zahlreichen Probleme und Geheimnisse die sie verbergen. Erzählt wird die Handlung aus den Perspektiven verschiedener Familienmitglieder, der Hotelangestellten Irma und dem Kriminalpolizisten Sævar. Die Handlung wechselt zwischen der Gegenwart mit dem Leichenfund am Sonntag, und der Vergangenheit zwei Tage zuvor als die Familienmitglieder anreisen. Das Geschehen im Hotel wird chronologisch erzählt und enthält kurze Einschübe mit der aktuellen Ermittlung. Bis zuletzt bleibt unklar, wer sich hinter der Leiche verbirgt und welche Umstände zum Tod geführt haben. Ich habe bis zum Schluss mitgerätselt, was die Spannung für mich enorm erhöht hat. Die Auflösung fand ich genial, schlüssig und gut nachvollziehbar.

Eva Björg Ægisdóttir gelingt es meisterhaft, die unheimliche Kulisse der isländischen Winterlandschaft mit der klaustrophobischen Stimmung im Hotel zu verweben und so eine düstere, beklemmende Atmosphäre zu schaffen. Ihr Schreibstil ist präzise und eindringlich, sodass man sich als Leser förmlich in der eisigen Einsamkeit verliert. Den Spannungsaufbau fand ich überaus gelungen.

Die Charaktere sind tiefgründig und vielschichtig gezeichnet. Besonders beeindruckend ist die Darstellung der inneren Konflikte – sei es Petras Sorge um ihre Tochter, Tryggvis Kampf gegen seine Dämonen oder Irmas Wunsch, dazuzugehören. Jedes Familienmitglied hat eine eigene Agenda, und genau das macht die Dynamik so fesselnd.

Auch die Covergestaltung ist stimmungsvoll und passend gewählt: Die dunklen Farben und die minimalistische Gestaltung spiegeln die bedrohliche Einsamkeit und die unheilvolle Stimmung perfekt wider.

Fazit: Wer atmosphärische, raffinierte Krimis mit psychologischem Tiefgang liebt, wird von „Verlassen“ begeistert sein. Eine klare Empfehlung für Fans von nordischer Spannungsliteratur!

Bewertung vom 08.01.2025
Osman, Richard

Wir finden Mörder Bd.1


ausgezeichnet

Sympathisches Trio auf Mörderjagd

Richard Osman legt mit „Wir finden Mörder“ erneut einen fesselnden Krimi vor, der Spannung und britischen Humor meisterhaft vereint. Im Mittelpunkt steht die Personenschützerin Amy Wheeler, die auf einer abgelegenen Insel in South Carolina die Bestsellerautorin Rosie D’Antonio beschützt. Als ganz in der Nähe ein Mord geschieht und Amy selbst unversehens ins Kreuzfeuer gerät, ruft sie ihren Schwiegervater Steve, einen pensionierten Kriminalkommissar zu Hilfe und reißt ihn damit aus seiner beschaulichen englischen Idylle. Gemeinsam mit Rosie begeben sich die beiden auf einen halsbrecherischen Wettlauf um den halben Globus, um herauszufinden, wer hinter den Morden steckt.

Als großer Fan des Donnerstagsmordclubs war ich natürlich sehr gespannt auf seine neue Reihe und wurde nicht enttäuscht. Richard Osman beweist erneut ein gutes Gespür bei der Auswahl seiner Charaktere, die hervorragend ausgearbeitet sind.
Amy ist eine vielschichtige, starke Protagonistin, die dennoch menschliche Schwächen zeigt. Steve hingegen besticht mit seiner ruhigen, analytischen Art. Die Verknüpfung von Amys gefährlichem Alltag mit Steves gemütlichem, aber messerscharfem Ermittlungstalent sorgt für eine perfekte Mischung aus Action, Witz und britischem Charme. Besonders die Figur der exzentrischen Thrillerautorin Rosie D’Antonio sorgt für zahlreiche witzige Szenen und bereichert die Handlung ungemein. Die Dynamik zwischen den drei Hauptfiguren ist ein besonderes Highlight und verleiht dem Roman besonderen Charme. Auch Nebenfiguren wie Carlos Moss von der Zollbehörde, der Schauspieler Max Highfield und der Auftragskiller Eddie Flood sind liebevoll gezeichnet und bereichern die Handlung.
Der Schreibstil Osman's ist gewohnt lebendig und mit trockenem Humor durchzogen, was die komplexe Geschichte leicht zugänglich und unterhaltsam macht. Die Handlung ist trotzdem temporeich und konnte mich mit unerwarteten Wendungen bis zur letzten Seite fesseln. Die Dialoge sind pointiert und witzig und die Handlungsstränge werden geschickt miteinander verwoben. Ich freue mich sehr auf eine Fortsetzung mit diesem sympathischen Trio, das ich schon jetzt ins Herz geschlossen habe.

Auch das Cover des Buches ist modern und ansprechend gestaltet. Die kräftigen Farben und die stilisierte Darstellung von Motiven, die auf die Handlung anspielen, ziehen sofort die Blicke auf sich und spiegeln den humorvollen Ton des Romans wider.

„Wir finden Mörder“ ist ein empfehlenswerter Krimi für alle, die intelligente und humorvolle Geschichten mit britischem Flair schätzen. Fans von Osman's „Donnerstagsmordclub“ werden auch diese neue Serie lieben. Ein kurzweiliger Lesegenuss, der Lust auf weitere Abenteuer des ungleichen Trios macht!

Bewertung vom 12.12.2024
Harnesk, Tina

Als wir im Schnee Blumen pflückten


ausgezeichnet

Berührende Familiengeschichte
Tina Harnesk entführt uns mit ihrem einfühlsamen Debütroman „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ in die raue Landschaft Nordschwedens. Im Mittelpunkt steht die alte Samin Mariddja, die dort mit ihrem dementen Mann Biera in einem alten Häuschen lebt. Mariddja weiß, dass sie bald sterben wird und sorgt sich, was dann aus ihrem Mann wird. Ihr letzter Wunsch ist es ihren verschollenen Neffen wiederzufinden, der einst wie ein Sohn für sie war. In dieser Zeit wird die Telefonistin „Siré“ aus Bieras neumodischem Handy zu ihrer einzigen Vertrauten, mit der sie offen reden kann. Mit ihrer Hilfe begibt sie sich auf die Suche nach ihrem verlorenen Sohn. Mit Wärme, Melancholie und einer Prise Humor erzählt Harnesk eine berührende Geschichte über Verlust, Liebe und den Wunsch nach Versöhnung.

Den Schreibstil fand ich sehr einfühlsam und lebendig. Ich konnte mir die Landschaft und die handelnden Personen sehr gut vorstellen, und mich in sie hineinversetzen. Gleichzeitig habe ich einiges über die samische Kultur und ihre Geschichte (die Zwangsumsiedelung, die viele Familien entwurzelte) erfahren. Harnesk wechselt gekonnt zwischen leisen, nachdenklichen Tönen und lebendigen, humorvollen Momenten, die Mariddjas Persönlichkeit zum Leuchten bringen. Besonders die Dialoge mit „Siré“ sind originell und verleihen der Geschichte eine moderne, besondere Note. Die Figuren sind tiefgründig und authentisch gezeichnet, allen voran Mariddja, deren innere Stärke und Verletzlichkeit mich gleichermaßen berührt hat.

Das Cover des Romans, ebenso gelungen wie der Inhalt, rundet für mich dieses besondere Lesevergnügen ab. Der Umschlag gleicht einem Gemälde, das ein einsames Paar inmitten einer nordisch-winterlichen Landschaft zeigt. Nimmt man diesen ab, setzt sich die Landschaft noch auf den Buchdeckeln fort. Die Stimmung des Buchs wird so perfekt eingefangen.

„Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ist ein leises, aber kraftvolles Buch, das mich auf besondere Weise berührt hat und Themen wie Liebe, Verlust, Heimat aber auch Herkunft anspricht. Tina Harnesk ist selbst Sami, weshalb die Erzählung sehr authentisch wirkt und die Kultur und Geschichte der Samen näher bringt. Es war im letzten Jahr das Lieblingsbuch der Schweden, was ich nun sehr gut verstehen kann.
Ich kann es nur allen ans Herz legen, die besondere Erzählungen lieben.

Bewertung vom 22.11.2024
Renberg, Tore

Die Lungenschwimmprobe


ausgezeichnet

Packender historischer Roman nach einer wahren Begebenheit
Tore Renbergs historischer Roman Die Lungenschwimmprobe entführt uns ins barocke Leipzig des Jahres 1681 und erzählt die bewegende Geschichte der 15-jährigen Anna Voigt, die des Kindsmordes angeklagt ist. Während die Obrigkeit ihren Tod fordert, beteuert Anna ihre Unschuld. Ihr wohlhabender Vater beauftragt den jungen Rechtsgelehrten Christian Thomasius mit ihrer Verteidigung. Außerdem finden sie die Unterstützung eines fortschrittlichen Arztes, der erstmals ein neuartiges, wissenschaftliches Verfahren - die Lungenschwimmprobe - durchführt und damit eine Totgeburt nachweisen kann. Die Familie schöpft neue Hoffnung, doch gelingt es ihnen Anna zu retten?

Renberg entfaltet ein dichtes, spannungsgeladenes Drama, das von wahren Begebenheiten inspiriert ist. Sein Schreibstil ist mitreißend und seine Sprache fängt die Atmosphäre des Barocks eindringlich ein, bleibt dabei aber sehr gut lesbar. Mit lebhaften Beschreibungen und präziser Detailtreue zieht er den Leser in eine Welt, in der Wissenschaft und Aberglaube aufeinandertreffen. Er erzählt aus verschiedenen Perspektiven und wendet sich auch selbst an die Leser. Zusätzlich reichert er den Roman mit Gesetzestexten, Urteilen, Balladen und sogar einem Märchen an, was mir sehr gut gefiel. Seine Figuren sind meisterhaft ausgearbeitet. Anna berührte mich mit ihrer Entschlossenheit und Verzweiflung und ich habe mit ihr gelitten. Ebenso gut gefiel mir der belesene Arzt Johannes Schreyer, der sich vollkommen der Wissenschaft verschrieben hat. Die von ihm erstmals durchgeführte Lungenschwimmprobe war damals umstritten, ging später jedoch in die Medizingeschichte ein. Christian Thomasius überzeugte als leidenschaftlicher und mutiger Anwalt, der das althergebrachte Rechtswesen und die Folter kritisiert und sich mit der Obrigkeit anlegt. Interessant fand ich auch den Einblick in das Amt des Scharfrichters, wenngleich die Schilderung der Folter schwer zu ertragen war.

Trotz der rund 700 Seiten, die der Roman umfasst, habe ich mich zu keiner Zeit gelangweilt. Ich finde es bemerkenswert, dass sich ein norwegischer Autor der Lungenschwimmprobe angenommen hat und so tief in die deutsche Geschichte eingetaucht ist. Immerhin hat er fast 6 Jahre in deutschen Archiven recherchiert und geschrieben. Dadurch ist es ihm gelungen, ein sehr genaues und authentisches Bild der barocken Gesellschaft in Sachsen zu zeichnen. Der Roman war für mich ein Highlight und ich habe viel über die damalige Zeit gelernt.

Ein Manko gibt es allerdings für mich. Den Anhang mit einem Personenverzeichnis und historischen Karten hätte ich mir im Buch selbst gewünscht (zum schnellen Nachschlagen) und nicht über einen Link/Code auf der Verlagsseite.

Die Lungenschwimmprobe ist ein fesselnder Roman, der nicht nur historische Ereignisse beleuchtet, sondern auch universelle Fragen nach Wahrheit und Gerechtigkeit stellt und zum Nachdenken anregt. Leser historischer Romane, die sich für wissenschaftliche und gesellschaftliche Umbrüche interessieren, werden dieses Buch lieben.