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[insomnia]

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Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 01.12.2025
Melle, Thomas

Haus zur Sonne


ausgezeichnet

Ich persönlich hatte getippt, dass Thomas Melle für diesen Roman "Haus zur Sonne" den deutschen Buchpreis erhalten wird. Bekanntlich ist es anders gekommen, was meine Meinung aber nicht ändert. Im Text thematisiert und verarbeitet der Autor seine eigene bipolare Störung. Und das macht er aus meiner Sicht eindrucksvoll. Mehrmals musste ich ungläubig tief schlucken und über das Gelesene nachdenken. Aber so sieht es wohl wirklich aus in den Gedanken eines Menschen mit bipolarer Störung.
Das Konzept des Hauses zur Sonne selber, ein Therapieort an dem alle Wünsche vor dem freiwilligen Ende des Lebens erfüllt werden, klingt interessant und spannend - und es wird einem auch mulmig bei dem Gedanken. Es regt zum Nachdenken an, erzeugt Beklemmung und stellt tiefgehende Fragen.
Für mich war die Lektüre extrem bereichernd, große Leseempfehlung von mir - für mich wäre der Buchpreis verdient gewesen.

Bewertung vom 01.12.2025
Kicaj, Jehona

ë


ausgezeichnet

Als jemand, der während des Jugoslawienkrieges in Kärntner Grenznähe aufgewachsen ist, habe ich vieles aus unmittelbarer Nähe miterlebt. Gespräche mit Geflüchteten gehörten damals fast selbstverständlich zum Alltag, und doch zeigen literarische Texte aus dieser Zeit oft ein noch viel eindringlicheres Bild von Krieg und seinen Folgen. Gerade aus dem Kosovo kenne ich bislang nur wenige persönliche Erzählungen – umso wertvoller ist es, dass Jehona Kicaj ihre Erfahrungen nun zugänglich gemacht hat.

Beim Lesen wird einem erneut bewusst, in welch privilegierter Situation man lebt, wenn man ohne unmittelbare Kriegserfahrung aufwachsen durfte. Den Krieg im Nachbarland zu spüren, ist etwas völlig anderes, als selbst davon betroffen zu sein.

Kicaj erzählt eindrucksvoll von ihrem Aufwachsen in Deutschland, von Verwandten, die im Kosovo geblieben sind, und von Schule, Familie und Herkunft. Trotz der Schwere des Themas ist der Text erstaunlich zugänglich und hat mich tief berührt und zum Nachdenken angeregt. Eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 01.12.2025
Elmiger, Dorothee

Die Holländerinnen


weniger gut

Die Holländerinnen von Dorothee Elmiger wird vom Feuilleton hoch gelobt und wurde mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. An den besonderen Stil – vollständig in indirekter Rede – habe ich mich überraschend schnell gewöhnt. Inhaltlich jedoch konnte ich keine Verbindung zum Text aufbauen. Die Protagonistin blieb für mich schwer greifbar und wirkte stellenweise unglaubwürdig, wodurch sich auch keine stimmige Atmosphäre einstellen wollte. Auch konnte ich keinen roten Faden entdecken, es entspinnen sich Episoden von kleinen Geschichten der Expeditions-Teilnehmer*innen. Das Buch ließ mich letztlich eher ratlos, verwirrt und unzufrieden zurück.

Bewertung vom 01.12.2025
Müller, Titus

Das verborgene Weihnachtskind


sehr gut

Weihnachten im digitalen Zeitalter

Titus Müller liefert hier eine nette kleine Weihnachtsgeschichte und will damit das zentrale Wesen des Weihnachtsfestes herausstreichen.
Grundsätzlich zeigt der Text ein paar kleine Ideen wie unsere Zukunft mithilfe von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz aussehen könnte. Viele Dinge werden sicherlich unser Leben erleichtern, natürlich gibt es auch Tücken und man muss vorsichtig sein, sodass die Menschheit nicht nur mehr von Maschinen abhängig ist und vergisst, dass Menschsein auch beinhaltet, mit anderen Menschen zusammen zu sein. Leben kann wohl nicht nur daraus bestehen, einen (digitalen) Tagesablauf zu haben, es gibt viel mehr auf das man sich besinnen sollte.
Der Text ist insgesamt sehr leicht zu lesen und arbeitet recht schnell auf das Ende und die Aussage des Buches hin. Perfekte Lektüre für einen Weihnachtsnachmittag, für meinen Geschmack könnte man aus dem Stoff noch mehr rausholen, detaillierter und breiter in der Erzählung werden.

Bewertung vom 01.12.2025
Kames, Maren

Hasenprosa


gut

ein literarisches Experiment

Hasenprosa hat mich zunächst überrascht – mit einem sprachlich wie strukturell ausgesprochen experimentellen Zugang, den ich so nicht erwartet hatte. Nach den ersten Seiten musste ich das Buch sogar zur Seite legen, um später mit neuem Abstand noch einmal einzutauchen.

Das Werk ist eigenwillig, interessant und bewusst fragmentarisch angelegt. Dieses kontrollierte Durcheinander erzeugt einerseits Spannung, ließ mich andererseits aber auch spüren, dass ich vielleicht gerade nicht auf der richtigen Wellenlänge für diese Art von Literatur war.

So sehr ich die Originalität anerkenne, blieb für mich persönlich am Ende wenig hängen. Hasenprosa ist ein Buch, das seine Leser*innen findet – ich gehörte diesmal leider nicht zu ihnen.

Bewertung vom 03.11.2025
Clegg, Brian

Durchblick Künstliche Intelligenz


gut

Viel Farbe, wenig Tiefe

Ich nutze recht aktiv generative Sprachmodelle und beschäftige mich derzeit mit den rechtlichen Aspekten von künstlicher Intelligenz. Als Überblick – oder besser gesagt „Durchblick“ – habe ich mir das vorliegende Buch von Brian Clegg genauer angeschaut.
Das Cover ist recht auffällig gestaltet, auch die vielen Illustrationen im Buch sind farbenfroh und versuchen die Thematik aufzulockern. Das gesamte Buch ist in Frage- und Antwortmuster aufgebaut und soll so einen Überblick über die Entwicklung und Funktionsweise von künstlicher Intelligenz geben.
Dieser Stil ist allerdings nicht wirklich meins – ich kann damit wenig anfangen, auch wenn er für Personen hilfreich sein mag, die genau diese Fragen haben (obwohl ich mir etwa die Frage „Warum ist ein Roboter kein Roboter?“ noch nie gestellt habe).
Die einzelnen thematischen Doppelseiten sind zwar informativ, wirken aber teilweise unausgereift. Für Laien dürfte nicht jedes Thema gleich klar verständlich sein. Besonders bei Kapiteln wie „Warum hat Alan Turing einen Test erfunden?“ fand ich die Erklärungen etwas umständlich und wenig präzise – hier gibt es deutlich bessere Darstellungen in anderen Werken.
Alles in allem bot mir das Buch nur wenige neue Erkenntnisse – vermutlich gehöre ich schlicht nicht zur Zielgruppe. Bei einzelnen Themen hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, andere Themen hätten klarer aufbereitet werden können. Für jemanden, der mit der Thematik jedoch noch gar nicht vertraut ist, kann das Buch einen ersten, leicht verdaulichen Überblick schaffen - vom "Durchblick" würde ich allerdings nicht sprechen.

Bewertung vom 28.10.2025
Science Busters

Aus! Die Wissenschaft vom Ende


ausgezeichnet

Wissenschaft und Humor funktioniert
Mittlerweile gibt es die Science Busters schon 18 Jahre. Ich habe schon einige Bücher gelesen und war auch schon Live bei Bühnenshows dabei. Diese lebendige Art, Wissenschaft für "die breite Masse" zugänglich zu machen, ist für mein Dafürhalten wichtig für unsere Gesellschaft und muss unterstützt werden.
Das vorliegende Buch setzt seinen Fokus auf "das Ende". Das Ende des Sonnensystems, das ich wohl nicht mehr erleben werde :), ist ein interessantes Thema innerhalb der Physik. Ein Ende ist natürlich auch wieder ein Anfang von Etwas. Und wenn man vom Ende des Sonnensystems spricht, ist das Thema Unendlichkeit nicht weit.
Insgesamt werden in diesem Buch eigentlich recht schwere und komplexe Themen einfach zusammengefasst und verständlich für alle erklärt. Von mir gibt es dafür eine eindeutige Empfehlung. Wissenschaft ist ein hartes Geschäft, sie darf aber auch Spaß machen!

Bewertung vom 21.10.2025
Kaiser, Vea

Fabula Rasa oder Die Königin des Grand Hotels


ausgezeichnet

wunderbar!
In Fabula Rasa zeigt Vea Kaiser einmal mehr, wie fabelhaft und lebendig sie erzählen kann. Seit ihrem ersten Buch Blasmusikpop lese ich jedes Buch von ihr. Nicht jedes Buch ist perfekt, aber ihr Stil und ihre Sprache gefallen mir immer und immer wieder.
Die ansprechenden Beschreibungen der Umstände, Gebäude, Menschen und insbesondere der Protagonistin Angelika Moser machen das Werk zu etwas atmosphärisch Besonderem. Zumindest mir ist es so gegangen, dass ich sofort in der Geschichte war und mich fühlte als würde ich selbst durch das Grand Hotel Frohner schreiten.
Inhaltlich dreht sich alles um die erwähnte Angelika Moser, die einerseits dem Nachtleben frönt und tagsüber als Buchhalterin im Grand Hotel arbeitet. Da sie für ein Kind sorgen muss, werden bald Rechnungen manipuliert. Die Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit einer Buchhalterin des Wiener Hotels Sacher, die Vea Kaiser auf kluge Art adaptiert hat.
Es war mir eine große Freude, das Buch zu lesen - eine charmante und wunderbare Geschichte, die ich wirklich nur empfehlen kann.

Bewertung vom 23.09.2025
Köhlmeier, Michael

Die Verdorbenen


gut

Köhlmeiers Bücher lese ich meist sehr gerne, insbesondere besuche ich auch gerne seine Lesungen. Dieses Buch zählt für mich jedoch nicht zu seinen stärksten. Ich konnte keine Verbindung zum Protagonisten aufbauen - im Gegenteil, im Laufe der Lektüre entwickelte ich sogar eine gewisse Antipathie.
Das Buch liest sich leicht, Köhlmeiers Sprache ist wie gewohnt souverän.. Jedoch weiß ich noch immer nicht, was ich inhaltlich mit dem Buch anfangen soll. Die gesamte Geschichte um die Dreiecksbeziehung wirkt seltsam, konstruiert und damit für mich unglaubwürdig. Auch vermisse ich eine notwendige Tiefe. Der Stil ist wie gewohnt stark, Inhaltlich aber leider für mich enttäuschend.

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Bewertung vom 10.09.2025
Unterthiner, Miriam

Blutbrot


ausgezeichnet

Miriam Unterthiner legt hier ein Theaterstück vor, das klar zum Nachdenken anregt. Südtirolerinnen und Südtiroler, die nach dem 2. Weltkrieg Nationalsozilisten am Brenner über die Grenze geholfen haben, werden hier durch "dasDorf" verkörpert. Eine Personengruppe, die sich schwer tut, die Vergangenheit zu verarbeiten. Mir selbst war die gesamte Thematik um die Rattenlinien gar nicht mehr so bewusst, das Stück regte mich dazu an, mich noch näher damit auseinanderzusetzen.

Als quasi Zwischensequenz tritt die Autorin selbst vors Publikum um auf die harten Umstände von Jung-Autor*innen in der Theaterwelt aufmerksam zu machen.

Thematisch schwere Kost, Miriam Unterthiner schafft es aber dies grandios in ein Stück umzusetzen. Ich hoffe, es gibt bald eine Inszenierung in meiner Nähe.