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Sabine
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Insgesamt 409 Bewertungen
Bewertung vom 15.10.2025
Bender, Jochen

Hurlebaus und das rote Kleid


ausgezeichnet

Obwohl dies bereits der sechste Band einer Reihe ist, war es problemlos möglich, diesem Teil zu folgen und bei dem Verbrechen mitzurätseln.

Drei Monate nach dem Verschwinden seiner Schwester meldet sich der Bruder erst bei der Polizei. Sie habe sich abgesetzt mit einer neuen Liebe – doch jetzt fängt der Bruder doch an zu zweifeln. Die Ermittlungen übernehmen Kommissarin Olga Oleg und ihr Kollege Jens Hurlebaus, der kurz darauf selbst nur knapp einem Mordanschlag entgeht. Die Spurensuche führt das Duo in eine Kneipe, dann in eine Selbsthilfegruppe für Neurodiverse, bis sich schließlich dunkle Familiengeheimnisse und mafiöse Verbindungen auftun.

Obwohl es sich bereits um den sechsten Teil der Reihe handelt, gelingt der Einstieg problemlos, auch für Neueinsteiger. Jeder Fall ist in sich abgeschlossen, und wichtige Bezüge zu vorherigen Bänden werden gut in die Handlung eingeflochten.

Der Plot selber hat mir gut gefallen – der Autor baut geschickt Spannung auf, öffnet immer wieder neue Wege und Möglichkeiten, die dann doch in Sackgassen enden, aber auf jeden Fall zum Mitraten einladen. Das Ende ist dann sehr schlüssig, hat mich dann aber doch ob seiner Schlichtheit etwas enttäuscht.

Besonders gelungen ist die Hauptfigur Hurlebaus, ein pfiffiger und sympathischer Kommissar, der mit einer Mischung aus Scharfsinn und Bauchgefühl ermittelt. Der Anschlag auf ihn verknüpft diesen Band lose mit dem Vorgänger, ohne den Lesefluss zu stören und ohne dass ich Probleme hatte, diesem Erzählstrang zu folgen.

Kommissarin Oleg ist eine patente Ermittlerin mit einem guten Gespür für Menschen – aber auch sie ist durch und durch menschlich, was sie auch mal in eine Falle tappen lässt. Gemeinsam bilden Oleg und Hurlebaus ein überzeugendes Team, das sich klug ergänzt.

Der Schreibstil ist angenehm flüssig, gut lesbar und wirkt authentisch. Die kurzen Kapitel sorgen für ein hohes Tempo und machen es schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Besonders positiv finde ich die Aktualität der Themen – Jochen Bender lässt dabei sein psychologisches Fachwissen, hier zum Thema Neurodiversität, gekonnt in die Handlung einfließen. Auch das Lokalkolorit kommt nicht zu kurz und verleiht dem Krimi zusätzliche Tiefe und Atmosphäre.

Mein Fazit
Ein spannender und gut durchdachter Kriminalroman mit sympathischen Figuren, authentischen Dialogen und aktuellen Themen. Der angenehme Stil und die kurzen Kapitel machen das Buch zu einem echten Pageturner. Ein gelungener Teil der Reihe – auch für Quereinsteiger bestens geeignet. Ich freue mich schon jetzt auf weitere Fälle mit Hurlebaus und Oleg.

Bewertung vom 15.10.2025
Nikolai, Maria

Der Geschmack von Freiheit / Little Germany Bd.2 (MP3-Download)


sehr gut

Man sollte den ersten Teil der „Die Bäckerinnen von Manhattan“-Reihe kennen, bevor man zu diesem greift, denn er setzt nahtlos an den ersten an: das deutsche Viertel Little Germany in New York wird im Jahr 1904 von einer tragischen Katastrophe schwer erschüttert. Auch Julia und Lissi sind unmittelbar betroffen, doch trotz der dramatischen Ereignisse lassen sie sich nicht unterkriegen. In einem Akt des Neuanfangs wagen sie es, eine neue Konditorei im Viertel Yorkville zu eröffnen. Das Geschäft entwickelt sich rasch zu einem kleinen Stern am German Broadway und zieht zahlreiche Kunden an. Doch während der geschäftliche Erfolg wächst, lassen persönliche Herausforderungen nicht lange auf sich warten: Die Vergangenheit holt beide Frauen in Form zweier Männer ein, was sie emotional herausfordert und ihre Zukunftspläne ins Wanken bringt. Gleichzeitig nimmt der Prozess gegen die Verantwortlichen der Tragödie auf dem East River seinen Lauf und sorgt für zusätzliche Spannung.

Ich mochte diesen zweiten Teil und hatte Glück, dass er gerade erschienen ist, als ich den ersten beendet hatte. Ich empfehle auch, mit dem ersten Band anzufangen, um sich besser in die Charaktere einfühlen zu können. Viele Entwicklungen, Reaktionen und Handlungen der Figuren lassen sich mit dem Vorwissen aus Band eins deutlich besser nachvollziehen.

Die Darstellung der Zeit ist lebendig und sehr gut gelungen – man spürt förmlich das historische Flair Manhattans zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Besonders gefallen hat mir die vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Schiffsunglück der General Slocum, das mit all seinen Facetten aufgearbeitet wird. Der Prozess gegen die Verantwortlichen zieht sich immer wieder durch die Handlung und verleiht der Geschichte eine zusätzliche, realitätsnahe Tiefe.

Im Zentrum stehen weiterhin Julia und Lissi, die als Hauptfiguren hervorragend gezeichnet sind. Beide werden von ihrer Vergangenheit eingeholt, was zu emotionalen Passagen führt – mir hat das ein wenig zu viel Raum eingenommen, ich hätte mir da eine stärkere Präsenz der Bäckerei gewünscht. Ein bisschen treten der geschäftliche Alltag und die Entwicklung des Konditoreiprojekts gegenüber den privaten Handlungssträngen in den Hintergrund. Dennoch bleibt die Konditorei ein zentrales Symbol für Hoffnung, Neuanfang und Selbstverwirklichung.

Die Geschichte setzt nahtlos an den ersten Band an und führt die Erzählung flüssig weiter. Der Schreibstil von Maria Nikolai ist wie gewohnt angenehm leicht und lebendig, bleibt dabei aber immer stimmig zur historischen Zeit. Besonders gelungen finde ich die Verbindung von historischen Fakten mit fiktiven Elementen – so lernt man ganz nebenbei auch ein bisschen Auswanderer-Geschichte.

Auch die Charaktere überzeugen: Julia zeigt sich als starke, selbstbestimmte Frau, die in Manhattan endlich ihre Fähigkeiten ausleben kann, aber auch mit den Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert wird – Intrigen und emotionaler Schmerz inklusive. Lissi hat sich ebenfalls weiterentwickelt: Aus dem zurückhaltenden Mädchen ist eine selbstbewusste Frau geworden, die ihren Weg geht. Die Freundschaft zwischen den beiden Frauen bildet das emotionale Rückgrat der Geschichte – sie ist ehrlich, unterstützend und zeigt, wie wichtig gegenseitiger Halt ist.

Eva Becker hat das Hörbuch mit ihrer angenehmen Stimmfarbe abgerundet. Mit viel Feingefühl für Zwischentöne verleiht sie jeder Figur eine eigene Note und bringt die Emotionen glaubwürdig rüber.

Mein Fazit
Eine gelungene Fortsetzung und gleichzeitig auch ein gelungener Abschluss der Bücher um die beiden Bäckerinnen in Manhattan, die mit viel Gefühl, historischem Tiefgang und authentischen Figuren überzeugen. Die Mischung aus persönlichem Schicksal, Freundschaft, Liebe und Zeitgeschichte macht das Hörbuch zu einem fesselnden Erlebnis. Ich empfehle, mit Band eins zu starten, um die Entwicklung der Charaktere vollständig nachvollziehen zu können. Insgesamt hatte ich schöne Hörstunden mit dieser Dilogie.

Bewertung vom 14.10.2025
Mayer, Carmen

Adelindis


sehr gut

Die Autorin entführt den Leser ins 12. Jahrhundert – hier begleite ich die junge Adelindis, ein Findelkind, das im abgeschiedenen Kloster Bochaugia am Verdersee aufwächst. Früh zeigt sie Interesse an alten Schriften und der Pflanzenheilkunde – Wissen, das ihr im späteren Verlauf der Geschichte zum Verhängnis wie auch zur Rettung wird. Als sie im Auftrag des Klosters auf die Insel Reichenau reist, gerät sie unversehens in ein Netz aus politischen Intrigen und persönlichen Feindschaften. Und der plötzliche Tod des Abts wirft nicht nur Fragen auf, sondern auch den Verdacht auf Adelindis …

Es hat etwas gedauert, bis ich in die Geschichte hineingefunden habe, denn es braucht, bis die Geschichte wirklich Fahrt aufnimmt. So aber lernt man das Kloster und vor allem Adelindis gut kennen, denn das Buch beginnt mit ihrem Auffinden vor den Klostertoren als Findelkind. Die eigentlichen Ereignisse, die später den Krimianteil der Handlung ausmachen, entwickeln dann aber eine durchgehende Dynamik. Die Atmosphäre des mittelalterlichen Klosterlebens wird dabei eindrücklich vermittelt – samt der Strenge, Enge und Regeln, die das Leben der Nonnen prägen.

Adelindis selbst war mir von Anfang an sympathisch. Mit ihrer klugen, neugierigen und manchmal etwas vorschnellen Art bringt sie Leben in den manchmal etwas starren Klosteralltag. Ihre Leidenschaft für Bücher und Heilpflanzen, ihre Beobachtungsgabe und die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen, machen sie zu einer ungewöhnlichen, aber glaubwürdigen Protagonistin. Ihre Mitschwestern sind von Adelindis Wissbegierde nicht immer begeistert und finden sie einfach zu neugierig – ich aber habe ihre vorwitzige Art sehr gemocht.

Die Figuren insgesamt sind gut gezeichnet. Schnell entwickeln sich klare Sympathien oder Antipathien, wobei die Charaktere nicht eindimensional bleiben.

Der Spannungsbogen ist nicht durchgehend straff gespannt – gerade in der ersten Hälfte hätte ich mir etwas mehr Spannung gewünscht. In der zweiten zieht die Handlung dann aber an, insbesondere als Adelindis beginnt, den Geheimnissen rund um den verstorbenen Abt auf den Grund zu gehen. Hier nimmt der Roman fast kriminalistische Züge an. Ihr Forscherdrang, ihr Mut und ihre Fähigkeit, über den Tellerrand hinauszublicken, verleihen der Geschichte zusätzliche Dynamik.

Mein Fazit
Ein unterhaltsamer, historischer Roman um eine sympathische und pfiffige junge Frau, die als Findelkind in einem Kloster aufwächst und später in ein Netz aus Intrigen und Verrat gerät. Die Mischung aus Klosterleben und einem Kriminalfall machen das Buch vor allem in der zweiten Hälfte spannend und interessant. Ich habe Adelindis gerne begleitet - eine Fortsetzung ist angekündigt, und ich bin gespannt, wie Adelindis' Weg weitergeht.

Bewertung vom 14.10.2025
Fellner, Eva

Das Vermächtnis der Highlanderin / Enja, Tochter der Highlands Bd.5


sehr gut

Ich wusste, dass dies der Abschlussband der Reihe um die Highlanderin Enja ist, wie der Abschied aber aussehen wird, da war ich natürlich neugierig

Im Jahr 1329 steht Schottland erneut vor einer historischen Mission: James Douglas verspricht seinem verstorbenen König, dessen Herz nach Jerusalem zu bringen. Gemeinsam mit ihrem Mann schließt sich die Highlanderin Enja dieser Reise an – eine Reise, die bald eine gefährliche Wendung nimmt. Statt ins Heilige Land führt der Weg in die Schlacht um die Burg Teba, wo Enja eine persönliche Tragödie erlebt. Von Schuldgefühlen und innerer Zerrissenheit geplagt, stellt sie sich einer mutigen Entscheidung, die alles verändert.

Ich war sehr gespannt auf diesen abschließenden Band der Enja-Reihe – und insgesamt finde ich, dass die Geschichte rund und gelungen zu Ende gebracht wurde. Allerdings fiel mir der Einstieg dieses Mal recht schwer. Die erste Hälfte des Buches empfand ich als langatmig, und ich brauchte ungewöhnlich lange, um in die Handlung hineinzufinden. Erst in der zweiten Hälfte war ich gefesselt und gepackt: es kam auch für mich Spannung auf, es wurde emotional, gefährlich und fesselnd – ein echtes Auf und Ab der Gefühle. Das Ende hat mich versöhnt und lässt sogar die Hoffnung aufkeimen, dass es vielleicht mit einer anderen Figur weitergehen könnte.

Enja ist – wie in den Bänden zuvor – eine beeindruckende Figur, die diesmal deutlich gereifter und überlegter auftritt. Ihre impulsive Art ist einer nachdenklichen, manchmal fast melancholischen Haltung gewichen. Besonders gelungen fand ich die Kapitel, in denen ich tief in Enjas Gedankenwelt eintauchte: Sie trägt eine große Schuld und ringt spürbar mit sich selbst, bevor sie eine bedeutsame Entscheidung trifft – nicht unüberlegt, sondern reflektiert. Ihr treuer Freund Cathal, der in den bisherigen Bänden eine zentrale Rolle spielte, taucht leider nur kurz auf. Dafür kommen neue Charaktere ins Spiel, die mich berührt haben und deren Entwicklung ich gerne verfolgt habe – auch wenn ich ihre Namen nicht verraten möchte, um nichts vorwegzunehmen.

Der Schreibstil ist dieses Mal deutlich weitschweifiger. Die ausführlichen Beschreibungen von Landschaften, Gefühlen und inneren Konflikten tragen zwar zur historischen Atmosphäre bei, haben mir den Einstieg aber zusätzlich erschwert. Besonders interessant ist der Perspektivwechsel in den Kapiteln: Es gibt solche mit einem allwissenden Erzähler als auch Passagen, in denen Enja selbst als Ich-Erzählerin spricht – das bringt Abwechslung und Tiefe.

Eva Fellner hat wieder ihr historisches Gespür bewiesen, in dem sie geschickt Wahrheit und Fiktion miteinander verbindet und verwebt – das Nachwort war daher wieder sehr interessant, da sie historische Zusammenhänge, aber auch schriftstellerische Freiheiten erläutert.

Mein Fazit
Ein emotionaler, atmosphärisch dichter Abschluss der Enja-Reihe, der mit einer gereiften Hauptfigur, tiefen Gefühlen und historischen Bezügen überzeugt. Ich brauchte etwas, um in die Geschichte hineinzukommen, wurde aber belohnt mit einer spannenden und bewegenden zweiten Hälfte. Besonders Fans der Figur Enja werden auf ihre Kosten kommen – und vielleicht sogar neue Hoffnung schöpfen für eine Fortsetzung in anderer Form.

Bewertung vom 01.06.2025
Mason, Simon

Ein Mord im November - Ein Fall für DI Wilkins


weniger gut

Im Barnabas College wird abends eine junge Frau im Arbeitszimme des Rektors, der just an diesem Abend einen reichen Scheich um eine Spende erleichtern will, tot aufgefunden. Durch ein Missverständnid ercheint statt des erwarteten Ermittlers Raymond Wilkins der ruppige Ryan Wilkins – ein ungehobelter Cop aus der Unterschicht mit scharfem Blick, einem Hang zur Provokation und wenig Feingefühl. Im Fokus steht bald nicht nur das Opfer, sondern auch die syrische Küchenhilfe Ameena, deren Rolle im Geschehen zunächst unklar bleibt.

Soviel vorweg – mir hat dieser erste Teil einer Krimi-Reihe nicht gefallen. Die Idee, zwei ungleiche Ermittler als Team auftreten zu lassen, hat schon in vielen Krimis gut funktioniert – hier aber leider nicht.

Die Beziehung zwischen den gegensätzlichen Ermittlern - Oxford-Absolvent und Wohnwagenpark-Rebell – soll wohl für Reibung sorgen, hat für mich aber nicht funktioniert. Daran haben auch die eher aufgesetzten Lebensrettungsszenen. nichts geändert. Während mir die Figur des Raymond noch ganz gut gefallen hat, ist die des Ryan nur absurd. Dass Frauenfiguren meist nur als „Requisit“ gelten und ihr Beitrag zur Handlung oft nur marginal ist, hat mich schon geärgert, auch, dass viele Klischees bedient werden, diese aber sehr konsequent.

Gestört hat mich auch der Schreibstil: er ist überladen mit Beschreibungen und langen Adjektivketten, oft auch mit blumigen Schnörkeln, was für mich nicht zu einem Kriminalroman passen will. Er wirkt einfach überfrachtet, und die vielen Beschreibungen haben meinen Lesefluss deutlich gestört. Die Dialoge sind sprachlich passend – also zum Beispiel der Slang bei Ryan, ein gehobener Sprachstil bei Raymond -, die Kapitel eher kurz, trotzdem ist bei mir keine Spannung aufgekommen. Dafür gibt es auch einfach zu wenig Überraschungen und unerwartete Wendungen.

Mich hat dieser Krimi leider nicht überzeugt – der Plot ist grundsätzlich interessant, die Charaktere aber waren mir zu überzeichnet, die Spannung hat gefehlt und beim Schreibstil bin ich immer wieder „hängengeblieben“. Schade.

Bewertung vom 19.07.2024
Menger, Ivar Leon

Finster


gut

Es war mein erstes Buch von Ivar Leon Menger und ich war sehr neugierig auf denn ich hatte über andere Bücher des Autors nur Gutes gehört.
Der Autor entführt uns in die 1980er Jahre – in dem kleinen Dorf Katzenbrunn sind mehrere Kinder verschwunden – jetzt erneut. Der Täter wurde nie gefunden, die Kinder sind nie wieder aufgetaucht. Dem damals an den Ermittlungen beteiligten Hans J. Stahl lässt das keine Ruhe – so begibt er sich erneut auf die Suche nach dem Täter und damit nach Katzenbrunn, obwohl er mittlerweile im Ruhestand ist. Er entdeckt neue Spuren – aber führen sie auch zum Ziel?
Ich habe etwas gebraucht, um in die Geschichte hineinzufinden – das liegt vor allem am Aufbau. Erzählt wird alles aus verschiedenen Perspektiven und jede der vielen Personen hat dafür ein eigenes Kapitel. Auffällig ist dabei, dass es viele Kinderperspektiven gibt – das merkt man sofort an der Sprache, denn die ist dem jeweilig erzählenden Charakter angepasst. Der im Ruhestand befindliche Ermittler Hans R. Stahl ist ein sympathischer Protagonist – er ermittel in klassischer Manier, notiert Verdächtige, spricht mit Beteiligten, verfolgt Spuren. Er ist ja schon im Rentenalter und geht so auch alles etwas gemächlicher an. Die mit eingeflochtene Romanze hätte es für mich nicht gebraucht, gestört hat sie aber auch nicht. Es gibt eine Vielzahl von Nebenfiguren, und schnell entsteht der Eindruck, dass in Katzenbrunn viele eigentümliche Gestalten leben. Jeder scheint ein Geheimnis zu haben, mal eine Affäre, mal abnorme Gelüste oder auch voyeuristische Züge. Das nahezu jeder dort raucht und zu viel Alkohol trinkt, ist das i-Tüpfelchen.
Es gibt einige Wendungen, die ich nicht erwartet hatte – und erst im letzten Drittel offenbart sich der wahre Täter, nachdem der Autor vorher einige falsche Fährten gelegt hatte. Am Ende löst sich alles schlüssig auf und obwohl der Ermittler schon etwas betagter ist, gibt es doch auch einen kleinen Showdown.
Nicht so gefallen hat mir der Schreibstil, der sehr einfach und schlicht ist. Dazu sind die Kapitel kurz, oft nur 2-3 Seiten – und sie enden stets mit einem kleinen Cliffhanger. Letztlich führt es dazu, dass man schnell weiterlesen will, weil dadurch Spannung entsteht – und leider entsteht die Spannung weniger aus der Handlung selbst. Trotzdem fliegen die Seiten rasch dahin, und am Ende löst sich als schlüssig auf.
Wer mit der sehr einfachen Sprache und den sehr kurzen Kapiteln kein Problem hat, der wird mit diesem Szenario in den 1980er Jahren sicher spannende Unterhaltung bekommen.

Bewertung vom 21.04.2024
Faber, Henri

Gestehe


gut

„Jacket“ Winkler ist Chefinspektor im LKA von Wien – bekannt ist er aber nicht für seine Mordaufklärungen, sondern für sein Buch, in dem er von einem spektakulären Fall erzählt, und das sich rasch in die Bestsellerlisten katapultiert hat. Jetzt gerät er eher zufällig in die Ermittlungen eines neuen Mordfalls – er ist erschüttert, aber nicht wegen der Brutalität des Mordes, sondern weil er den Tatort bereits kennt; denn der ist in seinem neuen, noch nicht veröffentlichtem Roman detailliert beschrieben...

Es braucht ein bisschen, bis ich in diesem Thriller angekommen bin, weil mich die beiden Hauptfiguren nicht fesseln konnten – und das, obwohl sie wirklich sehr unkonventionell gestaltet sind. Jacket ist mir leider von Anfang an unsympathisch gewesen. Arrogant, großkotzig und egoistisch, wie er ist, macht er zwar im Laufe des ganzen Buches eine Entwicklung durch, dennoch kann ich nicht behaupten, dass er mir am Ende sympathischer war. Zur Aufklärung des Mordes wird ihm der unerfahrene Kollege Mohammad „Mo“ Moghaddam zur Seite gestellt – ihn mochte ich gerne, auch wenn er sich mir gedanklich zu oft um seine eigenen Probleme drehte. Mo ist wirklich bemüht, an alles bei diesem Mord zu denken, tappt dabei aber leider auch in einige Anfänger-Fallen und wird von seinen Kollegen dadurch auch noch belächelt. So unkonventionell beide Figuren sind, so anstrengend sind sie dann leider auch im Laufe der Geschichte, und leider habe ich mich auch beim Augenrollen ertappt.

Der Plot selber ist gut: es gibt nicht nur einen Mord, es rücken Verdächtige in den Fokus, bei denen man nicht glauben kann, dass sie es gewesen sind, und man ringt nach einer plausiblen Auflösung. Die hat der Autor dann auch gefunden – auch wenn am Ende einiges sehr konstruiert wirkt.

Leider aber hat es diesem Thriller an Spannung gefehlt – die kommt erst im letzten Drittel auf, und hier hat mich alles dann eher an einen Action-Film erinnert: Abstruse Situationen, die nicht mehr glaubwürdig sind, aus denen sich die Protagonisten dann aber heldenhaft befreien.

Erzählt wird der Thriller aus verschiedenen Perspektiven – es gibt die von Jacket und Mo und eine weitere, die mit „Er“ übertitelt ist und bei der man sofort weiß, dass es sich um den Mörder handelt. Die Kapitel sind kurz, manchmal enden sie dann auch mit einem Cliffhanger, der aber schnell aufgelöst wird. Der Schreibstil ist sehr einfach geraten und lässt sich schnell lesen, gut finde ich aber, dass man dem Stil anmerkt, welche Figur gerade berichtet. Gerade bei Jackets Sicht fällt dann auch ein gewisser sarkastischer Humor auf, der für mich aber eher bemüht und gestelzt erscheint.

Es hat lange gedauert, bis ich in dem Buch drin war, dann aber hatte es doch einen gewissen Sog und ich wollte wissen, wie sich alles auflöst – es braucht aber, bis eine gewisse Spannung entsteht und da habe ich bei einem Thriller schon andere Erwartungen.

Bewertung vom 29.12.2023
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1


ausgezeichnet

Eine kleine Party an Mittsommer findet ein jähes Ende, als alle Gäste getötet werden – nur die 14-jährige Astrid überlebt das Massaker. Zufällig sind gerade die Autorin und Expolizistin Julia Malmros und der Hacker Kim Ribbing in der Nähe und hören die Schüsse; doch sie kommen zu spät und außer Astrid ist keiner mehr am Leben.
Im Prolog wird das Massaker geschildert, und das ist wirklich sehr spannend. Danach wird es im Buch aber erstmal ruhiger, und der Leser lernt Julia und Kim kennen. Julia ist eine erfolgreiche Autorin, ihr neues Buch aber wird von der Lektorin gerade verrissen, so dass sie sich mit einer neuen Plot beschäftigen muss. Dabei lernt sie den Hacker Kim kennen. Er wirkt von Anfang an sehr geheimnisvoll, und erst im Laufe der Geschichte lernt man durch Rückblicke in seine Vergangenheit einige Gründe kennen. Anfangs mochte ich ihn gerne, eben weil er etwas Geheimnisvolles an sich hat, auch wenn er sich in meinen Augen gerade Julia gegenüber oft nicht gerade nett verhält. Julia war mir auch sympathisch, gleichzeitig aber habe ich ihre Handlungen nicht immer verstanden. Sie ist durchaus selbstbewusst, tritt aber häufig auch in Fettnäpfchen und agiert etwas unbeholfen – als ehemalige Polizistin hätte ich das eigentlich nicht bei ihr gedacht. Die beiden unfreiwilligen Ermittler spielen bei der Aufklärung des Attentats eine große Rolle, und hier wird aus Kim ein wahrer Superheld, was ich leider nicht sehr authentisch fand. Vielleicht hatte der Autor da schon an eine Verfilmung seines Buches gedacht, denn gerade am Ende wächst Kim wirklich über sich hinaus und alles mündet in einem actionreichen Finale. Die Polizei bleibt dabei leider sehr blass und zeigt sich bei der Aufklärung in schlechtem Licht – ohne Kim wäre eine Aufklärung nicht gelungen und auch der Zufall kommt hier – mir zu – häufig ins Spiel.
Der Schreibstil ist flott, gut zu lesen, die Kapitel sehr kurz und aus verschiedenen Perspektiven. So fliegt man nahezu durch die Seiten, zumal fast jedes Kapitel auch mit einem kleinen Cliffhanger endet.
Meint man anfangs, dass Julia den Mittelpunkt des Buches bildet, ist es eigentlich Kim – nicht nur, dass man viel aus seiner Vergangenheit erfährt, was sein doch sehr eigenes Verhalten in Ansätzen erklärt, endet das Buch dann mit einem fiesen Cliffhanger – nicht bezogen auf die Aufklärung der Morde, sondern mit etwas, das ausschließlich mit Kim zu tun hat.
Ich habe das Buch gerne gelesen und bin wirklich durch die Seiten geflogen, gleichzeitig hat mich der Plot aber nicht ganz überzeugt und leider auch nicht die Entwicklung von Kim. Ob ich daher die Reihe weiterverfolgen werde, weiß ich noch nicht – vielleicht warte ich da erstmal die Rezensionen ab.

Bewertung vom 15.06.2023
Dave, Laura

Beschütze sie


sehr gut

Hannahs Ehemann Owen verschwindet plötzlich und lässt sie mit Stieftochter Bailey zurück. Es gibt nur zwei Hinweise – ein Zettel, der Hannah gebracht wird und auf dem steht „Beschütze sie“, und eine Reisetasche voller Geld, die Bailey in ihrem Schulspind findet. Warum ist Owen verschwunden und warum bittet er seine Ehefrau, sich um Bailey zu kümmern, die Teenagerin, zu der sie ein schwieriges Verhältnis hat?

Der Plot ist interessant, insbesondere auch, wie die Autorin ihn aufgebaut hat. Zwar kommt auch die Polizei ins Spiel, letztlich aber ist es Hannah alleine, die ihren Mann sucht und immer wieder Puzzlesteine findet, die sie auf neue Spuren bringt. Während man Hannah in der Gegenwart begleitet und sie aus ihrer Sicht im Präsens die Ereignisse schildert, gibt es immer wieder auch Rückblicke in die Vergangenheit, so dass man erfährt, wie Owen und Hannah sich kennengelernt haben und wie sie in ihrer Beziehung gelebt haben.

Während ich die erste Hälfte noch als plätschernd empfunden habe, wird es in der zweiten dann doch spannend. Hannah wirkt insgesamt sehr kühl und strukturiert – dafür, dass ihr Mann ohne Vorankündigung plötzlich verschwindet und ihr suggeriert wird, dass er ein ganz anderer ist, als sie ihn kennt, ist sie erstaunlich gefasst und wenig emotional. Sicherlich ist es gut, dass sie so kontrolliert agiert, ich fand es nur wenig glaubhaft und so ist sie mir die ganze Zeit sehr fremd geblieben, obwohl sie als Ich-Erzählerin auftritt und so eigentlich eine direkte Verbindung zu ihr entstehen sollte. Bailey als Stieftochter fand ich viel besser gezeichnet – ihr habe ich den aufmüpfigen Teenager abgenommen, ihr Handeln wechselt zwischen egoistischem Verhalten und Schutzbedürfnis, also genau so, wie es Teenager nun mal sind. Ansonsten gibt es wenige Charaktere, die tief ausgearbeitet wurden, das wurde für die Geschichte aber auch nicht gebraucht.

Obwohl der Plot doch viel zu bieten hat, ist das Gefühl von Gefahr bei mir nicht richtig entstanden – vielleicht liegt das an der gefassten Haltung von Hannah und ihren immer sehr rationalen Entscheidungen, vielleicht aber auch an dem Schreibstil, der – passend zu einem Thriller – kühl und einfach ist und die Dinge schnell auf den Punkt bringt. Auf jeden Fall aber war ich dadurch nicht so gefesselt, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Dafür aber hat mir der Schluss sehr gut gefallen, zum einen, weil ich ihn sehr schlüssig fand, zum anderen, weil ich tatsächlich nicht erwartet habe, dass die Autorin sich für diesen Weg entscheidet.

Insgesamt eine kurzweilige und unterhaltsame Lektüre mit einem guten Plot, aber leider einer Protagonistin, die mir bis zum Schluss fremd geblieben ist.

Bewertung vom 16.04.2023
Martin, Tina N.

Apfelmädchen / Kommissarin Lind ermittelt Bd.1


sehr gut

Ein brutaler Mord: An einem Haken hängend wird eine Frau aufgefunden, die Hände sind zusammengenagelt. Spuren gibt es zunächst keine – kein leichtes Unterfangen für Idun Lind und ihren Partner Calle Brandt. Doch es bleibt nicht bei diesem einen Mord, und schreckliche Wahrheiten tun sich im Laufe der Ermittlungen auf.
Für mich war es ein klassischer Ermittlerroman, was aber der Spannung keinen Abbruch getan hat. Der Leser begleitet die beiden Ermittler bei ihrer Polizeiarbeit; langweilig wird es aber nicht, da es immer wieder Wendungen und Überraschungen gibt, die die Autorin eingebaut hat, und die immer wieder neue Fährten aufzeigen. Natürlich gibt es Gespräche mit Zeugen, aber auch viele Gefahren, Fallen und vor allem im letzten Drittel Einblicke in menschliche Abgründe.
Neben dem Strang der Polizeiarbeit gibt es immer wieder auch Rückblicke in die Vergangenheit, in der man eine junge Mutter mit ihren beiden Kindern begleitet, die Schutz vor dem gewalttätigen Ehemann in einer Einrichtung finden. Als Leser ist man so den Ermittlern immer ein wenig voraus, da klar ist, dass es einen Zusammenhang zu dem Mord geben muss, es dauert aber ein bisschen, bis sich dieser auch eindeutig offenbart – dann aber erwischt es den Leser mit voller Breitseite, denn die Autorin hat sich nicht nur ein schwieriges Thema ausgesucht, sondern auch an brutalen Wahrheiten nicht gespart.
Idun Lind ist eine sympathische Ermittlerin, wenn sie auch nicht auf den ersten Blick liebenswert erscheint. Sie gehört zur Kategorie „harte Schale, weicher Kern“ – sie lebt für ihre Arbeit und gibt alles. Darunter leidet ihr Privatleben, eine Wahrheit, die sie getrost beiseite schiebt. Sie kämpft verbissen und gibt so leicht nicht auf – immer wieder kommt ihr dabei auch ihre gute Intuition zu Hilfe. Ihr Partner Calle ist das Gegenteil – äußerlich scheint er eher wie ein Bodyguard auszusehen, inklusive gut trainiertem Oberkörper und prominenten Tattoos, und auch im Umgang wirkt er immer ein wenig rüpelhaft. Zusammen aber sind sie ein eingespieltes Team und können sich blind aufeinander verlassen.
Es bleibt nicht bei einem Mord und die Autorin hat sich einen interessanten und raffinierten Plot ausgedacht. Am Ende werden alle Puzzleteile zusammengeführt und es ergibt sich ein schlüssiges Bild.
Ich hatte spannende Lesestunden und empfehle das Buch daher gerne weiter.