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Jule
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München

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Insgesamt 214 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2025
Specht, Heike

Die Frau der Stunde


sehr gut

Ein toller Roman, in dessen Mittelpunkt drei starke Frauen stehen. Die Hauptfigur Catherina wird überraschend die erste Außenministerin Deutschlands. Aus ihren Augen erlebt der Leser den Politikbetrieb hautnah. Intrigen, Lügen und Affären sind an der Tagesordnung. Die Männer verströmen alle einen etwas piefigen, sehr konservativen Eindruck. Nur wenige Frauen bestehen in diesem männerdominierten Kosmos. Catherine geht ihr neue Aufgabe mit Esprit, Selbstbewusstsein und Klasse an. Eine beeindruckende Frau, die aber auch immer wieder zweifelt. Flankiert wird ihre Geschichte von der, ihrer beiden Freundinnen Suzanne und Azadeh, ebenfalls sehr starke Charaktere. Das Weltgeschehen dieser Zeit wird durch ihre Augen eingefangen. Mich überrascht äußerst positiv, dass die Handlung bei aller politischen und historischen Hintergründe, sehr zeitgemäß, modern und heutig wirkt. Schön eingebunden ist auch for Mode, Frisuren und das generelle Zeitgefühl der 70er Jahre. Ein wirklich packender Politikroman mit inspirierenden Figuren. Das Cover ist sehr passend zum Inhalt gestaltet. Die Farbgebung wirkt selbstbewusst und dennoch elegant. Ein Buch mit Klasse.

Bewertung vom 19.10.2025
Ganeshananthan, V. V.

Der brennende Garten


sehr gut

Der brennende Garten ist ein starkes Buch, das noch lange nachhallt. Am Anfang ist es mir nicht leicht gefallen, mich einzulesen. Die vielen Namen und unterschiedliche Personen machten es mir nicht immer leicht, einen Zugang zur Geschichte zu finden. Ich hatte anfangs Schwierigkeiten, die Familienmitglieder, die Brüder, die Freunde auseinander zu halten. Doch nach und nach fängt mich die Geschichte ein. Insbesondere die Figuren sind sehr facettenreich, liebenswert und trotzdem ambivalent gezeichnet. Die Hauptfigur Sashi wächst in den Jahren des Bürgerkriegs in Sri Lanka vom jungen Mädchen zur starken Frau heran. Sie wächst mit ihren vier Brüdern auf, ist fleißig und studiert schließlich Medizin. Doch mit den politischen Unruhen und dem Bürgerkrieg bricht das gewohnte Leben der Familie zusammen. Einige Brüder schließen sich den Rebellen an und auch Sashi fühlt sich im Zwiespalt zwischen Pflichtgefühl, Liebe und dem Drang, helfen zu wollen. Sie arbeitet bis zur Belastungsgrenze in einem Krankenhaus, hilft Zivilisten, aber auch Rebellen. Macht sie sich damit schuldig oder gar zur Mittäterin? Ihr inneres Dilemma ist sehr gut beschrieben und für mich sehr gut nachvollziehbar. Ich muss zugeben, dass ich mich bisher relativ wenig mit der Geschichte des Sri Lankas und der Revolution beschäftigt habe. Obwohl der Bürgerkrieg bis 2009 anhielt, weiß ich relativ wenig darüber. Dieses Buch schließt eine Lücke. Die Autorin beschreibt sehr eindringlich die Leiden der Zivilbevölkerung, das Zerriebenwerden zwischen Regierung und Rebellen, die letztlich oft aus der eigenen Familie kommen. Sashi verliert nach und nach immer mehr Menschen, die sie liebt. Ihr Schicksal berührt mich sehr und doch wirkt sie zu keinem Zeitpunkt gebrochen. Sie ist eine starke Frau, der es schliesslich gelingt, die Geschichte ihrer Heimat niederzuschreiben. „Du musst verstehen“, „Du musst zuhören“, diese eindringliche Worte richtet die Autorin eindringlich an den Leser. Was ist wahr? Welcher Geschichte, die letztlich in die Geschichtsbücher eingeht, kann man trauen? Es bestürzt mich, welches Leid die Bevölkerung in Sri Lanka, insbesondere die Tamilen, ertragen mussten. Dieses Buch ist wichtig, um nicht zu vergessen und Licht auf diese Geschichte zu werfen. Es ist auch ein Buch über die Kraft und Stärke der Mütter und Frauen, die vieles ertragen müssen. Den Verlust von Söhnen und Männern, von Freiheit und Selbstbestimmung. Und die dennoch mutig und entschlossen in stark bleiben.

Bewertung vom 28.09.2025
Sten, Viveca

Lügennebel / Hanna Ahlander Bd.4


gut

Lügennebel ist das erste Buch, das ich von der Autorin gelesen habe. Und ich muss sagen, die 505 Seiten haben mich nicht enttäuscht. Eine Gruppe Freunde verbringt einige Tage in einem Wochenendhaus in den verschneiten Bergen. Schon kurz nach der Ankunft eskalieren die Ereignisse und eines der Mädchen ist tot. In zähen Befragungen legen Hanna und Daniel Schicht um Schicht offen, doch die Tat bleibt weiter wie im Nebel. Jeder der Freunde scheint etwas zu verbergen zu haben. Außerdem sind der Nachbar und der Hausmeister auffällig. Die Ermittler stochern im Nebel. Die Figuren sind sehr gut beschrieben. Einige bleiben aber etwas blass. Amir bleibt mir zum Beispiel bis zum Schluss fremd, wirkt wie ein Fremdkörper. Der Schreibstil und die kurzen, knackigen Kapitel gefallen mir. Die Ermittler sind auch sympathisch. Ein bisschen auffällig ist, dass jeder ein privates Problem mit sich herum trägt. Etwas schade finde ich, dass man schon so viel über das Privatleben aus den vorherigen Bänden erfährt. Das mindert etwas die Spannung, diese nun nachträglich zu lesen. Aber alles in allem ein sehr lesenswerter Krimi, der Lust auf kalte Winterabende macht.

Bewertung vom 22.09.2025
Menger, Ivar Leon

Der Tower


gut

Es beginnt fast ein bisschen wie bei Aschenputtel: das arme Mädchen verliert ihren Job und ihre Wohnung und kurz bevor sie auf der Straße sitzt, gewinnt sie ein Jahr kostenloses Wohnen in einem Luxusappartement der Extraklasse. Was wie ein Traum klingt, wird schnell zur Falle. Obwohl der Beginn des Klappentextes mich entfernt an einen Ballermann-Song erinnert, habe ich zum Buch gegriffen. Das erste Buch des Autors hat mich begeistert, vom zweiten war ich enttäuscht. Dann habe ich einmal ausgesetzt, um es jetzt erneut zu versuchen. Dieses Mal überzeugt die Spannung wieder. Der packende Schreibstil und die kurzen Kapitel sorgen für Spannung und ich fliege regelrecht durch die Seiten. Dennoch springt der Funke nicht ganz über. Ob es an den Nachbarn liegt, die ich alle überaus seltsam und sehr schablonenhaft finde? Oder an Nova selbst, die mir auch noch nach den ersten Bedenken lange Zeit recht naiv erscheint? Trotz KI mit Abhörfunktion legt sie ihre Ängste und Fluchtpläne wiederholt ausschweifend in ihre Wohnung dar? Am liebsten hätte ich sie geschüttelt. Oder liegt es an der etwas konstruierten Auflösung, die doch ein wenig plump daher kommt? Ich weiß es nicht. Alles in allem ein wendungsreicher Thriller, aber nichts was mir lange im Kopf bleibt.

Bewertung vom 05.09.2025
Biedermann, Nelio

Lázár


sehr gut

Dieses Buch lässt mich sprachlos zurück. Es überrascht, verwundert, verwirrt zeitweise und entführt in eine Welt, die es nicht mehr gibt. Dabei zieht sich ein märchenhafter Zauber durch die Seiten, der aber nichts mit Fantasy zu tun hat, sondern durch die Schauplätze und Figuren geprägt wird. Im Zentrum steht die adelige Familie Lazar. Auf ihren Spuren reist der Leser durch das bewegte 20. Jahrhundert. Verfolgt das luxuriöse Leben zwischen Waldschloss und Stadtresidenz, Privilegien und Ländereien. Jede Generation hat ihre ganz eigenen Besonderheiten und Schwächen. Im Mittelpunkt steht Lajos, ein Kind mit durchscheinender Haut und großen Träumen. Die schwierige Beziehung zum alten Baron, die Misshandlungen im Internat, seine Entwicklung zum erwachsenen Mann und seine lebenslangen Versagens- und Verlustängste berühren mich sehr. Doch auch die anderen Charaktere sind sehr facettenreich und spielen keine Nebenrolle. Lilly - die Jugendliebe und Ehefrau, Ida - Schwester, die auch vor Lügen und Intrigen nicht zurückschreckt, Imre - der Onkel, der sich im Wahnsinn verloren hat und dennoch seltsam lichte Momente hat, Eva - die mutige, geerdete Tochter und Pista - der Sohn, der das Dunkle liebt. Seine Figur rührt mich am stärksten. Die dunklen Seiten der Figuren nehmen generell viel Raum ein, dennoch wirken sie nicht unsympathisch oder bleiben fremd. Vielmehr üben sie eine ganz besondere Faszination aus. Konstante im Leben der Familie ist das Schloss am Wald, um das sich zahlreiche Mythen ranken und das bereits Schauplatz einiger Unglücke geworden ist. Eine verzauberte, mystische Welt abseits des städtischen Trubels, beinahe wie ein dunkler Traum. „Die Apfelbäume trugen dieses Jahr besonders viele Birnen. Das Kleid, das sie vom Stuhl nahm, hing im Schrank.“ Es sind Sätze wie dieser, die immer wieder diese besondere Welt einfangen. Der Schreibstil ist sehr poetisch und hüllt den Leser ein, entführt in diese vergangene Zeit. Dann ist er aber wieder sehr direkt, rau, unerbittlich. Diese Mischung erhöht die Spannung und Dynamik zusätzlich. Die Handlung spielt im 20. Jahrhundert, während zweier Weltkriege und ist dennoch nicht aus der Zeit gefallen. Dem Autor gelingt es, mit seiner Sprache und den Figuren trotzdem sehr heutig zu sein. Das fasziniert mich ungemein. Dadurch wirkt der Roman trotz seiner historischen Hintergründe und schweren Themen, elegant und auf seltsame Weise modern. Ein absolut lesenswertes, besonderes Buch, das ich lange nicht vergessen werde.

Bewertung vom 17.08.2025
Lühmann, Hannah

Heimat


gut

Was zunächst wie ein ruhiges, beschauliches Leben auf dem Dorf anmutet, entpuppt sich mit der Zeit als beklemmendes System von konservativen Ansichten und Traditionen. Jana zieht mit ihrer kleinen Familie aus der Stadt aufs Land. Nur langsam wird sie dort heimisch. Nachdem sie völlig überstürzt ihren Job gekündigt hat, füllt sie die Zeit mit Hausarbeit, Langeweile und dem Warten auf ihr drittes Kind. Als sie der charismatischen Karolin begegnet, fühlt sie sich sofort verstanden und schnell immer heimischer in der Gemeinschaft von Freundinnen, die sich mit Backen, Filzen und Gartenarbeit die Zeit vertreiben, während sie wie ganz nebenbei ihre Kinder in völliger Freiheit und Naturverbundenheit großziehen. Jana bewundert die Frauen, insbesondere Karolin, die ihren traditionellen Lebensstil als Tradwife auch auf Social Media auslebt. Anfangs mischen sich noch leichte Misstöne und Zweifel in ihre Gedanken, doch schon bald geht sie ganz in ihrer Begeisterung auf. Von ihrem Ehemann entfremdet sie sich mehr und mehr und auch die Freunde aus der Stadt stoßen sie ab. Erschreckend wie schnell und leicht so ein Funke überspringt. Die nationalistischen Tendenzen und Gedanken sieht sie nicht. In einem gesellschaftlichen Klima, das sich immer mehr aufheizt, verschwimmen für Jana ihre Haltung und ihre Werte immer mehr. Dabei schildert die Autorin sehr sachlich, ohne zu werten. Das erhöht die Beklemmung zusätzlich. Wie schnell verfängt man sich in diesem Netz aus Freundschaft, Nähe, Heimat und oberflächlicher Geborgenheit. Die letzten Seiten lassen mich allerdings ratlos zurück. Das hinterlässt nach der Lektüre ein seltsam unfertiges Gefühl. Ich blättere vor und zurück, überlege ob ich etwas übersehen habe, aber kann den Faden einfach nicht finden. Das Ende soll sicher überraschen und originell sein, mir erschließt es sich leider nicht. Das ist schade und trübt den eigentlich guten Gesamteindruck des Buches.

Bewertung vom 08.08.2025
Collin, Philippe

Der Barmann des Ritz


sehr gut

Das Hotel Ritz in Paris ist eine Legende, ein Ort, an dem sich die Schönen, Reichen und in den 20er und 30er Jahren auch Intellektuellen trafen. Ein elitärer, sagenumwobener Ort. In diesem Roman steht das Hotel und insbesondere die Bar im Mittelpunkt, ist Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der Herrscher über die Geheimnisse der Cocktails, aber auch der Gäste ist Frank Meier, ein österreichischer Jude, der sein Geheimnis auf keinen Fall enthüllen darf. Die Handlung spielt hauptsächlich zwischen 1940 und 1944, der Zeit der deutschen Besetzung von Paris. Das Hotel ist Aufenthaltsort vieler deutscher Soldaten und Offiziere. Hinter den schönen und eleganten Kulissen verbergen sich Geheimnisse, Intrigen, Affären und auch immer wieder Kollaboration. Der Weg von Gehorsam und Zwang zu Kooperation und Fraternisierung ist nicht weit. Wer steht letztlich auf welcher Seite? Neben der Hauptfigur sind auch die anderen Charaktere sehr interessant gezeichnet und offenbaren nach und nach versteckte Seiten. Aus Feinden werden Verbündete. In der Bar trifft die künstlerische Elite auf Soldaten und Offiziere, man arrangiert sich. Besonders interessant sind auch die Schilderungen kurz vor der Befreiung durch die Alliierten. Den verhassten Beherrscher noch im Haus, beginnt man nach und nach mit Schadensbegrenzung. Unter dem Brennglas der engen Grenzen der Bar scheint sich ganz Paris zu vereinen. Der Schreibstil zwischen sachlicher Präzision und absolut packender Dramaturgie fesselt ungemein. Ein wirklich eindringlicher, fundierter Roman, der mich sicher noch länger beschäftigen wird.

Bewertung vom 01.08.2025
Gestern, Hélène

Rückkehr nach St. Malo


gut

Dieser feine, leise Roman erzählt von Geheimnissen, Macht, Familie, Liebe und von der Kraft des Meeres. Das Meer in all seinen Facetten, Farben und Strömungen spielt dabei definitiv die Hauptrolle und trägt mich durch die elegant erzählte Geschichte der Reederfamilie Kérambrun. Vom Aufstieg des jungen Octave, der ein Familienimperium aufbaut. Von der Liebe zu seiner Frau Julia, die nach dem Tod der gemeinsamen Tochter von Schatten geprägt ist. Aber auch von Lügen, Betrug und Verbrechen. Dabei begibt sich der Leser auf die Spuren von Yann, der in akribischer Kleinstarbeit die Geschichte der Familie rekonstruiert. In Rückblicken taucht man aber auch direkt in die Jahre zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein. Dabei wird auch immer wieder aus der Sicht von neutralen, familienfremden Menschen berichtet, die Zeit auf der Insel Cézembre verbracht haben. Dem Mönch, dem Soldaten, dem Häftling. Das bietet eine ganz neue Perspektive und bereichert das Gelesene enorm. Mit Yann selber werde ich nicht so richtig warm, aber das stört nicht. Ich erfreue mich an den Schilderungen über das Meer, die Luft, die Kraft der Region. Das ist alles sehr bildlich und greifbar beschrieben, so dass die Region direkt vor meinem geistigen Auge erscheint. Das ist für mich das eigentlich Faszinierende an diesem Roman. Selten habe ich eine so schöne Schilderung des Meeres gelesen.

Bewertung vom 24.07.2025
Buck, Vera

Der dunkle Sommer


ausgezeichnet

Ich bin total begeistert. Dieser Thriller überrascht mich immer wieder. Mit unvorhergesehenen Wendungen, offenen Kapitelenden und einem wirklich überraschenden Finale. Einen Teil der Lösung habe ich schon recht früh erraten, aber das große Ganze offenbart sich erst nach und nach. Die Spannung ist hoch, der Schreibstil und die kurzen Kapitel sorgen für Spannung und die unterschiedlichen Perspektiven enthüllen nach und nach die Geheimnisse der Bewohner des unheimlichen Bergdorfes. Auch die Figuren gefallen mir, haben verschiedene Facetten und ich folge ihnen gern. Die Hintergrundgeschichte der Entführungen in Sardiniens Vergangenheit war mir neu und beschäftigt mich auch nach dem Lesen noch. Das Nachwort gibt hier auch noch einmal eine interessante Einordnung. Für mich definitiv eib Höhepunkt in diesem Jahr, trotz des für mich entbehrlichen Farbschnittes.

Bewertung vom 13.07.2025
Zwickau, Dora

Gesellschaftsspiel


gut

Dieses Buch fordert den Leser. Das meine ich keinesfalls negativ sondern im positiven Sinne. Ein Tech-Milliardär, eine Stadt im Osten Deutschlands, ein neues Modell des Zusammenlebens. Alles kinderleicht per App. Mitbestimmung auf Knopfdruck. Klingt verrückt, scheint in Weimar aber Wirklichkeit zu werden. Vor diesem großen Plan, die Gesellschaft zu verändern, Zusammenleben neu zu denken, gerät sogar der Tod zur Nebensache. Gabi, die Mutter von Isabelle und Annika liegt nach einem Schlaganfall im Sterben. Doch das Abschiednehmen wird verdrängt vom Coup des Jahrhunderts. Ein reicher Amerikaner möchte eine neue Stadt, eine neue Gesellschaft gründen. Jeder ist Teil der Idee, darf mitgestalten, mitbestimmen. Für Isabelle, Lehrerin, wird die kritische Auseinandersetzung mit der Idee zur Passion. Gemeinsam mit ihren Schülern diskutiert sie, bringt sich ein. Ganz anders ihre Schwester Annika, die zum Abschiednehmen aus den USA gekommen ist. Sie steht der Idee zunächst recht emotionslos gegenüber. Ihr Freund ist sofort Feuer und Flamme. Durch die verschiedenen Perspektiven wird die Geschichte, die Idee, facettenreich beleuchtet. Dabei gefällt mir besonders Dagmar, die Tante. Gebildet, aber auch ein bisschen einsam, setzt sie sich besonders intensiv mit der Idee auseinander. Über die Trauer, aber auch die Diskussion über eine neue Gesellschaft, kommt sich die Familie näher. Das liest sich sehr kurzweilig. Die Passagen, die Chatverläufe oder auch Podcast-Diskussionen behandeln, sind etwas schwieriger zu lesen. Die Posts fremder Menschen, Normalos, Fanatiker, Schwurbler lockern auf, machen den Lesefluss aber auch nicht einfacher. Daher ist die Lektüre nichts was sich in einem Rutsch weglesen lässt. Der Leser ist gefordert, sich mit den verschiedenen Formen der Diskussion, der Kanäle, aber auch mit dem Inhalt kritisch auseinanderzusetzen. Dabei gibt es keine schnelle Meinung. Was ist richtig, was falsch? Der Roman greift nicht nur mit dem Thema sondern auch mit dem Schreibstil unsere Zeit und den Ton, der Kommunikation und Diskussionskultur sehr treffend auf.