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katikatharinenhof

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Insgesamt 199 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2025
Ein Weg aus Tinte und Magie / Die Buchreisenden Bd.1
El-Bahay, Akram

Ein Weg aus Tinte und Magie / Die Buchreisenden Bd.1


sehr gut

"Bücher sind fliegende Teppiche ins Reich der Phantasie." –James Daniel –

Mitten in London, jedoch ganz versteckt, liegt ein kleiner, unscheinbarer Buchladen. Die meisten hasten an Libronautic Inc vorbei und ahnen nicht, dass sich hinter diesen Türen etwas ganz Fantastisches verbirgt. Die Mitarbeiter des Buchladens haben eine ganze besondere Gabe – sie sind Geschichtenerzähler. Mit ihrer Stimme ermöglichen sie den Menschen, Reisen in die Bücher zu unternehmen und einen Blick hinter die geschrieben Buchstaben zu werfen. Doch was passiert, wenn plötzlich eine Tür auftaucht, die eigentlich in der Handlung nicht vorgesehen ist….

Es ist für alle Buchliebahber:innen ein bisher noch unerfüllter Traum, die Grenzen der Realität mit Reisen in fantastische Welten zu überwinden, in geheimnisvolle ätherische Landschaften einzutauchen und hautnah mitzuerleben, wie Szenen aus dem Lieblingsbuch lebendig werden.

Akram El-Bahay macht mit seinem neuen Roman „Die Buchreisenden“ genau das möglich und entführt seine Leser:innen an den Tisch der Teegesellschaft aus „Alice im Wunderland“, zeigt das Schattenreich der Untoten aus „Vampyr“ und weckt den dringenden Wunsch, der einzigartigen Stimme von Erzähler Adam zu lauschen, um mit ihm hinter den dicken schweren Samtvorhang zu blicken und atemberaubende Abenteuer zu erleben.

Der typische Geruch von alten Büchern nach Vanille, Holz und Gras erfüllt die Luft und legt sich um die Lesenden wie ein weiches Plaid. Mit fortschreitenden Kapiteln verweben sich die einzelnen Elemente, Figuren, Silhouetten und Ereignisse zu einem geheimnisvollen Geschichtenteppich, der so manche Überraschung birgt. Magisches Licht, funkelnde Schneekristalle, mystische Wälder – die Atmosphäre allein ist schon zauberhaft und wird durch die schön gezeichneten Charaktere belebt.

Doch nicht immer kann der Autor die Spannung und Leseneugier gleichbleibend bedienen. Gerade im letzten Drittel überschlagen sich die Ereignisse und so lösen sich schon recht früh Erkennbare familiäre Strukturen auf, der Überraschungseffekt verpufft ein wenig. Das Erzähltempo wirkt etwas überhastet und auch das offene Ende mit dem Hinweis, dass es sofort weitergeht, ist nicht unbedingt als rund zu bezeichnen.

Dennoch ist „Die Buchreisenden“ ein Leseabenteuer, das die Welt hinter den Buchstaben, das Flüstern von Tinte auf Papier und das Atmen der Geschichten für all die Buchliebhaber:innen zugänglich macht, die noch an Träume und (Buch-)Magie glauben

3,5 Sternchen

Bewertung vom 27.04.2025
Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'
Paul, Gerhard

Mai 1945: Das absurde Ende des 'Dritten Reiches'


sehr gut

Ein neuer Blickwinkel - das Kriegsende als Bühnenstück

Bald jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal und Gerhard Paul widmet sich in seinem Buch "Mai 1945: Das absurde Ende des »Dritten Reiches«" mit einer nicht ganz alltäglichen Herangehensweise dieser Thematik. Die Absurdität der letzten Kriegstage bis hin zur bedingungslosen Kaputilation, die immer noch verherlichende Anschauung und Fahnetreue bis zum letzten Atemzung werden als tragikomischen Bühenstück in Szene gesetzt.

Paul strickt ein Sachbuch, das teilweise recht ausufernd, manchmal aber auch sehr stark beschnitten von eben jenen Tagen berichtet, fasst dies in manchmal sachliche trockene Beiträge und dann wiederum in zotig-zynische Abschnitte zusammen, die dem Werk schon den Stempel einer Posse aufdrücken.

Die einzelnen Kapitel gleichen daher eher Akte einer bühenenreifen Inszenierung, die mit Bildern, Dokumenten und Zeitzeugenberichten untermalt werden. Demzufolge ist lauf Paul der Gedanke des "Dritten Reiches" eben nichts anderes gewesen als eine bühnenreife Inszenierung, die unglaublich viele brutale Momente, menschenverachtende und völkervernichtende Hirngespinste durch Helfershelfer und fanatische Anhänger in die Tat umgesetzt haben.

Ein blutiges Stück Zeitgeschichte, das die Nazi-Elite auseinanderpflückt, ihre Beweggründe und verzerrten Selbstbildnisse mit Zynismus und überspitzder Feder dbeschreibt und den einen oder anderen bekannten Namen an den Pranger stellt. Nicht immer leicht zu lesen, da sich der Autor manchmal etwas verzettelt, dennoch trotzdem eine ganz andere Art und Weise, dem Schrecken zu begegnen, auf die sich die Lesenden einlassen müssen.

3,5 Sternchen für den Mut, andere Wege zu gehen und der Thematik einen ganz eigenen Stempel aufzudrücken

Bewertung vom 26.04.2025
Spielball der Ideologie?
Neisen, Robert;Lehmann, Andreas

Spielball der Ideologie?


ausgezeichnet

Wie der Sport zum Machtinstrument wird

In "Spielball der Ideologie – Der SC Freiburg in der Zeit des Nationalsozialismus" begeben sich die Autoren auf eine Reise durch die dunklen Jahre des Dritten Reiches, während der der SC Freiburg als Sportverein und Teil der Gesellschaft unverkennbar von den Ideologien des braunen Sumpfes beeinflusst war. Die Auseinandersetzung mit der eigenen NS-Vergangenheit, die der Verein heute öffentlich sucht, ist nicht nur eine notwendige, sondern auch eine hochaktuelle Debatte, die umso mehr Gewicht gewinnt, wenn man die Schlagzeilen des tagespolitischen Geschehens betrachtet.

Das Buch ist in fünf umfangreiche Kapitel gegliedert und behandelt die Entwicklung des SC Freiburg von seinen Anfängen in der Weimarer Republik bis zum Neustart nach dem Zweiten Weltkrieg. Der detaillierte Rückblick auf die Geschichte des Vereins ist sowohl informativ als auch erschreckend, da er die Mechanismen der Gleichschaltung und den Ausschluss jüdischer Mitglieder, Spieler und Trainer beleuchtet. Die Autoren legen dar, wie der DFB und viele Fußballvereine unter dem Druck des NS-Regimes agierten und damit nicht nur ihre moralischen Spielregeln aufgaben, sondern auch das Vertrauen ihrer Mitglieder und der Gesellschaft verloren.

Besonders hervorzuheben ist die methodische Herangehensweise der Autoren, die sich ihrer begrenzten Quellenlage bewusst sind. Die Zerstörung des Vereinsheims kurz vor Kriegsende und die damit einhergehende Vernichtung von wichtigen Belegen und Dokumenten machen eine umfassende Rekonstruktion der Ereignisse schwierig. Das Buch kämpft also nicht nur gegen die vergessene Geschichte, sondern reflektiert auch die Unsicherheiten und Herausforderungen der Aufarbeitung von (Vereins-)Geschichte. Es zeigt auf beeindruckende Weise, wie viele Aspekte der Vereinsvita im Dunkeln bleiben und wie individuelle Schicksale oft im Nebel der Geschichte verschleiert werden.

Die Verbindung zwischen Fußball und Politik wird durch klare Beispiele untermalt. Die Autoren schildern, wie einige Mitglieder des SC Freiburg, die in der NS-Zeit aktive Rollen einnahmen, eine dunkle Kollaboration mit dem Regime eingingen. Dies führt den Lesenden vor Augen, dass auch der Fußball kein unpolitisches Terrain blieb, sondern dass er zur Legitimierung und Verbreitung nationalsozialistischer Ideologien eingesetzt wurde.

Die Lektüre ist keine einfache, sie ist herausfordernd und stellt Fragen nach Verantwortung, Moral und der Rolle des Sports in der Gesellschaft. Der SC Freiburg, der heute als ein Verein gilt, der für Integration und Vielfalt steht, hat den sicherlich nicht leichten Weg eingeschlagen, den eigenen Schatten zu begegnen und sich seiner Verantwortung zu stellen. . Es ist ein wichtiges Buch, das nicht nur die Geschichte eines Vereins beleuchtet, sondern auch eine breitere Diskussion über die Verantwortung des Sports in der Gesellschaft und über die Lehren, die wir aus der Vergangenheit ziehen sollten, anregt.

Bewertung vom 21.04.2025
Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8
Schier, Petra

Pfotenglück und Sommerwellen / Lichterhaven Bd.8


ausgezeichnet

Manchmal muss man das Chaos nur ein bisschen schütteln und es wird Liebe daraus

Isalie hat es geschafft - sie ist erfolgreiche Unternehmensberaterin und auch auf Social Media läuft es so richtig rund. Normalerweise sind große Unternehmen ihre Autragebende, doch dieses Mal ist alles anders. Der Hilferuf kommt nämlich von einem kleinen Baunerhof direkt an der Nordseeküste und stellt Isalie vor Herausforderungen, mit denen sie nicht gerechnet hat. Beruflich sprießen auch schon die ersten Ideen, aber privat muss sich Isalie immer wieder von Landwirt Max anhören, dass sie als Stadtkind keine Ahnung vom Landleben an der Küste hat, Ihr Ehrgeiz ist geweckt und Isalie steckt schon bald Herz über Kopf in Lichterhaven ....


Petra Schier schafft es immer wieder, ihre Leser:innen mit vorwitzigen Fellnasen, die Amor spielen, zu überraschen. Im aktuellen Roman "Pfotenglück und Sommerwellen" erobert Neufundländer Samson nicht nur die Herzen der Figuren im Buch im Sturm, sondern auch die der Leser:innen. Seine traurige Geschichte geht mitten ins Herz und wenn er bekümmert und mit gebrochenem Hundeherz seinen Blick direkt an die Protagonis;innen richtet, ist es auch um die Leserschaft geschehen.

Die Handlung fängaft nicht nur maritimee Naturmotive inklusiver frecher Möwen ein, sondern erzählt von einem alleinerziehenden Vater, der nicht nur mit der wirschtlichen Misere in der Landwirtschaft zu kämpfen hat, sondern auch mit den finanziellen Nachwirkungen seiner Scheidung. Schier versteht es ohne jeglisches Klischee die Sorgen und Nöte von Max zu schildern, sodass es den Lesenden leicht fällt, sich direkt auf seinem Hof einzufinden und gemeinsam mit ihm die Hochs und Tiefs zu erleben.

Wenn Isalie auf der Bildfläche erscheint, bringt sie nicht nur den Hof und Max' Herz zum Leuchten. Ihr ganzes Wesen ist auf positive Art einnehmend und ihre Begeisterung für Veränderungen und innovative Ideen ist ansteckend.

Die Gedanken und Geüfhle von Samson werden offen gelegt und es ist unglaublich, wie Schier das Unmögliche möglich macht. Die Leser:innen können nämlich hautnah miterleben, wie aus dem zutiefst verletzten Hund ein frecher aufgeschloessener Weggefährte wird, der geschickt den ein oder anderen Fellnasenschachzug in die Wege leitet, um nicht nur Teil einer neuen Familie zu werden, sondern auch noch ein bsischen Herzklopfen und Schmertterlinge im Bauch zu spüren.

Auch gelignt es der Autorin, die Gefühle und Ängste der beiden Kinder so zu vermitteln, dass die Leser;innen diese ernt nehmen und mit ihnen mitfühlen. Hier geht es um bedürfnisorientierte Begleitung von Trennungskindern, die sich nach und nach öffnen und nicht zuletzt dank Hund Samson auch wieder in eine aufregende Zukunft blicken.

Wer Lust auf ein bisschen Chaos auf dem Bauernhof hat, das Träumen nicht verlernt hat, Sehnsucht nach Meer und mehr verspürt, der muss einfach zu diesem Buch greifen, denn hier kommt das Gesamtpaket mit Sonne auf der Haut, Wellenglitzern, Dünenrauschen und ganz viel Liebe.

Bewertung vom 20.04.2025
Unter den Sternen von Paris
Schützer, Karolina

Unter den Sternen von Paris


weniger gut

Keine Sterne für Paris

Sophia ist Perfektionistin vom Kopf bis zu dem Spitzen ihrer Pumps. Umso härter strifft es sie, dass nicht nur ihre Ehe gescheitert ist, der Traumjob flöten geht und ihre geliebte Großmutter stirbt. Im Testament wird Sophia großzügig bedacht und erbt eine kleine Bar in Paris. Für Sophia steht fest, dass sie unte rallen Umständen die Bar verkaufen will - und das so schnell wie möglich. In Paris angekommen, betritt sie nicht nur das kleine Lokal, sondern auch die Welt der Erinnerungen.....


Ich bin so unendlich traurig darüber, dass der wundervolle Buchtitel und das vielversprechende Cover nicht halten können, was sie versprechen. Vom Sternenglanz in Paris ganz weit entfernt, erleben die Leser:innen keine Wohlfülgeschichte sondern eine Erzählung, die randvoll ist mit Klischees und den daraus resultierenden vorhersehbaren Szene und ihrem Ausgang.

Sophia wirft ihrem Ex vor, Ich-bezogen und unnahbar zu sein, dabei treffen diese Eigenschaften auf sie zu wie die berühmte "Faust aufs Auge". Sie hat keine emotinale Verfügbarkeit und ihr Drang zum Perfektionismus weist die Leser;innen eher ab, als dass sie sich in sie hineinversetzen können, um mit ihr aktiv ihre Geschichte zu erleben.

Ganz anders Louis - die Autorin zeichnet einen sehr warmnherzigen Charakter, der eine unglaublich positive Aura und Präsenz hat. Von ihm zu lesen ist, als würde die Sonne gleich ein bisschen heller scheinen. Er besitzt Charme, ist emapthisch und hat ein großes Herz. Wenn er die Leserschaft an seinen Erinnerungen teilhaben lässt, hängt man förmlich an seinen Lippen . Auch besitzt er die Gabe, ganz viele Ohrwümer in den Gehörgang zu pflanzen und so laufen Désirée, Non, Je ne regrette rien, La vie en rose, Ella, Elle L'a und - etwas Moderneres- J'en Ai Marre in Dauerschleife :)

Es wird viel geredet, ohne großartig etwas zu sagen. Vielmehr reden alle um den heißen Brei herum, anstatt endlich mal die Karten offen auf den Tisch zu legen. Dadurch entstehen ien paar Missverständnisse, die sich dann doch im Handumdrehen auflösen. Das Ganze wird getoppt mit einem doch eher hanebüchenem Gehemins mit familiärem Bezug. Manchmal prasseln die Ereignisse auf die Lesenden ein und es bleibt kaum Zeit, um das Gelesene sacken zu lassen. Vielmehr wirkt es so, als müsse die Autorin noch eine Idee und noch eine Wenung einbauen, um den nicht vorhandenen Spannungsbogen doch noch künstlich zu erzeugen. Das geht aber leider total daneben.

Nächtlicher Sternenglanz, Wohlfühlatmosphäre und den unvergleichen Flair von Paris suchen die Leser:innen leider vergebens, daher regnet auch keine Sternchen für diesen Roman. Schade, da wäre so viel mehr drin gewesen.

Bewertung vom 18.04.2025
Sagenhafte Eifel
Bayer, Antje

Sagenhafte Eifel


ausgezeichnet

Einladung zur visuellen Traumreise

Antje Bayer macht das Unmögliche möglich und verzaubert ihre Leser:innen mit ihrem Sachbildband "Sagenhafte Eifel" vom ersten Augenblick an. Im Buch sind nämlich sagenhafte - und das im wahrsten Sinne des Wortes - Aufnahmen zu finden, die sich wie ein begehbares Märchenbuch für die Betrachtenden zu einem echten Gesamtkunstwerk zusammenfügen. Das mattgestrichene Fotopapier bringt die exzellenten Fotos richtig gut zur Geltung, verleiht dem Ganzen einen edlen Touch und lädt somit zur vieulellen Augenreise ein.

Verborgene Plätze erzähen längst vergessene Geschichten und Geschichte, ehrwürdie Baumgreise mit knorrigen Wurzeln und weit vezweigten Baumkronen wispern geheimnisvoll und zarte Nebelschleier hüllen die Landschaft in eine innige Umarmung. Die stimmugnsvollen Aufnahmen schlagen die Geschichtsbücher auf, lassen Sagen, Mythen und Legenden wieder lebendig werden und bilden eine wundervolle Brücke vom Einst ins Jetzt. Wenn Wasserfälle ihre Symphonie aus abertausend kristallklaren Tropfen spielen, geheimnisvolle blasslilafrabene Blütenteppiche den Weg säumen, Bretterbohlenwege durch maystische Moore führem und düstere Wolken die Burgruinen zu schaurigen Kulissen werden lassen, dann ist es Zeit für unheimliche Geschichten, Geister der Vergangenheit und uralte Rituale.

Die Begleittexte wecken Vorfreude und stecken voller Begeisterung, enthalten gerade so viel Information, dass die Neugier immer noch ein Stückchen mehr angestachelt wird, um die fazienierde Natur der Eifel bei einer Wanderung, einem Kurzurlaub oder Tagesausflug kennenzulernen.

»Wenn du Märchenaugen hast, ist die Welt voll Wunder.« - Dieses Zitat von Viktor Blüthgen beschreibt dieses Buch und die Eifel sehr treffend mit nur einem einzigen Satz :)

Bewertung vom 15.04.2025
Die Erbin
Winter, Claire

Die Erbin


ausgezeichnet

Mit der Zeit fliegt alles auf. Die verstecktesten Lügen, die geheimen Gründe, die falschen Personen. Was bleibt, ist die Wahrheit.“

Mit der Gründung ihrer Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter möchte Cosima endlich aus dem Schatten ihrer einflussreichen Familie treten. Zunächst fühlt sich auch alles gut und richtig an, doch schon bald muss Cosima feststellen, dass ihr Onkel sämtliche Hebel in Bewegung setzt, um sie weiter unter seinen Fittichen zu halten. Als dann auch noch die Leiche eines Anwalts am Rheinufer gefunden und der Name Liefenstein mit diesem Todesfall in Verbindung gebracht wird, kommt ein Stein ins Rollen, der weite Kreise zieht. Cosima stellt eigene Nachforschungen an und mag zunächst nicht glauben, was in der Vergangenheit geschehen ist….

Sie. Kann. Es. Einfach ! Claire Winter ist die ungekrönte Königin der historischen Romane und Familiensagas, die sich mit der Vergangenheitsbewältigung und der Aufarbeitung der Schreckensherrschaft des braunen Sumpfes befassen. Mit ihrem neuen Roman „Die Erbin“ ermöglicht sie ihren treuen Leser;innen, sich nicht nur an der Seite von Cosima Liefenstein zu bewegen, sondern dank des mitreißenden und bewegenden Schreibstils eine unglaubliche Verwandlung zu erleben und zur weiblichen Hauptfigur zu werden.

Was zunächst noch harmlos beginnt und eher wie das Freischwimmen einer privilegierten jungen Frau aus besten Kreisen anmutet, wird mit jeder einzelnen gelesenen Seite zu einer aufwühlenden und nachdenklich stimmenden Lektüre.

Winter gelingt es nämlich mit spielender Leichtigkeit, erdachte Handlungen und fiktive Personen mit dem dunklen Erbe unserer Geschichte zu einer neuen Realität zu verweben, die tief unter die Haut geht und deutliche Spuren hinterlässt. Cosima Liefenstein wird zur Identifikationsfigur der Familiensaga, die mit kriminalistischen Elementen, Anlehnungen an Kain und Abel und einem Hauch Romantik versehen, die dunklen Machenschaften des Familienimperiums aufdeckt. Die Geheimnisse und Lügen sind wie Ungeziefer, kriechen nach und nach aus jeder Ecke und jedem Winkel und drängen mit aller Macht an Tageslicht. Auch hier gilt: Je weißer die Weste, desto schwärzer die Seele und brauner das Gedankengut.

Die Autorin zeichnet ein sehr plastisches Bild zur Zeit der Schreckensherrschaft der Nazis, lässt ihre völkischen Ideologien auf die Einzelnen niederprasseln und zeigt, wie wenig es braucht, um die Gier nach Macht, Geld und Ansehen immer mehr zu befeuern und gar nicht erst darüber nachzudenken, was Hass, Hetze und Antisemitismus anrichten.

Die Handlung des Buches ist erschreckend aktuell und die Bilder aus dem tagespolitischen Geschehen überlagern sich mit den sepiafarbenen Eindrücken aus dem Buch. Winter gelingt es jedoch immer wieder, wichtige Botschaften in ihre Dialoge einzuflechten, die leise im Ton, aber unmissverständlich in ihrer Aussage sind. Daraus entsteht ein Roman, der randvoll mit atemloser Spannung, vielschichtigen Charakteren und tiefgründigen Einblicken ist.

Wir können uns unsere eigene Familiengeschichte nicht aussuchen, jedoch darauf hinwirken, dass die Verfehlungen von einst sich nicht wiederholen! Ein wichtiges Buch gegen das Vergessen, das den Unterdrückten und Geknechteten eine Stimme gibt und Jedem/Jeder zuruft: Nie wieder ist jetzt !

Bewertung vom 12.04.2025
Eislotus. Wasser findet seinen Weg
Grimm, Liza

Eislotus. Wasser findet seinen Weg


gut

Leider nicht das erhoffte Seelenbuch

Nicht nur Naras Welt steht kurz davor, regelrecht zusammenzubrechen und sich aufzulösen. Die Menschen beherrschen die magischen Elemente und nur ihre (toten) Seelen können die Macht vergrößern. Die Verbindung sind die Seelenbücher, die über das Schicksal bestimmen. Doch Nara, die als Elementgesandte für das Reich des Wassers steht, ist nicht die Einzige, die um den Erhalt ihrer Heimat kämpft. Wie stark sind Wasser, Feuer, Erde und Luft wirklich, wenn die Konkurrenz ebenso um die Zukunft derer kämpft, die seit Jahrunderten friedlich in ihren Reichen gelebt haben....


Ich bin so zwiegespalten, was meine Eindrücke zu diesem Buch betrifft und kann nicht wirklich aus meiner Haut. Zum einen erschafft Liza Grimm eine wirklich fantastische Welt, die sich mit jedem Kapitel mehr entfaltet. Ähnlich wie Pop-up-Karten, die sich beim Aufblättern zu ihrer vollen Größe und Schönheit auffächern, gelingt dies auch der Autorin, die diesbezüglich magische Fähigkeiten besitzt, um das eigene Kopfkino anzukurbeln und aus dem Gelesenen Galsperlenfantasien entstehen zu lassen.

So gut mir diese Tore in das Reich der Fantasie gefallen und ich mich sehr gerne in dieser atemberaubenden Kulise bewege, so wenig gefallen mit die Figuren und ihre Handlungen. Grimm sebst schreibt auf Seite 251 die passende Begrünung, die da heißt, "dass Grundfiguren, ganz gleich wie perfekt sie ausgestattet sind, nicht überzeug(t)en". Und genau da fehlt es mir - die Figuren wirken manchmal wie Statisen in ihrer eigenen Geschichte und erinnern ein wenig an die Anziehpuppen aus Papier, die in den 1970er und 1980er Jahren zum Ausschneiden und Ankleiden recht statisch das Kinderzimmer bevölkert haben.

Auch die Erzählstimme, die als Voice Over per wiederkehreden Fußnoten ihre ungefragten Kommentare abgibt, erscheint zunehmend enervierend und unterbricht den Lesefluss. Es stellt sich die Frage, warum die Stimme unbedingt gehört werden wil. Eine gute Off-Stimme sollte eigentlich angenehm und unaufdringlich die Handlung begleiten und als stimmige Ergänzung angesehen werden, jedoch gelingt es Grimm in diesem Fall nicht oder nur bedingt.

Die Handlung kommt ohne große Aufreger aus, plätschert somit seicht vor sich hin und es fehlt stellenweise die Energie, die Neugier, um bis zum Ende des Buches mit Begeisterung dran zu bleiben.

Die Autorin hat sich bereits eine sehr große Fanbase erschaffen, die ihre Bücher regelrecht verschlingt. So bleibt eine neutrale Bewertung mit sehr guten drei Sternchen, das es sich für mich nicht um das erhoffte Seelenbuch handelt. Die treue Leserschaft wird sicherlich dieses Buch lieben , denn Lesegeschmäcker sind bekanntlich verschieden - und das ist auch gut so :)

Bewertung vom 11.04.2025
Das Glücksatelier am Meer
Jacobsen, Emma

Das Glücksatelier am Meer


weniger gut

Seicht wie ein Kinderplanschbecken

Eben noch hat Stella ein Leben im Luxus an der Seite ihres Mannes genossen und nach seinem Suizid liegt alles in Scherben. Geld weg, Wohnung weg und die vermeintlichen Freundinnen lassen sie fallen wie eine heiße Kartoffel. Da kommt das Angebot von ihrer früheren besten Freundin Lara gerade zur richtigen Zeit und Stella nimmt den Vorschlag nur zu gerne an, sich auf Norderney den Kopf einfach mal so richtig freipusten zu lassen. Mit dem Nordseewind scheint es so, als würden die Sorgen weggeblasen und neue Ideen für Stellas Zukunft an den Spülsaum des Meeres geweht werden. Und dann ist da auch noch Georg....


Bevor die eigentliche Rezension beginnt, möchte ich noch auf Folgendes hinweisen: Im Buch werden Suizid, Trauer und Schulden thematisiert. Falls du auf diese Thematik sensibel reagierst, lese Buch und Rezension lieber mit einer vertrauten Person, damit ihr gemeinsam entscheiden könnt, beides zu unterbrechen und über das Gelesene euch auszutauschen.

Emma Jacobsen weckt mit Buchtitel und Gestaltung des Covers Begehrlichkeiten, die der Roman leider nicht halten kann. Zum einem behandelt das Buch schwerwiegende Themen, die im Vorfeld nicht als solche angesprochen werden und bei Betroffenen somit negative Gefühle auslösen könnten.

Zum anderen pilchert die Story dermaßen munter vor sich hin, dass die Handlung seicht ist wie ein Kinderplanschbecken und ein völlig überholtes Frauenbild präsentiert. Stella stellt den Inbegriff eines Luxusweibchens dar und passt so gar nicht in das Weltbild, das sie selbst von sich zeichnet. Aufgschlossen, an allem interessiert und im steten Austauch mit dem Ehemann - eher ein Fall von denkste, denn das, was dieser an Theater abzieht, entbehrt jeglicher Diskussion.

Selbst ist die Frau -- so könnte der Untertitel auch lauten, denn Stella erkennt nach dem Suizid ihres Mannes, dass noch so viel mehr in ihr steckt, als die verwöhnte Frau, zu der sie geworden ist. Sie besinnt sich auf ihre Fähigkeiten und ihre Träume, packt diese beim Schopf und startet noch einmal so richtig durch. Etwaige Probleme lösen sich in der Nordseebrise in Wohlgefallen auf und so kommt es, wie schon ganz zu Beginn des Buches ersichtlich ist. Stella verliert nicht nur ihr Herz an die Insel, sondern auch den besten Freund ihres Mannes.

Das Buch lebt von Klischees, schlappen Aufgüssen von bereits bekannten Handlungen aus Film und Fernsehen und eignet sich gerade noch als Fastfood-Lektüre für den Strandkorb - schnell gelesen und genauso schnell vergessen, aber wirklich satt und glücklich macht dieser Roman leider nicht.

Bewertung vom 10.04.2025
Sommer auf Sizilianisch
Casell, Pia

Sommer auf Sizilianisch


sehr gut

Un’estate italiana (Edoardo Bennato und Gianna Nannini)

Helene ist Reisejournalistin iund erhält einen Autrag, der ihr nicht wirklich schmeckt, obwohl es um kulinarische Köstlichkeiten geht. Denn ausgerechnet nach Sizilien soll sie reisen und ein Sondermagazin gstalten. Dabei hat sie doch immer so viel Wert darauf gelegt, dass ihre italienischen Wurzeln im Verbogenen bleiben. In Castelbuono angekomen, sieht sie sich nicht nur einem mehr als übereifrigen Bürgermeister gegenübergestellt, auch die Herzlichkeit der Bewohner:innen und nicht zuletzt ein chamranter Zuckerbäcker lassen ihr Herz höher schlagen. Ob aus Helene endlich wieder Elena wird ?


Schon das Buchcover macht richtig Lust auf Urlaub in Sizilien - die Luft flrrt, nicht nur wegen der Sommerhitze, der Geschmack von Oliven und Zitronen liegt auf der Zunge und die Zikaden zirpen. Pia Casell öffnet für ihre Leser.innen die kleinen Fensterläden des Städtchens und lässt sie ein Teil der wunderbaren Gemeinschaft werden. Es ist, als würden sie alle nicht nur Helene herzlich willkommen heißen, sondern auch die Lesenden an ihre gastfreundschaftliche Brust drücken. Heimlicher Star des Buches in der kleine Tancredi, der es faustdick hinter den Ohren hat und ein wenig Schicksal spielt.

Sehnsucht kennt keine Saison und so gelingt es der Autorin, die satten Farben und den Geschmack Siziliens einzufangen, diese in plastische Bild rzu verwandeln und wie in einem prachtvollen Bildband seitenweise aufzublättern. Zwischendrin eine Geschichte zum Anfassen, miterleben und nachfühlen, die zwar das Rad der Romanze nicht neu erfindet, jedoch mit ganz viel Herzenwärme, kulinarischer Vielfalt und liebenswerten Charakteren ausgestattet ist, sodass sie zu einer Passeggiata durch Castelbuono auf verschwiegenen Sentieros einlädt.

Vino, Pasta und Amore - klingt nach Klischee, ist es aber nicht. Während der Lektüre schleichen sich Songs wie "That's amore", "Azzurro", Un estate italina" oder "Ti sento" in Dauerschleif eins Ohr und sorgen dafür, dass der Roman Heißhunger auf Sizilien macht.