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helena

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Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2025
Reifenberg, Frank Maria

Aristide Ledoux - Meisterdieb wider Willen


sehr gut

Abenteuer und Krimi vor historischem Hintergrund
Paris, Anfang des 20. Jahrhunderts: Der junge Aristide wohnt bei Madame Plumard, wie es im Testament seines Onkels verfügt wurde. Er wurde ausgebildet zum Meisterdieb. Er erhält Aufträge von einer unbekannten Person, die er dann Nachts ausführt. Eines Nachts jedoch gerät er in eine Falle und wird in letzter Sekunde vom Straßenjungen Julien gerettet. Gemeinsam mit Juliens Freundin Léontine, beginnt nun ein gefährliches Abenteuer. Wer hatte es auf Aristide abgesehen? Welche Geheimnisse ranken sich ums Aristides Vergangenheit? Wo ist Madame Plumard? Unterstützung bei der Aufklärung erhalten die drei von dem Journalisten Bleriot, dessen wöchentlichen Kriminalgeschichten Léontine begeistert verschlingt.

Die Geschichte wird aus den Perspektiven aller drei Jugendlichen erzählt. Léontine, die eigentliche Hauptfigur des Romans, ist die Tochter des Chefs der Geheimpolizei. Sie rebelliert gegen die strengen gesellschaftlichen Erwartungen an Frauen und sucht ihren eigenen Weg. Julien kam nach Paris, nachdem seine Eltern, aus dem Kongo stammend, von einem Varieté angelockt wurden. Nach ihrem Tod floh er und lebt seither mit seinem pfiffigen Äffchen auf der Straße. Aristide, von dem ich eigentlich erwartete, dass er die Hauptperson ist, bleibt hingegen recht blass.

Zu Beginn hatte ich etwas Schwierigkeiten, die Namen und zeitlichen Bezüge einzuordnen. Nach und nach taucht man jedoch tief in das Paris der Jahrhundertwende ein: mit Kutschen, holprigen Strassen, Katakomben, Häfen, der Metro und versteckten Gängen in prächtigen Villen. Man erhält zudem Einblicke in das Leben einer wohlhabenden Familie und erfährt wie ein Mädchen in dieser Gesellschaft aufwuchs, was ihr erlaubt war und was nicht. Das historische Ambiente empfand ich stimmig und sehr interessant.

Der Sprachstil ist manchmal etwas kompliziert, nicht immer liest es sich flüssig. Die Handlung ist spannend und bietet unerwartete Wendungen. Gegen Ende überschlagen sich jedoch die Ereignisse: Es passiert sehr viel in kurzer Zeit, sodass manches untergeht. Auch die Auflösung hat mich nicht vollständig überzeugt. Hier wurde meiner Meinung nach Potenzial verschenkt. Das offene Ende deutet auf eine Fortsetzung hin, da die drei Freunde mit einem Schiff auf dem Weg nach New York sind. Darauf bin ich schon sehr gespannt.

Das Buch ist sehr wertig verarbeitet und wirklich schön gestaltet. Besonders begeistert hat mich die gelungene Mischung aus Fließtext und Graphic-Novel-Elementen. Genau dieser besondere Stil hat mich zum Lesen animiert.

Der Roman ist eine Mischung aus Abenteuer und Krimi vor historischem Hintergrund, gespickt mit Humor. Ein empfehlenswertes Buch für Mädchen und Jungen gleichermaßen.

Bewertung vom 14.08.2025
Rosa, Maya

Moscow Mule


weniger gut

Junge Frauen in Moskau

Der Roman nimmt die Situation junger Frauen im heutigen Russland in den Blick. Die Hauptperson ist Karina, die an einer Moskauer Universität politischen Journalismus studiert. Da sie in finanziellen Engpässen steckt, sucht sie regelmäßig Nebenjobs. Ihre freie Zeit verbringt sie mit ihrer besten Freundin Tonya und anderen Freunden. Sie gehen in Bars, auf Parties, immer auch auf der Suche nach Männerbekanntschaften.

Karina ist bei ihrer Großmutter aufgewachsen. Ihr Verhältnis zur Mutter ist schwierig, da diese sie ablehnt und ihr keinerlei Rückhalt und Verständnis bietet. Die junge Frau ist etwas ziellos, die Wahl ihres Studienfachs war eher beliebig. Wichtig wäre ihr, ins Ausland zu gehen, um dort endlich frei zu sein. Daher sucht sie nach Möglichkeiten, um an ein Visum zu gelangen.

Karinas Entwicklung erleben wir vor der Kulisse Russland. Die politische Gleichschaltung ist in vollem Gange, Meinungsfreiheit, Medienfreiheit etc. sind eingeschränkt. Zudem gibt es deutliche Unterschiede zwischen Arm und Reich. Korruption ist allgegenwärtig, sämtliche Annehmlichkeiten, Diplome und andere Vorteile können mit Geld gekauft werden – falls man es hat. Zugleich wird die kritische Lage in der patriarchalischen Gesellschaft thematisiert, in der es an Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau mangelt.

Der Mord an der engagierten Journalistin Anna Politkowskaya wird im Roman mehrfach angesprochen und ihr dadurch auch ein kleines Denkmal gesetzt. Wenn kritischer Journalismus und Menschen mit anderer politischen Haltung letztlich mit dem Leben bezahlen müssen, stellt sich die Frage, welche Lebensentwürfe und Perspektiven für die Jugend noch bleiben. "Wir waren zu jung, um patriotisch zu sein, und zu alt, um an den Triumph der Gerechtigkeit zu glauben. Die Perspektiven waren überschaubar". Weiterleben und die Politik ignorieren oder abwarten auf freie Wahlen, echte Opposition und keine Zensur oder nach Europa emigrieren. Karina und Tonya treffen unterschiedliche Entscheidungen.

Ich wollte den Roman wirklich gern mögen und freute mich auf die Lektüre. Doch leider konnte er mich nicht packen. Ich blieb zumeist emotionslos und distanziert. Karina und auch alle anderen Figuren blieben mir emotional fern, obwohl die Autorin die Ich-Perspektive gewählt hat. Ganz im Hintergrund spürte ich eine Wut und Empörung, durchaus auch Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sowie etwas Mitgefühl für Karina in Bezug auf das Verhältnis zu ihrer Mutter. Aber insgesamt wurde ich kaum berührt.

Zudem konnte mich der Roman nicht fesseln. Einen Spannungsaufbau konnte ich nicht wahrnehmen, es gab keine wirklichen Höhepunkte; alles plätscherte recht eintönig vor sich hin. Es las sich wie aneinander gereihte sachliche Geschehnisse.

Leider begann mich auch die Sprache irgendwann anzustregen und zu nerven. Bei manchen Formulierungen war ich unsicher, ob es sich um eingedeutschte russische Ausdrücke handelte. Der Sprachstil wirkte manchmal etwas übertrieben. Dies war sicherlich häufig auch satirisch gemeint, doch konnte mich auf Dauer nicht überzeugen. All das führte dazu, dass ich nach einiger Zeit Absätze und ganze Seiten nur überflog und querlas.

Fazit: Besonders die Situation und Entwicklung der jungen Frauen sowie das Setting des heutigen Moskaus mit all seinen politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten interessierten mich und regten mich zum Nachdenken an. Leider konnte mich allerdings weder der Aufbau noch die Sprache des Romans fesseln und berühren. Schade!

Bewertung vom 06.08.2025
Kitamura, Katie

Die Probe


sehr gut

Ein leiser, aber intensiver Roman mit Interpretationsspielraum

Der Roman erzählt von einer recht erfolgreichen (namenlosen) Schauspielerin in New York. Sie ist mit Tomas verheiratet, der als Schriftsteller tätig ist. Sie haben einen erwachsenen Sohn namens Xavier, der ebenfalls im Theaterbereich studiert und eine Assistentenstelle bei einer Regisseurin angenommen hat.
Inhaltlich möchte ich an dieser Stelle gar nicht so viel vorweg nehmen. Der Roman ist in zwei Teile geteilt. Jeder Teil zeigt eine andere mögliche Version, es gibt dabei Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Erzählt wird aus der subjektiven Ich-Perspektive der Schauspielerin, ähnlich eines inneren Monologs. Wir erfahren viel über ihre Ehe und ihre Arbeit. Sie beobachtet scharf und analysiert präzise und doch geraten wir wiederholt in Irritationen und Widersprüchlichkeiten. Denn die Wahrnehmung der Schauspielerin stimmt nicht immer mit den Wahrnehmungen ihrer engsten Angehörigen, insbesondere ihres Mannes und ihres Sohnes überein. Dadurch entstehen Unsicherheiten in ihren Interaktionen, und sie fragt sich, was eigentlich wahr ist, wie sie das Verhalten der anderen verstehen soll und welche Art von Beziehung sie wirklich zueinander haben.
Oft zweifelt sie an sich, geht aber Konflikten aus dem Weg, verdrängt sie und flüchtet. Es scheint eine Wand zwischen ihr und den anderen, insbesondere zu ihrem Sohn zu geben. Als Schauspielerin muss sie verschiedenste Rollen spielen. Um diese gut darstellen zu können, soll es möglichst echt wirken. Hat sie sich selbst dabei verloren?

Die Charakterdarstellung dieser widersprüchlichen Hauptperson berührte und bewegte mich, da Differenzen zwischen der Selbst-und Fremdwahrnehmung im Alltag immer wieder eine Rolle spielen. Interessant fand ich zudem die teils recht tiefgründigen Einblicke und Gedanken zum Beruf der Schauspieler. Weitere Themen umfassten das Frausein, das Muttersein, die Beziehung zum (erwachsenen) Kind, aber auch Kinderlosigkeit sowie Konflikte in der Ehe. Es geht um Prozesse der Entfremdung, der Kommunikation und um Authentizität. Insgesamt sind die Themen sicherlich nicht neu, ich mochte jedoch, wie sie hier dargestellt und behandelt wurden, und wie ich als Leserin miteinbezogen wurde.

Die Sprache des Romans ist zudem schön zu lesen und tiefgründig. Ich mochte die feine und psychologisch spannende Beobachtungsgabe der Autorin sehr. Ich war gefesselt, weil ich wissen wollte, was nun wirklich wahr ist. Gegen Ende wird die Geschichte sehr skurril und fast unangenehm, es gleicht einer absurden Theaterszene. Das Ende an sich fand ich aufgrund der Selbstreferenz rund und gelungen.

Zurück blieb ich mit einigen Fragen und Interpretationsmöglichkeiten. Das wird sicherlich nicht allen Lesenden gefallen, doch ich schätze es, wenn ein Roman mich dazu bringt, mich aktiv mit ihm auseinanderzusetzen und selbst nachzudenken. Hilfreich ist hierbei sicherlich auch ein Austausch mit anderen Lesenden.

Bewertung vom 06.08.2025
Fallé, Nincemon

Diese glühenden Sonnen


ausgezeichnet

Bewegender und tiefgründiger Roman über junge Menschen in der Elfenbeinküste

Iro zieht nach Abidjan, um dort Literaturwissenschaft zu studieren. Ursprünglich sollte er bei seinem Onkel wohnen, doch aufgrund einer Lüge der Kinder seines Onkels wurde er hinausgeworfen. Plötzlich steht er ohne finanzielle Mittel und Unterkunft da. Während seines Studiums lernte er Thierry kennen, der ihm nun in einem kleinen Studentenzimmer Unterschlupf bietet. Gemeinsam versuchen sie, Geld zu verdienen, indem sie T-Shirts verkaufen.

Iro ist sehr schüchtern und hat im Laufe seines Lebens gelernt, sich unsichtbar zu machen. Seine Beziehung zu seinem Vater ist kompliziert, geprägt von Scham, Hass, Verachtung und Liebe. Sein älterer Bruder, der nach Europa gegangen ist, hat sich seitdem nie wieder gemeldet, was Iro tief bewegt. Im Laufe der Geschichte erlebt Iro tragische Ereignisse, die ihn vor wichtige Entscheidungen stellen, die er treffen und verantworten muss. Er entscheidet sich für den Weg der Bildung und Moral. Auch Thierry steht an einem Scheideweg und muss Entscheidungen treffen, wobei er (wieder) ins kriminelle Milieu abzudriften droht.

Der Roman zeigt die Herausforderungen, vor denen junge Studierende in der Elfenbeinküste im Besonderen stehen, aber auch die Probleme junger Menschen im Allgemeinen. Er stellt zentrale Fragen: Wer bin ich? Was fange ich mit meinem Leben an? Wo möchte ich hin? Welchen Beruf möchte ich ausüben? Was gibt mir Kraft, was treibt mich an?

Die Entwicklungen der jungen Protagonisten sind spannend, fesselnd und sehr bewegend erzählt. Iros Gedanken und Gefühle sind gut nachvollziehbar und konnten mich persönlich berühren. Auch die Nebenfiguren sind authentisch dargestellt. Besonders interessant fand ich die Einblicke in die familiären Hintergründe von Iro und Thierry sowie die Darstellung der aktuellen Situation in der Elfenbeinküste.

Der Autor kritisiert offen die sozialen Missstände in der Elfenbeinküste, wo große Unterschiede zwischen Arm und Reich herrschen. Studieren ohne finanziellen Rückhalt ist nahezu unmöglich. Zudem werden die allgegenwärtige Gewalt, die als probates Mittel der Macht und Kontrolle eingesetzt wird, sowie die patriarchalischen Strukturen, die das gesellschaftliche Leben prägen, thematisiert.

Der Schreibstil ist direkt und ungeschönt, was die Lektüre manchmal schmerzhaft macht. Die Schilderungen sind traurig und melancholisch, aber auch kraftvoll und klug. Der Autor sucht nach Wahrheiten und Antworten. Seine Perspektive ist tief humanistisch geprägt, voller Hoffnung auf die Kraft von Freundschaft, Solidarität, gegenseitigem Verständnis und Vergebung. Das verleiht dem bewegenden Roman insgesamt einen optimistischen Ausklang.

Der Name Iro bedeutet „Sonne“ und dieses Leitmotiv taucht in verschiedenen Facetten im Roman auf. Die Struktur des Romans hätte ich mir insgesamt etwas runder gewünscht und gegen Ende empfand ich einen bestimmten Zufall als zu konstruiert. Dennoch schmälert das keineswegs den insgesamt sehr positiven Eindruck, den der tiefgründige Debütroman bei mir hinterlassen hat. Ich bin sehr gespannt auf weitere Werke!

Ich kann das Buch besonders Menschen empfehlen, die sich für die Elfenbeinküste sowie für die Lebenswege und Entscheidungen junger Erwachsener interessieren. Außerdem ist er sehr gut geeignet für junge Lesende die sich in genau dieser Lebensphase befinden.

Bewertung vom 15.07.2025
Petrowitz, Michael

Leserabe 1. Lesestufe - Gruselgeschichten


ausgezeichnet

Rundum gelungen
Vier Geschichten sind hier versammelt. Die erste Geschichte handelt von einem Vampirmädchen, das endlich mal Knoblauchbrot probieren möchte. Die zweite Geschichte handelt von einem kleinen Gespenst auf der Klassenfahrt. Nun soll eine Tagwanderung stattfinden, doch das Gespenst fürchtet sich, insbesondere vor den Menschen. In der dritten Geschichte spielen Skelette und Zombies ein wildes Fußballmatch. In der vierten Geschichte treffen sich einige der schon bekannten Figuren in der Schule zum Spukunterricht.

Die Worte und Sätze sind gut verständlich und nicht zu schwierig für Erstleser. Die Geschichten haben zudem eine angemessene und gute Länge. Die Figuren sind sympathisch, nett und liebevoll gestaltet. Die Geschichten sind glücklicherweise nicht gruselig, dafür aber spannend und witzig. Die Illustrationen sind sehr schön, farbenfroh und fantasiereich und gefielen uns durchweg.

Aufgrund dieses überzeugenden Gesamteindrucks waren meine 7 jährigen Kinder sehr motiviert beim Lesen, waren gefesselt und amüsierten sich sehr. Das Fussballmatch ist vielleicht etwas schräg, es gefiel ihnen jedoch am besten. Ich hörte ihnen beim Vorlesen gern zu, da ich die Geschichten ebenfalls spannend und sehr unterhaltsam fand (das ist durchaus nicht bei allen Kinderbüchern so).

Zusätzlich gibt es Sticker, die man beim Beenden der Geschichte einkleben kann sowie Rätsel zum Lösen, die sich auf die Geschichten beziehen.

Dieses Buch, empfohlen von der Stiftung Lesen, scheint mir wirklich perfekt für Erstleser geeignet und ich spreche eine klare Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 15.07.2025
Tunnicliffe, Hannah

Detektiv Stanley und das Geheimnis im Museum


gut

Detektiv Stanley hat sich aus dem aktiven Polizeidienst zur Ruhe gesetzt, bekommt aber einen Brief, dass er schnell zum Museum kommen soll, da es hier einen Einbruch gab. Dort trifft er auf die Museumsdirektorin Rosenbaum sowie Inspektor Shiro, der in Stanley einen unliebsamen Konkurrenten sieht. Sie besehen sich das Chaos im Museum, doch nach kurzer Zeit wird Stanley plötzlich aufgrund einer Finte verhaftet und landet im Gefängnis. Dort bleibt er jedoch nicht lange, da er das Rätsel um den Einbrecher und Kunstdieb gelöst hat und den wahren Dieb überführen kann.

Das Buch ist im Comic Stil verfasst. Die Illustrationen sind sicher Geschmackssache. Meinen Kindern gefielen sie nicht so sehr. Mir gefielen sie, trotz des etwas ungewöhnlichen Stils, da man überall nette und lustige Details entdecken kann. Insgesamt gibt es immer wieder humorvolle Momente, die den Kriminalfall auflockern.

Sprachlich ist das Comic nicht für Erstleser geeignet, sondern für Kinder, die schon recht sicher beim Lesen sind. Es gibt einige schwierige Worte. Zudem ist die Geschichte recht lang und durchaus auch etwas komplex und detailliert, so dass man Geduld und Überblick benötigt.
Detektiv Stanley verkörpert einen sympathischen, sehr klugen, gelassenen und in sich ruhenden Ermittler. Daneben gibt es noch etliche andere Figuren, die aber insgesamt recht oberflächlich/ schematisch dargestellt werden.

Der Fall an sich hat uns nicht so wirklich mitgerissen, ich kann nicht genau sagen, warum, ich glaube, weil meine Kinder einfach noch zu jung waren (7 Jahre). Es wird damit geworben, dass man miträtseln kann- dem ist aber eher nicht so.

In dem Fall geht es letztlich um den Diebstahl eines berühmten Bildes: "Composition Deux" von Piet Mondrian. Hier im Comic heißt er Zieg Mondrian. Diese Umbenennung hat mir nicht so gut gefallen und hätte es auch nicht gebraucht. Abschließend folgen noch kurze Einblicke in das Leben von Piet Mondrian, diese waren zwar recht interessant, aber auch eher für ältere Lesende geeignet. Mir liegt abstrakte Kunst nicht sehr, vielleicht lag es auch daran, dass der Funke bei mir insgesamt nicht ganz übersprang.
3,5 Punkte

Bewertung vom 27.06.2025
Noort, Tamar

Der Schlaf der Anderen


ausgezeichnet

Berührend, humorvoll, zum Nachdenken anregend

Dieser Gegenwartsroman erzählt die Geschichte von Janis, einer überqualifizierten Nachtwache in einem Schlaflabor, und Sina, die augfrund ihrer massiven Schlafprobleme vom Arzt in das Schlaflabor geschickt wurde.
Beide, fast gleichaltrige, Frauen sind mit tiefgehender Einsamkeit konfrontiert und befinden sich in einer schwierigen Lebensphase. Janis, die lange als Krankenschwester gearbeitet hat, zog sich nach einem einschneidenden Erlebnis zurück und kämpft mit Panikattacken, Melancholie und aufgrund der jahrelangen Wechselschichten ebenfalls mit Schlafproblemen. Sina hingegen ist als Gymnasiallehrerin tätig, ist verheiratet, hat zwei Kinder und einen Hund. Die eigenen Träume, selbst Kunst zu erschaffen, anstatt nur zu unterrichten, hat sie frühzeitig aufgegeben. Über die Jahre hat sie das Gespür für sich verloren und ist hochbelastet aufgrund ihres Nicht-Schlafen Könnens.
In einer Nacht, in der sich die Wege der zwei Frauen kreuzen, entsteht nun eine sehr ehrliche und tiefgehende Verbindung zwischen den beiden. Diese Begegnung bringt beide dazu, ihr Leben schrittweise zu ändern.

Der Roman gewährt interessante Einblicke in das Thema Schlaf und Schlaflosigkeit. Zudem greift er verschiedene Themen auf, die zum Nachdenken anregen. Er zeigt die vielfältigen Rollenerwartungen, denen Frauen ausgesetzt sind sowie die hohe Belastung im pflegerischen Sektor. Außerdem thematisiert er Verlusterlebnisse und das menschliche Miteinander. Im Mittelpunkt steht auch die Frage, was passiert, wenn man einfach nicht mehr funktioniert. Die Leistungsgesellschaft wird hier durchaus kritisch betrachtet und das Nichtstun dagegen gestellt. Einige zentrale Aspekte des Lebens werden herausgearbeitet: Da-sein, Wach-sein, sich selbst spüren können und das Gefühl, gesehen zu werden.

Der Schreibstil ist flüssig, feinfühlig und angenehm zu lesen. Die Entwicklung der Geschichte war für mich etwas unerwartet, da die Nachtbegegung nur den Beginn markiert, die beiden Frauen dann aber über weite Strecken unabhängig voneinander ihren Weg gehen. Diese Veränderungen, die beide Frauen mehr oder weniger aktiv beginnen, lesen sich berührend, humorvoll und teilweise etwas skurill. Viele Zufälle und ungewöhnliche Ereignisse verleihen der Geschichte eine leichte, komödiantische Note, ohne aber den tiefgründigen Kern zu verlieren. Ich mochte die Leichtigkeit, die dadurch entstand.

Fazit: Ein einfühlsamer Roman, der zum Nachdenken anregt und durch seinen angenehmen Schreibstil sowohl humorvolle als auch ernsthafte Momente bietet.

Bewertung vom 23.06.2025
Myers, Benjamin

Strandgut


ausgezeichnet

Ein leiser, aber kraftvoller Roman, humorvoll, berührend, hoffnungsvoll

Der Roman erzählt die bewegende Geschichte von Bucky, einem 70 jährigen Mann aus Chicago, der tief in Trauer ist, nachdem seine geliebte Frau vor einem Jahr verstorben ist. Als Jugendlicher nahm er einige Soulsongs auf, doch tragische Ereignisse ließen ihn seither keine Musik mehr machen. In den USA ist er vergessen, aber in Europa hat er, ohne dass er davon weiß, eine große Fangemeinde. So wird er zu einem Soul-Festival nach Großbritannien eingeladen, um dort live aufzutreten. Neugierig und verwundert macht sich Bucky auf den Weg, obwohl er unter starken Hüftschmerzen leidet und dadurch eine Abhängigkeit von starken Schmerzmitteln entwickelt hat. Leider vergisst er seine Tabletten im Flugzeug.

In Großbritannien wird er von Dinah empfangen, einer etwa 50-jährigen Frau, die seine Songs abolut liebt. Sie ist Mitorganisatorin des Festivals und fungiert als seine Hauptansprechperson. Dinah steckt in einer unglücklichen Ehe, hat einen Sohn, der sein Leben nicht recht auf die Reihe bekommt sowie einen Job, den sie eigentlich nicht mag.

Die Begegnung dieser beiden unterschiedlichen Menschen wird sehr warmherzig geschildert. Bucky und Dinah sind sich durchaus auch ähnlich: beide sind starke, kraftvolle Charaktere und verfügen über viel Lebenserfahrung und Humor. Beide stammen aus sozial schwachen Verhältnissen und lieben Musik. Beide sind aktuell unglücklich und an einem Tiefpunkt.

Der Roman spielt nur wenige Tage und ist in drei Teile gegliedert. Zu Beginn tauchen wir in die Welt der Figuren ein, voller Komik und Aufbruchstimmung. Im zweiten, düstersten Teil begleiten wir Bucky durch seine Schmerzen und Entzugserscheinungen, eine sehr unheilvolle Phase, in der ungewiss ist, ob er es überhaupt auf die Bühne schafft. Hier schaffte ich es nicht immer gut am Ball zu bleiben, hier hätte es etwas kürzer sein dürfen. Der letzte Teil, nun wieder etwas spannender, dreht sich dann um den geplanten Auftritt. Die Abschlussszene ist dann vielleicht etwas kitschig geraten, aber das störte mich nicht.

Die Sprache des Romans ist sehr bildhaft, tiefgründig, sensibel und fein. Sie gefiel mir außerordentlich gut. Die lebendigen Dialoge, besonders die Begegnung zwischen Bucky und Dinah, sind humorvoll und authentisch. Besonders zu Beginn, wenn die amerikanische und britische Kultur aufeinandertreffen, hätte ich gern das Original gelesen, um den Sprachwitz besser zu genießen, wobei er auch in der Übersetzung gut transportiert wird.

Ich konnte mich gut in die Figuren hineinversetzen, sogar Tränen sind geflossen. Bucky ist mir sehr ans Herz gewachsen. Trotz der Widrigkeiten des Lebens bewahrte er Würde, Mut, Offenheit, Humor und Liebe. Ich habe großen Respekt vor ihm. Sein Leben, aber auch Dinahs Leben regten mich zum Nachdenken an und inspirierten mich. Auch die Nebenfiguren sind interessant gestaltet, wie zum Beispiel die afghanische Hotelputzkraft, die leidenschaftlich Rap liebt oder auch der Apotheker, der sich noch Zeit für persönliche Gespräche nimmt. Ebenfalls eindrücklich waren die Beschreibungen des verwitterten und vielschichtigen Hotels "Majestic", in dem Bucky einquartiert wurde.

Der Roman erzählt von Underdogs, von Ungerechtigkeiten der Justiz, von Ehe, Freundschaft, der Liebe zu Musik, vom Älterwerden, vom Demut gegenüber dem Schicksal sowie vom Mut, sein Leben zu ändern. Er liest sich traurig und tröstend, voller Mitgefühl, Wertschätzung und Güte den Menschen gegenüber, stellenweise düster und tragisch und dennoch voller Lebensmut und Lebensfreude. Der Roman gibt Hoffnung und einen Lichtblick, wenn man mal am Tiefpunkt ist.

Ich habe das Lesen überaus genossen und wurde tief berührt. Bucky wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben!

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Bewertung vom 19.06.2025
Russ, Rebecca

Der Weg - Jeder Schritt könnte dein letzter sein (MP3-Download)


gut

Ein fesselnder Psychothriller/ Spannungsroman mit Schwächen

Das Hörbuch wird von Ann-Kathrin Hinz gelesen. Ihre Stimme fand ich sehr angenehm. Dennoch gab es für mich einige Einschränkungen – dazu später mehr.

Julia hatte seit Monaten keinen Kontakt mehr zu ihrer besten Freundin Nikki. In letzter Zeit war sie vor allem mit ihrem Verlobten Lars beschäftigt, den sie bald heiraten wollte. Umso überraschender war es, als Nikki sie kurz vor der Hochzeit spontan zu einem Wandertrip in die schwedischen Berge einlädt. Julia sagt zu, und die beiden Frauen machen sich auf den Weg. Es ist Herbst, das Wetter ist bereits kühl und Stürme sind angekündigt. Dennoch lassen sie sich, leichtsinnigerweise, nicht abschrecken und beginnen ihre Wanderung, sogar abseits der markierten Wege, um ganz in der Natur aufzugehen.

Von Anfang an wirkt Nikki sehr verschlossen, was Julia irritiert. Doch bevor sie Klarheit gewinnen kann, verschwindet Nikki spurlos in einer Nacht und Julia bleibt allein zurück. Die Natur ist rau, dichter Nebel verschleiert die Sicht, das Unwetter tobt und (gefährliche) Wildtiere sind unterwegs. Julia erlebt viele Missgeschicke, verliert ihre Orientierung, ihre Ausrüstung, das Proviant, ihr Handy und verletzt sich schließlich auch noch. Verzweifelt sucht sie Nikki und versucht sich am Leben zu erhalten.

Parallel dazu erfährt man in Rückblenden mehr über den Beginn der Freundschaft zwischen Julia und Nikki sowie über Julias Beziehung zu Lars. Im Hörbuch wird nicht immer klar, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird, hier weiß ich nicht, ob es im Buch gesondert gekennzeichnet wird. Ich begann mich zu fragen, ob die Wahrnehmung der Figuren noch zuverlässig ist und wurde jeder der Figuren gegenüber misstrauisch. Auf jeden Fall war dies ein gelungener Spannungsfaktor.

Während der detaillierten Schilderungen von Julias Irrwegen und ihrem Überlebenskampf in der schwedischen Berglandschaft wartete ich stets gespannt auf die Rückblenden, da ich sehr neugierig auf die Hintergründe und vor allem auf die Gründe für Nikkis Verhalten war. Die Atmosphäre wird hier stellenweise düster und durchaus gruselig – hier zeigt sich der Psychothriller-Charakter. Einige Szenen konnten mich berühren in ihrer Traurigkeit und Tragik. Es kommt zu mehreren teils unerwarteten Wendungen.

Leider konnte dieser Spannungsbogen jedoch nicht durchgängig gehalten werden. An einem Punkt stieg ich aus der Geschichte aus. Es ging um ein Missverständnis, was mit einem Satz einfach hätte geklärt werden können, jedoch nicht wurde. Dadurch verlor die Geschichte für mich an Kraft und Glaubwürdigkeit. Nach einem emotionalen Höhepunkt flachte die Handlung gegen Ende dann merklich ab und kam für mich nicht mehr richtig in Fahrt. Hier hätte ich mir eine andere Struktur/ Komposition gewünscht. Hinzu kam, dass mich die beiden Frauen zunehmend nervten. Sie wirkten oft naiv, unsicher und handlungsunfähig. Die Sprecherin hat dies zum Text passend umgesetzt, indem sie einige Passagen mit zitternder, kläglicher Stimme sprach, was mich irgendwann wirklich nervte. Gerade bei Figuren, die regelmäßig in der Wildnis wandern, erwarte ich doch eine gewisse innere Stärke.

Fazit: Obwohl mich die Charaktere und auch die Handlung nicht vollständig überzeugen konnten, habe ich das Hörbuch gern gehört und es konnte mich über weite Strecken fesseln, an einigen Stellen beeindrucken und berühren.

Bewertung vom 15.06.2025
Ruster, Tim

Astro-Tims Sternstunden


gut

Mix aus Sachbuch und Science Fiktion- nicht ganz überzeugend

In diesem Buch begegnet uns eine ungewöhnliche Mischung aus wissenschaftlicher Sachinformation und spekulativer Science-Fiction. Es werden sowohl aktuelle Erkenntnisse über das Universum präsentiert als auch Zukunftsvisionen entworfen, wie sich die Menschheit in den nächsten 1.000 Jahren innerhalb und jenseits unseres Sonnensystems ausbreiten könnte.

Besonders überzeugt hat mich der sachliche Teil. Als jemand mit nur wenigen Vorkenntnissen konnte ich durch die Lektüre mein Verständnis über das Weltall deutlich erweitern. Der Autor beschreibt unter anderem die Besonderheiten einzelner Planeten (z. B. des Mars), erklärt ihren Aufbau und die dort herrschenden Bedingungen. Auch der Mond, das Alpha-Centauri-System, Asteroiden, Exoplaneten, schwarze und weiße Löcher, die Milchstraße, Andromeda und andere Galaxien werden thematisiert.

Immer wieder werden zudem aktuelle Forschungsergebnisse und -methoden aufgegriffen, was ich sehr interessant fand. Auch komplexere Themen wie Relativitätstheorie und Quantenphysik werden anschaulich und verständlich erklärt, zumindest für Leser*innen ohne tiefere naturwissenschaftliche Kenntnisse wie mich. Inwieweit die technischen Ausblicke tatsächlich realistisch oder korrekt sind, kann ich nicht beurteilen, spannend waren sie in jedem Fall.

Der spekulative Teil des Buches entwickelt aus dem heutigen Forschungsstand Zukunftsszenarien: von der Besiedlung anderer Planeten bis hin zur "Gottwerdung" des Menschen, der über Raum und Zeit herrscht. Inhaltlich dreht sich vieles um die Suche nach (mikrobiologischem) Leben, nach neuen Energiequellen, Mineralien und Rohstoffen – und um die Frage, wie wir sie im All und für die Erde nutzen könnten. Der Autor zeigt dabei einen unerschütterlichen Glauben an Wissenschaft, Technik und die Problemlösungskraft des Menschen. Seine Zukunftsvision ist durchweg optimistisch. Diese Begeisterung wirkt durchaus ansteckend. Stellenweise wünschte ich mir, ich könnte 500 Jahre in die Zukunft reisen, um zu sehen, was aus diesen Ideen geworden ist. Allerdings erscheinen manche dieser Vorstellungen auch naiv, besonders wenn gesellschaftspolitische Herausforderungen zur Sprache kommen. Die Annahme, dass die Kolonisierung des Weltraums, mit Hilfe von KI, Kryonik und Fusisonsantrieben automatisch Probleme wie Ressourcenknappheit oder den Klimawandel lösen wird, greift zu kurz und verfehlt aus meiner Sicht die zu grunde liegenden Problematiken.

Die Sprache ist gut lesbar, anschaulich und immer wieder mit Humor durchsetzt. Dieser lockert die Lektüre auf, auch wenn er nicht immer meinen Geschmack traf. Gut gefallen haben mir die Farbfotos, die den Text lebendiger und ansprechender machen. Dennoch lasen sich die Kapitel streckenweise etwas zäh, redundant und langweilig. Stetige Zeitensprünge und der ständige Wechsel zwischen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft strengten mich an, zudem mir nicht immer klar war, wo die Übergänge zwischen Tatsachen und Fiktion lagen. Hier hätte ich mir eine andere, klarere Struktur gewünscht.

Fazit: Der Versuch, Sachbuch und Science-Fiction zu vereinen, konnte mich nicht gänzlich überzeugen. Ein reines Sachbuch oder ein reiner Science-Fiction-Roman hätten womöglich besser funktioniert. Dennoch habe ich einiges gelernt und spannende Einblicke in die Möglichkeiten unserer Zukunft erhalten.