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clematis

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Insgesamt 287 Bewertungen
Bewertung vom 01.08.2025
Colette

Die Katze


sehr gut

Saha

Die neunzehnjährige Camille ist verlobt mit dem fünf Jahre älteren Alain. Obwohl er irgendwie das Gefühl hat, sie sei nicht wirklich die Richtige, vielleicht zu einfach, nicht ganz auf seinem Niveau, wird geheiratet und ein Haus renoviert. Da dieses nicht rechtzeitig fertig wird, zieht man vorübergehend in eine Wohnung im neunten Stock eines Hochhauses, erst ohne Alains liebesbedürftige Kartäuserkatze Saha, aber aus Gründen der innigen Zusammengehörigkeit wird der „kleine Puma“ bald nachgeholt. Die Eifersucht nimmt ihren Lauf …

Poetisch und bildhaft erzählt Sidonie-Gabrielle Colette diese besondere Beziehungsgeschichte, die nicht so sehr durch eine Handlung im klassischen Sinne besticht, sondern vielmehr abzielt auf die Betrachtung von Gefühlen und Stimmungen. Insbesondere Alains Gespräche mit sich selbst und mit Saha prägen etliche Szenen und zaubern einen kunstvollen Anstrich über diese ungewöhnliche Geschichte. Während für andere eine Katze ein profanes Haustier ist, ist Alain der Ansicht: „Eine Katze ist nur eine Katze. Aber Saha ist Saha.“ [kindle, Pos. 480]. Träume, Erinnerungen, Schwärmereien verschmelzen zu einem Gedicht um die Liebe, die körperliche Vereinigung ebenso wie die geistige Übereinstimmung zweier Wesen. Wie passen da Drei unter einen Hut? Colette weiß die Antwort, die sie fein interpretiert, psychologisch fundiert und kritisch beleuchtet.

Ein lebendiger Roman voller Poesie und Hass, wo ist da die Harmonie geblieben? Eine interessante Darstellung mit wenigen markanten Charakteren. Empfehlung!

Bewertung vom 31.07.2025
Lorath, Peter

Gesetz des Midas - Wiener Abgründe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Ziegelaffäre

Wien, 1881: Der Wiener Polizeipräsident Wilhelm Marx Ritter von Marxberg ist höchst beunruhigt, als er vom Mord am russischen Zaren Alexander II. erfährt und unternimmt alles in seiner Macht stehende, um die Sicherheit bei der Hochzeit des Kronprinzen Rudolf zu gewährleisten. Insbesondere die aufstrebenden Sozialdemokraten in den Ziegelfabriken in Favoriten sieht er als potentielle Gefahrenquelle, weshalb er seinen Sonderermittler Leopold Kern dorthin schickt. Wie es der Zufall will, hat sich genau hier kürzlich ein Mord ereignet, der aber aufgrund des Geständnisses eines Ziegelböhmen bereits geklärt zu sein scheint.

Absolut authentisch treffen wir gemeinsam mit realen historischen Figuren am Schottenring 11 beim Polizeipräsidenten ein und dürfen teilhaben an dessen Überlegungen zur bevorstehenden Vermählung des einzigen Kaisersohnes. Alsbald wählen wir beim Heurigen Wurst vom Salamimann und Gebäck von der Kipferlfrau, während wir einer interessanten Unterhaltung zwischen dem vom Polizeidienst suspendierten Kern und seinem Bekannten, dem Grispindel-Toni aus dem halbseidenen Milieu, lauschen. Ein Großteil der Handlung spielt sich dann in der Fabrik Wienerberger ab, wo viele sorgfältig recherchierte Details zur Herstellung der Ziegel in die Geschichte mit einfließen. Die Arbeitsbedingungen sind heute absolut unvorstellbar, hat doch so ein Tag in der Lehmgrube oder am Brennofen oftmals von vier Uhr morgens bis zehn Uhr nachts gedauert, auch Kinder sind häufig zum Helfen angehalten anstatt in die Schule geschickt worden. Der Kriminalfall ist bestens eingebettet in ein Bild vom historischen Wien, das den Leser durchaus in dunkle Ecken blicken und Personen zu Wort kommen lässt, die am Rande der Gesellschaft stehen. So ist es auch nicht verwunderlich, dass so mancher derbe Ausdruck fällt und einige für einen Kriminalroman eher brutale Szenen vorkommen, die empfindliche Gemüter vielleicht vor den Kopf stoßen könnten. Wer sich dessen bewusst ist, wird aber großartig unterhalten mit der sich langsam aber stetig entspinnenden Handlung, wobei Kern Unterstützung erhält von einem „geerbten Kammerdiener“, welcher ihm aufgrund einer Nachlassverfügung als Assistent zur Verfügung steht. Ein unschlagbares Team ermittelt also fortan in einem Mordfall und insbesondere in der Ziegelaffäre im damals jüngsten Wiener Gemeindebezirk Favoriten. In den Döblinger Villen darf der Kammerdiener seine Kenntnisse im Umgang mit der noblen Gesellschaft unter Beweis stellen.

Ein weiterer bestens recherchierter Kriminalfall mit Leopold Kern, dem Grispindel-Toni und neuerdings auch Johann Artner, der uns in finstere Gegenden und zu finsteren Gestalten in Wien führt. Sympathische Figuren im klassischen Sinne gibt es hier nicht, dennoch versteht es Peter Lorath hervorragend, charakterstarke Persönlichkeiten ins beste Licht zu rücken, die lebendige und vor allem dem Milieu angepasste Sprache trägt nicht zuletzt genau dazu bei. Wer Gänsehaut auch im Historischen Krimi sucht, ist mit den Wiener Abgründen bestens bedient.

Bewertung vom 30.07.2025
Lagerlöf, Ulrika

Wo die Moltebeeren leuchten (Die Norrland-Saga, Bd. 1) (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Norrland

Mitten in Norrland (Nordschweden) liegt Västerbotten, wo die Waldsámi noch ihre Rentiere hüten und von Ort zu Ort ziehen. Einer von ihnen ist Nila, der im Jahre 1938 auf die siebzehnjährige Siv trifft, denn Siv muss als Köchin für die schwedischen Holzfäller Geld verdienen. Viele Jahrzehnte später, 2022, schickt ein Forstwirtschaftsunternehmen Eva Wallmann in ein kleines Dorf in Västerbotten, um mit sachlichen Argumenten die dort angeketteten Aktivisten gegen die geplante Abholzung zum Rückzug zu bewegen. Nicht nur durch ihre Fachkenntnis, sondern auch durch eine ferne Verwandtschaft mit einigen Ortsansässigen scheint Eva prädestiniert zu sein für diese Aufgabe.

In zwei Zeitebenen erzählt Ulrika Lagerlöf diese wunderbare Geschichte von Siv und Eva und vermag es an zahlreichen Stellen, den Leser tief zu berühren. Einerseits ist es die malerische Landschaft Nordschwedens mit dichtem Wald, Mooren, kleinen dunklen Seen und verführerisch orange leuchtenden Moltebeeren, andererseits sind es die liebevoll gezeichneten Figuren, die man rasch lebhaft vor Augen hat und nicht weiß, welchen Handlungsstrang man nun lieber weiterverfolgen möchte. Lagerlöf kann jedenfalls ihre Leser fesseln, oft ist genau dann ein Kapitel zu Ende, wenn es besonders spannend ist, sodass es stets schwer fällt, einmal eine Pause einzulegen.

Während der Jahre 1933 bis 1939 dürfen wir an Sivs Seite weilen und das junge Mädchen begleiten, wie sie ihren Traum begraben muss, Volksschullehrerin zu werden; stattdessen schickt man sie bereits im zarten Alter von dreizehn Jahren als Haushaltshilfe zu einer fremden Familie. Vier Jahre später zieht sie auf Geheiß des Vaters mit zehn Holzfällern in eine kleine schmutzige Hütte, um dort erstmals als Köchin für die Verköstigung der Schwerarbeiter zu sorgen. Ganz anders und doch mit einigen Parallelen geht es gut achtzig Jahre später mit Eva weiter, die Örtlichkeiten sind dieselben, die landschaftliche Kulisse nach wie vor atemberaubend und schützenswert. Genau dieser Schutz des Waldes steht auch im Jahre 2022 im Vordergrund. Nun möchten ein paar mächtige Grundbesitzer ihren Profit durch den Holzhandel immer weiter steigern und gehen gegen Klima- und Umweltschützer vor, während früher die Waldsámi Stück für Stück von ihrem Land verdrängt worden sind. Einfühlsam und voller Leichtigkeit spricht Lagerlöf auch tiefgründige Themen an, verbindet insbesondere das harte Schicksal Sivs mit hoffnungsvollen Entscheidungen, erzählt aber auch Interessantes über das Volk der Samen, den beginnenden Krieg und davon, wie spätere Generationen noch von ihren Vorfahren geprägt werden.

Ein wunderbares Buch, das mir sehr bewegende Lesestunden geschenkt hat – ich empfehle „Wo die Moltebeeren leuchten“ voller Überzeugung weiter und freue mich bereits auf die Fortsetzung „Wo das Feuerkraut blüht“.

Bewertung vom 30.07.2025
Collins, Tessa

Die Nelkentochter / Die Blumentöchter Bd.3 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Sri Lanka

Auf Blooming Hall in Cornwall findet sich ein kleiner unscheinbarer Gedichtband, der offenbar von Lalis Mutter Isha stammt. Aufgrund der poetischen und sehr persönlichen Einträge beschließt die 25jährige, nach Sri Lanka zu reisen, um zu erfahren, warum ihre Mutter sie und ihren Vater vor vielen Jahren so plötzlich verlassen hat. In Cornwall hält sie zurzeit ohnehin nichts, schlittert sie doch nur von einem unbefriedigenden Praktikum ins nächste ohne konkrete Vorstellung, wie ihre Zukunft aussehen soll.

Ebenso stimmungsvoll wie die ersten beiden Bände dieser unglaublich schönen Reihe geht es auch diesmal zu. Kurzerhand setzen wir uns mit Lali ins Flugzeug und reisen von England nach Sri Lanka, betreten eine gänzlich andere Welt, tauchen ein in eine fremde Kultur mit außergewöhnlichen Farben und Düften. Die Familiengeschichte ist sehr realistisch konzipiert und führt bisweilen auch zurück in die 1980er-Jahre und somit in den Bürgerkrieg, in welchem die Tamilen ihre Unabhängigkeit einfordern. Teils brutale Szenen muss der Leser hier aushalten, aber so ist das Leben von Lalis Vorfahren nun einmal verlaufen. Insgesamt überwiegen aber heitere und zukunftsweisende Momente auf der prächtigen Tropeninsel mit ihren beachtlichen Teeplantagen, dem bekannten Berg Adam’s Peak mit seinem magischen Sonnenaufgang oder dem Pinnawala Elefantenwaisenhaus. Viele interessante Details fließen leichtfüßig in die berührende Romanhandlung ein und wecken beim Leser Fernweh.

Tessa Collins erzählt mit ihrem einfühlsamen Schreibstil immer nur so viel wie nötig, wenn es um Gewalt geht und so viel wie möglich, wenn es um Träume und Visionen geht, sodass diese überwältigende Geschichte doch eine sehr positive Energie ausstrahlt. Meine anfänglichen Befürchtungen, dass nach dem ersten Teil „Die Blumentöchter“ nichts mehr an diesen herankommen kann, sind nach „Die Wildblütentochter“ (Teil 2) und „Die Nelkentochter“ (Teil 3) längst zerstreut. Ich freue mich auf eine weitere emotionale Reise mit Magnolia, welche im Jänner 2026 starten wird. Bis dahin empfehle ich die drei verfügbaren Blumentöchter sehr, sehr gerne weiter, soferne man Interesse hegt für ferne Länder und spannende und gleichsam gefühlvolle Familiengeschichten.

Bewertung vom 30.07.2025
Blum, Antonia

Für immer in deinem Herzen / Der Kindersuchdienst Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Rotes Kreuz

Das Rote Kreuz unterhält nach dem Zweiten Weltkrieg einen Suchdienst für Personen, um auseinandergerissene Familien wieder zusammenzuführen. Annegret und Charlotte sind aus ganz unterschiedlichen Gründen dabei, Turbulenzen mit schwierigen Vorgesetzten, einem unliebsamen Polizeihauptkommissar und Geldsorgen erschweren die Arbeit immer wieder.

Basierend auf wahren Begebenheiten erzählt dieser Roman Szenen aus den 1950er-Jahren, zeigt auf, wie wenig eine Frau und ihre Meinung wertgeschätzt wird, insbesondere eine Alleinerziehende mit unehelichem Kind. Dass so manche junge Dame aber doch Mut und Willenskraft aufbringt, wenn es um das Wohl der Kinder geht, das schildert Antonia Blum auf beeindruckende Weise mit diesem kurzweiligen Buch. So schließen Annegret, heimliche Mutter eines aufgeweckten Sohnes, und Charlotte, die aus einer wohlhabenden Reederfamilie stammt, trotz ihrer gegensätzlichen Herkunft bald Freundschaft in der Arbeit und helfen einander mit Karteien, Schriftstücken und Gesprächen mit verzweifelten Suchenden. Aufregende Recherchearbeit im Suchdienst wird auf unterhaltsame Weise verknüpft mit den privaten Schicksalen der beiden jungen Damen, arrangierte Eheversprechen und zarte Liebeleien bringen Schwung und Abwechslung ins Geschehen. So nimmt es nicht wunder, dass man vom flüssigen Schreibstil und den interessanten historischen Details bis hin zu Bundeskanzler Konrad Adenauer Kapitel um Kapitel verschlingt, die oftmals mit spannenden Momenten enden und so immer wieder zum Weiterlesen animieren.

Ein Roman, der informativ und unterhaltsam zugleich ist und mit vielen liebenswerten Charakteren punktet, dass da und dort auch ein Bösewicht mitmischt, entspricht wohl der Realität. Nach anregenden Lesestunden spreche ich gerne eine Empfehlung für den Kindersuchdienst aus.

Bewertung vom 27.07.2025
Collins, Tessa

Die Wildblütentochter / Die Blumentöchter Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Island

Soley, alias Superstar Flower Power, trifft nach dem Tod ihrer Großmutter Rose ihre gesamte Familie und stößt dabei auf Blooming Hall in Cornwall auf ein altes Ölgemälde. Die Frau am Bild sieht ihr verblüffend ähnlich, weshalb sie auf den Spuren ihrer Vorfahren wandelt und ins Herkunftsland ihres Vaters reist, nämlich nach Island. Die Familienmitglieder, welche sie dort unangekündigt besucht, begegnen Soley mit unterschiedlichen Gefühlen.

Großartig, wie die Geschichte der Blumentöchter (die Vornamen der Mädchen in dieser Familie stammen traditionsgemäß alle aus dem Blumenreich) hier weitergesponnen wird. Tessa Collins führt uns diesmal ins raue Island und schenkt uns an der Seite von Soley bewegte Stunden. Einerseits geht es um die Karriere der berühmten Sängerin, andererseits, viele Jahre zurückliegend, um ihre Urgroßmutter Sigrún. Dieser Zeitenwechsel, der bisweilen durch Tagebucheinträge ergänzt wird, welche in der Gegenwart gelesen werden, ist gekonnt umgesetzt, um Spannung aufzubauen und die Geschehnisse authentisch darzustellen. So erleben wir mit Soley den herrlichen isländischen Sommer mit endlos langen Tagen, Pferdeausritten und dem Baden in den Hot Tubes, während bei Sigrún im bitterkalten verschneiten Winter das Schicksal zuschlägt. Beide Frauen erleben aufregende Zeiten, die sie für ihre weiteren Lebenstage prägen, sie zu begleiten ist sehr berührend.

Ein wunderbarer Roman über Selbstfindung und Familienbande vor der kargen Landschaft Islands – mit diesem Buch liegt jeder richtig, der gerne in eine liebevoll erzählte Gefühlswelt zwischen 1940 und heute eintauchen möchte. Ich hatte großen Spaß und bisweilen eine kleine Träne in den Augen.

Bewertung vom 26.07.2025
Gregorio, Roberta

Alles Glück beginnt auf Capri / Via dell´Amore Bd.2


ausgezeichnet

Capri

Graziano betreibt eine feine Konditorei in der Via dell’Amore in Neapel. Als er eine Hochzeitstorte auf Capri abliefert, geht das Meisterwerk beinahe zu Bruch und er selbst ist wie verzaubert von der strahlenden Sängerin am Fest. Währenddessen plant seine Nonna einen Werbefilm über die romantische Gasse in Neapel, die alles für eine gelungene Hochzeit bereithält und wie es der Zufall will, trifft Graziano hier erneut auf die Sängerin Letizia.

Bezaubernd mit Bildern und Worten erzählt Roberta Gregorio auch diesmal eine wunderbare Geschichte vor der Kulisse von Neapel und Capri, verbindet dabei zwei sehenswerte Orte und Menschen, die stets zusammenhalten und füreinander da sind, auch wenn es auf den ersten Blick anders erscheinen mag. Da treffen wir zum Beispiel (wieder) auf Nonna Tommasina, die unter ihrer harten Schale einen verletzlichen Kern versteckt, deren drei Hündchen, die ungewöhnliche Gewohnheiten pflegen und natürlich auf die Geschwister Chiara und Graziano, die wir möglicherweise ebenfalls schon aus dem Vorgängerband „Capri bedeutet für immer“ kennen. Schnell finde ich mich in der malerischen Via dell’Amore zurecht, erfreue mich an feinsten Sfogliatelle (typisches Blätterteiggebäck) und filigranem Schmuck, lausche den plaudernden Menschen und blicke am Abend über das sich sanft kräuselnde Meer. Neben der Romantik gibt es aber auch allerlei Hürden wie Krankheiten oder hinterhältige Winkelzüge zu bewältigen, sodass der locker-leichte Sommerroman durchaus seine Ernsthaftigkeit und Tiefe bekommt.

Eine überaus lebendige Geschichte voller Atmosphäre tut sich hier auf, die lebensechten Charaktere, die malerischen Orte und ein gefühlvoller Schreibstil laden ein zum Verweilen. Leseempfehlung!

Bewertung vom 24.07.2025
Bilinszki, Nina

My Italian Lovestory


sehr gut

Sizilien mit Auswahl

Da ihr Vater sich das Bein gebrochen hat und ihre Hilfe braucht, unterbricht Emilia ihr Auslandspraktikum und kehrt vorübergehend zurück auf das heimische Weingut in Sizilien. Aber nicht nur der Vater hat Probleme, auch mit den Rebstöcken scheint etwas nicht in Ordnung zu sein. Die beiden Angestellten Angelo und Paolo empfangen Emilia ganz unterschiedlich, mit dem einen ist sie schon seit Kindheit befreundet, mit dem anderen hatte sie bislang nur Ärger. Welchen Einfluss wird das gemeinsame Bangen um den Wein auf die Gefühlswelt der drei jungen Menschen ausüben?

Ein wunderschönes Buch mit liebevollen Illustrationen darf man hier in Händen halten. Jedes der 25 Kapitel wird von stimmungsvollen Aquarellen begleitet, bisweilen gibt es Informationen und Tipps zu regionalen Speisen samt entsprechenden Rezepten. Schon das alleine spricht für diesen hübschen Geschenkband. Allerdings bietet dieser noch sehr viel mehr, nämlich eine Geschichte, in welcher der Leser selbst bestimmen kann, wie es weitergeht, ob wir lieber in die Berge fahren oder an den Strand, ob eher Angelo oder Paolo in der nächsten Szene die Hauptrolle spielen soll. So geht es kreuz und quer durch die Seiten, man blättert vor und zurück und sucht sich seine jeweils bevorzugte Möglichkeit aus. Eine süße Romanze hält Nina Bilinszki für uns bereit, wobei man da leichte Abstriche in Kauf nehmen muss, nicht immer verläuft der Anschluss von einem Wahlkapitel zum nächsten ganz rund, trotz der Probleme am Weingut handelt es sich um eher unkomplizierte Szenen, die Leichtigkeit und Urlaubsgefühl vermitteln. Fast zu schnell verläuft die Zeit mit Emilia, schon ist man an einem Ende angelangt, zum Glück hat man dann aber immer noch die Option, das andere Buch im Buch zu lesen. Beide Varianten könnten etwas tiefgründiger sein, dennoch hat man stets Spaß, egal, ob Angelo oder Paolo an Emilias Seite steht.

Als Geschenk oder für eigene entspannte Stunden – My Italian Lovestory ist ein mit Liebe gestalteter Band, der sich an all jene Leser richtet, die gerne mehrere Varianten eines Handlungsverlaufes zur Wahl haben möchten und sich an hübschen sommerlichen Bildern erfreuen.

Bewertung vom 24.07.2025
Völler, Eva

Der Sommer am Ende der Welt (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der Kinderkur auf der Spur

Um mehr über das schreckliche Schicksal der Verschickungskinder zu erfahren, über die unvorstellbaren Erziehungsmethoden der gestrengen und kaltherzigen „Tanten“, über die Unbarmherzigkeit, der einst auch ihre eigene Mutter ausgesetzt gewesen ist, reist Journalistin Hanna gemeinsam mit ihrer fast sechzehnjährigen Tochter Katie auf die Nordseeinsel Borkum. Während sie für ihren Artikel recherchiert, sieht sie sich einerseits so mancher Anfeindung ausgesetzt, andererseits entwickelt sie romantische Gefühle für den charmanten Inselarzt.

Ein heiterer Rahmen in Form einer leicht knisternden Liebesgeschichte fasst das tragische Geschehen rund um die Kurkinder in ihren Erholungsstätten ein, sodass das Lesen stets abwechslungsreich bleibt und die Beschreibung der Gräueltaten in einem erträglichen Ausmaß gehalten wird. Kurz wird auch das Thema Lebensborn angeschnitten, sodass an dieser Stelle jedenfalls eine Triggerwarnung zu den beiden genannten Punkten ausgesprochen werden darf. Besonders gut gelungen finde ich den Aufbau der Handlung: in erster Linie geht es um unsere 40jährige Journalistin Hanna, deren einzelne Tage auf Borkum beleuchtet und sehr warmherzig erzählt werden. Für ihre Nachforschungen interviewt sie Sabine, die selbst als Kind sechs Wochen im Borkumer Heim Villa Aurelia zugebracht hat und schildert, woran sie sich Jahrzehnte später noch erinnert. Dazu kommen Tagebucheinträge aus der Sicht einer Erzieherin und ein süßer kurzer Schulaufsatz, der mich zum Schmunzeln bringt. Diese geschickte Verknüpfung unterschiedlicher Handlungsstränge bewirkt ein gutes Gleichgewicht zwischen Freud und Leid und lässt durchaus auch heitere Szenen zu in all den komplizierten Verstrickungen, die sich in kurzer Zeit auftun.

Lebensnahe Figuren mit vielfältigen Gedanken und Gefühlen, eine Handlung, die enorm großen Bezug zu realen Geschehnissen setzt und nicht zuletzt ein geschliffener Schreibstil bieten bewegende Momente, die in ein unterhaltsames Umfeld eingebettet sind. Wer sich also für Verschickungskinder und die Aufarbeitung familiär verwurzelter Schuld interessiert, wird hier anregende Stunden finden, von mir gibt es eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.07.2025
Tuokko, Kaisu

Gerächt sein sollst du (eBook, ePUB)


sehr gut

Bergholm und Manner

Ein Siebzehnjähriger wird tot im Meer vor Kristinestad aufgefunden, es könnte sich um Selbstmord handeln, da der Schüler ein Einzelgänger gewesen und gemobbt worden ist. Kriminalkommissar Mats Bergholm leitet die Ermittlungen, wobei er auf seine Jugendfreundin, die Journalistin Eevi Manner trifft.

Lebendig und bildreich schildert Kaisu Tuokko das Geschehen, die detaillierte Beobachtung von Mensch und Tier steht hier im Vordergrund. Auch viele persönliche Einzelheiten rund um Mats und Eevi prägen diesen Roman und drängen den Kriminalfall mitunter in den Hintergrund. Obwohl ich Privates grundsätzlich gerne mag, um die Figuren (insbesondere bei einer Serie) besser kennenzulernen, ist es hier mit Eevis Problemen fast schon ein bisschen zu viel. Vom Schreibstil her liest sich die Handlung flüssig, lediglich an einzelnen Stellen wirken die Dialoge eher hölzern als authentisch. Geschickt gewählt sind die Kapitel mit ihrer Kürze und die ab und zu eingestreuten Tagebucheinträge, welche die Spannung steigern, aber noch nichts verraten.

Sehr gut gelungen sind der Aufbau der Geschichte und die schrittweise Annäherung an die Wahrheit, die Hintergründe, welche einen Todesfall nach sich gezogen haben. Die Kulisse einer Kleinstadt, wo jeder jeden kennt, ist passend gewählt, dennoch will niemand etwas Näheres wissen, das den Polizisten Max Bergholm und Line Bäckström weiterhilft. Dafür erhält Eevi Manner einen wichtigen Hinweis. Am Ende geht es dann Schlag auf Schlag, eine logische Auflösung wird präsentiert.

Interessante Themenkomplexe, eine eingehende Betrachtung zwischenmenschlicher Beziehungen und einfühlsame Hauptfiguren, die Ursachen suchen und sie auch verstehen wollen – ein schöner Auftakt für eine neue Krimireihe.