Christine Nöstlinger erzählt in ihrer klassischen Geschichte von einem Gefühl, das jedes Kind kennt – und das doch oft tabuisiert wird: Wut. In der Neuausgabe mit den lebendigen Illustrationen von Anke Kuhl gewinnt die Geschichte neue Kraft.
Anna wird schnell und heftig wütend. Dann schreit sie, spuckt oder beißt, bis niemand mehr in ihrer Nähe sein will. Die Ratschläge der Erwachsenen helfen nicht – „runterschlucken“ oder „ruhig bleiben“ verschärfen das Problem nur. Erst ihr Opa versteht: Wut muss raus. Mit seiner Idee, die Kraft beim Trommeln zu entladen, findet Anna einen ersten Weg, ihre Gefühle zu bewältigen.
Besonders eindrücklich sind die Illustrationen: In Momenten voller Zorn leuchtet Anna in kräftigem Rot, während ihre Umgebung blass bleibt. So wird unmittelbar sichtbar, wie sehr Wut alles andere überstrahlt.
Das Bilderbuch zeigt eindrucksvoll, dass Wut kein „schlechtes“ Gefühl ist, sondern ein starkes Signal, das Beachtung verdient. Es bietet Kindern Identifikationsmöglichkeiten und Erwachsenen einen wertvollen Anlass, über Gefühle ins Gespräch zu kommen. Ein wichtiges, ehrliches und Mut machendes Buch über den Umgang mit Emotionen.
Obwohl Schwüre, die wir brechen der zweite Band der Reihe ist, lässt es sich auch hervorragend ohne Vorkenntnisse des ersten Teils lesen.
Die Handlung ist von Anfang an fesselnd: Ein Serienmörder inszeniert seine Opfer als altägyptische Gottheiten – inklusive eines Krokodilkopfes und rätselhafter Hieroglyphen – was rasch die ganze Stadt Malmö in Aufruhr versetzt, verstärkt durch die Einmischung einer True-Crime-Podcasterin.
Die Spannung bleibt durchgehend hoch, unvorhergesehene Wendungen sorgen dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte.
Das Setting ist atmosphärisch dicht – Malmö und die Schatten der Geschichte verleihen der Geschichte zusätzliche Tiefe. Besonders die persönliche Weiterentwicklung des Ermittlerduos Jon Nordh und Svea Karhuu gefällt: Sie wirken gereift, verletzlicher und gleichzeitig überzeugend in ihrem Zusammenspiel.
Mein Eindruck: Ich habe den ersten Band nicht gelesen, konnte der Story aber trotzdem problemlos folgen. Der Thriller war insgesamt spannend und packend, besonders durch seine ungewöhnliche Inszenierung des Mordfalls und die authentischen Figuren. Allerdings empfand ich das Tempo stellenweise als etwas langatmig – einige Passagen hätten für meinen Geschmack gestrafft werden können, um die Spannung noch gleichmäßiger hochzuhalten.
Trotz dieser kleinen Längen ist der Krimi ein gelungenes, atmosphärisch dichtes Werk, das Lust auf den nächsten Band macht.
Divisio ist ein spannungsgeladener Jugendroman mit Science-Fiction-Elementen, der mich von der ersten Seite an gepackt hat. Im Mittelpunkt steht die junge Protagonistin Raya, die plötzlich mit einem Erpressungsvideo konfrontiert wird – und entdeckt, dass offenbar eine Doppelgängerin in ihrem Namen handelt. Was folgt, ist ein intensives Verwirrspiel um Identität, Wahrheit und Kontrolle.
Elena Weber gelingt es, eine dichte, psychologisch fesselnde Atmosphäre aufzubauen. Raya ist eine glaubwürdige und vielschichtige Hauptfigur, deren Entwicklung nachvollziehbar und emotional berührend ist. Auch die Dynamik zwischen ihr und David wirkt authentisch und trägt viel zur Tiefe der Geschichte bei.
Die Mischung aus Zukunftstechnologie, Thriller-Elementen und moralischen Fragen macht den Roman besonders reizvoll. Zwar bleiben die technischen Hintergründe stellenweise etwas oberflächlich, doch das schmälert die Wirkung der Handlung kaum – denn im Mittelpunkt steht ganz klar die Frage, was uns als Menschen ausmacht.
Divisio ist ein mitreißender, klug konstruierter Roman über Vertrauen, Identität und den Kampf um Selbstbestimmung – ideal für Leser\:innen, die spannende Geschichten mit einem Hauch Zukunft mögen. Eine klare Leseempfehlung.
Mit „Der Weg“ hat die österreichische Autorin Rebecca Russ einen fesselnden Thriller vorgelegt, der die Lesenden mitten in die raue, einsame Natur Nordschwedens entführt – und zugleich tief in die Abgründe einer toxischen Freundschaft.
Rebecca Russ gelingt es, von der ersten Seite an eine dichte Atmosphäre zu erschaffen. Die Natur wird nicht nur zur Kulisse, sondern beinahe zu einem eigenständigen Charakter im Roman – bedrohlich, unberechenbar, still und zugleich feindlich. Die Autorin beschreibt die raue Landschaft mit eindrucksvoller Genauigkeit und sorgt so für eine intensive, beinahe klaustrophobische Leseerfahrung, obwohl das Setting eigentlich weit und offen ist.
Im Zentrum des Romans steht jedoch nicht nur das Überleben in der Wildnis, sondern auch die komplexe Dynamik zwischen Julia und Nicki. In geschickt eingebauten Rückblenden (in kursiv gesetzten Kapiteln) wird die gemeinsame Vergangenheit der beiden Frauen aufgerollt. Es wird schnell deutlich, dass hinter der Fassade einer Jugendfreundschaft tiefer liegende Spannungen, Missverständnisse und Verletzungen verborgen liegen. Die Psychologie der Figuren ist fein herausgearbeitet – Julia, anfangs zurückhaltend und kontrolliert, entwickelt sich im Lauf der Geschichte weiter, muss Entscheidungen treffen, Verantwortung übernehmen und sich ihrer Vergangenheit stellen. Nicki hingegen bleibt zunächst rätselhaft – erst nach und nach enthüllt der Roman ihre Beweggründe und ihren wahren Charakter.
Spannung entsteht dabei nicht nur durch das drohende Scheitern in der Wildnis, sondern vor allem durch das zunehmend zerrissene Vertrauen der Protagonistin. Die Handlung ist mit kurzen, dynamischen Kapiteln erzählt, was für einen zügigen Lesefluss sorgt. Gleichzeitig streut die Autorin geschickt Hinweise und falsche Fährten, sodass man sich als Leser*in ständig fragt: Was ist wirklich passiert? Wem kann Julia – und damit auch wir – überhaupt trauen?
Rebecca Russ gelingt mit „Der Weg“ eine starke Mischung aus Naturthriller, Psychodrama und Survival-Roman. Auch wenn manche Wendungen am Ende ein wenig konstruiert wirken mögen, bleibt die Geschichte insgesamt glaubwürdig und emotional packend. Der Roman wirft nicht nur Fragen über Vertrauen, Schuld und die Macht vergangener Entscheidungen auf, sondern zeigt auch, wie wenig wir manchmal über die Menschen wissen, die uns angeblich am nächsten stehen.
Mit „Kämmen, Schneiden, Haare waschen“ gelingt Andrea Erne ein wunderbar kindgerechter Einblick in die Welt des Friseursalons. Das Buch gehört zur beliebten Sachbuchreihe "Wieso? Weshalb? Warum?", die sich durch ihre Klappen, stabilen Seiten und alltagsnahen Themen großer Beliebtheit erfreut – und auch dieser Band macht da keine Ausnahme.
Kinder erfahren auf anschauliche und liebevolle Weise, was beim Friseur passiert: vom ersten Haarschnitt über die Haarwäsche bis zum Föhnen und Stylen. Auch Themen wie Haarpflege, verschiedene Frisuren und sogar kulturelle Unterschiede im Umgang mit Haaren werden kindgerecht aufgegriffen.
Die Illustrationen von Wolfgang Metzger sind wie gewohnt detailliert, freundlich und farbenfroh. Sie laden zum Entdecken ein und bieten zahlreiche Gesprächsanlässe. Besonders die vielen Klappen, hinter denen sich zusätzliche Informationen verstecken, fördern spielerisches Lernen und machen das Buch interaktiv und lebendig.
Das Buch ist besonders geeignet für Kinder, die ihren ersten Friseurbesuch vor sich haben oder neugierig sind, wie es beim Haareschneiden abläuft. Es nimmt mögliche Ängste und macht Mut, gleichzeitig vermittelt es Wissen auf unterhaltsame Weise.
Fesselnde Ermittlungen und überraschende Wendungen
In "Aschesommer", dem zweiten Band der Reihe „Gruppe 4 ermittelt“, führt Benjamin Cors die Leser:innen in einen packenden Thriller, der mit unerwarteten Wendungen und tiefgründigen Charakterentwicklungen überzeugt.
Nur wenige Monate nach den traumatischen Ereignissen der „Krähenmorde“ steht die Sonderermittlungsgruppe 4 um Jakob Krogh und Mila Weiss vor einem neuen, rätselhaften Fall: Zwei Leichen werden eng umschlungen und tiefgefroren in einem verlassenen Bauernhof gefunden, begleitet von einer mit Asche geschriebenen Botschaft: „Das Sterben hat begonnen“ .
Cors gelingt es meisterhaft, die Spannung kontinuierlich zu steigern. Der Täter scheint den Ermittler:innen stets einen Schritt voraus zu sein und kennt selbst ihre dunkelsten Geheimnisse. Diese Dynamik führt zu überraschenden Wendungen, die den Leser bis zur letzten Seite fesseln.
Besonders hervorzuheben ist die Charakterentwicklung von Jakob Krogh und Mila Weiss. Im Verlauf der Ermittlungen werden ihre persönlichen Hintergründe und inneren Konflikte zunehmend beleuchtet, was zu einer intensiveren Bindung zwischen Leser:in und Protagonist:innen führt.
"Aschesommer" ist ein herausragender Thriller, der nicht nur durch seine spannende Handlung, sondern auch durch die tiefgehende Darstellung seiner Charaktere besticht. Ein Muss für alle Fans von intelligenten und emotional packenden Krimis.
Emily Dunlays Debütroman "Teddy" entführt die Leser:innen in das schillernde Rom des Jahres 1969 und bietet eine fesselnde Mischung aus Glamour, Intrigen und psychologischer Tiefe.
Die Geschichte beginnt mit einem dramatischen Vorfall: Teddy, eine junge Amerikanerin aus einer einflussreichen texanischen Familie, wird nach einem missglückten Botschaftsempfang von italienischen Ermittlern befragt. Durch Rückblenden entfaltet sich ein komplexes Bild ihres Lebens, das geprägt ist von gesellschaftlichen Erwartungen, persönlichen Sehnsüchten und dunklen Geheimnissen. Dunlay gelingt es meisterhaft, die Atmosphäre des spätsechziger Jahre Roms einzufangen – eine Stadt voller Eleganz, aber auch voller Spannungen und verborgener Gefahren.
Teddy ist eine vielschichtige Protagonistin: Einerseits glamourös und charmant, andererseits von innerer Unsicherheit und dem Wunsch nach Selbstbestimmung geprägt. Ihre Entwicklung wird authentisch und nuanciert dargestellt, wobei sie sowohl Sympathie als auch kritische Reflexion beim Leser hervorruft. Die Nebenfiguren, wie ihr Ehemann David oder der mysteriöse "Wolf", tragen zusätzlich zur Tiefe der Erzählung bei.
"Teddy" behandelt zentrale Themen wie Patriarchat, gesellschaftliche Rollenbilder und die Suche nach individueller Freiheit. Dunlays Schreibstil ist atmosphärisch dicht und detailreich, besonders in der Beschreibung von Mode und Interieur, was die Welt der Protagonistin lebendig werden lässt. Gleichzeitig bleibt die Spannung durch geschickte Plotwendungen und die allmähliche Enthüllung von Geheimnissen konstant hoch.
"Teddy" ist ein beeindruckendes Debüt, das sowohl durch seine stilistische Eleganz als auch durch die tiefgründige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen überzeugt. Für Leser:innen, die sich für historische Romane mit starken weiblichen Figuren und psychologischer Tiefe interessieren, ist dieses Buch eine klare Empfehlung.
Clare Harlows "Magic of Moon and Sea – Die Diebin der vielen Gesichter" entführt Leser:innen ab 10 Jahren in die nebligen Gassen von Shelwich, einer Stadt, in der die Magie mit Ebbe und Flut steigt und fällt. Die Protagonistin Ista Flit besitzt eine außergewöhnliche Gabe: Sie kann ihre Gestalt verändern und wird dadurch zur Meisterdiebin. Doch hinter ihren Diebstählen verbirgt sich die Suche nach ihrem verschwundenen Vater. Gemeinsam mit ihren neuen Freunden Nat und Ruby deckt sie dunkle Geheimnisse auf, die die Stadt in ihren Grundfesten erschüttern.
Stärken des Buches
Atmosphärisches Setting: Die Idee, dass Magie von den Gezeiten beeinflusst wird, verleiht der Geschichte eine besondere Tiefe und Originalität.
Starke Hauptfigur: Ista ist eine mutige und vielschichtige Protagonistin, deren Entwicklung im Verlauf der Geschichte nachvollziehbar und spannend ist.
Spannende Handlung: Die Mischung aus Magie, Freundschaft und Geheimnissen sorgt für durchgehende Spannung und hält die Leser:innen bis zur letzten Seite in Atem.
Magic of Moon and Sea – Die Diebin der vielen Gesichter ist ein gelungenes Fantasy-Abenteuer, das mit einer originellen Idee und einer starken Hauptfigur überzeugt. Trotz kleinerer Schwächen im Einstieg bietet das Buch spannende Unterhaltung für junge Leser:innen und macht Lust auf weitere Abenteuer in der Welt von Shelwich.
John Sutherlands Buch *Schauplätze der Weltliteratur: Eine Reise zu berühmten Orten großer Werke* (erschienen am 7. April 2025 im Verlag Theiss in Herder) ist eine faszinierende literarische Entdeckungsreise, die Leser:innen zu den ikonischen Schauplätzen bedeutender Romane führt. Mit über 70 vorgestellten Werken bietet das Buch eine reich bebilderte Collage aus Originalcovern, Karten, Archivmaterialien und Fotografien, die die Verbindung zwischen Handlung und Ort eindrucksvoll veranschaulicht.
Das Werk beleuchtet, wie zentral der Schauplatz für viele literarische Werke ist – etwa Davos für Thomas Manns *Der Zauberberg*, Paris für Victor Hugos *Der Glöckner von Notre-Dame* oder Dublin für James Joyces *Ulysses*. Sutherland und sein Team nehmen die Leser:innen mit auf eine Reise durch verschiedene Epochen und Orte, darunter das revolutionäre Paris in *Les Misérables*, das Berlin der 1920er-Jahre in *Berlin Alexanderplatz* und das Barcelona der 1940er-Jahre in *Im Schatten des Windes* .
Die hochwertige Ausstattung mit zahlreichen Illustrationen und Karten macht das Buch nicht nur informativ, sondern auch visuell ansprechend. Es eignet sich sowohl zum Schmökern als auch als Nachschlagewerk für Literaturbegeisterte und Reiselustige. Die Übersetzung von Andreas Schiffmann und Alan Tepper trägt dazu bei, dass die Texte flüssig und zugänglich sind .
*Schauplätze der Weltliteratur* ist ein inspirierendes Sachbuch, das die Bedeutung von Orten in der Literatur eindrucksvoll hervorhebt. Es lädt dazu ein, bekannte Werke aus einer neuen Perspektive zu betrachten und vielleicht sogar literarische Reisen zu den beschriebenen Schauplätzen zu unternehmen. Ein Muss für alle, die Literatur lieben und die Welt durch die Augen großer Schriftsteller:innen entdecken möchten.
Das Kinderbuch "Entschuldigung" von Madlen Ottenschläger und Mareike Ammersken ist ein liebevoll gestaltetes und inhaltlich wertvolles Werk, das sich einem wichtigen Thema widmet: dem Umgang mit Fehlern und der Bedeutung von Entschuldigungen.
Schon auf den ersten Blick überzeugt das Buch mit seinen einfühlsamen und farbenfrohen Illustrationen. Mareike Ammersken schafft es, jede Seite mit ausdrucksstarken und kindgerechten Bildern zu bereichern, die die Emotionen und Botschaften der Geschichte perfekt einfangen.
Besonders hervorzuheben ist der klare, leicht verständliche Sprachstil, der sich perfekt für die Zielgruppe eignet. Die Dialoge und die Handlungen sind authentisch und nah am kindlichen Alltag, sodass Kinder sich gut mit den Charakteren identifizieren können. Gleichzeitig bietet das Buch Eltern und Erziehenden einen wunderbaren Ausgangspunkt, um über Emotionen, Konflikte und Lösungsstrategien zu sprechen.
"Entschuldigung" ist mehr als nur ein Kinderbuch – es ist ein einfühlsames Werkzeug, das Kinder darin unterstützt, wichtige soziale Kompetenzen zu entwickeln. Es eignet sich hervorragend zum Vorlesen und gemeinsamen Entdecken.
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