Ein Mensch zum verlieben und ein Ort zum Bleiben - 4,5 Sterne
„The One I Stood Beside“ war für mich ein echtes Lesevergnügen! Auch wenn es sich um den zweiten Band der "Plain Daisy Ranch" - Reihe handelt, lässt er sich wunderbar unabhängig vom ersten Teil lesen. Im Mittelpunkt stehen Jude, der älteste der drei Noughton -Brüder, und seine beste Freundin seit Kindertagen, Sadie Wilkins. Die Geschichte spielt auf einer Farm, was der Handlung eine besondere, warme Atmosphäre verleiht, die mir sehr gefallen hat.
Erzählperspektive, Lesefluss & Kapitelaufbau
Die Geschichte wird wechselnd aus der Ich-Perspektive von Sadie und Jude erzählt. Diese Perspektivwechsel machen es leicht, beide Gedankenwelten zu verstehen und mitzufühlen. Auch wenn sich die Kapitel insgesamt recht ausgewogen zwischen Jude und Sadie aufteilen, liegt der anfängliche Fokus spürbar auf Jude, mehrere Kapitel hintereinander geben uns zuerst, Einblicke in seine Gedankenwelt. Das fand ich angenehm erfrischend, denn so startet die Geschichte mal nicht klassisch über die weibliche Sicht, sondern lässt uns zuerst in seine Rolle, seine Verantwortung und seine Emotionen eintauchen.
Der Schreibstil ist angenehm flüssig und leicht zugänglich. Die Kapitel sind mit rund zehn Seiten schön kompakt gehalten, was den Lesefluss sehr angenehm macht. Ich konnte problemlos "noch ein Kapitel“ weiterlesen. Die klare Struktur hilft dabei, immer gut in der Handlung zu bleiben, auch in emotionalen oder sprunghaften Szenen.
Atmosphäre, Nebenfiguren & Humor
Ein großes Highlight des Buches war für mich die stimmungsvolle Atmosphäre. Die Farm, das Kleinstadtleben und das familiäre Miteinander wurden authentisch und liebevoll beschrieben. Man spürt die ländliche Ruhe, aber auch die Herausforderungen, die mit Verantwortung, Tradition und Gemeinschaft einhergehen. Besonders gelungen ist, wie stark das Familiengefühl vermittelt wird, dass hier jeder mit jedem verbunden ist.
Die Nebenfiguren tragen viel zu dieser Stimmung bei. Judes Brüder Emmett und Ben, aber auch Sadies Cousine Lottie, bringen Humor und Leben in die Geschichte. Ich musste oft schmunzeln über die typischen Neckereien unter den Brüdern, charmant, schlagfertig, und voller Brüderlichkeit.
Besonders schön fand ich außerdem, dass die Hauptfiguren über 30 sind, Sadie ist 33, Jude 34. Das verleiht der Geschichte mehr Realismus und Bodenhaftung, gerade in Bezug auf Themen wie Farmverantwortung, Hausbau und Lebensplanung. Einziger kleiner Kritikpunkt: Die Eltern von Jude und Sadie blieben im Vergleich etwas blass, ohne jedoch den Gesamteindruck zu trüben.
Die Beziehung zwischen Jude und Sadie
Da sich die beiden seit ihrer Kindheit kennen, war von Anfang an eine natürliche Vertrautheit spürbar, kein langes Kennenlernen, keine künstlich erzeugte Spannung, sondern ehrliche Emotionen, die auf einer langjährigen Verbindung beruhen. Das hat der Geschichte Authentizität und Wärme gegeben. Dennoch wirkte es auf mich stellenweise etwas unrealistisch, dass sie nie vorher gemerkt haben sollen, dass da mehr zwischen ihnen ist, obwohl es für alle anderen offensichtlich war.
Emotionale Tiefe & Entwicklung
Die Geschichte ist nicht einfach nur romantisch oder süß, sie hat auch emotionale Tiefe. Besonders bei Jude zeigt sich eine stille, aber spürbare Entwicklung. Man merkt, dass sich bei ihm innerlich etwas verändert: Er reflektiert, übernimmt Verantwortung und stellt sich seiner Vergangenheit. Es geht nicht nur um „wir lieben uns jetzt plötzlich“, sondern darum, was es bedeutet, jemanden wirklich zu sehen, und zu vertrauen. Diese innere Bewegung hat der Geschichte eine schöne Substanz gegeben, ruhig, nachvollziehbar und ohne künstliches Drama.
Spice-Faktor
Ja, es gibt Spice, gut geschrieben und nicht übertrieben, aber stellenweise empfand ich es als etwas zu viel oder deplatziert. An diesen Stellen hätte ich mir mehr emotionale Verbindung und Dialoge gewünscht, statt schneller körperlicher Nähe.
Kritikpunkte:
Trotz meiner Begeisterung gibt es kleinere Kritikpunkte: Die Geschichte ist stellenweise etwas sprunghaft erzählt. Manche Szenen wie die Hochzeit, wirken zu kurz oder abrupt beendet, diese hätten mehr Raum verdient. Ich hätte mir gewünscht, dass bestimmte emotionale oder erzählerische Momente etwas ausführlicher ausgearbeitet werden. Das Buch hat mit seinen knapp 295 Seiten leider nicht immer genug Raum, um alles voll auszuerzählen. Auch manche Spice-Szenen kamen mir etwas zu deplatziert vor, hier hätte ich mir lieber stärkere emotionale Dialoge gewünscht.
Fazit:
Ein gefühlvoller, unterhaltsamer Roman mit einer stimmungsvollen Kleinstadt-Atmosphäre, liebenswerten Figuren und einer berührenden Friends-to-Lovers-Geschichte. Trotz kleiner Schwächen in der Tiefe einiger Szenen und einem leicht überhasteten Erzähltempo konnte mich das Buch trotzdem emotional voll mitnehmen, das Ende hat mich sogar zu Tränen gerührt. Dank der starken Figuren, des angenehmen Stils gibt es von mir eine klare Leseempfehlung.
Dieses Bilderbuch ist wirklich ganz besonders liebevoll gestaltet. Schon beim ersten Durchblättern macht es unglaublich viel Spaß, sich die vielen kleinen Details in den Illustrationen anzuschauen. Am Anfang begleitet man nur einen kleinen Wurm, doch mit jeder Seite kommen immer mehr dazu. Das Ganze ist wie ein Wimmelbild aufgebaut, sodass man ständig neue Kleinigkeiten entdecken kann. Es macht richtig Freude, immer wieder über neue kleine Würmer zu stolpern, die alle auf ihre Weise niedlich und einzigartig sind. Besonders das die Würmer Augen haben, hat es mir angetan.... einfach zuckersüß!
Die Illustrationen tragen das Buch ganz klar. Sie haben einen eigenen Flair, sind voller Charme und laden dazu ein, länger auf den Seiten zu verweilen. Vor allem gegen Ende ist so viel los, dass man gar nicht sofort alles erfassen kann. Die kurzen Reime, die das Ganze begleiten, sind auch schön gemacht, aber für mich bleiben die Bilder das Herzstück.
Einziger Kritikpunkt: Das Buch ist recht kurz. Ich hätte mir gewünscht, dass es noch etwas mehr Geschichte oder eine kleine Reise eines Wurmes gegeben hätte. So bleibt es bei der Idee „Es gibt Würmer und es werden immer mehr“. Gerade weil mich die Illustrationen so begeistert haben, hätte ich gerne noch viel mehr davon gesehen.
Insgesamt hat mir das Buch aber gut gefallen. Die Bilder sind zuckersüß, das Thema ist originell und gerade aus biologischer Sicht finde ich es toll, dass einmal kleine Tiere wie Regenwürmer im Mittelpunkt stehen und nicht wie so oft nur Hund, Katze oder andere „klassische“ Tiere.
Es gibt Bücher, die stellt man sich ins Regal, damit sie klug aussehen.
Und es gibt Bücher, die stellt man sich aufs Klo damit einem nicht langweilig wird, wenn man… naja, Sitzungen abhält. Und was soll ich sagen? Genau das macht es so genial.
Worum geht’s?
„Charakter – nur eine Frage des Kackwinkels“ ist kein schnödes Klo-Tagebuch, wie man es sonst so kennt. Stattdessen bekommt man ein buntes Potpourri an Psychotests, Mini-Umfragen, Witzen und sogar kleinen Flussdiagrammen serviert. Von „Welche Klobrille bist du?“ über „Welche Handseife entspricht deinem Charakter?“ bis hin zu der alles entscheidenden Frage, was man eigentlich auf dem stillen Örtchen macht, dieses Buch nimmt wirklich jeden noch so absurden Gedanken ernst. Man blättert, man lacht, man testet sich durch sieben bis acht Umfragen pro Thema, sammelt Punkte und erfährt am Ende, was das alles über einen aussagt.
Für wen ist das eigentlich gedacht?
Hier kommt der kleine Haken: Ist das nun ein Buch für mich selbst oder eher für meine Gäste?
Wenn Besucher fleißig Psychotests ausfüllen, bleibt das meist ihr Geheimnis, es sei denn, sie nehmen das Buch wieder mit raus und präsentieren stolz ihr Ergebnis. Ein wenig unklar, ob das Ganze als Gemeinschaftsprojekt gedacht ist oder eher als Solo-Unterhaltung. Aber mal ehrlich: Wer will schon alles auf dem Klo teilen?
Immerhin gibt es direkt am Anfang ein klassisches Logbuch, wo Gäste notieren können, was sie gemacht haben, inklusive „Zustand des Klos“ und „Erfolgsquote der Sitzung“. Und am Ende gibt’s sogar einen Bewertungsbogen für bis zu 15 Personen. Danach ist das Buch allerdings relativ fix vollgeschrieben. Aber dazwischen bietet es jede Menge Material zum Durchblättern, Mitlachen und neu Entdecken.
Von Klo-Witzen über abgedrehte Fragen bis hin zu absurden Kategorien, hier wird jeder fündig, der schon immer mal mehr über seine „Klogewohnheiten“ erfahren wollte. Oder einfach nur ein bisschen Spaß haben will, wenn das Handy mal nicht griffbereit liegt.
Fazit
Ein Buch, das sich deutlich von den typischen Klo-Logbüchern unterscheidet. Es ist nicht nur ein Sammelplatz für Gästeklobewertungen, sondern eine Mischung aus Quiz, Psychotest, Witzebuch und „Was-mach-ich-eigentlich-hier“-Selbstreflexion. Und genau das ist auch der große Pluspunkt: Normale Klo-Logbücher sind irgendwann vollgeschrieben und landen dann schnell im Müll. Dieses Buch hingegen lebt von seinem zusätzlichen Input und bleibt dadurch auch noch länger interessant.
Ich persönlich hätte mir manchmal gewünscht, dass klarer zwischen „Gäste-Spaß“ und „Selbst-Spaß“ unterschieden wird. Und ein paar Seiten mehr fürs Logbuch wären auch nett gewesen. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.... oder eben auf der Toilette.
Der Einstieg in die Geschichte hat mir wirklich gut gefallen. Erzählt wird aus den wechselnden Ich-Perspektiven von Poppy und Cam, was für Abwechslung sorgt und die Figuren nahbarer wirken lässt. Dank der kurzen Kapitel und der großen Schriftgröße war es leicht, dranzubleiben, und gerade die ersten Seiten haben richtig Lust auf mehr gemacht. Besonders das Kennenlernen der beiden und das vorsichtige Annähern fand ich gelungen.
Doch leider konnte das Buch dieses anfängliche Potenzial für mich nicht halten. Ab dem Punkt, an dem es eigentlich spannend werden sollte, also das daten, flachte die Handlung deutlich ab. Die Dynamik zwischen den Figuren wirkte schwach und die Charaktere blieben trotz interessanter Ansätze eher blass. Ich hätte mir mehr Tiefe, mehr Emotionen und vor allem eine spürbare Verbindung zwischen Poppy und Cam gewünscht.
Als Enemies to Lovers Rom-Com konnte mich die Geschichte nicht überzeugen: Weder kam bei mir das typische "Gegeneinander–füreinander"-Knistern auf, noch gab es humorvolle Momente, die mich zum Lachen gebracht haben. Stattdessen drehte sich vieles um die "Traummann-Checkliste" von Poppy, ein Ansatz, der zwar interessant ist, aber in der Umsetzung oberflächlich, zu wenig umgesetzt blieb. Am Ende blieben gerade einmal ein einziger Satz pro Figur, der Poppys und Cams Entwicklung andeutet. Für einen ganzen Roman ist das einfach zu wenig.
Positiv hervorheben möchte ich die Nebenfiguren, sowie Cams Lebenssituation mit seinem Opa, die für Abwechslung gesorgt haben. Aber auch hier wurde das vorhandene Potenzial nur angerissen, ohne richtig vertieft zu werden.
Fazit:
Ein Buch mit vielversprechendem Beginn und einer interessanten Idee, das aber im Verlauf stark an Spannung verliert und inhaltlich oberflächlich bleibt. Für mich war das keine Rom-Com oder Enemies to Lovers, es konnte mich nicht überzeugen. Leider habe ich mehr erwartet.
"Camp Rainbow - Über mir der Himmel" war für mich ein echtes Wohlfühlbuch, das mich mit seiner warmen Atmosphäre und den authentischen Figuren begeistert hat. Ich habe es in zwei Etappen gelesen: Die ersten 150 Seiten habe ich in einem Rutsch verschlungen, dann eine kurze Pause eingelegt, ein anderes Buch dazwischengeschoben, und schließlich den Rest innerhalb weniger Tage beendet. Trotz dieser Unterbrechung ist mir die Geschichte sehr positiv in Erinnerung geblieben; ich freue mich schon auf Band 2!
Stimmige Sprache und Atmosphäre
Der Schreibstil war leicht und flüssig, gleichzeitig aber auch einfühlsam und tiefgründig. Besonders schön fand ich, wie das Gendern und die Verwendung verschiedener Pronomen welche sich perfekt in den Lesefluss eingebettet haben.
Einfühlsamer Einstieg in Malins Welt
Zu Beginn des Buches bekommt man einen guten Einblick in Malins familiäre Situation, ihre Beziehung zu ihrem Vater, ihrer Schwester und auch zu ihrer Mutter wird einfühlsam dargestellt. Diese Einblicke erleichtern den Zugang zu ihrer Gefühlswelt und schaffen eine emotionale Grundlage, ohne zu sehr im Mittelpunkt zu stehen. Im weiteren Verlauf rücken dann aber ganz klar die neuen Bekanntschaften im Camp Rainbow in den Vordergrund. Die Dynamik zwischen Malin und den anderen Jugendlichen im Camp, ihre Freundschaften und das sich entwickelnde Liebesinteresse, bilden das Herzstück der Geschichte und haben mich besonders mitgerissen.
Humorvolle und diverse Charaktere
Die Dialoge haben mich oft zum Schmunzeln gebracht, einige Szenen waren einfach herrlich witzig. Die Autorin hat es geschafft, ernste Themen und Humor gut auszubalancieren. Was mich besonders überzeugt hat, war die Vielfalt der Charaktere im Camp. Unterschiedliche queere Identitäten und Lebensrealitäten wurden ganz selbstverständlich in die Geschichte eingebunden, ohne dass sie übermäßig erklärt oder hervorgehoben wurden. Solche Szenen wirkten authentisch und normalisiert, was ich als sehr gelungen empfand.
Liebenswert und überraschend
Die Handlung nahm im weiteren Verlauf eine Richtung, die ich so nicht erwartet hätte, das fand ich spannend und angenehm unvorhersehbar. Auch wenn die Ereignisse im Camp sich über nur drei Wochen erstrecken, war das Tempo für mich in Ordnung. Die Entwicklung von Gefühlen und Beziehungen wirkte nicht überstürzt, sondern glaubwürdig und sensibel erzählt.
Kleine Kritik, große Empfehlung
Wenn ich einen kleinen Kritikpunkt nennen müsste, dann wäre es die Entwicklung einer Nebenfigur gegen Ende. Eine Reaktion wirkte für mich nicht ganz nachvollziehbar, vermutlich, um die Handlung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Das hat meinen Gesamteindruck aber kaum geschmälert.
Das Setting im Camp, der Verzicht auf Handys, der Fokus auf Freundschaften und persönliche Entwicklung, all das hat in mir den Wunsch geweckt, selbst mal wieder mehr Zeit in der Natur zu verbringen und den Alltag hinter mir zu lassen. Das Buch regt zum Innehalten und Nachdenken an, ohne dabei schwer zu wirken.
Fazit: 4,5 Sterne – mit Tendenz nach oben
Insgesamt hat mir Camp Rainbow – Über mir der Himmel sehr gut gefallen. Aufgrund der Lesepause hat mich der Flow stellenweise verlassen, daher vergebe ich vorerst 4,5 Sterne. Aber ich bin sicher: Bei einem Reread könnte es sich sehr leicht wie ein echtes 5-Sterne-Buch anfühlen.
Wer queere Geschichten mit Herz, Humor und Tiefgang mag, sollte diesem Buch auf jeden Fall eine Chance geben.
Buraki steht kurz davor, die Nachfolge ihres Vaters auf dem Thron anzutreten. Mit ihrem scharfen Verstand und einem ausgeprägten Talent für Politik beeindruckt sie sowohl ihre Berater als auch das Volk durch ihre meisterhafte Schwertkunst. Sie hat aus Liebe bereits einen zukünftigen Ehemann gewählt, doch schon bald muss sie erkennen, dass Vertrauen eine wertvolle Gabe ist, die nicht jeder verdient.
Shaina, Tochter des königlichen Waffenmeisters, wuchs mit Buraki im Palast auf. In der Liebe zu einem Portugiesen findet sie Trost, doch ihre Heilkünste machen sie zur Zielscheibe für Hexenverfolgung, und ihr Leben gerät in Gefahr.
Rezension
Dieses Buch hat mich ganze drei Wochen lang begleitet – und das mit seinen 488 Seiten! Es fühlte sich aber nie an, als wäre es zu lang, denn die Autorin hat viele wunderbare, aber auch traurige Momente in der Geschichte geschaffen, die Raum zur Entwicklung bieten und die Handlung auf eine sanfte, entspannte Weise vorantreiben.
Von Anfang an nahm mich das Buch mit auf eine Reise, die ich so zuvor noch nie erlebt habe. Die Geschichte, die auf traumhaften Inseln in der Nähe der Hauptstadt Mahal spielt, hat mich tief verzaubert. Ich habe bisher kaum Romane aus dieser Ecke der Welt gelesen, geschweige denn solche, die mich so sehr in eine andere Zeit und an einen anderen Ort entführt haben.
Der Schreibstil
Besonders beeindruckt hat mich der Schreibstil der Autorin: Er ist flüssig und angenehm zu lesen. Die eingestreuten Bezeichnungen in den verschiedenen Sprachen, die auf den Inseln gesprochen werden, haben der Geschichte zusätzliches Leben eingehaucht. Es fühlte sich einfach echter an, als würde man selbst Teil dieser Welt sein. Durch die detailreichen Beschreibungen konnte ich mir die Schauplätze und Charaktere sehr gut vorstellen. Insbesondere die Kleidung und die Räume im 16. Jahrhundert wurden so genau geschildert, dass ich förmlich die Stoffe spüren und die Räume vor mir sehen konnte.
Die Handlung
Die Geschichte umfasst viele verschiedene Themen, die für manche Leser vielleicht triggernd sein könnten, darunter Gewalt, sexueller Missbrauch und eine teils derbe Wortwahl.
Das Sultanat und die Regierung spielen eine Zentrale Rolle aber gleichzeitig werden aber auch tiefgründige Themen wie Freundschaft, Liebe, Machtmissbrauch, Selbstbestimmung und Religion behandelt. Besonders die Rolle der Frau in der damaligen Zeit wird intensiv beleuchtet, was in mir, als Feministin, starke Gefühle geweckt hat.
Zu Beginn des Buches fühlte ich mich etwas überfordert, da viele Protagonisten mit Namen und Verwandtschaftsbeziehungen, auf einmal eingeführt werden. Doch das gibt sich recht schnell. Im Laufe der Handlung reduziert sich die Anzahl der Protagonisten, auf die der Fokus gelegt wird, und man findet sich leichter in der Geschichte zurecht. Die Charaktere sind vielschichtig und wirken realistisch – niemand ist perfekt. Gerade die beiden Hauptfiguren, Shaina und Buraki, stechen dadurch hervor, dass sie Ecken und Kanten haben, was sie menschlicher und greifbarer macht. Die Emotionen in diesem Buch waren ein ständiges Auf und Ab. Es gab Momente, in denen ich Wut und Hass empfand, weil bestimmte Figuren Handlungen vollführten, die mich aufbrachten. Aber das ist auch das Schöne an der Geschichte: Sie bewegt den Leser ständig zwischen positiven und negativen Gefühlen hin und her.
Fazit
Das Buch ist nicht von extremer Spannung geprägt, aber man bleibt dennoch dran, weil man wissen möchte, wie es weitergeht, wie die Charaktere sich entwickeln und welche Entscheidungen sie treffen. Besonders gegen Ende gibt es ein paar emotionale Wendungen, die mich überrascht und tief berührt haben.
Ich würde dieses Buch jedem empfehlen, der es genießt, in eine detaillierte Welt voller Entscheidungen, historischen Einflüssen und zwischenmenschlichen Beziehungen einzutauchen. Es ist eine eher ruhige, aber sehr reiche Leseerfahrung, die Zeit und Muße erfordert, aber belohnt wird man mit einer vielfältigen und lebendigen Geschichte.
Der Duft der fernen Insel ist der zweite Band einer Reihe, die nicht direkt an den ersten anschließt, aber im gleichen Stil erzählt ist. Im Mittelpunkt steht die blinde Sultanstochter Nunu. Über gut ein Jahrzehnt erleben wir ihre Entwicklung. Unterstützt wird sie von der jungen Lehrerin Eve, die nach Sansibar kommt, um ihr Lesen und Brailleschrift beizubringen. Nebenfiguren erweitern die Handlung und eröffnen zahlreiche Stränge.
Themen
Zentrale Themen sind Blindheit, Düfte und die Kunst der Parfümherstellung. Nunus feine Nase zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman. Daneben spielen Politik, Wirtschaft, kulturelle Begegnungen und vor allem die Stellung der Frau im 19. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Eindringlich zeigt die Autorin das Leid, das Frauen ertragen mussten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Leben im Palast des Sultans, wo Rivalität, Abhängigkeit und Machtkämpfe den Alltag bestimmen. Auch Religion ist zentral: Christentum, Islam, Voodoo und afrikanische Traditionen stehen nebeneinander. Figuren ringen mit Fragen nach dem richtigen Glauben und der Grausamkeit der Welt. Für mich war spannend, dass keine Religion überhöht wird, sondern gezeigt wird, wie Glaube prägt, erschwert und auch bereichern kann.
Orte und Atmosphäre
Die Handlung führt von Sansibar über Teile Afrikas bis nach Europa. So prallen unterschiedliche Kulturen und Sprachen aufeinander. Farben, Gerüche und Geräusche machen die Orte lebendig. Manche Begriffe verlangsamten zwar den Lesefluss, steigerten aber Authentizität.
Perspektiven und Erzählweise
Der Roman gliedert sich in Abschnitte mit wechselnden Figuren: zuerst Eve, dann Nunu, später Fanny. Der Erzähler bleibt allwissend, liefert Zusatzinformationen und schafft Abwechslung, erzeugt aber auch Distanz. Besonders im langen Einstieg mit Eve fiel mir der Zugang schwer. Erst nach mehr als hundert Seiten stellte sich das vertraute Gefühl von Spannung und Verbundenheit ein.
Schreibstil und Lesefluss
Reys Sprache ist detailreich und bildhaft. Landschaften, Räume und Atmosphären wirken intensiv, wenn auch etwas zurückgenommener als in Band eins. Störend waren Vorgriffe wie „Später wird Eve erfahren …“, die Spannung nahmen. Auch die Vielzahl an Namen und politischen Verwicklungen machte das Lesen anstrengend; ein Glossar wäre hilfreich gewesen. Trotz kleiner Brüche bleibt der Stil flüssig und poetisch.
Handlung und Struktur
Die Geschichte umfasst über zehn Jahre. Dadurch wirken Entwicklungen glaubwürdig, weil Beziehungen wachsen, Fehler geschehen und korrigiert werden. Der erste Abschnitt gehört Eve, die von Liverpool nach Sansibar reist und Nunu kennenlernt. Dann rückt Nunu selbst in den Mittelpunkt: vom neugierigen Kind zur jungen Frau, die Fehler macht und ihren Weg sucht. Dieser Teil war für mich der stärkste. Im letzten Abschnitt übernimmt Fanny. Ihr Blick war interessant, doch Eves Geschichte trat in den Hintergrund, was ich schade fand.
Figuren
Eve ist neugierig und unsicher, zwischen Kulturen verankert, aber stets bemüht, Nunu zu fördern. Nunu selbst ist eine außergewöhnliche Figur – blind, doch mit feinem Gespür für Düfte, das sie zur Parfümherstellung führt. Ihre Entwicklung ist nachvollziehbar, voller kleiner Rückschritte und Fortschritte. Fanny bildet einen Kontrast: zunächst im Hintergrund, später mit eigener Tiefe. Viele Nebenfiguren sind lebendig gezeichnet, doch es war schwer, bei den Namen und Verwandtschaften den Überblick zu behalten.
Emotionalität
Besonders die dramatischen Fluchten sorgten für Spannung. Das Leid der Figuren wurde eindringlich dargestellt. Schöne, positive Momente kamen dagegen selten vor und erst spät, etwa in berührenden Szenen voller Freundschaft oder Abschied. Diese hätten stärker und früher eingebaut sein können, um mehr Ausgleich zu schaffen.
Schluss und Ende
Das Ende wirkte abrupt. Nach langem Aufbau wurden Stränge schnell abgeschlossen, neue Figuren erhielten kaum Raum. Manche Charaktere verschwanden im Nebensatz. Zwar bot der Ausklang einen Hauch von Hoffnung, doch er war zu knapp und ließ die Geschichte unausgezählt zurück.
Fazit
Der Duft der fernen Insel ist ein groß angelegter Roman, der trotz Schwächen beeindruckt. Nicht ganz so rund wie der erste Band, aber voller Figuren, Kulturen und Emotionen. Besonders die lange Zeitspanne, die sinnliche Thematisierung von Düften und die komplexe Figurenzeichnung haben überzeugt. Kritikpunkte sind der schwierige Einstieg, die vielen Namen ohne Glossar, die überwiegend negativen Höhepunkte und das abrupte Ende. Dennoch bleibt es eine lohnende, intensive Lektüre für alle, die detailreiche historische Romane schätzen.
Benutzer